DER PHARMACIE. Eine Zeitschrift des allgemeinen deutschen Apotheker- Vereins. !abtli!iltitig Jln^tntstjilanli. Herausgegeben von li. Bley und H. liudwig:. — "^ '• '> ' av". ' .i i>^'y - ' — HAl?!5TS0f'ER. Im Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlung. 1867. DER PHARMACIE. — isr Zweite Reihe. CXXXI. Band. Der ganzen Folge CLXXXI. Band. i^i â–  Unter Mitwirkung der Herren Bender, Beyer, Björklund, Bodenstab, Casselmann, Ernst, Fausty Frisch, Göppert, Ha^Uer, Heintz, Hirschberg, Husemann, Landerer, Lenz, J. V. j^iebig, Löhr, Weinhold, Wittstein heraus gegeben von li. Bley und H. liudwi^. ereinsjalir. HANNOVER. Im Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlung. 1867. >> â–  'i N3 = 18,4 „ f) ~~* » 18,47 „ 0»4 = 48,9 „ 7) n r> 100,0. War das eben beschriebene Verhalten dieser Säure und deren elementare Zusammensetzung schon hinreichend sie als Trinitrophenylsäure zu erkennen, so geschah dies noch vollständiger durch das Kalisalz, welches ich durch Sättigen der Säure mit doppeltkohlensaurem Kali darstellte und das die bekannten Eigenschaften des pikrinsauren Kalis zeigte. Beim Erhitzen dunkler werdend, dann schmelzend, explodirte es zuletzt heftig unter Zurück- lassung einer leicht verbrennlichen Kohle. In kaltem Wasser war das Salz schwer, aber mit intensiv gelber Farbe löslich, in kochendem jedoch leichter. 29,550 Grm. bei 17,5^0. gesättigter Lösung von pikrinsaurem Kali enthielt 0,1105 Grm. gelöst; mithin 1 Th. in 267,5 Th. Wasser. In Alkohol war das Salz zwar schwer, aber mit intensiv gelber Farbe löslich, eine Eigenschaft, die mich veranlasste, Löslichkeitsbestimmungen mit pikrinsaurem Kali zu machen, da angenommen wird, dass dieses Salz in jenem Lösungsmittel unlöslich sei *). *) Vom pikrinsauren Kali wird ziemlich allgemein angenommen, dass dasselbe in Alkohol unlöslich sei. Dies ist unrichtig. Ich habe einige Versuche über die Löslichkeit des Salzes in Wasser und Alkohol angestellt, da ausser der Bestimmung von Liebig, nach welcher 1 Th. des Salzes in 14 Th. kochen- den Wassers löslich ist, eine Angabe der Löslichkeit dieses wichtigen Salzes bei anderen Temperaturen nicht existirt. Das zu diesen Versuchen dienende Material stellte ich mir durch Sättigen reiner Pikrinsäure mit doppeltkohlensaurem Kali und mehrmaliges ümkrystallisiren dar. Die Bestimmun- gen wurden so ausgeführt, dass ich eine überschüssige Menge des Salzes mit dem betreffenden Lösungsmittel kochte, dann 24 Stunden lang der angegebenen Temperatur unter öfterem 16 K. Frisch, 0,552 Grm. des Salzes gaben 0,178 schwefelsaures Kali = 17,42 Proe. 0,695 Grm. des Salzes gaben 0,226 schwefelsaures Kali = 17,59 Proc. Der gefundene Kaligehalt stimmt genau überein mit dem des pikrinsauren Kalis, welches 17,5lProc. KO enthält. Kreosot mit Schwefelsäure digerirt und mit Wasser verdünnt, lässt mit Salpetersäure gekocht neben Oxalsäure ein beim Erkalten festwerdendes, hellgelbes, mit Krystal- len durchsetztes Harz entstehen, welches mit Ammoniak ausgezogen beim Verdunsten der ammoniakalischen Lösung lange, feine, gelbe, seideglänzende Nadeln anschiessen Hess, die in kaltem Wasser und Alkohol schwer, in kochen- dem Wasser leicht löslich w^aren. Die heisse wässerige Lösung mit Salpetersäure versetzt Hess beim Erkalten säulenförmige Krystalle entstehen, die durch wiederholtes Umkrystallisiren blond wurden, beim vorsichtigen Erhitzen schmolzen und theilweise unverändert sublimirten; beim schnellen Erhitzen jedoch rasch abbrannten. Von Schwefel- säure wurden diese Krystalle unzersetzt gelöst und durch Wasser wieder abgeschieden. Schwefelsaures Eisenoxydul und Barytwasser gaben eine der Pikraminsäure ähnliche rothe Färbung. Zink und verdünnte Schwefelsäure lösten die Säure zu einer schön dunkel rosenrothen Flüssigkeit, die sich durch Ammoniak grün färbte. Diese Eigenschaften Umschütteln aussetzte, abfiltrirte und in der abgewogenen Lösung durch Abdampfen das pikrinsaure Kali bestimmte. 36,045 Grm. einer alkoholischen Lösung (Alkohol von 90 Proc.) bei 20^ C. gesättigt, gaben 0,049 pikrinsaures Kali. 30,487 Grm. alkoholischer Lösung von 0^ enthielten 0,018 Grm. Salz gelöst. 20,224 Grm. einer wässerigen Lösung von 20" C. hintei'liessen 0,074 Grm. des Salzes. 37,027 Grm. wässei'iger Lösung, die 24 Stunden lang in Eiswasser gestanden, gaben 0,084 trocknes Salz. Demnach ist ein Theil pikrinsaures Kali in 735,6 Th. Alkohol von 200 0.: in 1138 Th. Alkohol von 0"; in 273,3 Th. Wasser von 20** C. und in 440,8 Th. Wasser von 0" löslich. übe7' das Kreosot. 17 iiessen auf Dinitrophenylsäure schliessen und dies wurde durch die Verbrennung bestätigt: a) 0,856 der Säure gaben 1,205 C02 und 0,195 HO b) 0,763 „ , 1,085 „ . 0,158 Berechnet a. b. C»2 = 39,1 Proc. 38,33 Proc. 38,78 Proc. H4 = 2,2 „ 2,53 „ 2,3 „ N2 = 15,2 „ ""* » ~~* ti OlO = 43,5 „ » ~~~ n 100,0 Proc. Das Kalisalz dieser Säure erhielt ich durch Abstumpfen derselben mit zweifach -kohlensaurem Kali in orangefar- benen kleinen Nadeln, die beim Erwärmen dunkler wur- den, beim Erkalten ihre frühere Farbe wieder annahmen. In Wasser schien es etwas leichter löslich zu sein als das pikrinsaure Kali. 0,527 Grm. des bei 100^ getrockneten Salzes gaben 0,203 Grm. schwefelsaures Kali = 20,83 Proc. KO. 0,635 Grm. gaben 0,2455 Grm. KO, SO^ = 20,9 Proc. Kali. Das dinitrophenylsaure Kali verlangt 21,17 Proc. Kali, Wie Hlasiwetz gefunden, verwandelt sich beim Nitriren das Kreosol in Oxalsäure. Diese Nitroproducte müssen also von dem neben dem Kreosol im Kreosot ent- haltenen Körper stammen und die gefundene Pikrinsäure, besonders aber die Dinitrophenylsaure bezeichnen diesen als einen Phenylkörper. Behandelt man Kreosot mit Salzsäure und chlorsaurem Kali unter Mitwirkung von anfangs gelinder Wärme: so erfolgt eine lebhafte Reaction. Das Kreosot wird unter starkem Aufschäumen dicker und braun und man erhält nach dem Erkalten und Stehenlassen zwei Schichten, von denen die eine consistentere sich zu Boden setzt und die andere schaumartige und hellgelbe von der Salzlauge getragen wird. Diese Masse wurde Öfters von dem sich bildenden und anhängenden Chlorkalium durch Auswaschen befreit und die Chlorung so lange fortgesetzt, bis die Arch. d. Phaim. CLXXXI. Bds. 1. u. 2. Hft. 2 18 K. Frisch, Masse pflasterartige Consistenz erlangt hatte und mit Krystallen durchsetzt schien. Eine Probe mit kaltem Weingeist ausgewaschen und darauf in kochendem Alkohol gelöst, schied gelbe glänzende Schüppchen aus, welche durch Umkrystallisiren gereinigt und sublimirt wurden.. Der zum Umkrystallisiren verwendete Alkohol nahm beim längeren Stehen eine röthliche Farbe an; ebenso wurden auch die hellen goldgelben Schüppchen bei längerem Liegen auf dem Filter oder an der Luft dunkler. Vor der Sublimation schmolzen die Krystalle theil- weise unter Bräunung. a) 0,5.315 Grm. des Sublimats mit Kalk geglüht, in Salpetersäure gelöst und durch salpetersaures Silber- oxyd gefällt, gaben 1,139 Grm. Ag Gl = 0,28156 Ol = 52,97 Proc. Gl. b) 0,813 Grm. gaben 1,742 Grm. AgCl = 52,96 Proc. GL Das Hexachloroxylon von v. Gorup-Besanez ver- langt 50,35 Proc. Gl. Diese glänzenden Schüppchen, die durchaus gleich- artig erschienen und nicht vermuthen Hessen, dass sie zwei verschiedene Producte enthielten, wurden von Schwe- felsäure erst in der Hitze zersetzt. Vorsichtig mit Kali unter gelinder Erwärmung behandelt, lösten sich die Schuppen zu einer purpurrothen Flüssigkeit, die nach dem Erkalten eine braune humusartige Substanz absetzte und neben dieser bildeten sich schöne rothe Krystalle, welche mit Salzsäure zersetzt hellrothe Schüppchen von Chloranilsäure gaben. Dieses Kalisalz, so wie die daraus dargestellte Säure Hessen keinen Zweifel übrig, dass in dem gechlorten Körper Ghloranil vorhanden sei. Die Reaction des Kalis auf die gelben Schüppchen muss aber sehr vorsichtig sowohl mit nicht zu concentrirter Lösung, als auch unter möglichster Vermeidung höherer Tem- peratur geschehen, da man sonst statt einer purpurrothen eine braune Flüssigkeit erhält, die beim Erkalten nur humusartige Körper absetzt. Neben dem Ghloranil war aber ein diesem in seinen über das Kreosot. 19 physikalischen Eigenschaften sehr ähnlicher Körper in diesen Krystallen enthalten, der, wie aus der Chlorbestira- mung hervorgeht, einen geringeren Chlorgehalt als das Chloranil haben musste. Um die Beschaffenheit dieses Körpers festzustellen, verfuhr ich ganz wie v. Gorup- Besanez bei der Darstellung seines Hexachlorhydroxy Ions, da die Verrauthung nahe lag, dass er niedriger gechlorte Chinone als das Chloranil enthalten könne und diese sich durch Behandlung mit schwefliger Säure am besten charak- terisiren. Die mit Wasser zerriebenen Schüppchen wurden dem- nach mit schwefligsaurem Gas bis zur Sättigung der Flüs- sigkeit behandelt, einige Tage stehen gelassen und gekocht. Es hatte sich neben schmutzig weissen Krystallen, die die Gestalt des Chloranils beibehalten, ein weisses Pulver ausgeschieden. Die gesammelten Krystalle und das weisse Pulver wurden nach dem AusAvaschen mit kaltem Wasser durch Aether und Alkohol gelöst. Es schieden sich beim Verdunsten dieser Lösung perlmutterglänzende grauweisse Blättchen aus und an den Wänden des Gefässes hatten sich lange prachtvolle dunkelviolette, im auffallenden Lichte schwarzgrüne Nadeln gelagert, welche Aehnlichkeit mit dem grünen Chinon-Hydrochinon hatten, nur dunkler als dieses waren. Diese Krystalle für sich sorgfältig gesam- melt, waren in kaltem Wasser unlöslich, wurden durch Alkohol und Aether, in denen sie leicht löslich sind, theil- weise zersetzt, indem sich mit den vorigen zugleich die unten beschriebenen Krystalle abschieden. In heisser Essigsäure waren sie ebenfalls löslich und krystallisirten daraus theils unverändert_, theils verändert heraus. In verdünntem Am- moniak lösten sie sich mit smaragdgrüner Farbe, die bald darauf in eine rubinrothe überging. Salzsäure fällte aus dieser Lösung einen korallenrothen Niederschlag. Ver- dünnte Kalilauge verhielt sich dem Ammoniak ähnlich. Durch Salpetersäure entstanden Prismen von Dichlorchinon. Die schmutzig weissen Krystallblättchen, welche sich in grösserer Menge als die violetten Nadeln abgeschieden 2* 20 K. Frisch, hatten, wurden, nachdem sie durch Urakrystallisiren aus kochendem Alkohol gereinigt, durch Kalilauge ebenfalls aber ohne Farbenveränderung; gelöst. Bei längerem Stehen wurde die Lösung aber grün und später roth. Ammoniak löste die Krystalle mit gelber Farbe, die bei Zusatz von Chlorwasserstoffsäure in eine violette überging. Wurde jedoch die ammoniakalische Lösung der Luft aus- gesetzt; so färbte sie sich erst grün, dann roth, unter Ab- scheidung einer schmutzig braunen Substanz. Schwefel- säure war ohne Einwirkung. Unterchlorigsaures Natron zu einer alkoholischen Lösung der Krystalle gesetzt, be- wirkt eine tiefgrüne Färbung unter Abscheidung von gleich gefärbten Krystallen. Diese weissen Krystalle zeigten Reactionen, wie das Dichlorhydrochinon und das Tetrachlorhydrochinon, wäh- rend die oben beschriebenen schönen schwarzgrünen Na- deln sich als Dichlorchinon- Dichlorhydrochinon ergaben. Aus der Bildung dieser Verbindungen geht aber hervor, dass mein ursprünglich gechlortes Product ein Gemisch von Chloranil mit Bichlorchinon war. V. Gorup-Besanez hatte, nachdem er auf gleiche Weise sein Hexachloroxylon mit schwefliger Säure behan- delt, ebenfalls dunkelviolette Nadeln und blonde Prismen erhalten. Durch Kochen mit viel Wasser entstanden die dunkelvioletten Nadeln. Kali färbte dieselben grün und später roth; kaustisches Ammoniak verhielt sich ähnlich; concentrirte Salpetersäure verwandelte sie nach längerem Einwirken in goldgelbe Blättchen. Durch unterchlorig- saures Natron hingegen wurden sie nur in gelbe Blättchen verwandelt. Die schwarzen Nadeln v. Gorup-Besanez 's lösten sich beim Erwärmen mit Kali und Ammoniak mit roth- brauner Farbe, wobei die Krystalle schmutzig- grün, hell- grün und blassgelb wurden. Dasselbe Verhalten habe ich auch beobachtet, wenn ich meine Nadeln mit concentrir- ter Kalilauge und mit nicht verdünntem Ammoniak in der Wärme behandelte, während mit verdünnten Lösungen über das Kreosot. 21 und in der Kälte die oben angeführten Reactionen des Dichlorchinon -Dichlorhydrochinons auftraten. Es zeigen das blonde und das violette Hexachlor- bydroxylon von v. Gorup-Besanez mit Ausnahme einiger nur sehr unbedeutender Abweichungen ein solches ähnliches Verhalten wie das Bi- und Tetrachlorhydro- chinon, dass wohl der Schluss Hofmann's einige Berech- tigung zu haben scheint, nach welchem dieses Hexa- chlorxylon ein Gemisch von beiden oben genannten gechlor- ten Chinonkörpern ist. Wenn meine Voraussetzungen richtig: so musste mein gechlortes Product in Chloranil vollständig übergeführt werden können. Der Process der Chlorung geht sehr langsam vor sich. Nachdem die Behandlung mit chlor- saurem Kali und Salzsäure noch 12 Stunden lang fort- gesetzt worden war und eine Probe, wie oben angegeben, auf den Chlorgehalt geprüft wurde, gaben 0,240 Grm. Krystalle 0,534 Grm. Chlorsilber, entsprechend 55 Proc. Cl. Nach weiterer fünfzehnstündiger Chlorung waren endlich die Schüppchen vollständig in Chloranil übergegangen, welche, nachdem sie durch wiederholtes Umkrystallisiren gereinigt, sich weder durch Farbe, Krystallform, noch sonstige äussere Eigenschaften von den zuerst untersuch- ten Kry stallen unterschieden. 0,288 Grm. sublimirtes Chloranil mit Kalk geglüht, durch Salpetersäure gelöst und mit salpetersaurem Silberoxyd ausgefällt, gaben 0,6670 AgCl = 0,16488 Cl = 57,25 Proc. Cl. Das Chloranil verlangt 57,7 Proc. Cl. Die erhaltene Menge Chloranil war der angewendeten Menge Kreosots nach eine verhältnissmässig sehr geringe. Das Chloranil konnte sich nur aus dem neben dem Kreosol im Kreosot enthaltenen Bestandtheil gebildet haben und Hess als diesen einen Phenylkörper vermuthen. In dem Alkohol, welcher nach der Behandlung des ursprünglich gechlorten Harzes mit Weingeist zur Isolirung des Chlor- anils verwendet war, hatte sich ein Harz gelöst, welches 22 K. Frisch, nach Abdestillation des Alkohols als ein goldgelbes, dickes, klebriges, zähes Harz von unangenehmem Geruch zurück- blieb. In Wasser war es vollständig unlöslich, eben so in Essigsäure. üebergiesst man dieses Harz mit Salpetersäure, so färbt es sich dunkler; beim Erwärmen nimmt es eine rothe Färbung an und bei fortgesetztem Erhitzen geht der grösste Tiieil in einen schönen purpurrothen Schaum über, der sich grösstentheils beim Erkalten wieder harz- artig zu Boden setzt. Ein krystallisirtes Nitroproduct daraus zu erhalten, ist mir trotz lange fortgesetzten Nitri- rens nicht gelungen. Behandelt man Kreosot mit englischer Schwefelsäure, so löst sich dasselbe unter Erwärmung mit violettrother Farbe auf. Auf Zusatz von Wasser wird das Kreosot wieder in öligen gefärbten Tropfen ausgeschieden. Lässt man aber das Gemisch von Kreosot und Schwefelsäure 34 Stunden lang bei 500 stehen, so wird die Masse sehr dickflüssig und löst sich vollständig ohne Kreosotabschei- dung in Wasser zu einer tief rubinröthen Flüssigkeit auf, welche mit Zink farblos wird, an der Luft sich wieder röthet. Die rothe Lösung mit kohlensaurem Baryt ab- gestumpft, enthält ein Barytsalz gelöst, welches nach Ein- dampfen der Flüssigkeit bei gelinder Wärme unter der Luftpumpe in kugeligen Massen krystallisirt. Durch Um- krystallisiren konnte das Salz fast farblos erhalten werden, gab aber beim Lösen in Wasser, in welchem es sehr leicht löslich ist, immer eine bräunlich -rothe Lösung. In heis- sem Alkohol löst sich das Salz schwerer als in Wasser und bildet nach dem Erkalten aus verdünnten Lösungen eine durchsichtige Gallerte, beim Erkalten aus gesättigten Lösungen aber eine breiartige Substanz. Dieselbe gelatinöse Masse bildet sich, wenn man eine wässerige Lösung des Salzes mit Alkohol versetzt. Das aus Wasser umkrystallisirte und durch Nach- waschen mit Alkohol gereinigte Salz wurde im luftleeren Räume getrocknet. übe7' das Kreosot. 23 1,043 Grra. unter der Luftpumpe getrocknet verlören bei 1000 0,094 HO = 9 Proc. Die folgenden Analysen wurden mit bei 100^ ge- trocknetem Salze ausgeführt: a) 0,560 Grm. gaben 0,259 Grm. BaO,S03 = 46,25 Proc. b) 0,970 „ „ 0,449 „ „ = 46,29 „ c) 0,848 „ wurden mit Salpetersäure oxydirt und gaben mit Chlorbaryum gefällt 0,786 Grm. BaO, S03. d) 0,870 Grra. mit Kupferoxyd und vorgelegten Kupfer- drehspänen und Bleihyperoxyd verbrannt, gaben 0,907 C02 und 0,216 HO. e) 0,494 gaben 0,521 Grm. C02 und 0,114 HO. Berechnet Gefunden d. e. a. b. c. Pro. Prc. Prc. Prc. Prc. Prc. C12 = 28,73 28,42 28,77 — — — H6 = 2,35 2,75 2,5 — — — 02 = G,44 — — — — — BaO = 30,56 — — 30,34 30,36 — 2S03 = 31,92 — — — — 31,7i 100,Ü0 Prc. Es ergiebt sich also für dieses Salz die Formel Ci2H50,S03, H0,Ba0,S03, dieselbe, die Laurent für seinen sulfophenissauren Baryt gefunden hatte. In den meisten chemischen Werken ist dieser als C12H5 0, S03, BaO, S03 aufgeführt. Es lässt sich jedoch das eine Aequivalent Wasser aus der Verbin- dung nicht entfernen, da sie bei 1000 getrocknet, obige Zusammensetzung besitzt und in höheren Temperaturen sich zersetzt. Das Barytsalz, welches ich in Alkohol gelöst, aus diesem krystallisirt und bei 1000 getrocknet hatte, zeigte eine von den vorigen Salzen abweichende Zusammensetzung, indem der Alkohol wohl etwas zersetzend eingewirkt hatte. 0,441 Grm. gaben 0,195 Grm. BaO,S03 = 29,02 Proc. BaO. 0,840 „ „ 0,375 „ „ =29,05 „ 0,435 „ „ 0,494 C02 und 0,113 HO = 30,9 Proc. C und 2,88 Proc. H. 24 K. Frisch, 0,9765 Grm. gaben 1,104 C02 und 0,2645 HO = 30,84 Proc. C und 3,01 Proc. H. Kreosotschwefelsäure mit frisch gefälltem Bleioxyd- hydrat digerirt, löste dieses zu einer röthlich gefärbten Flüssigkeit, die eingedampft pflasterartig wurde und diese Consistenz auch unter der Luftpumpe beibehielt. Diese Bleiverbindung nahm bei gewöhnlicher Temperatur, im luftleeren Räume getrocknet, täglich an Gewicht ab und ergab selbst nach vier Wochen keine constanten Wägungs- resultate. Bei 100^ entwickelten sich Dämpfe und auch ein unangenehmer Geruch, welcher bei dem Barytsala nicht wahrzunehmen gewesen war. Nachdem kein Gewichts- verlust mehr stattfand, bestimmte ich den Bleioxydgehalt der Präparate, die sich im Wasser noch vollständig lösten. a) 2,334 Grm. gaben 1,304 Grm. PbO,S03 = 41 Prc. PbO. b) 1,908 „ „ 1,040 „ „ = 40,06 Prc. PbO. C>2H5 0, S03,PbO, S03 würde 40,3 Proc. PbO ver- langen. Da das phenylschwefelsaure Bleioxyd keine krystalli- sirbare Verbindung ist, so hängt diesem aus dem Kreosot bereiteten noch das Kreosol an, welches beim Barytsalz in der Mutterlauge bleibt. Dieses entweicht erst voll- ständig bei höherer Temperatur. Kreosot mit Kalkhydrat behandelt, gab eine krümelige feste Masse, die nach einiger Zeit eine violette Farbe annahm. Wasser wirkte schwer lösend; es wollte mir jedoch nicht gelingen, aus dieser Lösung eine constante Verbindung darzustellen, da beim Eindampfen das Kreosot bereits durch Kohlensäure verdrängt und verflüchtigt wird. Behandeljte ich das Kreosot mit oxydirenden Substan- zen, wie die Lösung desselben in Schwefelsäure mit saurem chromsauren Kali : so ändert sich der specifische Geruch des Kreosots in einen angenehm aromatischen um; die Flüssigkeit wird dunkelbraun, fast schwarz und setzt eine harzartige schwarze Masse ab, die mit Wasser ausge- waschen, bröckelig wird, in Alkohol löslich ist, in Kali und Ammoniak sich theilweise mit dunkelbrauner Farbe über das Kreosot. 25 löst und braune humusartige Körper zurüeklässt. Gegen Säuren verhielt sich die Substanz indifferent. Fast dasselbe Verhalten wie gegen saures chromsaures Kali zeigte Kreosotschwefelsäure gegen Oxalsäure. Es trat beim Erwärmen Entwiekelung von Kohlensäure ein, die Flüssigkeit wurde immer trüber, zuletzt schwarzbraun, wobei sich eine schwarze harzige Masse ausschied, die nach dem Auskochen mit Wasser spröde wurde, in Alkohol etwas löslich war und von Kali und Ammoniak unvoll- ständig zu einer röthlich braunen Flüssigkeit gelöst wurde. Ein neutrales Bleisalz aus dem Kreosot darzustellen, um aus diesem das Aequivalent desselben zu bestimmen, gelang nicht, basische Verbindungen aber sind für den beabsichtigten Zweck natürlich ungeeignet. Ich versuchte das Verhalten einer alkoholischen Lösung von Kreosot gegen essigsaures Bleioxyd, eben so auch eine essigsaure Lösung von Kreosot gegen dasselbe Reagens, erhielt aber keine Fällungen. Nach den vorliegenden Resultaten, besonders der Bil- dung von Pikriasäure, Dinitrophenylsäure, von Phenyl- schwefelsäure und Chloranil glaube ich berechtigt zu sein, in dem Kreosot neben dem Hlasiwetz'schen Kreosol einen Phenylkörper anzunehmen. Aus den Elementaranalysen des Kreosots, wie sie V. Gorup-Besanez, Ettling, Völckel und ich aus- geführt haben und bei denen die ersteren beiden und die letzteren beiden ziemlich übereinstimmend ausgefallen sind, scheint hervorzugehen, dass das nach dem Reichenbach- schen Verfahren durch wiederholtes Behandeln mit Aetz- kali dargestellte Kreosot keine constante Zusammensetzung besitzt, wie auch v. Gorup-Besanez in seiner Zusam- mensetzung des Kreosots hervorhebt: denn er hat durch eigene Versuche gefunden, dass durch wiederholtes Be- handeln mit Kali der Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt herabgedrückt und der Sauerstoffgehalt erhöht wird und er vermuthet, dass das Kreosot sich durch fort- gesetzte Behandlung mit Kali zu Quajacol oxydiren 26 K. Frisch, Hesse, mit welchem es so bedeutende Aehnlichkeiten hat. Diese von ihm theoretisch gefolgerte Annahme hat sich auch in so fern durch die Arbeiten von Hlasiwetz be- stätigt, als derselbe wirklich im Kreosot Quajacol gefun- den hat; das Quajacol jedoch C'^Hi^O* zusammengesetzt findet, während das von v. Gorup-Besanez gemeinte. Völckel'sche Quajacol aus C^^H^O*, wahrscheinlich einem Gemenge des Quajacols mit einem ihm homologen Körper besteht. Es wäre wohl eher anzunehmen, dass durch Behan- deln mit Kali ein schwer von dem Kreosot zu trennendes, mit demselben homolog siedendes Oel, wahrscheinlich ein Kohlenwasserstoff, nach und nach entfernt wird und dass die Einwirkung des Kalis, wie auch Völckel gefunden hat, bei einem gewissen Punct keinen Einfluss mehr auf die Zusammensetzung des Kreosots hat. Ist dieses Stadium gekommen, so weicht das so gereinigte Kreosot in so fern von dem mit höherem Kohlenstoffgehalte ab, als es in gewöhnlicher Essigsäure sich auflöst und auch in verdünn- ter Kalilauge vollständig löslich ist. Es lässt sich auch kaum auf eine andere Weise der gleiche und constante Siedepunct eines Kreosots von 75 Proc. C. und von 7.3 Proc. Kohlenstoff erklären, wenn man nicht in ersteren einen mit dem Kreosot homolog siedenden Körper annimmt, der durch die Behandlung mit Kali entfernt wird: denn eine Zersetzung des Kreosots würde den Siedepunct verändern, in diesem Falle ihn, da eine Kohlenstoffverminderung eintritt, herabdrücken. Aus- serdem ist es von Interesse, dass mit der Abnahme von Kohlenstoff und Wasserstoff das specifische Gewicht zu- nimmt und auch dieses spricht für die Annahme eines Kohlenwasserstoffes, da diese ein niedriges specifisches Gewicht besitzen. So fanden: Ettling: bei 75,72 Proc. C und 7,80 Proc. H ein spec. Gew. von 1,037 b. 200 0. V. Gorup-Besanez: bei 75,21 Proc. C und 7,92 Proc. H ein spec. Gew. von 1,046 — 1,049 b. 11,50 C. über das Kreosot. 27 V. Gorup-Besanez: bei 74,8 Proc. C und 7,8 Proc. H ein spec. Gew. von 1,057 b. 13» C. Völckel: bei 72,68 Proc. C und 7,10 Proc. H ein spec. Gew. von 1,076 b. 15,50 C. und nach meiner Bestimmung: bei 72,9 Proc. C und 7,1 Proc. H ein spec. Gew. von 1,0874 b. 20^0. DasKreosot ist als eine eigenthümliche chemi- sche Verbindung zu betrachten, welche aus dem dem Quajacol gleichen Kreosol und einem Phenyl- körper besteht. Würde man in dem Kreosot mit Hlasi- wetz ein dem Phenjl homologes Radical annehmen, so wür- den wohl auch dem Phenyl liomologeDerivate resultirt haben, wie wir solche aus dem Steinkohlentheerkreosot in den Kre- sylverbindungen kennen und aus eben diesem Grunde ist die Annahme unrichtig, nach welcher viele Chemiker das Kreo- sot für Kresylalkohol halten. Diesem steht ferner die Beob- achtung Fairlie's entgegen, dass bei dem Sieden seines Kre- syloxydhydrats der anfangs stationäre Siedepunct im Laufe der Destillation mehr und mehr sinkt in Folge einer Zer- setzung des Kresylalkohols in Phenylalkohol, Eigenschaften, welche vollständig unseren Beobachtungen zuwiderlaufen*). Nach vorliegenden Untersuchungen und den Elemen- taranalysen von Völckel und mir kann man das Kreo- sot als eine dem sauren Kalisalz des Kreosols entsprechende Verbindung betrachten, in wel- chem an Stelle des Kaliums Phenyl eingetreten ist: denn das Kreosol ist geneigt, wie aus dem Kalisalze und den Bromverbindungen desselben hervorgeht, saure Verbindungen einzugehen. Die Formel würde sich nach der Elementaranalyse herausstellen als: Ci6Hi0O4^Ci6H9(Ci2H5)O4 -j- HO. *) Kresylalkohol weicht in seinem Siedepuncte von dem Gesetze der Erhöhung des Siedepunctes homologer Reihen um 19" bei C2H2 ab, indem er dem Phenylalkohol homolog 194 -f- 190 = 2130 sieden müsste. 28 G. C. Wittstein, -o -u -^ Mittel: Mittel bei ^^^ ° Völckel's Analyse meiner Analyse C44 = 73,12 72,68 72,9 H25 = 6,94 7,10 7,1 09 = 19,94 20,22 20,0 100,00. 100,00. 100,0. Noch erlaube ich mir zur praktischen Prüfung des Kreosots auf seine Reinheit hervorzuheben, dass Kreosot aus Buchenholztheer in seiner alkoholischen Lösung mittelst Eisenchlorid grün gefärbt wird, eine alkoholische Lösung von Phenyloxydhydrat sich aber nur bräunt; eine wässerige Kreosotlösung hingegen durch dasselbe Reagens nicht angezeigt wird, während Phenylalkohol die bekannte blaue Färbung giebt. neber Zuckerkapseln mit löslichem Eisen (oxyd)- Saccharat; G. C. Wittstein. Unter der Bezeichnung lösliches Eisen-Saccharat in Zuckerkapseln bringt die Firma Jordan und Tim aus in Berlin, Dresden und Wien, ein durch seine Cacao - Präparate schon lange rühmlichst bekanntes Ge- schäftshaus, seit einiger Zeit das Eisenoxyd, zum Zwecke innerlicher medicinischer Anwendung, in so eigenthüm- licher, neuer, leicht, bequem und angenehm zu nehmender Form in den Handel, dass eine eingehende Mittheilung darüber in dieser Zeitschrift gewiss am Platze ist. Diese Kapseln befinden sich, eine jede in feines Papier eingewickelt, zu 20 und zu 40 Stück in Papp- schachteln, deren Aufschrift den Beisatz „jede Kapsel enthält i/jg Gran metallisches Eisen" hat. Die kleinere Schachtel voll kostet 5, die grössere 10 Sgr. Das Eisen- Saccharat dazu liefert Herr Dr. E. Fleischer in Dres- Zuckerkapseln mit löslichem Eisen{pxyd)-Saccharat. 29 den und die oben genannte Firma besorgt die Anferti- gung und Füllung der Kapseln. Bei dem Namen Kapseln denkt man unwillkürlich an die bekannten Gelatinkapseln, welche mit Copaivabalsam u. dergl. gefüllt sind, allein damit haben sie nur den Namen gemein, denn sie bestehen lediglich aus Zucker; es sind gleichsam Aggregate von Zuckerkryställchen, in Form und Grösse einer gewöhnlichen Cacaobohne und mit einer Höhlung versehen, welche von dem Eisen-Saccharate ein- genommen wird. Ihr Gewicht variirt von etwas über 1 Skrupel bis beinahe 2 Skrupel, indem die Zuckerwand bald dünner, bald dicker, während das Gewicht des In- haltes ein mehr constantes ist und circa 15 Gran beträgt. Dieser Inhalt ist ein dunkelgoldgelber klarer Syrup von süssem, milde eisenartigem und weingeistigem Geschmack. Lässt man eine Kapsel im Munde zergehen, so empfindet man anfangs reinen Zuckergeschmack, und sobald die Hülle aufgelöst ist, tritt jener milde eisenartige und wein- geistige Geschmack hervor. Für die Kinderpraxis und überhaupt für Personen, welche vor den gewöhnlichen Arzneien einen Widerwillen haben, konnte, wo es sich um Einführung von Eisen in den Organismus handelt, daher wohl kaum eine passendere Form gewählt werden als diese Kapseln. In der That hat das Präparat sich bald Eingang in die medicinische Welt verschafft; es ist bereits in den Apotheken Sachsens so wie des. übrigen Norddeutschlands ein gangbarer Artikel geworden und fängt auch schon an, sich im Süden zu verbreiten. Dabei verdient noch Beachtung, dass die Fabrikanten das Präparat nur den Apotheken zum Vertriebe übergeben, damit das- selbe, dessen Grundlage eine reelle wissenschaftliche ist, nicht in die Ciasse der Geheimmittel und Schwindeleien geworfen werde. Der für dieses in solcher Form unbe- zweifelt nicht leicht herzustellende Medicament verlangte Preis ist ein sehr massiger. Schenken wir aber nun auch dem Eisen-Saccharate selbst eine nähere Betrachtung. Der Name soll andeuten, 30 G. C. Wittstein, dass das Eisen sich durch Vermittelung des Zuckers in gelöstem Zustande befindet; das erscheint auf den ersten Blick etwas zweifelhaft, ist aber, wie weiterhin erhellen wird, nichts desto weniger richtig. Zwar weiss man, dass Zuckerlösung die Fähigkeit besitzt, kleine Antheile oxydir- ten Eisens aufzulösen und dadurch einen schwach eisen- artigen Geschmack anzunehmen; ich erinnere nur an das^ bekannte Becker -Klauer'sche Ferrum carhonicum saccha- ratum, welches damit geschütteltem Wasser neben dem süssen auch einen schwach eisenartigen Geschmack ertheilt. Das durch die Vermittelung des Zuckers in das Wasser gelangte Quantum Eisen ist indessen nur gering; Alkalien zeigen es gar nicht an, was jedoch nur in der bekannten Eigenschaft nicht flüchtiger organischer Substanzen, die Fällung des Eisens durch Alkalien zu verhindern, begrün- det ist; aber auch Ammoniumsulfid, dessen Reaction durch die Gegenwart solcher Substanzen nicht beeinträch- tigt wird, ruft zunächst nichts weiter als eine grüne Fär- bung hervor, und erst bei längerem Stehen setzen sich schwarze Flocken ab. Concentrirte Zuckerlösungen sind im Stande, mehr Eisen aufgelöst zu halten, aber beim Verdünnen mit Wasser fällt der grösste Theil desselben wieder heraus. Solcher Art ist und verhält sich der eisenhaltige Syrup der Kapseln, denn er ist vollkommen klar, wird aber beim Vermischen mit Wasser sofort trübe und setzt den grössten Theil (^^/le) des Eisenoxyds als gelbbraune Flocken ab. Eine ähnliche Erscheinung kann man täglich in der Receptur an den meisten officinellen Pflanzenextracten wahrnehmen ; mit dem Spatel herausgenommen sehen sie, selbst in den dünnsten Schichten, klar aus, aber mit Wasser geben sie eine trübe Lösung, der trübende Körper befindet sich mithin in dem Extracte selbst aufgelöst und scheidet sich erst in Folge der Einwirkung des Wassers aus. Die Darstellung des Syrups anlangend, so musste die Möglichkeit einer directen Auflösung von Eisenoxyd — wenn auch als Hydrat und im frischgefällten Zustande Ztickerkapseln mit löslichem Eisen (oxyd) - Saccharat. 31 — in Zucker schon von vornherein abgewiesen, vielmehr angenommen werden, dass man sich dazu eines löslichen Eisenoxydsalzes bediene. Ueber die Wahl eines solchen konnte kaum ein Zweifel bestehen, denn keines eignet sich besser dazu als das Eisenchlorid, und dass dieses wirklich verwendet wird, zeigte mir sofort das Verhalten des mit Wasser verdünnten und von ausgeschiedenem Eisenoxyde abfiltrirten Syrups zu salpetersaurem Silber- oxyd. (Auf Schwefelsäure gab die Flüssigkeit nur eine spur- weise Andeutung.) Aber die verhältnissmässig nicht starke Reaction auf Chlor, dann die schon durch Wasser allein erfolgende Präcipitation des meisten Eisenoxyds aus dem Syrup und der milde eisenartige Geschmack des letztern bewiesen, dass darin kein neutrales (Fe2C13), sondern ein sehr basisches Eisenchlorid zugegen ist. Wenn man eine Lösung von Eisenchlorid abdampft,, so entweicht mit den Wasserdämpfen fortwährend auch Chlor oder vielmehr Salzsäure, welche durch Zerlegung von Wasser entstanden ist, dessen Sauerstoff mit dem seines Chlors beraubten Eisen Eisenoxyd bildet, das sich aber nicht ausscheidet, sondern in dem noch unzersetzten Eisenchloride zu einer basischen Verbindung gelöst bleibt. Auf diese Weise kann sogar das meiste Chlor ausgetrieben werden, ohne dass die Masse ihr klares Ansehen verliert; giesst man aber dann Wasser hinzu, so erfolgt Zersetzung unter starker Trübung und Ausscheidung von Eisenoxyd- hydrat, und die darüber stehende Flüssigkeit besitzt oft kaum noch eine gelbliche Farbe. Zuckerzusatz beeinträch- tigt das klare Ansehn der eingedampften Eisenlösung nicht, sondern macht die Farbe nur heller, kann aber nicht verhindern, dass beim Verdünnen mit Wasser eine ähnliche Zersetzung und Trübung erfolgt, wie wenn kein Zucker vorhanden wäre. Diese Andeutungen werden genügen, die Darstellung eines eisenhaltigen Syrups, wie er in den Zuckerkapseln sich eingeschlossen befindet, verständlich und ausführbar zu machen. Neutrales Eisenchlorid in die Kapseln ein- 32 G. C. Wittstein, geschlossen, würde beim Zergehen derselben im Munde einen unangenehmen tinteartigen Geschmack hervorrufen; dieses zu verhindern, ist das Verdienst des Herrn Dr. Fleischer, indem er das Chlorid auf die äusserste Grenze der Basicität gebracht und durch die Syrupform gelöst erhalten hat. Der Zusatz von Weingeist scheint mir unwesentlich. Und da das Mittel nicht erst in Wasser aufgelöst wird, sondern unmittelbar in den Mund gelangt, so geht auch keine Spur Eisen verloren. In Erwägung, dass das Vertrauen zu einem neuen Arzneimittel nur gewinnen kann, wenn die Angaben der Verfertiger, resp. Verkäufer von unparteiischer Seite be- stätigt werden, und dass dem in Rede stehenden die grösste Verbreitung zu wünschen ist, habe ich eine quantitative Bestimmung des Eisens und daneben auch des Chlors aus- geführt. Zu diesem Zwecke wurden 10 Kapseln, welche zusammen 322 Gran wogen, in der doppelten Menge Wasser gelöst, das ausgeschiedene Eisenoxyd auf einem Filter gesammelt und so lange gewaschen, bis das Wasser rein ablief. n) Der Filterinhalt konnte möglicherweise kein reines Eisenoxydhydrat, sondern basisches Chlorid sein; er wurde daher mit Kalilauge erwärmt, wieder ausgewaschen und hierauf erst geglühet. Jetzt reines wasserfreies Eisenoxyd, betrug sein Gewicht 0,75 Gran = 0,525 Gran metallischem Eisen. Das kalinische Filtrat erlitt, nach dem Uebersättigen mit Salpetersäure, durch salpetersaures Silber eine sehr schwache Trübung, welche sich allmälig am Boden ver- einigte und 0,0312 Gran betrug, worin also 0,00772 Gran Chlor enthalten waren. b) Die von a getrennte, sehr schwach sauer reagirende Flüssigkeit, worin sich aller Zucker, das meiste Chlor und noch eine kleine Menge Eisen befanden, machte man mit Salpetersäui'e stark sauer und fällte es dann mit salpetersaurera Silberoxyd aus. Das Chlorsilber setzte sich aus dieser Flüssigkeit gar nicht ab, selbst nach Verlauf Zuckerkapseln mit löslichem Eisen {oxyd)-Saccharat. 33 einer Woche war noch nicht an ein Filtriren zu denken, und erst Erwärmen des Ganzen bis zum Kochen ver- mochte eine Vereinigung des Niederschlags in dichtem Flocken und eine Klärung der Flüssigkeit zu bewirken. Dieses Chlorsilber wog 0,130 Gran, enthielt also 0,03216 Gran Chlor. Dazu das in a erhaltene Chlor = 0,00772 Gran, macht in Summa 0,03988 Gran. Die vom Chlorsilber getrennte Flüssigkeit wurde mittelst Salzsäure von dem überschüssig angewandten Silber befreit, dann mit Ammoniak übersättigt und, als dadurch keine sichtbare Veränderung eintrat, Ammonium- sulfid hinzugefügt. Es erfolgte eine dunkelgrüne Fär- bung und nach 2 Tagen hatten sich schwarze Flocken abgelagert, welche noch 0,050 Gran Eisenoxyd = 0,035 Gr. metallischem Eisen lieferten. Alles Eisen aus 10 Kapseln betrug demnach 0,800 Gr. als Oxyd oder 0,560 Gr. als Metall. Dies ergiebt für 1 Kapsel 0,056 oder i/j^ Gran metallisches Eisen, also etwas weniger als angegeben ist. Hager*), welcher den Eisengehalt ebenfalls bestimmt hat, fand per Kapsel 0,077 oder ^/i3 Gran, also etwas mehr als angegeben. Solche Schwankungen erklären sich leicht dadurch, dass die eine Kapsel etwas mehr, die andere etwas weniger Eisensyrup fasst, sind aber zu unbe- deutend, um sie zum Gegenstande eines Tadels zu machen, und gleichen sich immer wieder aus, wie denn das Mittel der beiden Bestimmungen 1/17 und ^/|3 auch genau die garantirte Zahl '/15 ist. Die gefundenen Mengen Chlor und Eisen stehen zu einander in dem äquivalenten Verhältniss von 1 zu 18, denn Gefunden Aeq. Berechnet Chlor . . . 0,03988 1 0,03941 Eisen . . . 0,56000 18 0,56047 0,59988. 0,59988. *) Pharm. Centralhalle 1866. No. 46. Arch. d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1. u. 2. Hft. 34 Die essharen Erden in Persien. Heber die essbaren Erden in Persien. Die Gewohnheit, mineralische Stoflfe zu geniessen, dürfte kaum in einem andern Lande so verbreitet sein^ wie in Persien. Auf den Bazaren der meisten Städte werden erdartige Stoffe feilgeboten, die der Befriedigung einer, wie es scheint, tief eingewurzelten Gewohnheit dienen sollen ; sie bilden einen nicht unbedeutenden Han- delsartikel. Es ist dieser Erdgenuss vorzugsweise auf das Volk beschränkt und namentlich sollen die Frauen demselben huldigen. Wenn neuere europäische Reisende, welche Persien besuchten, jener seltsamen Gewohnheit mit keiner Silbe erwähnten, so darf das nicht überraschen, da den Fremden nur wenig Gelegenheit geboten wird, sich mit den Sitten und Gebräuchen des Volks eingehen- der bekannt zu machen. Es sind besonders essbare Erden von zwei Oertlich- keiten, die sich eines Rufes im Lande erfreuen und welche man fast allenthalben wieder trifft. Die eine ist unter dem Namen Ghel Mahallat, d. h. Thon von Mahallat be- kannt, welcher vom Gebirge gleichen Namens etwa 60 Werste westlich von Kum gebracht wird. Es ist ein rein weisser, feiner, etwas fettig anzufühlender und der Zunge anklebender Thon. Die chemische Untersuchung dieses Thones ergab: Kieselsäure 43,0 Thonerde 37,5 Kali 0,5 Wasser 19,0. Die zweite Erdart heisst Ghel i Giveh, Thon von Giveh, einer Oertlichkeit, die unfern Kirman liegen soll. Es sind unregelmässig gestaltete, rein weisse, feste Knol- len, von Wallnuss- bis Faust-Grösse ; sie fühlen sich fein- erdig, nicht fettig an, haften nur schwach an der Zunge und haben einen etwas salzigen Geschmack. Die essbaren Erden in Persien. 35 Die Untersuchung zweier Knollen ergab : I. II. Kohlensauren Kalk 14,660 23,500 Kohlensaure Magnesia 78,162 68,758 Magnesiahydrat 1,385 2,985 Chlornatrium und schwefelsau- res Natron 2,192 1,946 Wasser . 3,601 2,812 100,000 100,000. Nach dieser Zusammensetzung ist das Mineral keine Thonart, sondern reihet sich am ehesten dem Hydro- magnocalcit an. Beide untersuchte Substanzen enthalten weder etwas, was zu den eigentlichen NahrungsstofFen des mensch- lichen Körpers zu rechnen ist, noch solche Dinge^ welche irgend einen Einfluss auf das Nervensystem ausüben; denn der feine Mahalla-Thon wird sich völlig indififerent verhalten, die Erde von Giveh kann nur insofern von Wirkung sein, als allenfalls durch die Erdcarbonate die freie Säure des Magensaftes neutralisirt wird. Sucht man nun nach der Erklärung der seit Jahrhunderten eingewurzelten Gewohnheit des Erde-Essens, so lässt sich etwa Folgendes annehmen: Die in den meisten persischen Ebenen den grössten Theil des Jahres hindurch herrschende trockne Hitze, das unthätige Leben der Orientalen haben zunächst ein äusserst vermindertes Nahrungsbedürfniss zur Folge. Der Körper bedarf wenig zum Wiederersatz der verbrauch- ten Stofife. Der eigentliche Genuss des Essens, welcher in dem Masse höher empfunden wird, als der Mensch unter dem Einflüsse anstrengender Thätigkeit und nie- derer Temperatur sich befindet, fällt somit weg. Wollte er sich solchen verschaffen durch Einführung wirklicher Nahrungsmittel, die sehr leicht über das erforderliche gewöhnliche Mass geht, so würden die Folgen davon in Form von heftigen Indigestionen, die in jenem Klima 3* 36 Die essharen Erden in Persien. besonders heftiger Natur sind, nicht ausbleiben. Der Genuss süsser und wässeriger Früchte, der hier am Platze wäre, behagt nicht Allen, auch sind solche nicht überall zu haben. Jene dem Organismus völlig indifferenten, dabei wohlfeilen Thone und Erden genügen zu diesem Zwecke. Sie verschaffen zunächst die Thätigkeit des Beissens und Schlingens, füllen den Magen und brin- gen das Gefühl einer vermeintlichen Sättigung hervor und verlassen den Organismus wieder, ohne — wenig- stens bei nicht übermässigem Genuss — auf die Blut- mischung einen störenden Einfluss ausgeübt zu haben. Sie wirken nur mechanisch, nicht chemisch. Hierzu kommt noch von Seiten der Phantasie das reinliche Aus- sehen der blendend weissen Knollen, das sanfte, zwischen den Zähnen abstumpfende Gefühl des sandfreien, durch Reiben und Drücken leicht mehlfein zu erhaltenden Pul- vers derselben. Endlich tragen noch Aberglauben, Un- wissenheit und Faulheit das. Ihrige bei zur Erhaltung der sonderbaren Gewohnheit. [Landw. Zeitung des Prov.- Vereins Hannover.) Ergebnisse chemischer Analysen der Seidenraupen; von Leopold Lenz in Lngarisch-Altenburg. Die zur Analyse verwendeten Seidenraupen entstam- men theils der an der hiesigen Anstalt befindlichen Zucht, theils waren sie anderorts herbeigeschafft und wurden — bezeichnet als gesunde, fleckenkranke und gelbsüchtige Raupen — im lebenden Zustande nebst ihren entspre- chenden Excrementen an das agricultur-chemische Labo- ratorium abgeliefert. Die Seidenraupen standen in glei- chem Alter und kamen 4 Tage nach der letzten Häutung zur chemischen Untersuchung. Die Excremente stammen ebenfalls von Raupen gleichen Alters und wurden nicht im frischen, sondern im bereits lufttrocknen Zustande in Arbeit genommen. Die verwendeten Blätter, ebenfalls L. Lenz, chemische Analysen der Seidenraupen. 37 lufttrocken, waren eine Durchschnittsprobe der gesamm- ten zur Fütterung gelangten Masse. Ausgehend von der Thatsaclie, dass die Raupen bei ihrer Ernährung die Rip- pen des Blattes nicht angreifen, wurden diese, so wie auch die Blattstiele, sorgfältigst ausgeschnitten. Ueber den Gang der Analyse sei kurz bemerkt, dass wegen der zur Verfügung gestandenen geringen Aschen- mengen alle Bestimmungen der verschiedenen Aschen- bestandtheile immer in einer Portion Asche durch Auflösen in chlorfreier Salpetersäure vorgenommen werden mussten. Zur Abscheidung der Kieselsäure wurde die salpetersaure Lösung über dem Wasserbade zur vollkommenen Trocken- heit gebracht, der Rückstand in salpetersäurehaltigem Wasser gelöst, die Kieselsäure am Filter gesammelt und das gemessene Filtrat zur Theilanaljse verwendet. Der dabei befolgte Gang war derselbe^ wie er gewöhnlich bei Analysen der Pflanzenaschen eingehalten wird. Der Ge- halt der Asche an Kohlensäure, Sand und Kohle kam nicht in Rechnung, daher beziehen sich die analytischen Ergebnisse nur auf den in Salpetersäure löslichen Theil der Asche. Die Bestimmung des Kalis geschah aus dem Kaliumplatinchlorid, der StickstofFgehalt wurde durch Ver- brennen der Substanz mit Natronkalk und Einleiten des Ammoniaks in titrirte Oxalsäure erhalten. Die ausgeführten chemischen Analysen ergaben nun folgende Resultate: Bestimmung der Trockensubstanz und des Wasser- gehalts in 1000 Gewichtstheilen der lebenden Seidemau- pen und ihrer lufttrocknen Excremente: Gesunde Fleckenkranke Gelbsüchtige Eau- ihre Ex- Rau- ihre Ex- Rau- ihre Ex- peu cremente pen cremente pen cremente Trockensubstanz 166,44 879,38 138,87 870,58 141,98 8ö8,84 Wasser 833,56 120,62 861,13 129,42 858,02 141,16 1000 Gewichtstheile Trockensubstanz enthalten : Stickbtofi\. 10.5,52 29,03 106,94 32,81 108,41 31,03 Asche (frei von Kohlensäure, Sund und Kohle) 73,54 97,49 91,23 94,24 83,60 110,15 38 L. Lenz, In 1000 Gewichtstheilen lebender Seidenraupen und ihrer lufttrocknen Excremente sind enthalten: Orga- 1000 Gewth. frischer, Wasser nische Asche bezw.lufttrocknerSub- Sub- stanz euthalteu Stick- stanz stoflf Gesunde Raupen 833,56 154,20 12,24 17,56 Excremente ders. 120,62 793,65 85,73 25,53 Fleckenkrauke Kaupen 861,13 126,20 12,67 14,85 p:xcremente ders. 129,42 788,54 82,04 28,56 Gelbsüchtige Raupen .... 8.58,02 130,11 11,87 15,39 Excremente ders. 141,16 764,24 94,60 26,65 1000 Gewichtstheile Asche (frei von Kohlensäure, Sand und Kohle) der gesunden, fleckenkranken und gelbsüch- tigen Seidenraupen und ihrer Excremente enthalten : Gesunde Fleckenkranke Gelbsüchtige Rau- Excre- Rau- Excre- Rau- Excre- pen meute pen mente pen meute dcrs Q6rs ders Kieselsäure.. 5,76 23,70 12,34 53,77 13,52 14,09 Schwefelsäure 62,28 48,04 57,21 56,73 49,01 62,97 Phosphorsäure 287,14 89,94 280,93 82,76 267,60 94,47 Chlor Spuren ' 2,03 Spuren 2,38 2,45 0.62 Eisenoxyd-... 7,15 35,28 1,47 20,55 Spuren 24,83 Magnesia.... 84,82 112,85 54,72 90,74 48,75 117,61 Kalk 59,21 479,75 86,99 364,23 51,60 325,90 Kali \ ^ 168,96 480,72 308,03 550,0 341,45 Natron J 493,64 g^^l 17,10 20,76 6,86 18,0 Aschenanalysen verpuppter Seidenraupen (gesunde Japanesen), ihrer Cocons und der Maulbeerblätter : In 1000 Gewichtstheilen sind enthalten von: Verpuppten Cocons Maulbeer- Raupen derselben blättern (Japanesen) Kieselsäure 30,50 14,51 Schwefelsäure 24,12 21,37 46,36 Phosphorsäure 358,78 121,32 120,2 Chlor Spuren 9,02 0,62 Eisenoxyd Spuren 24,89 15,87 Magnesia 157,61 126,17 124,82 Kalk 46,65 522,87 331,53 Kali 355,95 131,95 312,67 Natron 50,61 5,0 31,0 Cocons Maulbeer- derselben blätter 195,71 47,74 chemische Analysen der Seidenraupen. 39 In 1000 Gewichtstheilen Trockensubstanz verpuppter Seidenraupen (gesunde Japanesen), ihrer Cocons und der Maulbeerblätter sind enthalten: Verpuppte Raupen Stickstoff 92,36 Asche (frei von Kohlen- säure, Sand und Kohle) 60,87 10,61 74,84 Aus Obigem ergiebt sich : 1) Dass die Trockensubstanz in den gesunden Rau- pen grösser ist, als in den kranken, und hier sind es die gelbsüchtigen, welche mehr aufweisen, als die flecken- kranken, die den geringsten Trockengehalt zeigen; es beträgt nämlich in 1000 Gewichtstheilen der Seidenrau- pen die Differenz zwischen gesunden und gelbsüchtigen 24,46 Gewth., zwischen gesunden und fleckenkranken 27,57 Gewth., also Unterschiede, die wohl unter sich selbst betrachtet weniger abweichen, jedoch für den Orga- nismus gewiss nicht ohne Bedeutung sind. 2) Dass bei der Unterscheidung der Trockensubstanz in organische und unorganische Bestandtheile die sich herausstellenden Differenzen beinahe ausschliesslich die organische Substanz betreffen, indem die Abweichungen in den organischen Bestandtheilen zwischen gesunden und gelbsüchtigen Raupen in 1000 Gewth. 24,09 Gewth., zwi- schen gesunden und fleckenkranken 28,0 Gewth. betra- gen, welche Zahlen mit den Differenzen in der Trocken- substanz fast übereinstimmen. 3) Dass der Stickstoffgehalt in den gesunden Rau- pen höher als in den kranken erscheint, indem für je 1000 Gewth. der lebenden Seidenraupen die fleckenkrau- ken um 2,71 Gewth. und die gelbsüchtigen um 2,17 Ge- wichtstheile weniger enthalten als die gesunden. Es ver- halt sich nämlich nach obigen Analysen der Stickstoff- gehalt gesunder, dieser gleich 1000 gesetzt, zu dem Stick- stoffgehalte fleckenkranker und zu dem gelbsüchtiger Rau- pen wie lOüO : 845 : 876. 40 L. Lenz, 4) Dass die Differenzen im Aschengehalte zwischen gesunden, fleckenkranken und gelbsüchtigen Seidenrau- pen sich unbedeutend erweisen. Bezüglich der wichti- geren Aschenbestandtheile ist bemerkbar, dass sowohl die Menge der Phosphorsäure, als auch die der Magne- sia in den gesunden Raupen grösser ist, als in den kran- ken, und hier sind es die gelbsüchtigen, die merkliche Abweichungen in beiden Bestandtheilen zu erkennen geben, indem die Differenz im Phosphorsäuregehalte 19,54 Gewichtstheile und die Differenz im Magnesiagehalte 36,07 Gewichtstheile in 1000 Gewth. der Asche beträgt. Da- gegen ist in den Excrementen der gelbsüchtigen gegen- über den Excrementen gesunder und fleckenkranker Sei- denraupen sowohl die Phosphorsäure als auch die Mag- nesia vorherrschend. Ebenso wie die vorher angeführten Aschenbestandtheile ist auch das Eisenoxyd und die Schwefelsäure in der Asche gesunder Raupen in grösse- rer Menge enthalten, als in der Asche fleckenkranker und gelbsüchtiger Raupen, Die Asche der letzteren ent- hält wieder weniger Schwefelsäure als die der flecken- kranken und es scheint mir nicht als unwichtig, auf das spurenweise Auftreten des Eisenoxyds in den gelbsüchtigen Seidenraupen aufmerksam zu machen. In Betreff des Kalkes ist bemerkbar, dass sich die Menge desselben in 1000 Gewth. Asche bei den fleckenkranken bedeutend grösser als in den gelbsüchtigen herausstellte, da die gesunden im Kalkgehalte um 27,78 Gewth. und die gelbsüchtigen um 35,39 Gewth. von den fleckenkran- ken Seidenwürmern differiren. Hingegen enthält die Asche der Excremente von gesunden Raupen mehr Kalk, als die der Excremente fleckenkranker und gelbsüchtiger Raupen. Der Alkaligehalt erscheint nach obigen Ana- lysen in der Asche gesunder Raupen geringer, als in der Asche kranker Raupen und hier erweist die der gelb- süchtigen mehr, als die der fleckenkranken. Dasselbe Verhalten giebt sich auch in der Asche der entsprechen- den Excremente kund. chemische, Analysen der Seidenraupen. 41 Zur übersichtlichen Vergleichung sind die Beziehun- gen der wichtigeren Aschenbestandtheile, der Trocken- substanz und des StickstofFgehaltes der Seidenraupen, ihrer Excremente, der Cocons und der Maulbeerblätter zu dem gleich 1000 gesetzten Phosphorsäuregehalt jeder Asche gebildet und in folgender Tabelle zusammengestellt worden. Verhältniss der gesammten Trockensubstanz, des Stick- stoflfgehalts und der wichtigeren Aschenbestandtheile zur Phosphorsäure — diese gleich 1000 — in den Raupen, ihren Excrementen, in den Cocons und den Maulbeer- blättern : O ü |d ön-; es aj jä . .^ -w 00 Ä .2 ^ S o O CO M rS W ^ c« u S g=S SC W fcd E-ic» W CJ S o flj g j O M Maulbeerblätter Gesunde Eaupen .... Excremente derselben Flecken kranke Rau- pen Excremente derselben Gelbsüchtige Raupen Excremente derselben Gesunde, verpiippte Raupen (Japanesen) Cocons derselben. . . . 111111 5304 47356 114047 39017 128205 44700 96099 45789 263158 4997 3310 4172 1000 4206 1000 1000 1000 1000 4847 2981 ^000 1000 4229{1000 51502'1000 132 25 392 5 248 262 205 1038 2758:2601257 295 1254 187 1096 206 5334 309 4401 1719 1878 413 182 192 1244*3449 4391 130 1039 4309 1711 3721 2055 3614 992 1087 60 250 25 190 140 41 385 216 534 203 685 183 666 67 176 {Allgem. land- u. forstwirthsch. Zeitung der k. k. Landwirth- schafts-Gesellsckaft in Wie7i.) Die Seidenraupen -Krankheiten; J, V. Lieb ig*). Durch die grosse Gefälligkeit des Hrn. Heinrich Scheibler in Crefeld bin ich in den Stand gesetzt wor- *) Aus der Agronomischen Zeitung von Dr. Hirsch berg mit- getheilt. 42 J. V. Liebig, den, die Ermittelung einer Anzahl von Thatsachen zu veranlassen, welche, wie ich glaube, über die Natur der gegenwärtig herrschenden, für die Seidenindustrie so ver- derblichen Krankheit der Seidenraupe Licht zu verbrei- ten vermögen. Eine genaue Untersuchung des Futters der Seiden- raupe aus den verschiedenen Ländern und Gegenden, wo die Seidenraupen -Krankheit herrscht oder nicht herrscht, hatte ich Hrn. Scheibler als eine der nächsten und un- erlässlichsten Bedingungen bezeichnet, um über diese Krankheit Aufschlüsse zu gewinnen, und durch seine aus- gebreiteten Verbindungen gelang es Hrn. Scheibler, mir Maulbeerlaub aus China, Japan, der Lombardei, Pie- mont und Frankreich in genügender Menge zu verschaf- fen, um eine solche Untersuchung in meinem Laborato- rium durch einen sehr geschickten und gewissenhaften Chemiker, Hrn. Dr. Reichenbach, vornehmen zu lassen und es sind einige Resultate seiner grossen Arbeit, die ich in Folgendem mittheilen will. Ueber den Ursprung der Blätter schreibt mir Herr Scheibler: „Eine nähere Angabe, von welcher Species das Laub genommen, ist mir von China und Japan nicht zugekommen; es ist aber jedenfalls gesundes Laub*. Die erhaltenen Resultate sind, wenn ich sie richtig interpretire, vollkommen geeignet, die Ansicht zu stützen, die ich bereits früher über die Natur der Seidenraupen- Krankheit ausgesprochen habe. Es ist eine ziemlich all- gemeine Erfahrung, dass aus Eiern, welche frisch aus China oder Japan, oder auch von manchen andern Orten» bezogen worden sind. Raupen erzogen werden, welche Seide liefern und keine Symptome von Krankheit zeigen, dass aber die Nachkommenschaft von diesen Eiern in der zweiten oder dritten Generation der Krankheit verfällt. Diese Thatsache scheint mir die Existenz eines „Krank- heitsstoffes", welcher die einen ansteckt und die andern nicht, auszuschliessen; denn es lässt sich nicht erklären, warum Thiere von frisch importirten Eiern gesund blei- die Seidenraupen- Krankheiten. 43 ben und Seide liefern, während die zweite oder dritte Generation aus Eiern aus demselben Lande unter sonst gleichen Verhältnissen und gleichem Futter krank wer- den und sterben. Nach Allem, was darüber bekannt ist, werden die Raupen von der herrschenden Krankheit vor oder un- mittelbar nach der letzten Häutung befallen; sie sterben vor dem EinsjDinnen und dem Anschein nach fehlt es ihrem Körper an Vorrath an dem für das Gespinnst er- forderlichen Stoff; dass der Mangel an diesem Stoff ihre Verpuppung gefährden und den Tod der Raupe nach sich ziehen muss, ist selbstverständlich. Auf die Erzeugung dieses Stoffes, welcher die Seide giebt, muss aber die Nahrung einen ganz bestimmten Einfluss äussern und diejenige muss als die geeignetste für die Seidenraupen angesehen werden, welche das Material hierzu in gröss- ter Menge enthält. Die Seide ist sehr stickstoffreich; sie wird in dem Körper der Thiere aus den stickstoffhaltigen Bestandtheilen der Maulbeerblätter erzeugt und es lässt sich hiernach aus dem Gehalt der letzteren an Stickstoff mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ihr Futterwerth beur- theilen. Die vollständige Entwickelung und die Gesundheit eines Thieres hängt selbstverständlich von seiner Ernäh- rung ab; durch eine Verminderung in der Menge der täglich erforderlichen Nahrung wird seine Entwickelung beeinträchtigt und die Körpermasse verringert; der Wider- stand gegen äussere Schädlichkeiten, welchen der Begriff der „Gesundheit" in sich einschliesst, wird dadurch ge- schwächt, d. h. das Thier wird bei mangelhafter Ernäh- rung leichter von Krankheiten befallen; gut genährt wider- steht es besser. Das Maximum von Nahrung, welches ein Thier zu verzehren vermag, hängt in gleichen Ver- hältnissen von der Grösse oder dem Umfang seiner Ver- dauungswerkzeuge ab ; über ein gewisses Quantum Fut- ter hinaus kann ein Thier nicht fressen. Es ist ferner klar, dass ein Thier von zwei Nah- 44 J, V. Liehig, rungsmitteln, von denen das eine bei gleichem Gewicht mehr eigentlichen Nährstoff als das andere enthält, von dem ärmeren dem Gewicht nach mehr verzehren muss, als von dem reicheren, um ein gleiches Quantum Mate- rial zur Ernährung und zum Aufbau seines Körpers in sich aufzunehmen. Von Brod und Fleisch zusammen bedarf ein Mensch z. B. dem Gewicht nach weniger, als von Brod allein ; von Brod weniger, als von Kartoffeln. Wenn man nun von diesen Grundsätzen aus die Zusam- mensetzung der Maulbeerblätter aus verschiedenen Län- dern betrachtet, so ergiebt sich, dass sie sehr ungleich in ihrer Zusammensetzung sind, dass die eine Sorte aus China oder Japan z. B. sehr viel mehr von den Stoffen enthält, die zur Entwickelung des Körpers und zur Bil- dung der Seide dienen, als die andere. In Zahlen aus- gedrückt, hat die Analyse folgende Verhältnisse ergeben : Stickstoffgehalt der Maulbeerblätter aus Japan China Tortona (Piemont) Alais Brescia 1) 3,23 3,13 1) 2,34 2,38 3,36 2) 3,36 2) 2,34 3) 2,49 oder in Fleisch und Seide bildenden Stoffen ausgedrückt: im Mittel Japan China Tortona Alais Brescia 20,59 19,56 14,93 14,62 21,0. Diese Zahlen zeigen, dass die Maulbeerblätter aus Piemont und Alais beinahe ein Drittel weniger von den zur Bildung der Körperbestandtheile der Raupe und der Seide dienenden Stoffen enthalten, als die aus Japan und China, und wenn diese Verhältnisse durch weitere Unter- suchungen sich bestätigen und constant erweisen, so knü- pfen sich hieran Schlüsse von grosser Bedeutung. Es liegt zunächst auf der Hand, dass wenn eine Anzahl Raupen von chinesischen oder japanischen Blättern eine Quantität von 1000 Gr. und eben so viel von piemon- tesischen oder von Blättern aus Alais verzehren, die Rau- pen in den ersteren 205 oder 195 Gr. Blut und Seide die Seidenraupen - Krankheiten. 45 bildende Stoffe, in den andern hingegen nur 149 Gr. dieser Stoffe in ihren Körper aufnehmen, und dass fer- ner die Raupen von den in Alais und in Tortona gewach- senen Blättern nahe an 1400 Gr. verzehren müssen, um eben so viel von diesen Stoffen in ihren Körper aufzu- nehmen, als sie in 1000 Gr. chinesischem oder japani- schem Laub empfangen hätten. Ein Einfluss dieser Ungleichheit in der Beschaffen- heit des Futters auf die Körperbeschaffenheit der Thiere kann nicht verkannt werden. Mit derselben Menge Maul- beerblätter gefüttert, würde der Körper der Raupen in China und Japan an sich stärker und reicher an Seide bildenden Stoffen sein müssen, als der Körper der Thiere, die mit Blättern von Tortona oder Alais ernährt worden sind. Man kann nicht annehmen, dass jede einzelne von 1000 Raupen eben so viel frisst wie eine andere, denn dies hängt von der Körperbeschaffenheit der Individuen ab, welche theils durch die Race, theils von der Körper- beschaffenheit der Eltern mit bedingt wird; aber man kann, ohne einen Fehler zu begehen, voraussetzen, dass die Nachkommen derselben Race nicht mehr Futter zu verzehren im Stande sind, als ihre unmittelbaren Vor- fahren zu fressen vermochten. Wenden wir dies auf Raupen an, die aus japanischen oder chinesischen Eiern gezogen, mit Maulbeerlaub in Tortona oder Alais ernährt werden, so wird eine gewisse Anzahl, welche in China oder Japan 1000 Gr. Maulbeer- laub gefressen hatte, auch 1000 Gr. von dem piemonte- sischen oder französischen Laub fressen. Die Unter- suchung giebt nun zu erkennen, dass die mit piemonte- sischen oder französischen Maulbeerblättern ernährten Raupen nahe ein Drittel weniger stickstoffhaltige Nähr- und Seide -bildende Stoffe empfangen, als die in China und Japan mit dortigem Maulbeerlaub ernährten Raupen. Ist die Fütterung mit einer gegebenen Menge chinesi- scher oder japanischer Blätter ausreichend für die voll- ständige Ernährung und Metamorphose einer gewissen 46 J. V. Liehig, Anzahl von Raupen gewesen, so ist die gleiche Menge Blätter von Tortona oder Alais nicht genügend für diese Zwecke; die Raupen in Tortona und Alais werden mit derselben Menge Maulbeerlaub unvollständig ernährt sein und wie in allen Fällen von mangelhafter Ernährung, muss die Nachkommenschaft dieser Thiere schwächer als ihre Vorfahren sein, schwächer in Beziehung auf die Aus- bildung ihrer Organe und ihre Entwickelungsfähigkeit und schwächer in Hinsicht auf ihr Vermögen, äusseren Schädlichkeiten Widerstand zu leisten. Durch eine an Nährstoffen reichere Nahrung wird die Race wieder ver- bessert werden können, d. h. es kann in diesen Thieren der gesunde und kräftige Zustand, der ihre Vorfahren auszeichnete, dadurch wiederhergestellt werden ; aber mit dem mangelhaften Futter ernährt, wird die dritte Gene- ration noch mehr ausarten. Während die erste Genera- tion (von aus Japan und China importirten Eiern), die von den stärksten Eltern stammt, noch kräftig frisst, so dass man das bekannte Geräusch beim Fressen deutlich hört und noch so viel Vorrath von Seide bildendem Stoff in ihrem Körper zu sammeln vermag, um sich einzuspin- nen, nimmt dieser Vorrath in den Individuen der zwei- ten und dritten unvollständig ernährten Generation noth- wendiger Weise ab. Aus den Eiern mangelhaft ernährter Eltern muss sich ein schwächeres Geschlecht entwickeln und der Um- stand, dass die daraus hervorgehenden Individuen weni- ger kräftig fressen, wird von den Seidenzüchtern als eines der frühesten Symptome der sogen. Krankheit an- gesehen und sehr bald giebt sich ein bemerklicher Unter- schied in ihrer Grösse zu erkennen. Viele Raupen ver- lieren die Fähigkeit sich zu häuten, und es erzeugen diejenigen, welche bis zum Einspinnen kommen, ein loses, dünnes Gewebe; ihre Puppen verbleiben länger im Cocon; der kleine, in seinen Bewegungen träge Schmetterling hat häufig verkrüppelte Flügel. Dies sind alles Zeichen einer unvollständigen Ernährung und eines herabgekom- die Seidenraupen-Krankheiten, 47 menen Geschlechts, aber nicht die einer besonderen Krankheit. Es tritt bei diesen Thieren derselbe Fall ein, wie bei guten Viehracen, deren Einführung aus England z. B. nach der Erfahrung mancher Viehzüchter keinen Vor- theil hat, weil sie in ihrer Gegend ausarten, d. h. weil ihre Nachkommen viele der ausgezeichneten Eigenschaf- ten ihrer Eltern wieder verlieren, während es sicher ist, dass, wenn sie das importirte Vieh mit gleicher Sorgfalt, eben so reichlich und mit eben so gutem Futter ernäh- ren würden, wie dies in England geschieht, von einer solchen Ausartung keine Rede sein könnte. Worin läge aber der Vortheil — so sagte mir ein Viehzüchter — wenn es mir nicht gelingt, die Race zu erhalten mit dem Futter, das mir gerade zu Gebote steht? Diese Vieh- züchter suchen einen gewissen Vortheil durch die Ein- führung von fremdem Vieh zu erzielen ; da sie aber die Bedingungen missachten, durch die er gesichert wird, so erreichen sie ihren Zweck nicht, was Niemand in Ver- wunderung setzt, der die ersten Elemente der Ernäh- rungsgesetze kennt. In Europa ist der Seidenzüchter nicht, wie in Japan und China, ein Landwirth, der seine Maulbeerbäume selbst pflanzt und sorgfältig pflegt, son- dern für ihn ist Maulbeerlaub Maulbeerlaub, woher es auch stammen mag. Der einfachste Bauer weiss, dass unter seinem Heu ein Unterschied ist, dass die eine Sorte Heu weiter reicht und lieber von seiner Kuh gefressen wird und mehr und reichere Milch liefert, als eine andere. Der Seidenzüch- ter weiss von allen Dingen nichts und wenn er fortfährt, auf seinem Standpuncte und auf seiner längst in die Rumpelkammer veralteter Begriffe verwiesenen Ansicht zu beharren, dass aufdieThiere alles ankommt und dass ihr Organismus alles schafft und auch Seide erzeugt aus Futter, in welchem das Material zu ihrem Gespinnst weit- aus nicht in hinreichender Menge enthalten ist, so zieht er täglich an der Glocke zum Grabgeläute einer Indu- 48 J. V. Liebig, strie, auf welcher der Reichthum grosser Länder beruht, und dies kann nicht anders sein. Zum Schlüsse will ich mir noch eine Bemerkung hinsichtlich der Maulbeerblätter von Brescia erlauben, von denen ich nicht mehr als von den andern weiss, und das ist, dass es Blätter sind von der Beschaffenheit, wie sie in der Gegend, von der sie stammen, als Futter für die Raupen benutzt werden. Die analysirten Blätter von Brescia sind nämlich eben so reich an Stickstoff, als die japanischen und chinesischen, aber verglichen mit den letzteren ist in ihrer Grösse ein auffallender Unterschied; die chinesischen und japanischen Blätter sind völlig aus- gewachsen, die chinesischen sind aber handgross, dick und müssen frisch sehr vollsaftig und fleischig gewesen sein; die lombardischen Blätter sind hingegen klein (um •/g kleiner), dünn und wahrscheinlich jünger. Es ist eine ganz allgemeine Erfahrung, dass die jungen Blätter rei- cher an Stickstoff sind, als die ausgewachsenen und höchst wahrscheinlich, dass jüngere chinesische oder japanische Blätter einen noch weit höheren Stickstoffgehalt ergeben hätten, als die analysirten. Aus den Erfahrungen der Landwirthschaft wissen wir, dass die Düngung einen ganz entscheidenden Ein- fluss auf den Gehalt und den Reichthum der Pflanzen an stickstoffhaltigen Bestandtheilen ausübt und dass in China und Japan jede Pflanze, von der man eine Ernte gewin- nen will, gedüngt wird. Die chinesischen Werke über Seidenmanufactur beginnen mit der Beschreibung des Culturverfahrens des Maulbeerbaumes oder Strauches und es lässt sich daraus der Werth erkennen, den der chine- sische Bauer auf die richtige Pflege der Pflanze legt, welche bestimmt ist, das Futter für den Seidenwurm zu liefern; dem Anbau der Pflanze oder der Saat geht jeder- zeit die Düngung des Bodens voraus und die Zusammen- setzung der Asche der Maulbeerblätter aus China und Japan giebt mit grosser Wahrscheinlichkeit zu erkennen, dass dieses Laub von gedüngten Bäumen gewonnen wor- den ist. die Seidenraupen- Krankheiten. 49 Aus den chinesischen Werken (s. z. B. Tlie Chinese Miscellany. On the Silkmanufacture and the Cultivation of the Mulherry Nr. III. Printed at the Mission Press. Schanghai 1849) sieht man, dass in manchen Gegenden in China der Bauer den Maulbeerbaum sehr nahe so, wie der Winzer in Europa den Rebstock behandelt; auf das Beschneiden wird die grösste Sorgfalt verwendet und werden dazu die genauesten Vorschriften gegeben. In dem citirten Werke heisst es S. 84: „Jeder Hieb mit der Hacke erzeugt 3 Zoll Fruchtbarkeit und jeder Schnitt mit dem Messer sichert einen doppelten Ertrag vom Maul- beerbaum." Ferner: „üeberfluss an Zweigen durch Ver- nachlässigung des Beschneidens macht die Blätter dünn und geschmacklos; daher ist das Beschneiden der Bäume von der grössten Wichtigkeit für die Zucht der Seiden- raupen." Wenn der europäische Seidenzüchter gelernt haben wird, die Vorschriften seines Meisters in der Seidenzucht, des gewöhnlichen chinesischen Bauers, genau und richtig zu befolgen, so wird er ganz unzweifelhaft Herr des gros- sen Uebels werden, das seine Existenz bedroht. Die Natur giebt dem Menschen alles, was er von ihr will, aber auf die Dauer nicht umsonst; sie lohnt ihn für seine Pflege und straft ihn, wenn er sie beraubt. Dies ist das Gesetz. Die Farbe der Butter. Die schöne gelbe Butter ist oft gefärbt. Man wendet dazu in Frankreich oft Mohrrübensaft an, aber in einigen Gegenden der Normandie, besonders in Gour- nay, wird dafür die Feldringelblume {Calendula arvensis oder sylvestris) gezogen (französ. souci des champs). Sie wird dazu: in freiem Felde sowohl, als in Gärten culti- virt. Breitwürfige Saat, die Pflanzen breiten sich aus, brauchen daher nicht dicht zu stehen. Ernte Juli bis Arch.d.Phavm.CLXXXI.Bds. l.u.2.Hft. 4 50 Leberthran auf der Fiecher ei- Ausstellung in Boulogne, Mitte September. Die Bereitung des Farbestoifs, der Merliton heisst, geschieht, indem man die Blume pflückt, in einem steinernen Topfe (gres) in 6zÖlh*gen Schichten mit einer dünnen Salzschicht abwechselt, bis der Topf voll ist. Im Salz löst sich der Farbestoff auf und um so besser, je länger man ihn liegen lässt. Daher ver- kauft sich auch der einjährige Merliton 2 Fr, 25 per Kilogramm, der zweijährige 3 Fr., der fünfjährige 10 Fr. Wenn man Butter färben will, nimmt man etwa 25 Grm. (12/3 Loth) Merliton per 50 Liter Rahm (oder 50 Pfund Butter) und rührt sanft um. Dann seiht man den Rahm durch und macht die Butter auf gewöhnliche "Weise. {Wochenblatt der Annalen der Landwirthschaft.) Hirschberg. Der Leberthran anf der Fischerei -Ausstellung in Bonlogne s. M. im Jahre 1866. Norwegen. Leberthran vom Dorsch, Hai und Rochen, in allen Farben, von der reinsten Wasserhelle bis zur tief braunen Färbung. Der anscheinend beste von diesem Artikel war aus- gestellt von A. E. Dewald in Aalesund, H. Lundgren in Drontheim, R. Knudson in Christiansund, P.Müller in Christiania. Wir wollen aber nicht verschweigen, dass wohlbe- währte Techniker hier in Berlin gerade die hellsten und darum dem Auge wohlgefälligen Leber- (Medicin-) Thrane für verdächtig erklären. Sie halten die weit verbreitete Meinung für wohl- begründet, dass mit denselben seit einigen Jahren eine arge Täuschung verübt werde und meinen, dass diese Fabrikate andere Substanzen als den Thran der Dorsch- leber enthalten. Sie stützen diese Meinung leider nicht auf eine sorgfältige chemische Untersuchung, wohl aber auf die immerhin auffällige Erscheinung, dass diese Thrane Lebertkran auf der Fischerei-Ausstellung in Boulogne. 51 bei Annäherung der Temperatur an den NuUpunct feste Conglomerate zeigen, beim Sinken unter den Nullpunct ganz erstarren; während der reine, dunkelgefärbte Ber- ger Leberthran auch bei mehren Kältegraden unverän- dert durchsichtig und flüssig bleibt. Sie folgern daraus sicher nicht mit Unrecht, dass der helle Thran Substan- zen enthalten müsse, die zu ihrer Ausschmelzung einen höheren Temperaturgrad als das Fett der Dorschleber erfordere, welches gleich flüssig bleibe, lasse man es im Sonnenschein auslaufen oder gewinne man es durch Kochen im Wasser oder in Dämpfen. Eine vollständige Aufklärung in dieser Beziehung wäre interessant, nicht sowohl für die norwegischen Fa- brikanten, denen daran liegen muss, ein etwaiges Vor- urtheil zu beseitigen, als vielmehr auch für unsere Pro- ducenten an der Ostsee, die sich in erfreulicher Weise zu mehren scheinen und denen daran liegen muss, Con- currenten aus dem Felde zu schlagen, die mit dem äus- seren Schein zu täuschen suchen. Gerade an einer aus Boulogne mitgebrachten Flasche Thran aus Aalesund ist die oben bemerkte Probe ge- macht worden. Frankreich. Die Leberthranproben waren trübe und in ihrer äusseren Erscheinung mit denen aus Nor- wegen nicht zu vergleichen. Dorschlebersyrup, Dorschleberpillen, die den widri- gen Geschmack des Thrans vermeiden lassen sollen, er- weckten einigen Verdacht, ebenso die von Bayer pere in Trouville s. M. ausgestellte Fischwurst. {Aus dem dem Königl. Preiiss. Ministerio für landw. Angelegenh. erstatteten amtl. Berichte. Annalen der Landioirthschaft.) H i r s ch b e r g. 52 K. Frisch, Notizen; von Dr. K. Frisch. l. Zur Prüfung der ealeiiürtcn Soda, Bei Prüfung der calcinirten Soda ist es oft wesent- lich, neben dem Gehalt an kohlensaurem Natron auch den Gehalt an Aetznatron zu ermitteln. Dies geschieht gewöhnlich, indem man vor der Kohlensäurebestimmung die betreffende Soda behufs der Wasserbestimmung glüht. Man erhält aber hierbei stets ungenaue Resultate, da beim Erhitzen das Aetznatron lebhaft Kohlensäure aus der Luft anzieht und dadurch eine Diff'erenz entstehen kann, die oft mehre Procent beträgt. Diese Fehlerquelle umgeht man, ohne das Salz in einer kohlensäurefreien Atmosphäre glühen zu müssen, indem man eine Probe der betreff'enden Soda, ohne sie vorher zu glühen, unter den nöthigen Cautelen auf ihren Gehalt an Kohlensäure prüft, alsdann einen andern Theil glüht und in diesem ebenfalls nach dem Wägen die Kohlensäure bestimmt. Man wird finden, dass der Gehalt an Kohlensäure bei der zweiten Bestimmung stets und oft beträchtlich höher ausfällt, als dies bei der ersten der Fall war. Die Differenz zwischen den Wägungen vor und nach dem Glühen und zwischen der zuerst und zuletzt gefundenen Kohlensäure wird den Gehalt an Wasser angeben^ während die mit der ungeglühten Soda vorgenommene Kohlensäurebestim- mung den wirklichen Gehalt an reinem kohlensauren Natron bestimmen lässt. Ein Beispiel Avird dies erläutern: 1,434 Grm. Soda ohne vorher geglüht zu sein^ gaben 0,351 Grm. C02 = 24,4 Proc. 2,358 Grm. Soda verloren nach dem Glühen 0,138 Grm. = 5,9 Proc. HO und gaben 0,591 C02 = 25,1 Procent, also 25,1 — 24,4 = 0,7 0,7 -f 5,9 Proc. HO = 6,6 Proc, HO. Nickel- Kobalterz von Dohschau. — Carminsäure. 53 Die gesammte Menge des Alkalis wird ausserdem noch entweder durch Titriren oder durch Glühen der mit kohlensaurem Ammoniak hinreichend befeuchteten Soda und nachheriges Bestimmen der Kohlensäure ge- funden. 2. Nickel -Kobaltcrz von Dobschaii. Herr Prof. Schrötter legte der kais. Akademie der Wissenschaften zu Wien eine im chemischen Laborato- rium des k. k. polytechnischen Instituts von Hrn. L. Zer- jau ausgeführte Untersuchung eines Nickel -Kobalterzes aus Dobschau in Ungarn vor. Nach derselben enthält dieses Erz, das fast ausschliesslich nach England aus- geführt und dort zur Gewinnung des Nickels und Kobalts verwendet wird: Arsen 49,725 Schwefel 9,410 Nickel 25,825 Kobalt. 7,455 Eisen 5,195 Kieselsäure 1,625 Es stimmt also in seinem Arsen- und Nickelgehalte nahe mit dem Gersdorffit von Schladming zusammen, welchen A. Löwe schon vor längerer Zeit untersucht hat, unterscheidet sich aber durch einen bedeutenden Gehalt an Kobalt von demselben. {Anz. der kais. Akad. zu Wien, 1866, No. 19.) 3» Carminsäure. Herr Prof. Hlasiwetz hat der k. k. Akademie zu Wien über eine in Gemeinschaft mit A. Grabowsky ausgeführte Untersuchung der sogenannten Carminsäure aus der Cochenille berichtet, die zu dem Kesultate führte, dass diese Substanz, für welche man mehre Formeln auf- gestellt hatte, ohne über ihre nähere Zusammensetzung etwas Bestimmtes zu wissen, eine Zuck er verbin düng 54 K. Frisch, Kaffeegerhsäure. — Nascirender Wasserstoff, ist, die beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure in ihre näheren Bestandtheile, den Zucker und einen amor- phen Farbstoff, das Carminroth, zerfällt. Carminroth ferner giebt beim Schmelzen mit Kali- hydrat ein interessantes Zersetzungsproduct, das Cocci- nin, einen in gelben Blättchen krystallisirten Körper, der eine Reihe der schönsten und auffälligsten Farben- reactionen giebt. {Am. der kais. Akäd> zu Wien, 1866, No. 14.) 4. Kaffeegerbsäure. Eine neue Untersuchung der Kaffeegerbsäure von Hlasiwetz hat ergeben, dass diese Verbindung ein Glykosid ist, ähnlich der Galläpfelgerbsäure und sich mit Leichtigkeit in einen Zucker und eine neue, schön kry- stallisirte Säure, die er Kaffeesäure nennt, die im nächsten Zusammenhange mit der von ihm kürzlich ent- deckten Ferulasäure, so wie mit der Protocatechusäure steht, spalten lässt. Die Formel der Kaffeesäure ist C^^HSO^. Die Ver- hältnisse der sogenannten Viridinsäure, so wie der zu- letzt von Mulder beschriebenen Säuren aus dem Kaflfee werden nun verständlich sein. Mit in die Untersuchung gezogen sind bereits die Chinagerbsäure und die Säuren des Thees. Aus beiden ist Protocatechusäure darstellbar. {Anz. der kais. Akad. zu Wien, 1866, No. 14.) 5. Wirkung nascirenden Wasserstoffs auf Chiniu, Ciuchoiiin und Caffc'in. Herr Prof. Rochleder in Prag theilte der Wiener Akademie unterm 20. Deceraber v. J. folgende Notiz mit: „Ich habe mich überzeugt, dass Chinin, Cinchonin und Caffein, welche oxydirenden Mitteln so hartnäckig widerstehen, mit der grössten Leichtigkeit durch nasciren- den Wasserstoff angegriffen werden. Die dabei entstehen- den Producte werde ich später ausführlich beschreiben." 55 II. Maturg:escliichte luid Pharma- kognosie. Deber die Anordnung der Alpenpflanzen in nnsern Gärten; von H. R. Göppert, Director des botanischen Gartens in Breslau. In unsem Tagen, wo man keine Gefahren scheut um die früher im Ganzen wenig berücksichtigten höchsten Gipfel und Kämme unserer Alpen zu erklimmen, hat man auch den sie zierenden Pflanzen vermehrte Aufmerksam- keit gewidmet und sie in unsem Gärten einzuführen ver- sucht, was auch mit den meisten unter genauer Berück- sichtigung der Bodenbeschaffenheit und des natürlichen Vorkommens gelungen ist. Gewöhnlich stellt man sie nun in Gärten ohne alle wissenschaftlichen Principien nur nach Cultur oder Grössenverhältnissen bunt durcheinander, wobei man wohl allenfalls Kenntniss der Art, aber nicht Kenntniss ihrer Beziehungen zu den Verhältnissen ihres Standortes, zum Klima und geschweige ihrer Verwandt- schaft zu den arktischen Gewächsen erlangt, denen sie doch durch ihre Form wie namentlich auch durch ihre durch klimatische Einwirkungen verursachte Vegetations- zeit so nahe stehen. Allen diesen Anforderungen, welche die Pflanzengeographie stellt, sollte man in botanischen Gärten mehr Rechnung tragen, was ich schon seit Jahren zu thun versucht habe, indem ich meine, dass die botani- schen Gärten auch die Aufgabe haben, pflanzen-geo- graphische Studien nach den verschiedensten 56 H. R. Göppert, Richtungen hin zu fördern. Hinsichtlieh der Anord- nung der Alpenpflanzen gehe ich von folgenden Grund- linien aus, die ich mir erlaube hier kürzlich mitzutheilen : Allgemeine Grundlinien. Zwischen der arktischen Flora und der alpinen oder der Flora zwischen der Baum- und Schneegrenze findet eine innige Verwandtschaft statt. So in Europa zwischen der Flora Lapplands und der Flora der Central-Alpenkette namentlich der Schweiz und Deutschlands (von den 360 Alpenpflanzen der Schweiz finden sich 150 im Norden Europas), ferner in Sibirien zwischen der Flora der Nord- küste und der des Altai. Die äusserste Grenze der Vege- tation gegen den Nordpol ist noch nicht erreicht. Spitz- bergen besitzt unter dem 780 selbst in 1000 bis 3000 F. Höhe nach Malgren noch kräftigen Pflanzenwuchs, über- haupt noch 93 Phanerogamen und an 280 Cryptogamen. Dr. Robert Kane sah am offenen Polarmeere über dem Polarkeis in 82^/^0 noch blühend: Papaver nudicaulej Saxifraga oppositifolia und Ranunculus nivalis, und Dr. Hayes sammelte in Grinnel- Lande zwischen 78 bis 820 n. Br. vom Juli bis September 1861 noch 52 Phanerogamen und 68 Cryptogamen. Die Floren aller dieser den Pol umgebenden Länder zeigen die grösste Verwandtschaft unter einander. Von jenen 93 Pflanzen Spitzbergens kommen nicht weniger als 81 auch in Grönland vor, 53 im Taymurlande Sibiriens unter 75^^ 69 in Skandinavien. 24 Species sind, da sie sich auch in den andern arktischen Ländern finden, als die wesentlichen Pflanzen der arkti- schen Flora anzusehen, nämlich: Ranunculus arcticus Rieh., Parrya arctica R. Br., Eutrema Edwardsii R. Br., Braya purpurascens, Draha glacialis Adams., D. pauciflora R. Br., D. micropetala Hook., D. arctica Fl. Dan., D. corymhosa R. Br., Cochlearia fenestrata R. Br., Stellar ia Edioardsii R. Br., St. hiimifusa Rotth., Arenaria Rossii R. Br., Potentilla pulchella R. Br., P. emarginata Pursh, Saxifraga flagellaris Sternb,, Taraxacum phymatocarpum Anordnung der Alpenpflanzen in unsern Gärten. hl VaM., Polemonium pidchellum Ledeh., Hierochloa paucißora R. Br.j Dupontia psüorantha Evpr., D. Fischeri R. Br., Glyceria angustata MüMenb.f Catabrosa vüfoidea Anders., Festuca hrevifolia R. Br. Das Ende der Baumvegetation um den ganzen Nord- pol bilden fast überall Nadelhölzer: in Nordamerika Abies alba, A, nigra H. Keic, Pinus Banhsiana Lamb., und gruppenweise Larix americana Lamb., und Abies canadensis Poir., mit Juniperus virginiana; im arktischen Europa Pinus Abies L., und zuletzt Pinus sylvestris; im arktischen Asien (Sibirien) Pinus sylvestris nur bis zum 600, höher hinauf Picea sibirica {Pinus Pichta Fisch.), Picea ohovata Ledeb., und Pinus Cembra. Die baumleere Region beginnt in Amerika, und zwar in Labrador schon unter dem 570, erhebt sich jedoch bis zum Mackenziefluss bis zum 650 und diesseits der Behringsstrasse bis zum 66^; jenseits dieser Strasse in Nordasien schwankt sie zwischen dem 63 bis 71^ und endigt in Europa in Norwegen und Lappland mit dem 700. In Strauchform wachsen unter den Grenzen der Baumvegetation ja hie und da wohl noch, etwas darüber hinaus um den ganzen Pol die nor- dische Birke Betida alpestris, Fr. {B. pubescens var.), Alnus incana, Populus tremula, Sorbus Aucuparia, Prunus Padus, Rubus Idaeus, Ribes rubrum, Ribes nigrum, und noch darüber hinaus als letzte Holzgewächse niedrige kriechende Sträucher aus Juniperus nana, Betula nana, Rhododendron lapponicum, Menziesia coendea, Ledum palustre, Vaccinium idiginosum, Andromeda hypnoides, A. tetragona L., Rubus Chamaemorus, Empetrum nigrum, und kriechende Weiden wie Salix arctica Pall., reiiculata L., polaris Wahlb., arbuscula Wahlb., depressa L., ovata Seringe, Myrsinites L. Zuletzt bleiben fast überall nur als Holz- pflanzen Andromeda tetragona, Empetrum nigrum, Salix reticulata und polaris, Flechten und Moose (die sogenann- ten Tundren) machen den Beschluss des gesammten vege- tabilischen Lebens. Auf den ewigen Schnee verirrt sich nur eine Alge, die Bewohnerin des ewigen Schnees, der 58 H. R. Göjypert, Protococcus nivalis, die interessante Entdeckung von Sco- resby und Shuttleworth, die allen Temperaturverhält- nissen spottet. Auf der Central-Alpenkette besteht zwar die letzte Baumvegetation auch aus Coniferen, aber niemals aus Pinus sylvestris, sondern aus Finus Abies L., und noch höher hinauf Larix eitropaea und Pinus Cembra, wie in Strauchform die in der arktischen Region fehlende Pinus montana Mill. {Pumilio Haenke), Sorbus Aucuparia var. alpestris ist dagegen ebenfalls vorhanden, desgleichen Populus tremula, Betula alpestris, dann Alnus incana, höher hinauf Alnus viridis, dann Rhododendron hirsutum und ferrugineurn, Empetrum, die Vaccinien^ Azalea, Juniperus 7iana, und zuletzt ebenfalls die kriechenden Weiden, Salix herbacea, reticulata, retusa W., Myrsinites L., und arbus- cula Wahlenb. als letzte Holzgewächse, Moose und Flech- ten machen auch hier den Beschluss. Von den circa 3,500 Phanerogamen Deutschlands und der Schweiz gehören ungefähr ein Drittheil zu den Berg- und Alpenpflanzen. Als wahre Alpenpflanzen sind jedoch nur etwa 450 anzusehen, zwei Drittheile davon werden ' in unserm Garten cultivirt. Sie befinden sich theils in etwa 2000 Töpfen, theils im freien Lande auf einen Preuss. Morgen grossen an einem Wassergraben gelegenen Räume, zwischen Gesteinen verschiedener Art, in acht folgenden durch Tafeln bezeichneten Gruppen auf- gestellt; unter ihnen eine ausgehöhlte Granitplatte erfüllt mit Protoccus nivalis, den Pflanzen des ewigen Schnees. I. Pßanzen des höchsten Nordens über dem 80^ oder der Polarzone, und Pflanzen der Centralalpen auf Firn oder Gletscherinseln über der Schneelinie ztvischen 10,000 bis 10,700 Fuss. a) Pflanzen des höchsten Nordens zwischen 78^ bis 820 im Grinnel-Land (Smith Sound und Kennedy Canal). Ranunculus nivalis, glacialis. Draba alpina D. C, corymbosa R. Br., und rupestris R. Br., Coehlearia officinalis. Stellaria stricta Richards. Anordnung der Alpenpflanzen in unsern Gärten. 59 Cerastium alpinum, Silene acaulis, Lychnis apetala. Dryas octopetala, Potentilla nivea, Alchemilla vul- garis. Saxifraga oppositifolia, rivularis L., tricuspidata R., cernua L., nivalis L. ' Taraxacum palustre D. C. Campanula rotundifolia var. linifolia. Vaccinium uliginosum L. Andromeda tetragona L. Bartsia alpina L. Armeria vulgaris W. Polygonura viviparum L., Oxyria digyna Campder. Etnpetrum rubrum L. Betula nana L. Salix herbacea. Tofieldia palustris var. borealis. Luzula campestris var. congesta. Carex rigida Gaud. Eriophorum vaginatum. Glyceria arctica Hook. Festuca ovina L. Im Ganzen 39, die übrigen 13 fehlen. b) Pflanzen, welche auch auf unsern Alpen den höch- sten Standpunct einnehmen und in der Region des ewigen Schnees auf Firn oder Gletscherinseln, wie z. B. im soge- nannten Jardin oder bei den Grand Mulet am Montblanc in 10,000 bis 10,700 Fuss vorkommen, etwa 40 bis 50 Phanerogamen, welche mit den vorigen grosse Ueberein- stimmung zeigen, unter ihnen Cherleria sedoides von höch- stem Vorkommen in 11,700 F. Höhe am Monte Rosa (Schlagintweit). Draba frigida Sauter, fladnicensis Wulf, tomentosa; Cardamine bellidifolia. Silene acaulis L. Potentilla frigida Vill, Saxifraga groenlandica L., exarata Vill., muscoides Wulf, oppositifolia L., bryoides L. 60 H. R. Göppert, Erigeron uniflorum, Pyrethrum alpinum. Phyteuma hemisphaericum L. Androsace helvetia Gaud, pubescens. Gentiana verna. Luzula spicata D. C. Agrostis rupestris All. Trisetum subspicatum P. Beauv. Poa laxa Haenke, caesia Sm., alpina L., vivipara. Festuca Halleri. Carex nigra. IL Pflanzen der Schneelime der Alpen von 8,500 bis 10,000 F. Höhe. (Die in der arktischen Zone ebenfalls vorkommenden Arten sind in unsern Gärten mit einem Kreuz auf der Etiquette bezeichnet.) Von Monocotyledonen: Sesleria microcephala D. C, S. sphaerocephala Ait., Trisetum subspicatum, fPoa alpina, fPoa laxa Haenke, f Carex firma L. Von Dicotyledonen: f Salix herbacea, fS. retusa, Primula minima L,, Androsace glacialis App., Pedicularis rostrata, Gentiana bavarica, f Azalea procumbens, Phy- teuma pauciflorum L., Pyrethrum alpinum W., Artemisia Mutellina Wulf, spicata Vill., Gaya simplex, Saxifraga androsacea, biflora All., jbryoides, caesia B., muscoides Wulf, foppositifolia L., Sempervivum arachnoideum,Sedum atratum L., f Cerastium latifolium, f alpinum, Arenaria ciliata, Cherleria sedoides, Alsine verna Barth, f Silene acaulis, Braya alpina, f Ranunculus glacialis L. III. Pflanzen der sidinivalen Region von 6000 bis 8000 F. der Alpen, oder die eigentliche Alpenflora, welche im Allgemeinen der Flora der baumleeren Region der ark- tischen Zone enfsp'icht. Auf unserm viel nördlicher gelegenen Riesengebirge beginnt die Region der Alpenpflanzen und mit ihr das Verschwinden der Bäume in 3500 bis 4000 F. Seehöhe. Im Allgemeinen aus folgenden in unsern Gärten mehr oder weniger stark vertretenen Familien (über 200 Arten) : Filices, Lycopodiaceen, Juncineen, Liliaceen, Orchideen Anordnung der Alpenpflanzen in unsern Gärten. 61 (unter ihnen das sibirische Cyprijpedium macrantlium), Salicineen_, Thyraeleen, Polygoneen, Plantagineen, Primula- ceen, Rhinantheen, Antirrhineen, Borragineen, Gentianeen, Ericineen, Vaccinien, Campanuleen, Corapositen, Stellaten, Saxifrageen, Crassulaceen, Onagrarien^ Sanguisorbeen, Rosaceen, Papilionaceen, Alsineen, Sileneen, Violarien, Cistineen, Cruciferen und Ranunculaceen. Alle sind Familienweise zusaramengruppirt, wobei wir auch bemüht waren, Uebelstände, welche durch Grössen- verhältnisse der einen oder der andern Art herbeigeführt werden können, möglichst zu vermeiden. IV. Pflanzen des höchsten Nordens, die in der haum- leeren Region um den ganzen Pol verbreitet und auch in Deutschland einheimisch sind. Unter dieser Rubrik haben wir etwa 90 Arten zu- sammengestellt, welche mit wenigen Ausnahmen auch in Deutschland und Mitteleuropa überhaupt vorkommen. V. Ei)ie Anpflanzung von Laubhölzern, Sträiichern und Bäumen, welche mit den vorigen unter Abtheilung IV. genannten Pflanzen um den ganzen Pol wachsen, wie Rubus Idaeus, Sorbus Aucuparia, Alnus incana, Betula alpestris, Prunus Padus, Populus treraula. VI. Diejenigen oben erwähnten Nadelhölzer, ivelche um den Pol herum wachsen. VII. Sträucher der Centralalpen, welche nach dem Auf- hören der Baumvegetation vorkommen. VIII. Die Pflanzen der Bergregion Mitteleuropas, welche innerhalb des Baumwuchses, z. B. in verschiedenen Gegenden Deutschlands zwischen 2000 bis 6000 F. Höhe vorkommen. Endlich sind zum Vergleiche Repräsentanten der Alpen- flora des Himalaya (Rhododendra, Polygoneen, Pomaceen, Saxifragen, Berberideen, Compositen) in der Nähe in einer Gruppe vereinigt, welche jedoch zu wenig Arten enthält um mit allen den geschilderten Verhältnissen in nähere Beziehung gebracht werden zu können. Wir glauben, dass Gruppirungen dieser Art uns wohl 62 LaacJiersee u. Kohlensäuregas- Exhalationen der Umgehung, in Stand setzen, mit einem Blicke die Beschaffenheit der Vegetation nach den Höhenverhältnissen ihres Vorkom- mens von der Ebene bis zur äussersten Grenze organischen Lebens und wieder ihre Verwandtschaft mit den Floren der immer noch so viele Räthsel bergenden arktischen Zone klar zu übersehen und wünschen, dass der hoch- geehrte botanische internationale Congress unsere Mit- theilungen gütig aufnehmen möge, welche eigentlich nur als praktische Ausführung der die Wissenschaft zieren- den Lehren eines A. von Humboldt, Schouw, Watson, A. de Candolle anzusehen sind. Englands Forscher haben bis jetzt mit den grössten Opfern das Studium der Alpen verfolgt, vielleicht sieht man sich veranlasst, auch meine Bestrebungen als einen, wenn auch nur sehr unbedeutenden Beitrag zu denselben anzusehen. lieber den Laachersee and die Eohlensäuregas- Exhalationen seiner Umgebung. Der Laachersee, das grösste der rheinischen Maare und der Mittelpunct der frühern vulkanischen Thätigkeit des linken Rheinufers, liegt zwei Stunden nordwestlich von der Stadt Andernach, grenzt einerseits an das frucht- bare Maifeld, anderseits an die ersten Höhen der Eifely so dass der See gleichsam der Ausgang des vulkanischen Eifelgebirges bildet. Der Wasserspiegel des Laachersees liegt 706 Fuss über dem Rheine bei Andernach, 845 Fuss über dem Spiegel der Nordsee. Die grösste Tiefe dessel- ben beträgt gegenwärtig 157 Fuss, vor dem Jahre 1845 dagegen betrug sie 177 Fuss. Der Flächenraum des Sees betrug früher 0,068 Quadratmeilen, jetzt dagegen nur 0,0597 Quadratmeilen. Im 12. Jahrhundert wurde nämlich die am Ufer des Sees gelegene Abtei Laack gegründet, der See hatte damals einen viel bedeutenderen Umfang und die Gebäude der Abtei waren häufigen UeberschwemmUn- Laachersee u. Kohlensäiiregas-Exhalationen der Umgehung. 63 gen ausgesetzt. Der Abt Fulbert Hess deshalb einen Abzugscanal graben, der, den südlichen Rand durch- brechend, das Wasser des Sees in den Nettebach leitete. Später stürzte der Graben ein und wurde im 13. Jahr- hundert wieder hergestellt. Im Jahre 1845 wurde dieser Abzugscanal von dem damaligen Besitzer der Abtei tiefer gelegt, wodurch der Flächenraum des Sees sehr abgenom- men hat und etwa 300 Morgen Land gewonnen wurden. Die Form des Sees ist eiförmig, in der Mitte etwas eingeschnürt. Der Weg, welcher am Ufer um den See herumführt, besitzt eine Länge von 2100 Ruthen, wenig mehr als eine Meile. Der See wird hauptsächlich von einer weit ver- breiteten Kalktuffablagerung umgeben, in der sich auch Schichten von Bimsstein finden im Gemenge mit Schlacken und basaltischer Lava; an manchen Stellen tritt auch Devonschiefer auf. Das Wasser des Sees ist klar und durchsichtig und spiegelt stets die Farbe des Himmels zurück. Ein lieblicher Anblick ist es, wenn man die Westseite befahrend in die Tiefe schaut und auf dem Grunde zahlreiche Wasserpflanzen, Sparganien, Ceratophyl- leen und andere in die Höhe gerichtet stehen. Sehr selten findet man noch Nymphaea alba schwimmend auf der Oberfläche des Wassers. Ueberhaupt ist das Becken von Laach und der nächsten Umgebung sehr pflanzenreich. Es gedeihen in dem beschränkten Räume innerhalb des Bergkranzes 750 Arten Gefässpflanzen, ausserdem zahl- reiche Zellenpflanzen, besonders Flechten und Pilze. Von vorkommenden seltenern Pflanzen sind zu erwähnen: Anthencum Liliago, Poientüla rwpestris, Arahis hrassicae- formis, Dentaria hulhifera, Lithospermum purpureo - coeru- leum, Poa sudetica, Digitalis grandiflord, Lihanotis montana, Centaurea nigrescens, Calamintha officinalis, Achillea nobiliSf u. a. m. Der See nährt zahlreiche Fische, namentlich Hechte, Barben und Schleien. Auch Conchylien beleben denselben, zwar nur in geringer Artenzahl, man kannte deren 10, Limnaeus - und Flanorbis - Arten und einen Zweischaaler Cyctas, dafür aber in grosser Menge der 64 Laachersee u. Kohlensäuregas- Exhalationen der Umgebung. Individuen. Ihre Gehäuse bilden mächtige Bänke und selbst am Ufer in einer Tiefe von 12 — 15 Fuss unter dem Wasserspiegel mit Torfschiehten abwechselnd, die den Beweis liefern, dass das Alter des Sees bedeutend und seine Höhe dem Wechsel unterworfen gewesen sein müsse. Unter dem Torfe findet man noch die starken, schwarzen Wurzelstücke der weissen Seerose, ein Beweis, dass diese Pflanze in frühern Zeiten bei weitem häufiger sich vorfand. Auch Lager von Infusorien wurden in neuerer Zeit aufgefunden, nach der Untersuchung von Ehrenberg sind unter diesen besonders die Gattungen Polygastrica und Phytolitharia vorhanden. Nach der Analyse enthält das Wasser des Laachersees kohlensaures Natron, schwefelsaures Natron, Chlornatrium, kohlensauren Kalk, kohlensaure Talkerde und Kieselsäure. Sämmt- liche feste Bestandtheile betragen 0,215 Promille. In dem See selbst sind viele Quellen vorhanden, aber auch am Ufer bei geringer Wassertiefe wird das Aufsteigen von Bläschen von kohlensaurem Gase bemerkt. Quellen, imprägnirt mit kohlensaurem Gase, finden sich dann auch in grosser Zahl auf 2 — 3 Meilen im Umkreise und bilden die sogenannten Säuerlinge, welche den Be- wohnern dieser Gegend stets ein angenehmes und er- frischendes Getränk darbieten. Einige dieser Quellen, z. B. die von Tönnisstein und Heilbrunn im Brohlthale haben eine medicinische Bedeutung erlangt. Bei beiden Quellen sind elegante Kurhäuser zur Aufnahme der Gäste eingerichtet, welche die Wasser des Brohlthales trinken und eines stillen ländlichen Aufenthalts sich erfreuen wollen. Der Absatz des Tönnissteiner Wassers nach Holland und den Colonien war früher bedeutend, jetzt hat er indess abgenommen und ist nur nach den umlie- genden Orten von Bedeutung, so werden nach Coblenz jährlich 12 — 15,000 Krüge versandt. Der Heilbrunnen ist eine Salzquelle, welche leicht abführend wirkt, durch ihren Reichthum an Bestandtheilen und an Kohlensäure ausgezeichnet ist, dabei sehr angenehm schmeckt. Von Laachersee u. Kohlemäuregas-Exhalationen der Umgegend. 65 dem Heilbrunnen- Wasser werden jährlich etwa 20—25,000 Krüge versandt. Von den gasförmigen Produeten, welche aus dem Boden erloschener Vulkane zu Tage treten, ist fast aus- schliesslich die Kohlensäure zu erwähnen. Diese Quellen kohlensauren Gases sind fast unerschöpflich, sie imprägni- ren das unterliegende Gestein und zersetzen dasselbe, wie das häufige Vorkommen von Sphärosiderit in dieser Gegend beweist, ferner das Effloresciren verschiedener wesentlich kohlensaurer Salze in natürlichen und künst- lichen Höhlungen des Tuffsteins, welcher für das Brohl- thal eine grosse Bedeutung erlangt hat. Exhalationen von Kohlensäure finden sich dann auch in grosser Zahl in der Umgebung des Laachersees. In einem 1/2 Meile von demselben nordwestlich gelegenen Kesselthaie liegt das Dorf Wehr, durch welches sich der Wirrbach ergiesst. Der Boden dieses Thaies wird von sumpfigen Wiesen eingenommen und hat nur ein geringes Gefälle nach der Abflussstelle. An der Nordostseite treten unzählige Sauer- quellen auf, welche mit Ablagerungen von Eisenocker umgeben sind, der als Färbematerial Benutzung findet. Nur zur trockenen Jahreszeit, wenn die einzelnen insel- artig aus dem Sumpfe hervortretenden Stellen trocken sind, kann die ungeheure Kohlensäuregas -Entwickelung ringsumher beobachtet werden. Das Brausen des Gases, welches sich zum Theil in kopfgrossen Blasen entwickelt, und das Sauerwasser fusshoch emportreibt, ist so stark, dass es schon in bedeutender Entfernung gehört wird. Drei Stunden nordöstlich vom Laachersee mündet der Brohlbach iu den Rhein. In dem Brohlthale finden sich unterhalb des Dorfes Burgbrohl unzählige Stellen^ wo das Kohlensäuregas unmittelbar aus dem Boden ent- weicht. Man findet hier an den Bergabhängen kleine Vertiefungen, worin stets todte Vögel, Mäuse u. dergl. liegen und beim Niederbücken bemerkt man den stechen- den Geruch der Kohlensäure. Ebenso zeigen sich ein- zelne Stellen auf den Feldern, wo die Früchte nur sehr Arch. d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1. u. 2. Hft. c 66 Der Sternschnuppenfall im November 1866. kümmerlich gedeihen. Aus dem Brohlbache entwickeln sich an vielen Stellen ununterbrochen Gasblasen. Mehre Keller in Burgbrohl sind so mit Kohlensäure erfüllt, dass sie gar nicht benutzt werden können und beim Graben neuer Keller finden oft sehr starke Gasentwicke- lungen statt. G. B i s ch o f bemerkt *), dass die Sauerquellen im tiefsten Niveau der Thalsohle, fast in dem des Baches, die. Gasentwickelungen in einem höhern Mveau an den Bergabhängen und die süssen Quellen, deren es in Burg- brohl nur zwei giebt, noch höher über der Thalsohle ausfliessen. Die Menge des kohlensauren Gases, welches hier dem Boden fortwährend entsteigt, ist ausserordentlich gross, so dass man bereits eine technische Nutzanwendung davon gemacht hat. In Burgbrohl sind nämlich zwei ßleivveiss- fabriken vorhanden, von welchen eine vor circa 30 Jahren gegründet worden ist. In diesen wird Bleiweiss durch Fällung einer Auflösung von basisch essigsaurem Bleioxyd mit natürlicher, aus dem Boden ausströmender Kohlen- säure gewonnen. Es bietet somit die Umgebung des Laachersees, welche für den Naturforscher von so bedeutendem Interesse ist, auch dem Industriellen vielfache Gelegenheit, die reichen Pi'oducte dieser Gegend zu verwerthen und Nutzen davon zu ziehen. J. J. Bender. Der Sternschnuppenfall im November 1866. » — - Das glänzende Sternschnuppenphänomen der vor- jährigen Novemberperiode hat gewiss das Interesse an diesen kleinen Weltbürgern in dem Masse wach gerufen, dass folgende kurze Notizen willkommen sein werden. Dass diese schönen Meteore wirklich kosmischen und nicht tellurischen Ursprungs sind, hat zuerst Chladni 1794 nachgewiesen. Brandes und Benzenberg bestimmten *) Lehrbuch der ehem. und physikal. Geologie L p. 264. Der Stemschmippenfall vn Novemher 1866. 67 zuerst 1798 ihre Geschwindigkeit und ihre Entfernung von der Erde. Dass die Sternschnuppen zu bestimmten Zeiten des Jahres besonders häufig auftreten, wurde mit Bestimmtheit erst gefolgert, nachdem Olmstedt und Pahner den ungeheuren Sternschnuppenschwarm am 12. und 13. November 1833 in Nordamerika beobachtet hatten. Jetzt wurde man aufmerksam darauf, dass besonders die Zeit zwischen dem 10. und 14. November es sei, in der in verschiedenen Jahren zahh'eiche Sternschnuppen gefallen seien. So hatten Humboldt und Bonpland am 12. Novbr. 1799 Tausende der Meteore an der Mexikanischen Küste beobachtet, so waren sehr viele in Potsdam am 12. Novbr. 1822 gesehen, noch mehr aber 1831 am 13. Novbr. im südlichen Deutschland und an der Spanischen Küste und eben so in der Nacht des 12. — 13. Novbr. 1832 an sehr weit von einander entfernten Orten. Man nahm nun an, dass ein ganzer Ring dieser winzigen Körperchen im Welträume vorhanden sei, den unsere Erde in ihrer Bahn gegen den 12. oder 13. Novbr. durchschneidet. Aus der grossen Geschwindigkeit dieser Meteore und daraus, dass bei besonders häutigen Fällen sämmtliche Sternschnuppen von dem Puncte des Himmels ausgingen, nach welchem sich unsere Erde hinbewegte, schloss man bald, dass die Sternschnuppenschaar dieses Ringes eine der Erde ent- gegengesetzte Bewegung haben müsste. Dass die Erschei- nung der SternschiTuppen in einigen Jahren so viel glän- zender war als in andern, führte zu der Hypothese, dass der Ring nicht allenthalben gleich dicht mit Körperchen besetzt sei. Olbers und nicht Humboldt, wie häufig au- gegeben wird, war wohl der erste, der aus den beiden so überaus prachtvollen Erscheinungen von 1799 und 1833 folgerte, dass eine Stelle des Ringes besonders dicht mit den kleinen Körpern besetzt und dass gerade dieser Schwärm es gewesen sei, dem die Erde in den beiden genannten Jahren begegnete. „Im Jahre 1799 und 1833" — dies schrieb Olbers 1837 — „vielleicht auch 1832 ging die Erde durch einen solchen dichten Schwärm. In andern 68 Der Sternschnu]ppenfall im November 1866. Jahren begegnete sie nur einzelnen, wenngleich vielen Sternschnuppen- Asteroiden. Vielleicht gehen mehre sol- cher dichteren Schwärme auf dieser Strasse einher, viel- leicht müssen die Erdbewohner selbst bis 1867 warten, ehe sie dies merkwürdige Phänomen in seiner ganzen Pracht, die es 1799 und 1833 hatte, sich wieder erneuern sehen." — Dies ist auch die Stelle, auf welche sich Humboldt in seinem Kosmos bezieht. Zu derselben Zeit erkannte man auch das August- Phänomen als ein periodisches, bald wurde man auch auf andere Tage des Jahres aufmerksam, an denen das Er- scheinen von Sternschnuppen besonders häufig ist. Aus einer sorgfältigen Discussion nicht nur der neuern^ sondern auch der in frühern Jahrhunderten beobachteten Erscheinungen schloss der amerikanische Astronom New- ton, dass der Schwärm der Novemberperiode eine Bahn um die Sonne beschreibe, welche gegen die Erdbahn um 17 Grad geneigt sei, dass aber die Richtung der Bewe- gung des Schwarms in seiner Bahn der Richtung der Erdbewegung entgegengesetzt sei. Die Umlaufszeit des- selben betrage 354,g.2| Tage, so dass derselbe alle Jahre um etwa elf Tage früher durch die Erdbahn geht als im vorhergehenden. Alle 33 Jahre macht er hiernach nahe 34 Umläufe, und wir würden also alle 33 Jahre das Schauspiel eines reichen Sternschnuppenfalls geniessen. Dies schliesst jedoch nicht aus, dass auch in zwei auf einander folgenden Jahren ein aussergewöhnlicher Stern- schnuppenreichthum eintreten kann, denn der Schwärm ist wahrscheinlich von einer solchen Ausdehnung, dass die Erde in auf einander folgenden Jahren Theile von ihm treffen kann. Ein centraler Durchgang ereignet sich nach Newton erst alle 133 Jahre, und zwar sollte der nächste am Morgen des 14. Novbr. 1866 statt finden. Diese Vorausbestimmung hat sich als richtig bewährt, nur wenige Stunden früher, als Newton angab, stiess die Erde mit dem Schwärm zusammen. Der überaus herr- liche Anblick des Phänomens, das sich dem Auge in der Der Sternschnuppenfall im November 1866. 69 Nacht vom 13. zum 14. Novbr. 1866 darbot, hat gewiss alle Beobachter mit Staunen und Bewunderung erfüllt. Zur Zeit der reichsten Entfaltung der glänzenden Erschei- nung, welche in Berlin kurz vor 2 Uhr Nachts statt fand, zeigten sich nach sorgfältiger Schätzung aufmerksamer Beobachter gegen 20 Meteore in der Secunde. Man wird sicher nicht zu viel schätzen, wenn man annimmt, dass von halb zwei bis halb drei Uhr in der Minute durch- schnittlich 450 Sternschnuppen fielen, was also für diese Stunde 27,000 machen würde. Alle kamen aus der Gegend des grossen Löwen, aus der Gegend, nach welcher sich die Erde gerade hinbewegte. Die Pracht und derReich- thum der Erscheinung musste sich in derjenigen Gegend der Erde am grössten zeigen, welche die Hauptmasse des Schwarms traf. Hat derselbe eine hinreichende AiTsdeh- nung gehabt, so waren die Bewohner von Hindostan die Glücklichen, das Schauspiel in seiner reichhaltigsten Fülle geniessen zu können. Denn sie hatten den grossen Löwen gerade im Zenith, als der Sternschnuppenfall eintrat, was bei ihnen kurz vor Sonnenaufgang statt fand. Nach frühern Erscheinungen zu schliessen, ist es jedoch unwahrscheinlich, dass der Schwärm eine solche Breite gehabt hat. Weiter nach Westen hin musste aber die Reichhaltigkeit der Erscheinung abnehmen. Dies scheint auch deutlich aus den Berichten der englischen Astronomen hervorzugehen, welche die Zahl der während der Dauer des Phänomens gesehenen Meteore lange nicht so hoch angeben als die oben mitgetheilte. Das schönste Meteor, was in Berlin gesehen wurde, war unstreitig eine Feuerkugel, die in der Richtung nach dem Stern -j- des grossen Bären platzte. Besonders schön war der Anblick der zurückgebliebenen Theile durch das Fernrohr. Zwei Minuten nach dem Platzen boten sie den Anblick des kräuselnden Ringes, der sich zuweilen in den Rauchwolken einer brennenden Cigarre zeigt. Nach und nach erweiterte sich derselbe, öffnete sich an einer Stelle und verschwand erst nach 10 — 12 Minuten. Sehr bemerkenswerth war, 70 Landerer, die Insel Lemnos und ihre Heilquellen . dass die Theilchen trotz ihrer grossen Höhe Luftströmun- gen ausgesetzt zu sein schienen. Einen sehr prachtvollen Anblick boten auch die Schweife verschiedener Stern- schnuppen. Oft lagen 6 — 8 neben einander, die zuweilen mehre Minuten sichtbar blieben. Die meisten zeigten eigenthümliche Bewegungen und Krümmungen, im Fern- rohr machten sie durchaus den Eindruck des Rauches. {Bl. für Handel und Gewerbe, 1866, 49.) B. Die Insel Lemnos und ihre Heilquellen; vou Dr. X. La nd e r e r. Noch gegenwärtig wird die Terra Leninea oder Bolus Lernnia in der Medicin gebraucht : sie wird von der Insel Lemnos in Form von grossen Boli, mit einem türkischen Zeichen versehen, das ich auch in letzter Zeit vergoldet gesehen, ausgeführt. Ich theile hier Einiges mit über eine sehr kräftige Heilquelle, die sich auf dieser Insel befindet. Lemnos hielten die Griechen zu Homers Zeiten für die Wohn- und Arbeits- stätte des Hephaestus, weshalb sie auch Hephaestinea, so wie die am Fusse eines vulkanischen Berges erbaute Stadt Hephaestinea genannt wurde. Ein aus Trachitfelsen bestehender Berg, dem im grauen Alterthum Feuersäulen entstiegen sein müssen und der vulkanische Producta aussreworfen haben nniss, heisst Meschila. Auf der Ost- Seite desselben sieht man auch die Ueberreste von Lava- strömen. Der grösstentheils aus Pazzolanerde. d. i. vul- kanischer Asche mit BimssteingeröUe, bestehende Boden erzeugt prächtigen Wein, so dass der Wein von Stali- meni, wie die Insel heute von den Türken genannt wird, zu den ausgezeichnetesten der Inseln des türkischen Ar- chipeis gehört. In der Nähe dieses vulkanischen Berges Meschila belindet sich eine sehr kräftige Theiotherme, die von den Lemnern zu Bädern gebraucht wird und die Landerer, Mittel gegen das Ausfallen der Haare 71 sich bei Psora und auch bei rheumatischen und arthri- tischen Leiden sehr heilkräftig erweist. Seit einigen Jah- ren befinden sich in der Kähe dieser Therme drei kleine Häaser, die den Patienten während der Badezeit zur Unterkunft dienen. Eine andere Therme, die jedoch eine Stahlquelle zu sein scheint, liegt drei Stunden von der Stadt Lemnos entfernt; dieselbe soll eine Menge rothen Pulvers absetzen, das die Leute auf Lemnos axopia to'j O!,or,pou, d. i. Eisenrost, nennen und hieraus ist zu schlies- sen, dass das Wasser einer Stahlquelle angehören muss. Ueber ein gegen das Ausfallen der Haare erprobtes Mittel; vou Dem seil) eil. Der rothe Wein von der Lisel Zea ist einer der ausgezeichnetsten und kräftigsten Weine, der dem Vin de Bourgogne, dem Vin de Chateau Lafitte nicht nur an die Seite zu stellen ist, sondern denselben an Tannin- und Weingeistgehait übertrifft. Auf derselben Insel befinden sich Wälder von Quercus Aegilops {Aegilops, 'AT?-or;i;, Ansehen der Ziegenaugen), deren Fruchtkelche die soge- nannten Wallaniden sind, die einen bedeutenden Aus- fuhrartikel bilden und je nach der Zeit der Sammlung den meisten Tannin enthaltenden Stoffen vorzuziehen sind. Wenn ich nicht irre, so ist der Gerbstofigehalt der Wallaniden auf 34 — 40 Procent angegeben. Diese bei- den Ingredienzien bilden nun das erprobte Mittel, um das Ausfallen der Haare zu verhindern, indem sich die Frauen und Mädchen ein Vininn e Capsulis Quercus Aegi- lopis bereiten und diesen zum Waschen der Haare ver- wenden. Kein Mittel soll dieses übertreffen können und auf Zea ist es selten, dass eine Dame länger als einige Tage an diesem Ausfallen der Haare leidet. Zu bemer- 72 Ein Schutzmitsei für Bewaldung der Gebirge. ken ist jedoch noch, dass man sich vor der Anwendung dieses Weines die Haare mit einem Absude von Sapo- naria Levantica zu waschen hat, um die Pityriasis^ die oft die einzige Ursache des Ausfallens der Haare sein soll, zu vertreiben. Heber ein Schutzmittel für Bewaldung der Gebirge. Der durch seine praktische volkswirthschaftliche Wirk- samkeit bekannte Professor Dr. Mol in schreibt: „Um in kürzester Zeit die Bewaldung der Gebirge zu be- werkstelligen, muss dieselbe durch eine Pflanze eingelei- tet werden, welche die Thiere und hauptsächlich die Zie- gen instinctmässig nicht berühren, welche in ihrer Ent- wickelung weder durch die geringe Quantität Erde, in welcher sie vegetirt, noch durch die Dürre zurückgehal- ten wird und die Bewaldung selbst muss nach einem bestimmten Plane, aber durch eine eigene Methode aus- geführt werden. Die Pflanze ist Ailantlius glandulosa (Götterbaum). Eine junge Bewaldung von Äilanthus ist die einzige, welche sowohl die Mauereinzäunung als die Aufsicht entbehrlich machen wird, sie wird sich selbst gegen den nagenden Zahn der Thiere, die Ziegen nicht ausgeschlossen, schützen." {Bl. für Hand. u.Gwhe. 1866^ m. 49.) B. 73 III. Moiiatsliericlit* Chlorkohlcnstoff. Simpson hat den Chlorkohlenstoff, C^CH, (durch Einwirkving von Chlor auf Chloroform zu erhalten) als Anaestheticum mit Erfolg angewendet. Bei localen Schmer- zen der Brustwand und des Abdomens gab er, unter die Haut gespritzt, gute Resultate. Innerlich verordnete er ihn in kleinen Dosen bei Gastrodynie, wo die Wirkung sich der des Chloroforms gleich zeigte. {Pharm. Journ. and Transact. IL Ser. Vol. VII. No. 8. Fehr. 1866. p. 416.) Wp. lieber die Dichtigkeit des Kohlenstoffs in seinen Verbindungen. Eine hauptsächliche Schwierigkeit, welche der künst- lichen Darstellung von Diamanten im Wege steht, ist nach E. J. Maumene {Compt. rend. T. 59.) die je nach den Verbindungen verschiedene Dichtigkeit des Kohlen- stoffes. Am ersten würde er sich darstellen lassen aus sol- chen Substanzen, in welchen der Kohlenstoff dieselbe Dichtigkeit hat, wie der natürliche Diamant. Das Terpenthinöl C^OH'ß enthält nur Kohlenstoff und Wasserstoff, nämlich: 15 Gewichtstheile Kohlenstoff und 2 „ Wasserstoff in 17 Gewichtstheilen Terpenthinöl. Da über die Molecularstructur dieser Verbindung etwas Sicheres noch nicht bekannt ist, so kann man dar- über folgende Hypothesen aufstellen: 1) Der Kohlenstoff existirt darin als Diamant, oder mit der Dichtigkeit des Diamanten, 74 Dichtigkeit dts KohUiisioß'd In seinen Verbindungen. 2) Beide Körper, Kohlenstoff und Wasserstoff, sind ohne Condensation verbunden, der Kohlenstoff mit der dem Diamant entsprechenden Dichte, der Wasserstoff mit dem Volumen, welches einer der für ihn in seinen Ver- bindungen gefundenen Dichtigkeiten entspricht. Setzt man die letzteren gleich x, so hat man: 15 2 17 -f- = , woraus x = 0,13. a,53 X 0,8G ' Mit dieser Dichte tritt der Wasserstoff mehrfach, haupt- sächlich im Wasser auf, da nach Kopp der Sauerstoff in den Metalloxyden eine der folgenden Dichten hat: 6,25 oder die Hälfte 3,125 oder das Viertel 1,5625. Nehmen wir für den Sauerstoff im Wasser die grösste Dichte, 6,25, und den Wasserstoff ohne Condensation an, so haben wir: 8 1 9 6,25 "' X ~ 1 und X = 0,1295 für die Dichte des Wasserstoff?, was mit der obigen Zahl sehr gut stimmt. Daraus kann man also ziemlich sicher schliessen, dass der Wasserstoff im Wasser die Dichte 0,1295 hat, dass er eben so dicht im TerpenthinÖl ist und folglich der Kohlenstoff in demselben als Diamant vorhanden ist. Mehre andere Kohlenstoffverbindungen, so das Fara- day'sche Sesquichlorid C^Cl^, geben dasselbe Resultat, wenn man für Chlor die von Kopp aus den Chlorüren von K, Ca, Sr, H^N, Cu, Hg gefundene Dichte annimint." Andere Verbindungen haben eine geringere Dichte, so das Benzol. Maumene ist durch Rechnungen und Betrachtungen zu der Ansicht gekommen, dass die Jodüre des Kohlen- stoffs C^J6 oder C^J^ denselben mit der ungefähren Dichte 3,53 enthalten müssen. In den Lehrbüchern findet sich zur Darstellung des Jodkohlenstoffs das Verfahren von vSerullas angegeben, wonach man 1 Theil C4H4J2 = 1 Aeq. und 4 Theile HgCl = 8,3 „ mit einander erhitzen soll. Hierbei erhält man aber statt des Jodürs nur eine chlorhaltige Flüssigkeit, deren Ana- lyse Maumene nächstens veröffentlichen wird. H f m a n n {Ann. de C/iirn. et de Phys.) erwähnt einen Steinkohlen in Turkestan. — Verhrauc.li der Steinkohlen. 75 Versuch, bei welchem sich wahrscheinlich das eigentliche Jodür bildet, es ist das die Erhitzung von Jodoform auf 1500 in geschlossenen Röhren, wobei sich Methyienjodid C2H-J2 bilden soll. Demnach wäre die Zersetzung: 2(C2HJ3) = C2H2J2 _|- C2J4. Hof mann spricht nur von dem ersteren, das zweite, bis jezt noch nicht bekannte, würde vielleicht zur Darstellung von Diamanten dienen können. Maumeue's Versuche, die Kohlenstoffjodüre danach zu bereiten, waren alle von ungünstigem Erfolge. {Journ. für 'prakt. Chemie, Bd. 95. 5.) B. Stciukohlen in Tiirkestau. In Turkestan hat man 90 Werst von Tschemkent, Turkistan und der Mündung des Arys Steinkohlen von sehr guter Qualität aufgefunden. Der Weg nach den drei genannten Orten ist für Fuhrwerk gut passirbar. Der Mangel an Feuerungsraaterial war eine der Haupt- ursachen, weshalb die DampfschifFfahrt auf dem Syrdarja sich nicht entwickeln konnte, man musste den Anthracit für die Dampfer vom Don herschaffen, wodurch das Ma- terial auf 2 Kübel das Pfund kam. (Russisch. Inv.) Dr. Reich. Der Verbrauch der Steinkohlen und die nächsten Folgen desselben. Von Emil Sommer. Gar manchem unserer Leser, der die an allen Bahn- höfen massenhaft angehäuften Steinkohlenvorräthe über- blickte, oder das Auge über die unzähligen rauchenden Kamine einer unserer grösseren Fabrikstädte schweifen Hess, hat sich gewiss schon die Frage aufgedrängt, ob die von der Natur im Schosse der Erde seit Jahrtau- senden aufgespeicherten Kohlenschätze wohl reichhaltig genug sein möchten, um die Menschheit für alle Zeiten mit diesem kostbaren Heizmaterial zu versorgen, und ob nicht ein so ungeheurer Consum, wie derselbe heute statt findet, schliesslich und wenn auch erst nach einer langen Reihe von Jahren den Zeitpunct herbeiführen müsste, wo diese anscheinend unerschöpfliche Wärme- vmd Kraftquelle zu fliessen aufhören würde. Auch die Industrie und Wissenschaft hat sich, na- mentlich in der letzten Zeit, wo der Verbrauch der Stein- 76 Verbrauch der Steinkohlen. kohlen durch den grossartigen Aufschwung des industriel- len Lebens in so ausserordentlichem Masse gewachsen ist, wiederholt diese ernste und bedeutungsvolle Frage vorgelegt und verschiedene namhafte Gelehrten mach- ten es sich zur Aufgabe, durch sorgfältige Schätzungen und Berechnungen wenigstens annähernd zu bestimmen, für welche Zeitdauer die in den bedeutenderen heutigen Bergwerken vorhandenen Kohlenlager voraussichtlich noch ausreichen dürften, wobei es natürlich nicht auf 50 Jahre mehr oder weniger ankommt, indem es sich bei der Be- stimmung so kolossaler numerischer Verhältnisse nur um annähernde Zahlenwerthe. handeln kann. Wenn daher die Resultate derartiger Berechnungen, welche stets mehr oder weniger auf Wahrscheinlichkeit beruhen, auch kei- nen Anspruch auf absolute Genauigkeit haben, so gestat- ten dieselben dennoch die wichtigsten und interessante- sten Schlüsse, deren allgemeine Bedeutung und Tragweite nicht zu verkennen ist. Um nur einige Zahlen anzuführen, so weisen wir hier zunächst auf eine vor ungefähr zwei Jahren von Sir William Armstrong aufgestellte und auf möglichst ge- naue Schätzungen und Ermittelungen sich stützende Be- rechnung hin, aus welcher hervorgeht, dass, wenn der Steinkohlenverbrauch ferner in demselben Masse wie bis- her zunimmt, Englands Kohlenreichthum schon nach zwei Jahrhunderten gänzlich erschöpft sein würde. Ein ande- rer englischer Gelehrter, H. Murchison, welcher gleich- falls dieselbe Frage in der jüngsten Zeit zum Gegenstände- genauer Untersuchungen machte und unlängst über die Resultate derselben in einem in der Britischen Gesell- schaft gehaltenen Vortrage Bericht erstattete, gelangt ebenso wie Armstrong an der Hand untrüglicher Zah- len zu dem Schlüsse, dass der Zeitpunct, bis zu wel- chem die Industrie die in dem Boden Grossbritanniens noch begraben liegenden Kohlenvorräthe verschlungen haben wird, keineswegs so entfernt von uns liegt, als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist. Wenn nun auch die hierbei zu Grunde gelegte Annahme, dass der jährliche Kohlenverbrauch, welcher 1862 in England allein 1720 Mill. Ctr. betrug und 1864 sogar 1860 Mill. Ctr. erreichte, auch ferner sich in der gleichen Progression steigern und demnach im Jahre 1900 sich in England zu der ungeheuren Summe von 4380 Mill. Ctrn. erheben würde, etwas gewagt und übertrieben erscheinen muss, so sind darum die von jenen Aufsteilungen abzuleitenden Verbrauch der Steinkohlen. 77 Consequenzen nicht minder ernst und das Eintreten jenes drohenden Zeitpunctes der Erschöpfung der englischen Kohlenbergwerke nicht minder gewiss, mag derselbe nun auch unter günstigen Umständen um 100 Jahre wei- ter hinausgeschoben werden, als die in Rede stehenden •Schätzungen hoffen lassen. Jahrhunderte sind im Leben der gesammten Menschheit wie Tage im Leben des ein- zelnen Individuums und es würde daher auch bei der Voraussetzung eines möglichen Irrthums von Seiten der Geognosten ein derartiges weiteres Hinausrücken des un- vermeidlichen Termins um 100 Jahre nur eine wenig beruhigende Gnadenfrist bilden. Eine ältere, weniger zuverlässige Schätzung nimmt in allzu optimistischer Uebertreibung an, dass die in dem Saarbrücker Kohlenbecken (in der Preussischen Rhein- provinz) noch vorhandenen Steinkohlenvorräthe, welche die Mächtigkeit der meisten Kohlenflötze Englands bei weitem nicht erreichen, noch für 3000 Jahre ausreichen könnten; doch ist hierbei nicht nur der Reichthum die- ses Kohlengebirges bedeutend überschätzt, sondern auch die jährliche Ausbeute, welche in der in Rede stehenden Berechnung nur zu 50 Mill. Ctr. angenommen wird, viel zu niedrig gegriffen und mit den Bedürfnissen des sich täglich steigernden Verbrauches nicht mehr im Einklänge, so dass jene Zahl von 3000 Jahren sich in Wirklichkeit auf einen sehr bescheidenen Bruchtheil derselben redu- ciren dürfte. So unsicher und von einander abweichend alle diese Schätzungen nun auch sein mögen, so stimmen dieselben doch sämmtlich in der Hauptsache überein, dass nämlich von einer Unerschöpflichkeit der Steinkohlenbergwerke^ wie man dieselbe fast allgemein noch träumt, durchaus nicht die Rede sein kann, sondern dass alle auch noch so reichen Gruben nach längerer, man könnte sogar sa- gen, verhältnissmässig kurzer Zeit vollständig ausgebeu- tet und erschöpft sein werden. — Es ist allerdings hier- bei nicht zu vergessen, dass immer noch hier und da in weniger bewohnten Gegenden neue und ergiebige Kohlen- fundorte entdeckt werden können; anderseits ist es aber auch eine durch die Erfahrung bewiesene Thatsache, dass mit einem solchen Zuwachse stets auch der Verbrauch in gleichem Verhältnisse wächst, indem die durch den Zufluss neuer reicher Nahrung an den betreffenden Orten sofort mächtig sich entfaltende Industrie, gleich der durch die Zufuhr frischen Brennstoffes nur um so geirässiger 78 Verbrauch der Steinkohlen. um sich greifenden Flamme, den grössten Theil der neu hinzugekommenen Vorräthe bald wieder verschlingt und folglich nur sehr wenig davon auf den allgemeinen Welt- markt gelangen lässt, so dass die mögliche Entdeckung solcher vereinzelten Gruben nur unmerklich zur Verlän- gerung des Steinkohlenzeitalters beizutragen vermag. Wenn wir erwägen, dass fast der gesammte moderne Fortschritt mit dem grossartigen, hoch pulsirenden, indu- striellen, commerziellen, socialen und geistigen Leben un- serer Zeit mittelbar durch Dampf und Dampfmaschinen auf der Wundei'kraft der Steinkohle beruht, dass somit fast die ganze herrliche Blüthe der heutigen Cultur aus dem reichen Boden des Steinkohlenfeldes hervorwuchs, so ist die Verarmung dieses Feldes, das Versiegen die- ser mächtigen Kraftquelle fast gleichbedeutend mit dem plötzlichen Stillstande aller Bewegung und Thätigkeit und, wenigstens vorübergehend, auch des materiellen und gei- stigen Fortschrittes der Völker. Es ist schwer, fast un- möglich, uns in unsern jetzigen Verhältnissen die uner- messlichen und auf alle Gebiete sich erstreckenden Fol- gen eines solchen Ereignisses zu vergegenwärtigen; aber ahnen können wir dieselben wenigstens, indem wir uns für einen Augenblick die Steinkohle aus der uns heute umgebenden Welt, welcher sie gleich dem Prometheus- funken mit feurigem Odem Leben und Bewegung ein- haucht, hinwegdenken. Gleich einem riesigen Uhrwerke, in dessen Räder die Hand plötzlich hemmend eingreift, würde bei einem Verschwinden der Steinkohle das mächtige Weltgetriebe, das uns in wildem Strudel überall umfluthet, plötzlich in Stockung und Erstarrung gerathen: Fabriken, Werkstät- ten, Eisenbahnen, Posten, Dampfschiffe, Dampfpressen, kurz Alles, was unser heutiges Leben zusammensetzt, würde wie mit einem Schlage stille stehen und nur eine allgemeine Umwälzung und Umgestaltung aller Verhält- nisse wäre alsdann im Stande, das gewaltsam zerstörte Gleichgewicht allmälig wieder herzustellen. Des mäch- tigsten und universellsten Motors beraubt, würde sich die Menschheit in einem solchen Falle genöthigt sehen, gleich- sam eine neue Richtung in ihrem weiteren Entwickelungs- gange einzuschlagen^ um auf neuen Wegen und durch neue Mittel der Erfüllung ihrer Weltbestimmung ent- gegen zu streben. Und diese neuen Mittel und Wege werden, wir hof- fen es zuversichtlich, gefunden werden, ehe noch der Englands Kohlenreiclithum und seine Dauer. 79 verhängnissvoUe Augenblick an ein späteres Geschlecht herantritt. Bereits hat der Genius der Erfindung im Bunde mit Wissenschaft und Technik in der Neuzeit so Grosses und Unerwartetes hervorgebracht, dass es wohl nicht als sorglos eitler Wahn erscheinen kann, von der Elektricität, dem Luftdrucke oder dem durch eine wohl- feilere Wasserzersetzungsmethode erzeugten Wasserstoffe das zu erwarten, was zu leisten der Steinkohle einst ver- sagt sein wird. Schon hat man elektrische Locoraotiven construirt, schon versucht man, unsere Strassen statt mit Steinkoh- lengas m'.t elektrischem Lichte zu beleuchten, überall arbeitet man rastlos an der Vervollkommnung der Aero- nautik, fortwährend beschäftigen sich noch zahlreiche Köpfe mit dem Problem der wohlfeilen Gewinnung des heizkräftigsten aller Brennmateriale, des in unerschöpf- licher Menge im Wasser zu Gebote stehenden W^asser- stoffes, und wenn auch alle diese Versuche bis jetzt keine vollständig befriedigenden Resultate geliefert haben, wenn auch die industrielle Anwendung der Wasserstoffverbren- nung jetzt noch als eine unwissenschaftliche und unaus- führbare Idee erscheint, so müssen wir doch auf Grund des Princips der steten Fortentwickelung der Mensch- heit annehmen, dass einer späteren Generation das ge- lingen wird, was uns heute zu erreichen noch ver- sagt ist. Aber noch eine Folge ganz anderer Art haben wir hier als Wirkung des heutigen enormen Steinkohlenver- brauches zu erwähnen, eine Folge, unter der nicht nur die kommenden Generationen zu leiden haben werden, sondern welche auch das jetzt lebende Geschlecht schon sehr nahe berühren kann; wir meinen die Erzeugung der ixngeheuren Massen von Kohlensäure, welche die Ver- brennung so kolossaler Quantitäten Steinkohlen aus IMil- lionen Feuerheerden beständig der Atmosphäre zuführt. {El. für Hand. u. Gewhe. 1866.) B. Etiglauds Kohieiirciclitliuin und seine Dauer. Die Frage über die Erschöpflichkeit der Kohlenlager in England beschäftigt schon seit geraumer Zeit die dor- tigen Industriellen. Von besonderem Interesse ist daher nachstehender Artikel, welchen der „ Eco7io7nist" , in wirth- schaftlichen Tagesfragen unbestritten die gediegenste eng- lische Wochenschrift, veröffentlicht: 80 Englands Kolilenreicidlium und seine Dauer. Unter dem Titel: „Die Kohlenfrage" hat Jevons dem Publicum eine Anzahl wohlgeordneter und meistens unbestreitbarer Thatsachen vorgelegt und sie mit einer Eeihe von anregenden Erwägungen begleitet, welche Je- der, der Theilnahme hegt für die zukünftige Entwicke- lung und Grösse seines Landes, sehr wohl thun wird, in ernste Ueberlegung zu ziehen. Für Wenige wird es der Erinnerung bedürfen, wie vollständig unsere Prosperität und commerzielle und industrielle Ueberlegenheit auf der „billigen Kohle" ruht. Kohlen und Eisen machen Eng- land zu dem, was es ist und sein Eisen hängt von sei- ner Kohle ab. Andere Länder besitzen eben so viel Eisenerz wie wir und mehre besseres als wir; aber kein Land (mit Ausnahme Amerikas, welches noch unent- wickelt ist) hat reichlich Kohlen und Eisenstein in der erforderlichen Nähe. Wir haben keine weiteren natür- lichen Anlagen für Erreichung industrieller Grösse, als unsern Vorrath von Kohlen und Eisen; fast alle rohen Stoffe für unsere Manufacturen kommen zu uns von fern- her; wir iraportiren viel von unserer Wolle, das meiste von unserem Flachse, alle unsere Baumwolle und alle unsere Seide. Unsere Eisenbahnen und unsere Dampf- boote werden von Eisen gemacht und von Kohlen betrie- ben, so auch gegenwärtig viele Fahrzeuge unserer Kriegs- marine. Kohle ist das Brod unserer grossen Fabriken, Eisen einer unserer Hauptexportartikel. Ganz besonders unsere Maschinenarbeit ist es, worin wir andere Natio- nen übertreffen; unsere Maschinen sind es, die unsere erfolgreichen textilen Fabrikate hervorbringen und das Eisen, aus welchem die Maschinen construirt sind, wird gefördert, geschmolzen, gegossen, gehämmert, zu Gerä- then verarbeitet durch Kohlen und Dampf, welchen Koh- len erzeugen. Man glaubt, dass wenigstens die Hälfte der in Grossbritannien gewonnenen Kohle von den ver- schiedenen Zweigen unseres Eisenhandels verbraucht wird. Wenn wir diese Thatsachen im Sinne behalten, so werden wir leicht begreifen, dass die Lebensfragen rück- sichtlich des Reichthums, des Fortschrittes, der Grösse unseres Landes diese sind: „Ist unser Vorrath an Kohle unerschöpflich? und, wenn nicht, wie lange wird er dau- ern?" Jevons setzt uns in den Stand, diese beiden Fragen zu beantworten. Dieser Vorrath ist weit entfernt unerschöpflich zu sein; er ist im Wege des Erschöpfens und wenn wir fortfahren, unsern Verbrauch an Kohlen Englands Kohlenreiclitlium und seine Dauer. 81 von Jahr zu Jahr im Verhältniss unseres jetzigen Mehr- verbrauchs zu vermehren, so wird er nicht mehr hun- dert Jahre vorhalten. Unsere geologischen Kenntnisse sind jetzt so gross und so sicher und das, was wir hier die unterirdische Aufnahme unserer Inseln nennen kön- nen, ist in solcher Vollständigkeit geschehen, dass wir mit ziemlicher Sicherheit sowohl die Ausdehnung, die Mächtigkeit und die Zugänglichkeit unserer Kohlentelder, so wie die jähi'lich an die Überfläche gebrachte und ver- brauchte Quantität Kohlen kennen. Der ganze noch in Orossbritannien befindliche Kohlenvorrath bis zu einer Tiefe von 4000 Fuss wird auf 80,000 Millionen Tonnen geschätzt. Unser jährlicher Verbrauch betrug im Jahre 1860 etwa 80 Millionen Tonnen. Nach diesem Verhält- nisse würde die erreichbare Kohle noch 1000 Jahre aus- reichen. Aber unser Verbrauch ist jetzt in stetiger Ver- mehrung begriffen, der Consum steigt 3^/2 Proc. pro Jahr und wird im Jahre 1880 nicht 80, sondei-n 160 Millionen betragen und wenn er in dieser Weise fortfährt zu stei- gen, so werden die ganzen 80,000 Millionen Tonnen vor dem Jahre 1960 erschöpft sein. Ja, dieser Zeitpunct wird vielleicht noch etwas früher erreicht werden, denn un- sere Berechnung schliesst alle Kohle bis zu 4000 Fuss Tiefe ein und bis jetzt ist keine Kohle bis zu einer grös- seren Tiefe als 2500 Fuss ausgebeutet worden, auch glauben wir nicht, dass Minen, wenn überhaupt, dann noch nutzbar in einer Tiefe von 4000 Fuss betrieben werden können. Wir wissen natürlich^ dass thatsächlich unsere Koh- lenfelder innerhalb dieser Periode nicht ausgenutzt sein werden. W^ir sind uns klar darüber, dass das gegen- wärtige Verhältniss der jährlichen Vermehrung nicht bei- behalten werden kann. Mit jedem Jahre haben wir tie- fer zu steigen für unsere Zufuhr und tiefer gehen heisst, grössere und grössere Kosten für Arbeit, Maschinerie, Ventilation, Wasserhaltung, Unfälle u. s. w. aufwenden müssen. Grössere Tiefe bedeutet daher einen erhöhten Preis für die emporgehobene Kohle und diese Erhöhung des Preises wird den Verbrauch zurückhalten. Allein es ist gerade diese bevorstehende Erhöhung des Preises und nicht die endliche Erschöpfung, welche wir zu fürchten haben; denn es ist diese Erhöhung, Avelche unser Mass des Fortschritts limitiren und uns unserer besonderen Vor- theile und industriellen Oberhoheit berauben wird. Sehen wir ein wenig näher den Modus operandi an. Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1. U. 2.Hft. 6 82 Englands Kohlenreichthum und seine Dauer. Die Schwierigkeit des Betriebes und des Förderns der Kohle wächst schnell, je mehr die Grube tiefer wird oder je nachdem untergeordnete Gruben überhaupt aus- gebeutet werden können ; die Hitze wird mehr und mehr unerträglich, die Stollen, Strecken und Querschläge werden länger, die Gefahr wird grösser, die Ventilation kostspie- liger, die Quantität Wasser, die abzuhalten oder hinauf- zuschaffen ist, schwerer zu bewältigen. Ein sehr kurzer Zeitraum kann Maschinenkohle und Schmelzkohle von 5 auf 10 Sh. die Tonne erhöhen. Nun verbraucht aber eine Baumwollenspinnerei von gewöhnlicher Grösse für ihre Dampfkraft 80 Tonnen Kohlen pro Woche. Dies macht zu 5 Sh. 1000 £ das Jahr; zu 10 Sh. per Tonne da- gegen 2000 £, Aber die Baumwollenspinnerei ist voll von Maschinerien und ein grosses Moment in den Kosten dieser Maschinerie ist die zum Schmelzen und Verarbei- ten des Eisens, woraus die Maschinerie besteht, ver- wendete Kohle. Die Eisenbahnen, welche die Kohle zur Fabrik bringen, und das Calico und Garn zurück- führen zum Exporthafen, sind von Eisen gemacht und durch Kohlen betrieben; ebenso die Dampf boote, welche die Baumwolle zu unsern Gestaden führen und das Garn nach Deutschland exportiren; — der Preis des Trans- ports, welcher ein sehr bedeutender Factor in den Ge- sammtkosten unsei*er Fabrikate ist, wird dalier bedeutend vermehrt werden, sowohl mittelbar wie unmittelbar, durch eine Steigerung der Kohlenpreise. Eine Erhöhung in diesem Preise von 5 auf 10 Sh. per Tonne kann als gleich- bedeutend mit 2000 Pfd. St. das Jahr auf die Betriebs- kosten einer grösseren Baumwollenspinnerei geschätzt wer- den. Das heisst, jeder Fabrikant würde im Vergleich mit der gegenwärtigen Lage der Dinge und im Vergleich mit fremden Ländern eine Last von 2000 Pfd. St. das Jahr sich auferlegt sehen und würde deshalb den Preis seiner Waaren in diesem Verhältnisse erhöhen müssen. Wie lange würde es ihm möglich sein, bei diesem Miss- stande, oder wie es richtiger wäre zu sagen, bei dem Fortfall seiner gegenwärtigen vortheilhafteren Lage, mit seinen Concurrenten Schritt zu halten? Und wie lange wird die Kohle selbst zum Preise von 10 Sh. per Tonne geliefert werden? Und dann beachte man, dass der Stillstand im Ver- brauche der Kohle, d. h. die Verzögerung des Zeitpunc- tes ihrer endlichen und gänzlichen Erschöpfung, nur durch die Steigerung der Preise hervorgerufen werden kann und dass 'in dem Augenblicke, wo er eintritt, der Ver- Englands KohlenreicJithnm und seine Dauer. 83^ fall unseres relativen industriellen Supremats begonnen hat. Wir werden das Ausgeben unserer Koble in dem kurzen Zeiträume eines Jahrhunderts vermeiden ; allein wir werden das nur können, indem wir weniger ver- brauchen und jetzt Aveniger verbrauchen, heisst weniger Eisen produciren, weniger Calico und Wollenmanufacte exportiren, weniger Schiffe verwenden, eine geringere Bevölkerung unterhalten, aufhören in unserem Fortschritte, zurückweichen von unserer günstigeren Stellung. Wir können allerdings bewirken, dass unsere Kohle noch tau- send Jahre vorhält, anstatt hundert und die unvermeid- liche Erhöhung ihres Preises auf ein sehr unbedeutendes Mass reduciren; allein wir können dies nur, indem wir im Stillstande bleiben, und im Stillstande bleiben heisst, durch andere Nationen uns im Wettlaufe überflügeln las- sen, unsere ganze jährliche Vermehrung der Bevölkerung exportiren, vergleichsweise, wenn nicht positiv, ärmer und schwächer Averden. Und kein Vorbeugen dieses Endresultates scheint möglich in der Theorie, noch in der Praxis irgend ein Mittel, es zu inodificiren. Wir können immerhin, heisst es, sparen im Ver- brauche der Kohle; aber erstlich sind die grösseren Er- sparungen, welche vernünftigerweise in Aussicht genom- men werden können, bereits eingeführt. Im Schmelzen des Eisenerzes werden zwei Drittel weniger Kohle ver- wendet als früher iind im Betriebe unserer Dampfmaschi- nen die Hälfte weniger. Zweitens ist es nur eine Stei- gerung im Preise der Kohle, welche uns zum sparsame- ren Gebrauche derselben anstacheln wird und gerade diese Steigerung des Preises ist der Beweis und das Mass unserer Gefahr. „Exportirt keine Kohle mehr," ruft man aus, „und so schont euren Vorrath". Wir kön- nen aber dieses Auskunftsmittel nicht anwenden, Aväre es selbst weise, es zu thun, oder im Einklänge mit un- serer Handelspolitik, ohne die Hälfte • unserer Schifffahrt in Verwirrung zu stürzen, indem wir sie ihres Ballast- transports berauben; und selbst dann würde das Uebel kaum mehr als gemildert sein. „Warum, fragen Andere, sollten wir nicht, sobald unsere eigenen Vorräthe erschöpft sind, Kohlen von andern Ländern importiren, welche noch reich sein werden an Mineral-Brennstoffen und so unsern Mangel ersetzen?" Einfach darum nicht, weil von allen Handels- und Industrie-Artikeln die Kohle der umfang- reichste im Verhältniss zu seinem Werthe ist; und dass 6* 84 Raucliverzehrende künstliche Brennstoffe. der Umstand, sie zur Hand zu haben, sje im Ueberflusse billig und ohne Transportkosten zu haben, es ist, welcher uns unsere industrielle Ueberlegenheit verschafft hat. Mit Kohle, von Amerika gebracht, mit Kohle zu einem Preise, welchen sie dann kosten würde, können wir weder unser Eisen schmelzen, unsere Maschinen im Betriebe halten, unsere Locomotiven treiben, unsere Schiffe fahren, unsere Garne spinnen, noch unsere Tuche weben. Lange, ehe wir unsern Brennstoff importiren niüssten, wäre das Spiel zu Ende. Von 136 Mill. Tonnen Kohlen, welche gegenwärtig in der Welt gewonnen werden, produciren Grossbritannien 80 Mil- lionen und die Vereinigten Staaten nur 20. Allein das ist nur so, weil wir den Vorsprung hatten und unsere Be- völkerung weit dichter ist und weil unser Eisen und unsere Kohle für einander bequem liegen und auch be- quem zum Transport. Sobald Amerika dicht bevölkert sein wird, wird sowohl unsere Eisen- wie unsere Kohlen- Ueberlegenheit — und Alles, was daraus folgt — auf Amerika übergehen; denn die Vereinigten Staaten sind in dieser Hinsicht unernfesslich reicher als selbst Eng- land. Ihre Kohlenfelder werden auf 196,000 Quadrat- meilen an Ausdehnunji; geschätzt, während die unsrigen nur 5400 haben. Und das ist nicht Alles; ihre Kohlen sind oft besser in Qualität und unvergleichlich zugäng- licher als die unsern, hauptsächlich im Ohio-Thale. An einigen Stellen in Amerika ist der Preis der Kohle am Förderpuncte selbst jetzt schon nur 2/8/*. per Tonne, gegen 6 Sh. in England. {Berg- u. Hüttenm.-Ztg. Ü. 99. 1866.) B. Rauchverzehrciide knustliche Brennstoffe« 1. Kohle für die Küche. Gepulverte Holzkohle 50 Kilogrm. „ fette Steinkohle ... 8 „ ^ magere Steinkohle 40 „ Salpeter 1/2 „ Gebrannte Stärke 1^/2 „ 2. Kohle zum Heizen der Zimmer. Magere Steinkohle 92 Kilogrm. Fette Steinkohle 6 „ Salpeter */2 „ Gebrannte Stärke 1 1/2 „ . Fabrikation der ScMempekohle. 85 3. Kohle ziLin Heizen der Fabriköfen, Dampfkessel etc. Magere Steinkohle 88 Kilogrm. Fette Steinkohle 10 „ Salpeter 1/2 „ Gebrannte Stärke 1^2 n Die Matei-ialien für diese Brennstoflfe werden zu Pul- ver gemahlen, gehörig vermengt, dann für den Küchen- gebrauch zu Cylindern, für sonstige Zwecke aber zu Blöcken von verschiedener Gestalt geformt. {Armengaud's Genie industr.) ß. Die Fabrikation der Schlcmpekolile. In der „Zeitschr. für Rübenzuckerindustrie", Bd. 15. S. 734, finden wir einen Aufsatz über die Verarmung des Bodens durch die Schlempekohlefabrikation von Hugo Schulz^ welcher wohl von allgemeinerem Inter- esse sein dürfte. Wir entnehmen jener Mittheilung Fol- gendes : Die Erschöpfung des Bodens an Kali ist eine sehr wichtige Frage geworden. Bekanntlich ist die Rübe eine viel Kali bedürftige Pflanze; in der Zuckerfabrikation geht dasselbe zum bei weitem grössten Theile in den Syrup und von da in die Melasse. Letztere wird in den meisten Fällen nicht verfüttert, sondern nachdem sie zur Spiritusfabrikation gebraucht ist, verkohlt und als Schlempe- kohle in den Handel gebracht. Diese dient zur Berei- tung von Salpeter und Pottasche, beides Producte, die der Landwirthschaft nicht wieder zugeführt werden. Die Provinz Sach:;en fabricirt jährlich ca. 60000 Ctr. solcher Kohle ; folgende Tabelle giebt über die chemische Zusammensetzung derselben Aufschluss. Sie ist aus 46 speciellen Analysen berechnet, welche vom Verfasser in den Jahren 1864 und 1865 ausgeführt worden sind: lyiinimal- Maximal- Mittlerer gehalt gehalt Gehalt Feuchtigkeit 0,51 10.09 2,93 In Wasser Unlösliches 11,82 28,62 18,03 Schwefelsaures Kali 3,74 12.79 7,19 Chlorkalium 14.26 30^31 19,24 Kohlensaures Natron 12,3G 22,05 17,14 Kali 21,94 46,88 34,94 Unbestimmtes und Verlust.. — — 0,53 100,00. Der in Wasser unlösliche Rückstand besteht aus Kohle, etwas Thonerde, Eisenoxyd, Kieselerde undKalkver- bindu.ngen mit nur ganz geringen Mengen von Phosphor- säure und Kali. Es ist ein beinahe werthloser lästiger Abfall. S6 Einwirkimg von Ammoniak auf glühende Kohle. Der Gesainmtkaligehalt stellt sich im Minimum 25,99 Proc. Maximum 57,51 „ Mittel 39,89 Es werden also hier der Landwirthschaft durch die Schlempekohlenfabrikation jährlich circa 24,000 Centner Kali entzogen. Um diese wieder zu ersetzen, raüss- ten dem Boden jährlich mehr als 44,000 Centner schwe- felsaures Kali zugeführt werden. {Bl.filr Hand. u. Givhe. 1866. No.38.) B. Verfahren zur Wiederbelebung der Knochenkohle. Nach Beane soll man, um den von der gebrauchten Knochenkohle absorbirten Kalk zu entfernen, ohne dabei gleichzeitig den phosphorsauren Kalk zu lösen, die trockne und heisse Kohle mit salzsaurem Gase vollständig sätti- gen und dann eine Portion unbehandelte Kohle damit mischen. Das in den Poren der ersteren zurückbleibende Gas wird von der letzteren aufgenommen und durch den Kalkgehalt derselben neutralisirt. Nach dem Auswaschen des Chlorcalciums wird die Kohle in gewöhnlicher Weise geglüht. Dies Verfahren wird von Medio ck als beach- tenswerth empfohlen. {Chem. News. — Chem. Centralbl.) ß. Einwirkung von Ammoniak auf glühende Kohle. Weltzien hat bei seinen Versuchen über die Ein- wirkung von Ammoniak auf glühende Kohle keine Spur eines Kohlenwasserstoffes wahrnehmen können. G. Lunge, der denselben Process im Grossen vorgenommen hat, glaubt dabei Acetylen aufgefunden zu haben. Nachdem das bei der Operation gebildete Cyanammonium in passenden Apparaten absorbirt worden ist, wird das unabsorbirte Gas durch mehre Gefässe mit Wasser und schliesslich in den Ofen geleitet, um dort verbrannt zu werden. Einige von den Röhren waren aus Kupfer gemacht. So- bald Lunge mit diesem Apparate zu arbeiten angefan- gen hatte, fanden täglich die heftigsten Explosionen statt, von denen er sich anfangs keine Rechenschaft geben konnte, bis er durch die Entdeckung der explodirenden Eigenschaften, welche die Verbindung von Acetylen mit Dissociation des Kohlenoxyds. 87 Kupfer besitzt, aufmerksam gemacht, die kupfernen Lei- tungsröhren durch eiserne ei'setzte. Von diesem Zeit- puncte an fanden keine Explosionen mehr statt. In Be- tracht dieser Umstände glaubt Lunge die Bildung von Acetylen bei diesem Processe für erwiesen ansehen zu dürfen. {Chem, News. — Chem. Centralbl. 1866. 7 .) B. Dissociation (Zerfalleu) des Kohleuoxyds. Obgleich das wesentliche Ergebniss der Versuche H. St. Cl. Deville's über diesen Gegenstand schon früher einmal mitgetheilt worden ist, so ist es jedoch bei dem hohen Interesse und der Bedeutsamkeit derartiger Zer- legungen wohl geboten, diese Sache noch einmal zur Sprache zu bringen und speciell den Apparat und die Experimentirweise zu beschreiben, deren Devilie sich zur Zerlegung des Kohlenoxyds bediente {Compt. rend. 59), zumal dieser Apparat nicht nur zu Versuchen gleichen Zwecks, sondern auch zu manchen anderen verwendbar erscheint. Die Vorrichtung für die Dissociation des Kohlenoxyds hat die Aufgabe, in gleicher Art zu wirken, wie etwa der durch Gase durchschlagende elektrische Funke wirkt, nämlich an einer gewissen Stelle durch seine Hitze eine Zersetzung hervorzubringen, deren Producte, mit der übrigen überwiegenden Gasmenge sich mischend, nicht wieder so hoch erhitzt werden, dass sie sich von Neuem wieder vereinigen können. Diesen Zweck erreichte De- vilie durch folgende Anordnungen. Ein Porcellaurohr wird beiderseitig mit Korken ver- schlossen, die doppelt durchbohrt sind. In das eine Loch der beiden Korke wird ein dünnes Messingrohr von 8 MM. Durchmesser gesteckt, in die beiden anderen Löcher je ein kurzes beiderseitig offenes Glasrohr, durch deren eines das Kohlenoxyd eintritt, um in der Porcellanröhre sich zu verbreiten, durch deren anderes die Gase, die bei der Zersetzung im Porcellanrohr entstehen, entweichen. Wurde nun das Porcellanrohr einer sehr hohen Tem- peratur ausgesetzt und während dieser Zeit durch das eine Glasi'ohr ganz reines Kohlenoxyd eingeleitet, durch das Messingrohr ein schneller Strom kalten Wassers geschickt, das gegenüberliegende zweite Glasrohr aber mit einem Kugelapparat, der Barytwasser enthielt, in Verbindung eesetzt, so beobachtete man in lebhafter Roth- gluth die Trübung des Barytwassers und an dem Messing- 88 Erkennung der Vergiftung mit Kohlenoxyd. röhr hatte sich, so weit es im Porcellanrohr lag, flockiger Kohlenstoff abgesetzt. Der Process ist also der: das Kohlenoxyd, welches die untere glühende Wand des Porcellanrohres bestreicht, zersetzt sich theilweise in Kohle und Sauerstoff und diese Producte steigen in die Höhe, treffen in der Mitte das kalte Messingrohr, dessen Temperatur etwa -f- 10^ beträgt^ und hier setzt sich der Kohlenstoff ab. Mit dieser Er- klärung stimmt auch die Thatsache überein, dass die Kohle nur der unteren Seite des Messingrohres anklebt. Der Sauerstoff des einen zersetzten Aequivalents Kohlen- oxyd verbindet sich mit einem unzersetzten Antheil des Gases zu Kohlensäure und nicht wieder mit dem einmal abgeschiedenen zu sehr abgekühlten Kohlenstoff*). Mit einigen Modificationen wird der oben beschriebene Apparat bei Gasuntersuchungen verschiedener Art sehr werthvoUe Dienste leisten können. Macht man z. B. ins Messingrohr eine sehr feine Spalte und lässt das Wasser durch ein hinreichend langes senkrechtes Rohr abfliessen, so besitzt man eine Art Trommelgebläse, durch welches man Gase schnell aufsaugen und die heissesten schnell abkühlen kann. (Jozirn. f. prakt. C/iem. Bd. 95. 5.) B. Erkennung der Vergiftung mit Kohlenoxyd. Das mit Kohlenoxyd behandelte Blut zeigt im Sonnen- spectrum untersucht bei hinreichender Verdünnung fast eben solche Absorptionsstreifen als sauerstoffhaltiges Blut, fügt man aber Schwefelammonium hinzu, so verschwin- den die Streifen nicht im Verlaufe mehrer Tage, während das kohlenoxydfreie, aber sauerstoffhaltige Blut nach einigen Minuten nur einen Absorptionsstreif in der Mitte zwischen den Spectrallinien D und E zeigt, wenn es mit Schwefelammonium versetzt war. An dieser Unveränder- lichkeit des kohlenoxydhaltigen Blutes durch Schwefel- ammonium kann man den Kohlenoxydgehalt des Blutes erkennen und es gelingt bei Thieren, die man mit wenig Kohlenoxyd allmälig vergiftet hat, recht gut auf die obige Weise, im Blute das Kohlenoxyd mit Entschieden- heit nachzuweisen. Dabei ist es zweckmässig, das Blut *) Man kann den Vorgang auch so erklären, dass das Kohlenox3^d C202 in Kohle C und Kohlensäure C02 zerfällt; eine weitere Ein- wirkung beider Zersetzungsproducte auf einander wird durch die Abkühlung des Kohlenstoffs luid eine Entfernung des Kohlensäure- gases verhindert. H. L. Schädlichkeit des Schivefelkohlenstoff dunstes. 89 zur Untersuchung im Spectralapparate stark zu verdün- nen. Zahlreiche Fälle der Vergiftung von Menschen und Thieren haben erwiesen, dass nach der Vergiftung in atmosphärischer Luft ziemlich schnelle Erholung eintritt^ wenn die Vergiftung nicht bis unmittelbar zum beginnen- den Tode gedauert hatte. Hoppe-Seyler hat oft Kanin- chen und Hunde bis zum völligen Aufhören der Respiration mit Kohlenoxyd vergiftet und diese Thiere nach einge- leiteter künstlicher Respiration sich bald wieder erholen gesehen. Die Ursachen dieser Reconvalescenz hat Po- krowsky {Virchoio's Arch. Bd. 30. iS. 52;")) untersucht und gefunden, dass bei derselben kein Kohlenoxyd, son- dern mehr als gewöhnlich Kohlensäure ausgeathmet wird. Auch das mit Kohlenoxyd behandelte defibrinirte Blut verliert seinen Kohlenoxydgehalt beim Stehen an der Luft allniälig und Schwefelammonium macht dann die beiden Absorptionsstreifen bald verschwinden, Schütteln mit der Luft ruft sie wieder hervor, auch wird das Blut beim Schütteln mit Luft hellroth, beim Stehen venös dunkel. Die Veränderung des kohlenoxydhaltigen Blutes beim Stehen in dieser Weise macht daher in forensischen Falten schnelle Unteisuchung nöthig, wo es sich um den Nachweis derartiger Vergiftung handelt. Mehre Tage können bei mittlerer Temperatur vergehen, ehe der Kohlen- oxydgehalt des Blutes bemerkbar abnimmt. {Med.-Centrhl.) ß. Schädlichkeit des SchiTefelkohleiistoffdiinstes. Arbeiter, welche viel mit der Fabrikation des Schwefel- kohlenstoffs zu thun haben, M^erden immer dümmer, ver- lieren den Geschmack ganz^ haben eine belegte Zunge, können aber sehr viel essen. Dabei magern sie ab, wer- den kachektisch und empfinden ein fortwährendes Brennen in der Brust, im Unterleibe und After. Beim Leckwerden eines Behälters mit Schwefelkohlen^ Stoff liefen mehre Maass desselben aus; die dabei beschäf- tigten Arbeiter merkten bald ein Gefühlloswerden der Beine von unten herauf und nach und nach des ganzen Körpers, dann traten Hitze, Angstschweiss und ein äusserst weh- müthiges, bis zum Weinen sich steigerndes Gefühl ein und zuletzt fielen sie bewusstlos um. Durch Waschen der Gelenke mit kaltem Wasser, Genuss desselben, auch wohl eines starken Schnapses, bekamen sie die Besinnung wieder und fühlten sich wohler, wenn sie sich nur tüchtig- erbrechen konnten. Noch mehre Tage nach solchem 90 Borax in Californien. schweren Anfalle fühlten sich die Leute sehr matt und nahmen dann, wie überhaupt häufig, zum Abführen ein und unterstützten die Genesung durch kalte Abreibungen und Bäder. Ein Arbeiter, der viel Schwefelkohlenstoff eingeathmet hatte, wurde erst dumm, dann ganz blödsinnig, dabei so wüthend, dass ihn drei Männer nicht im Bette halten konnten, schlief darauf ein und starb am folgenden Tage. {Pharm. Centralh.) ^• Borax iu Californien. Die kürzlich erschienene Schrift J. D. Whitney's über „die geologische Vermessung Californiens" enthält eine interessante Schilderung einer Boraxablagerung in diesem Lande. Der „Borax- See", wie man ihn nennt, liegt ungefähr 36 engl. Meilen vom stillen Meere und 65 engl. Äleilen nordwestlich von der Suisun-Bay. Das Vorhandensein dieses Sees wurde zuerst im Jahre 1856 von Dr. Veatch bekannt gemacht, der in den Gewässern desselben Borax entdeckte. Einige Monate später fand man eine grosse Ablagerung von Krystallen auf dem Grunde des Sees. Diese Krystalle, welche an Grösse von mikroskopischen Dimensionen, bis zu 2 oder 3 Zoll querüber abweichen, bilden eine Schicht von verschiedener Dicke unmittelbar unter dem Wasser. An einer Stelle fand man diese Schicht 18 Zoll tief, an anderen Stellen wechselten mehre dünnere Schichten mit schwachen Thonlagen ab. Der Umfang des Sees schwankt je nach der Trocken- heit der Jahreszeit und eben so auch die Quantität der in der Lösung enthaltenen Salze. Im September 1863 waren in einer Gallone 2401 Grains feste Stoffe enthalten, von denen die Hälfte gemeines Salz (Chlornatrium) ein Viertheil kohlensaures Natron und der Rest hauptsächlich bor sau res Natron waren. Ln Jahre 1864 kam die „California Borax Compagny" in den Besitz des Sees und aus der laufenden Nummer von Sil lim an 's Journal, der wir die vorstehenden Notizen verdanken, erfahren wir, dass die Compagnie im Laufe des letzten Jahres nicht nur den örtlichen Bedarf von 30 bis 40 Tonnen geliefert, sondern auch 200 Tonnen nach New-York verschifft hat. Der Borax wird während der trockenen Jahreszeit aus dem Schlamm auf dem Grunde des Sees gesammelt und der Ertrag in der letzten Jahreszeit belief Chemische Constitution der Kieselsäure. 91 sich durchschnittlich auf etwa 2^/2 Tonnen reinen Borax täglich. Diese neue Quelle des Salzes scheint sonach einige conimerzielle Wichtigkeit zu besitzen. {Das Ausland, 15. Mai 1866. No. 20. S. 480.) H. Ludwig. Chemische Constitution der liiescls.äure« Th. Sehe er er, der schon früher die Ansicht über die diatome Constitution der Kieselsäure bekämpfte *), sucht diesem Streite nun eine endgültige Entscheidung zu geben. Nach Wöhler's Entdeckung des Leu- cons und Silicons, ferner, nachdem es Geuther ge- lungen, ein Oxyd darzustellen, dem man die Formel Si02 beilegen müsse, sei die Zusammensetzung der Kiesel- säure unzweifelhaft nach der Formel SiO^ anzunehmen. Nach Scheerer's Ansichten, die viel für sich haben, würde die Reihe der Verbindungen des Siliciums mit dem Sauerstoff folgende sein: Si2 0, HO == Silicon Si O, HO . = Leucon Si02. . . . = Geuther's Oxyd SiO^ ....=: Kieselsäure. Durch die Existenz einer solchen Oxydationsreihe ist aber nach Scheerer's Ansicht der endgültige Beweis für die chemische Constitution der Kie- selsäure = SiO^ gegeben. Die isomorphen Haloid- doppelsalze, Kieselfluorstrontium und Zinnfluorstrontium, deren Formel nach der diatomen Ansicht über die Kiesel- säure folgendermassen lauten: SrF + SiF2 _[- 2H0 =r Kieselfluorstrontium SrF 4- SnF2 -{- 2 HO = Zinnfluorstrontiura lauten nach dem Aequivalentgewicht der Kieselerde = i^i03: 3SrF(Si2)F6 -f 6H0 . 3SrF(Sn3)F6 -f- 6 HO. Es findet mithin nach dieser Ansicht ein polymerer Isomorphismus statt. 2 Aeq. Si können ?> Aeq. Sn ver- treten. G. Rose deutete die Zusammensetzung des Zircons nach der Formel = Zr2 0'^, SiO^, da die isomorphen Minerale Rutil und Zinnstein eine analoge Zusammen- setzung, nämlich nach den Formeln *) S. Annal. d. Chem. u. Ph. 116. 129-160. — Pogg. Anna). 118, 182 — 185. — Leopoldina 1861, Heft 4. i)2 Die Feldspat he. Ti02 = Rutil Sn02 = Zinnstein haben. Scheerer sucht den Grund der Isomorphie in folgenden Verhältnissen: Rutil =3Ti-f60 Zinnstein . . = 3 Sn -f- ^ ^ Zirkon =z (2 Zr 4- Si) + 6 O. Diese Ansicht hat Vieles für sich. Physikalische Thafsachen sind nach Th. Scheerer's Ansicht nur mit grösster Vorsicht zur Entscheidung über die chemische Constitution von Verbindungen zu benutzen und liefert schlagende Beispiele für diesen Satz. {Joiirn. für prakt. Chemie. Bd. 96. Heft 6. S. 321-329.) C. Bl. Die Feldspäthe. Ein einfaches System der zahlreichen zu den Feld- späthen gehörigen Mineralien nach ihrer chemischen Zu- sammensetzung aufzustellen, ist bis jetzt nicht gelungen. Die früher von Tschermak ausgesprochene Ansicht, es möchten viele Feldspäthe wohl Gemische isomorpherVerbin- dungen sein, hat derselbe begründet. Alle Feldspäthe sind nach ihm Gemische von nur drei Mineralien, die im Adular, Albit und Anorthit fast rein auftreten. Der Orthoklai? oder kalireiche Feldspath besteht aus regelmässigen Durch- wachsungen von Adular und Albit. Die übrigen Feld- späthe sind Gemenge von Albit und Anorthit, bisweilen mit kleinen Mengen Orthoklas gemischt. Oligoklas, Andesin und Labrador sind nur Glieder einer continuirlichen Reihe. Die bis jetzt noch nicht ins System gebrachten Feldspäthe, weil sie keinem dieser Fälle entsprechen, sind die bisher nicht berücksichtigten Zwischenglieder. Tschermak zählt auch zu den Feldspäthen den barythaltigen Hyalophan und den Danburit, der statt Thonerde Borsäure enthält. Es ist mithin hiernach die Gruppe der Feldspäthe in drei Gattungen zu trennen, deren jede nach dem Verhältniss der Mischung in Unterabtheilungen zerfällt. {Tschermak, Chemisch -mineralogische Studien. I. Th.) Dr. Reich. Clirom- AventuringJas. — Wasserglas. 93 Eiufluss der Kohle und des Schwefels auf die Färbung des Cilases. Schon seit läugerer Zeit weiss man, dass das Glas durch Kohle und durch Schwefel gelb gefärbt wird; der Einfluss der übrigen Metalloide ist bis jetzt noch unbekannt geblieben. Um diese Lücke auszufüllen, hat J. Pelouze in der Glasfabrik von Saint- Gobain Versuche ausg,e- führt. Als Hauptresultate seiner Untersuchungen ergeben sich: 1) dass alle Gläser des Handels Sulfate enthalten 5 2) dass ein Glassatz, welcher vollständig frei von Sulfat ist, weder durch Kohle, noch durch Bor, noch durch Silicium, noch durch Wasserstoffgas gefärbt wird; 3) dass der Schwefel und die Alkali - oder Erd- sulfüre sowohl das reine Glas als auch die käuflichen Glasarten gelb färben; 4) dass die Farbe, welche das Glas unter dem Ein- flüsse der genannten Metalloide annimmt, nur eine Wir- kung der reducirenden Kraft der letzteren ist. {Compt. rend. T. 60.) B. Chrom - Avcnt uringlas. Bekanntlich werden Email und Glas durch Chromoxyd grün gefärbt. Pelouze schmolz einen Glassatz von 2öOTh. Sand, 100 Th. kohlensaurem Natron und 50 Tb. Kalk- spath mit doppelt - chromsaurem Kali zusammen und erhielt mit 10 Theilen Chromsalz ein homogenes, trans- parentes, gelblich -grünes, — mit 40 Theilen Chromsalz ein dunkelgrünes und mit Flitterchen von Chromoxyd erfülltes Glas. Dieses grüne Aventuringlas funkelt im Sonnenlichte und an sehr hellen Orten, steht in dieser Beziehung nur dem Diamant nach, ist viel härter als gewöhnliches Glas und schneidet dieses mit Leichtigkeit. Zu Schmucksachen ist es sehr geeignet. Dr. Reich. Wasserglas bietet nach A. Patsch ein wirksames Schutzmittel für hölzerne Dachconstructionen gegen Feuersgefahr. Man stellt dasselbe folgendermassen dar: 180 Pfd. Sand, 110 Pfd. Glaubersalz und 10 Pfd. gepulverte Coaks wer- den in Glashäfen geschmolzen und blank geschürt, auf 94 Cämentfahrikation. eiserne Platten gegossen, nach der Abkülilung fein ge- mahlen und in einem gusseisernen Kessel aufgelöst. Zum Anstriche wird eine sehr verdünnte Lösung 5 — 6 Mal aufgetragen. {Ztschr. des Ver. deutscher Ingenieure. Bd. 9.) B. Cäiueiitfabrikatioii. Grüneberg beschreibt eine nach dem Bleibtreu- schen Principe arbeitende Cämentfabrik bei Misdroy auf der Insel Wollin. Die in der Nähe der Fabrik gewonnene Kreide wird gleichmässig einem kreisförmigen, nach der Mitte zu sich kegelförmig erhebenden, mit etwa 12 Zoll hohen Rande umgebenen Schlämmheerd zugeführt, auf dem sich ein Rahmenwerk an einer verticalen Welle mit einer Geschwindigkeit von 60 Umdrehungen in der Minute bewegt. Ein continuirlich zufliessender Wasserstrahl bildet mit der Kreide eine milchartige Flüssigkeit, die durch das Rahmenwerk mit in Rotation versetzt wird. Von dem Schlämmherde gelangt die Kreidemilch durch ein Sieb nach 12 Zoll breiten, 8 Zoll tiefen Canälen von einigen 100 Fuss Länge, in denen sich die schAverei'en sandigen Theile absetzen und von hier nach 50 Fuss langen, 20 Fuss breiten und 8 Fuss tiefen in Cäment- mauerwerk aufgeführten Schlammbassins. Das Absetzen der Schlemmkreide in diesen dauert 10 Tage bis 4 Wochen, je nachdem die Luft mehr oder weniger ruhig ist. Der aus der Umgegend von Stettin bezogene Thon wird in Trockenhäusern getrocknet und dann zu einem ganz feinem Pulver gemahlen. Dieses Pulver wird mit der geschlämmten Kreide gemengt, circa 2 Raumtheile Kreide- brei mit 1 Raumtheil gemahlenen Thones; das genaue Verhältniss wird nach einer Probe festgestellt, die für jedes Schlämmbassin gemacht wird. Zur innigen Ver- mengung werden Thonsclineider angewendet, zur besseren Versteifung wird nach Bedürfniss noch gemahlene und nur getrocknete Cämentmischung zugesetzt. Die Thon- sclineider pressen die Cämentmischung durch einen circa 8 Zoll breiten und 5 Zoll hohen eisernen Canal nach aussen, wo dieselbe mittelst Draht in Ziegel abgeschnitten wird. Diese Ziegel werden im Sommer in Trockenhäusern getrocknet, was je nach den Witterungsverhältnissen drei Tage bis vier Wochen erfordert. Die getrocknete IMasse wird auf Schienenwegen nach den Brennöfen geführt. Die Oefen bestehen aus 2 Fuss starkem Mauer werke, Englisches Probirverfahren für Portland -Cäment. 95 sind cylindrisch von 10 Fiiss im Durchmesser, 50 Fuss hoch, oben zugespitzt und dort mit einem Regulirungs- schieber für den Zug versehen. Jeder Ofen hat 3 Be- schickungen, resp. Entleerungsöfen; auf die untere flache Ofensohle wird zunächst eine Lage Holz geschichtet, darauf Coaks, dann abwechselnd Cämentziegel und Coaks bis der Ofen circa 18 Zoll über den cylindrischen Theil gefüllt ist und zuletzt noch eine Lage Holz. Die Luft wird durch einige kleine Oeflfnungen über der Sohle zu- geführt. Beim Anheizen wird zunächst die obere, dann die untere Holzlage angezündet, hierauf werden die Be- schickungsöffnungen vermauert, deren eiserne Thüren von Aussen verschlossen sind und nun der Zug mittelst des oberen Schiebers so regulirt, dass das Material ganz al!- mälig ins Glühen kommt. Die ganze Operation des Bren- nens dauert circa 3 Tage, worauf die Oefen in 8 Tagen allmälig abkühlen. Die zerbröckelte Cämentmasse wird herausgezogen, mit Hämmern zerschlagen und zwischen cannelirten Walzen oder in eisernen sog. Brechkästen zerdrückt, deren Boden ein starker Rost bildet und in denen sich eine Walze mit schraubenförmig herumgewun- denen Messern dreht. Die weitere Verarbeitung geschieht auf 4 Mahlgängen mit französischen Steinen, in denen die Steinstücke nicht mit Oyps, sondern mit Cäment ver- bunden sind. Aus den Mahlgängen fällt das feine Cäment- pulver direct in die Packfässer; die durch eine mechanische Vorrichtung fortwährend geschüttelt werden, so dass eine feste Verpackung hergestellt wird. Zu einer täglichen Production von 80 Centnern Cäment sind 200 Arbeiter nöthig. Grüneberg hebt als Eigenschaften eines guten Cäments hervor, ein solcher dürfe in Berülirung mit Was- ser sich nicht stark erhitzen und derselbe müsse, mit y Th. Sand gemischt, bmnen 3 Stunden gebunden sein. Ein geringer Zusatz von Soda zu dem Cäment vor dem Brennen beschleunige die Erhärtung desselben bedeutend, so dass man es in der Hand habe, den Cäment in belie- bigen Zeiträumen erhärten zu lassen; ein zu schnelles Erhärten erschwere jedoch die Anwendung. {DeAitsche Indstr. - Ztg.) B. Ens;li$ches Probirverfahrcn für Portland -Cäment. Bei grösseren öffentlichen Bauten wird in England eine besondere Bavihütte zur Vornahme von Proben mit 96 Analyse des Chladnit. dem angelieferten Cämente errichtet, welche Einrichtung von sehr praktischem grossen Nutzen ist. Zunächst wird das Gewicht untersucht, welches für den gestrichenen Bushel 110 Pfd. engl, oder 1375 Kilogrm. pro Cubikmeter betragen niuss; dann werden Probeziegel aus 1 Th. Cäment und 1 Th. reinem Sande gefertigt und auf die Festigkeit geprüft, welche sich mindestens auf 180 Pfd. pro QuadratzoU belaufen muss, wenn die Ziegel einen Tag an der Luft und sechs Tage im Wasser erhär- tet sind. [Ztschr. des hannov. Archit. u. Ingen.-Vereins.) B. Neuer küustlieher ^lariuor und Cäment^ mit Magnesia bereitet, von Ste. Ciaire -Deville. Der Verfasser beobachtete, dass wasserfreie Magnesia, durch Calcination von Chlormagnesium gewonnen, einem continuirlichen Wasserstrahle ausgesetzt, nach und nach, so hart wurde wie Marmor. In kleine Stücke zertheilt wurde die Masse durchscheinend wie Alabaster und kry- stallinisch. Nach sechs Jahi'en hatte sie sich an der Luft dem Anscheine nach nicht verändert. Die Analyse ergab Wasser 27,7, Kohlensäure 8,3, Thonerde und Eisenoxyd 1,3, Magnesia 57,1, Sand 5,6. Eine Portion wasserfreie Magnesia mit Wasser zu einer halbplastischen Masse angerührt und dann mit Wasser in ein hermetisch verschlossenes ülasrohr gebracht, ver- band sich langsam mit dem Wasser und wurde vollkom- men hart. An der Luft getrocknet wurde das Hydrat durchscheinend und krystallinisch. Eine Mischung von Kalk oder Marmor mit gepulverter Magnesia, mit Wasser zum Teige angerührt, erhärtete gleichermassen unter Wasser. Deville schlägt eine solche Mischung zur Darstellung von Büsten vor. Durch Calcination eines an Magnesia reichen Dolomits bei 300 — 400<^ und Mischung des Products mit Wasser bekam Deville einen Cäment, der sich in Salzwasser ausserordentlich gut hielt. (Pharmaceiit. Journ. and Trans- uct. 2. Ser. Vol. 7. No. 9. March 1866. p. 476.) Wp. â–  Analyse des Chladnit. Unter diesem Namen hat vor längerer Zeit She- pard den überwiegenden Gemengtheil des Meteorsteins von Bischopville beschrieben und ihm die Formel : Darstellung von reiner Äetzkali- und Aetznatronlauge. 97 MgO, SiO^ zugetheilt. Denselben Stein hat jüngst J. L. Smith einer erneuten Analyse unterworfen und ist dabei zu anderen Resultaten gelangt. {Sill. Ainer. Journ. 38.) Darnach ist der Chladnit ein Talkerde -Pyroxen und identisch mit Eustasit; seine Zusammensetzung entspricht â– der Formel MgO^SiO^. Er enthält nämlich: Si02 60,12 59,83 MgO 39,45 39,22 Fe2 03 0,30 0,50 KO,NaO,LiO 0,74 — 100,61. Diese Abweichung von Shepard sucht Smith in der fehlerhaften Analyse des Letzteren, vermöge deren er den Kieselsäuregehalt zu hoch fand. {Joum. für prakt. Chemie. Bd. 95. 5.) B. Darstellniig von reiner Aetzkaii- iiud Aetzuatronlauge. Die kohlensauren Alkalien sind sehr leicht schwefel- säurefrei zu erhalten, schwierig dagegen salzsäurefrei. Hat man es daher mit einem kohlensauren Alkali zu thun, welches so weit rein ist, dass es nur noch kleine Mengen von Chlor enthält, so setzt man der Auflösung derselben eine entsprechende Menge kohlensaures Silber- oxyd zu, erwärmt damit, filtrirt, und macht das Filtrat alsdann auf die gewöhnliche Weise durch gebrannten Marmor ätzend. Zur Filtration bedient sich Gräger schon seit längerer Zeit eines Filters, welches aus Marmor besteht und in folgender Weise hergerichtet wird. In die Oeffnung eines Glastrichters legt derselbe zunächst einige Stückchen groben Marmors und auf diese feineres Pulver desselben Materials und spült so lange mit destil- lirtem Wasser nach, bis dieses alles Feinere fortgenom- raen hat und klar abfliesst. Hierauf giesst man die Lauge in den Trichter ; man hält wälirend der Arbeit den Trich- ter gut bedeckt, die Filtration geht ungemein rasch von statten und man erhält eine vollkommen wasserhelle und farblose Lauge. Der Rückstand im Trichter lässt sich mit aller Bequemlichkeit vollständig auswaschen ohne den geringsten Verlust zu erleiden. Die gelbliche Färbung, die eine in einem eisernen Kessel eingekochte Lauge zeigt, rührt gewöhnlich und hauptsächlich von suspendir- tem Eisenoxydhydrate her, die man wegnimmt, wenn man die alsdann freilich nicht zu starke Lauge durch gepul- verten Marmor filtrirt. {Polyt. Notizhl. 1866. I.) ß. Arch. d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1. u. 2. Hft. 98 Ueherfiihrung des schivefelsauren Kalis in kohlensaures. Krystallisirtes kohlensaures Kali. Bei der Darstellung von Uroxansäure durch Einwir- kung von Kalilösung auf Harnsäure erhielt G. Städeler, nachdem uroxansaures und oxalsaures Kali angeschossen waren, beim weiteren Abdampfen der Mutterlauge ein in grossen farblosen durchsichtigen Prismen anschiessen- des Salz, welches bei näherer Untersuchung aus reinem kohlensauren Kali bestand. Dieses Salz ist nach der Formel 2 KO, C^ O^ -(- 3 aq zusammengesetzt, enthält also 3 Aeq. Wasser. Wir kennen bereits ein krystallisirtes kohlensaures Kali von der Zusammensetzung 2 KO, C^O* -\- 4 aq, welches nach Berzelius gewonnen wird, wenn man die Lösung des Salzes so weit verdampft, bis sie in der Wärme 1,62 spec. Gew. hat, und dann langsam in einem hohen Cylinder erkalten lässt. G. Städeler erhielt nach dieser Methode nur ein krystallinisches Pulver; grössere Krystalle bildeten sich erst dann, als die Lösung vor dem Abdampfen mit etwas kaustischem Kali vermischt wurde. Da diese Krystalle aber einen Wassergehalt übereinstimmend mit der Formel 2K0, 02 0* -^ 3 aq zeigten, so scheint nach diesen Versuchen ein kohlen- saures Kali mit 4 Aeq. Krystaliwasser nicht zu existiren. {Annal. cl. Chem. u. Pharm. CXXXIIL, 371 — 874.) G. Die Heberführuiig des schwefelsauren Kalis in kohlensaures, analog dem Sodabildungsprocesse von Leblanc, ist unter Leitung von Koppe, nach einer brieflichen Mit- theilung desselben an R. Wagner versuchsweise in grösserem Massstabe ausgeführt worden und hat zu einem sehr günstigen Resultate geführt. Allein es bilden sich dabei sehr grosse Mengen von Cyan- und Schwefelcyan- kalium, welche Umstände der allgemeinen Anwendung dieser Pottasche hindernd in den Weg treten. (Polyt. Journ. Bd. 175.) B. lieber den Stassfurtit. A. St e in b eck gelangte durch eine Analyse die- ses Minerals zu dem Resultate, dass eine Verschieden- heit zwischen dem ausgewaschenen Stassfurtit und dem Lüneburger Boracit nicht besteht, sondern ersterer als eine dimorphe Form des Boracits anzusehen ist. {Poggend. Annal. Bd. 125.) B. Flüssige Glycerinseife. 99 Die flüssige Glycerinseife aus der Fabrik von Sarg in Wien, deren Betrieb für Norddeutschland Dr. Marquart in Bonn übertra- gen ist, besitzt beim Gebrauche so empfehlenswerthe Eigenschaften, dass Prof. Heeren in Hannover sich bemüht hat, ein ähnliches Product herzustellen, da die Sarg'sche Glycerinseife ihres ziemlich hohen Preises wegen der Classe der feinen Luxusseifen anheimfällt, indem Heeren vermuthete, dass sie zu einem niedrigeren Preise sich Averde herstellen lassen. Die Sarg'sche flüssige Glycerinseife ist vollkommen klar, von hellbrauner Farbe und dickflüssiger Consistenz, wie Honig. Sie ist parfümirt. Freies Alkali ist nicht vorhanden. Zum Waschen der Hände reicht ein Thee- löftel voll derselben hin, die Seife giebt aber weniger Schaum, als gewöhnliche glycerinfreie Seife. Zur Bereitung der flüssigen Glycerinseife bringt Heeren 100 Gewth. Olein in ein beliebiges Gefäss, welches erwärmt werden kann, bei kleinen Portionen in ein Kochglas oder einen Glaskolben, bei grösserem Quan- tum in einen eisernen Kessel, setzt 314 Gewth. Glycerin von 1,12 spec. Gew. hinzu, erwärmt das Ganze etwa auf 500 C. und fügt nun 56 Gewth. coiicentrirte Aetzkalilauge von 1,34 spec. Gew. unter stetem Umrühren hinzu. Die Seifenbildung erfolgt dabei augenblicklich und es entsteht ein ziemlich dünnflüssiges, jedoch etwas trübes Liquidum. Nach mehreren Tagen muss nun, um die honigartige Durchsichtigkeit zu erlangen, durch Papier filtrirt werden, was natürlich nur sehr langsam von Statten geht. Man macht ein grosses Filter von einem Bogen Löschpapier, breitet es in einem grossen Glastrichter gehörig aus und giebt die Seife hinein. Hört das langsame Abtröpfeln auf, so bringt man den noch im Filter vorhandenen Rest auf ein neues kleineres Filter. In den Laboratorien kann man auch, um diese lang- wierigen Filtrationen zu umgehen, nach dem Zusätze der Lauge die Seife mit einer ihrem Gewichte gleichen Menge Wassers verdünnen, wodurch sie ganz dünnflüssig wird und sich leicht filtriren lässt, worauf man sie nachher wieder auf ihr vorheriges Gewicht eindampft. Dieses Eindampfen darf aber nur im Wasserbade statt finden. Dieser nun geklärten Seife fügt man f/jo von der Gewichtsmenge des angewendeten Ole'ins Pottasche, welche in einer sehr kleinen Menge heissen Wassers aufgelöst 7* 100 Die Wirkungen des Sprengöls {Nitroglycerins). wird, unter Schütteln und Umrühren, hinzu. Durch diesen Zusatz erlangt die Seife die dickflüssige honigartige Con- sistenz und man giebt nun der Seife mit Ol. Neroli oder anderen wohlriechenden Oelen ein angenehmes Parfüm. Zur Benutzung dieser Seife muss ein Gefäss mit ganz weiter Oeffnung angewandt werden und ein Theelöffel voll zum Gebrauche dienen. Nach der Berechnung Heeren 's stellt sich der Preis des Pfundes der nacli dieser Vorschrift bereiteten Seife auf 4 Sgr. {Alitth. des Gew.-Ver. in dem Königr. Hannover. 1866.) B. Heber die Wirkungen des Sprengöls (Nitroglycerins) berichtet das „Dresdener Journal". Hier fanden in dem Sienitsteinbruche bei der Restauration „Zum hohen Stein" oberhalb Plauen Sprengversuche mittelst SprengÖl (Nitroglycerin) statt. Es waren zu dieser Probe sechs Bohrlöcher getrieben worden. Die Tiefe der klei- neren derselben, welche man in vorherrschend ebenem Gestein angebracht hatte, betrug 14 bis 32 Zoll und es wurden diese Bohrlöcher mit 2 bis 7 Loth Sprengöl besetzt. Auf dieses Oel wurde sodann Wasser gefüllt. Durch dasselbe ging eine circa 1 bis 1^/2 Elle lange, etwas über Bleistiftstärke dicke Schnur, an welche ein hölzerner, mit Pulver gefüllter Zünder (Patentzünder) angebracht war. Die durch das Anzünden desselben erreichte Wirkung war höchst befriedigend. Auch bei grössern Bohrlöchern waren die Resultate sehr zufriedenstellend. Ein Bohrloch von 1 '/4 Fuss Tiefe und 1 Zoll Durchmesser wurde mit 10 Loth Oel besetzt und die Sprengung erfolgte mit gleich günstigem Erfolge. Ein in einen frei stehenden Kegel in den Sienit getriebenes Bohrloch von 4 Fuss Tiefe und üben 5|^, unten 2/4 Zoll Durchmesser rückte, mit 2'/2 Pfd. Sprengöl besetzt und mit Patentzünder entzündet, gleich bei der ersten Zündung über 2 Ruthen Steine für die Abtragung auseinander, was von der überwiegenden Kraft des Sprengöls im Vergleich mit Schiesspulver Zeugniss ablegt. Eine eigenthümliche Wahrnehmung bei diesem Sprengmaterial ist die, dass es weniger in die Höhe treibt, als vielmehr das Gestein vorzugsweise nach der Seite rückt. Am Schlüsse der Versuche wurden die Flaschen, aus denen- das Sprengöl entnommen worden war und welche inwendig an den Wänden noch mit gefrorenem Glonoin- Explosion. 101 Nitroglycerin bekleidet waren, gegen eine unten gelegene Felswand geschleudert, dabei jedoch eine Explosion nicht wahrgenommen. {Bl. für Hdl.u. Gewerbe.) B. Eine Schiffsexplosion durch Nitroglycerin. Eine furchtbare Explosion wird aus Colon^ an der Ostseite des Isthmus von Panama berichtet. Der der West - India und Pacific - Company gehörige Dampfer „European", welcher eine Quantität (70 Flaschen) Nitrogly- cerin an Bord hatte, flog am 3. April 1866 im Hafen von Aspinwall in die Luft. 50 Menschen wurden getödtet und die Explosion wird als furchtbar geschildert. {Allg. Ztg.) ß- lieber dieselbe Glonoin • Explosion. Ein entsetzliches Unglück trug sich am 3. April 1866 zu Aspinwall zu. Der zum Löschen seiner Ladung am Quai liegende englische Dampfer European sprang in Folge einer Explosion im Waarenraume. Der 400 Fuss lange Quai wurde buchstäblich in Stücke zermalmt, ein nahestehendes grosses Magazin stürzte zusammen und bildete nur noch einen Trümmerhauten. Die Erschüt- terung pflanzte sich durch die ganze Stadt fort und es ist fast kein Haus unbeschädigt geblieben. Die Zahl der Opfer schätzt man auf 50, viele Personen wurden ver- wundet und mussten operirt werden, mehre überlebten die Operation nur wenige Stunden. Der Schaden wird in runder Summe auf eine Million Dollars veranschlagt. Es fanden drei Explosionen statt, nach der ersten ver- suchte das königliche Paketboot Tamar den European fortzubugsiren, dann erfolgte eine zweite schwächere Explo- sion, der Dampfer war in offenes Wasser gebracht, die dritte zerschmetterte ihn dermassen, dass er in weniger als einer halben Stunde in den Grund sank. Das Unglück wurde nach dem Panama star and /Ze?-aZo? Schiesspulver zugeschrieben; es ist jedoch unmög- lich, dass eine Pulverexplosion ohne eine Rauchwolke vor sich gehen kann und ohne in der Umgebung Spuren zu hinterlassen; in dem vorliegenden Falle war einige Minuten nach dem Ereignisse keine andere sichtbare Spur vorhanden als die allgemeine Verwüstung. Man erfuhr später, dass 66 Kisten mit Glonoin oder Nitro- glycerin, dem gegenwärtig furchtbarsten Sprengkörper, 102 VorsicJitmassregeln hei Benutzung des Nitroglycerins. unter gewölmlichem Fraclitbrief an Bord gewesen seien und von Liverpool nach Californien bestimmt waren. Vor kurzer Zeit hat in der Greenwich- Street eine Explosion statt gefunden durch das dem Glono'in wahr- scheinlich gleich zusammengesetzte Sprengöl, wodurch drei grosse Gebäude und viele kleinere zertrümmert wurden. {Courrier de la Cote. Mai 1866.) Dr. Reich. Yorsichtsiuassregcln bei Benutzung des Nitroglycerius. Durch die kürzlich in Bochum und Hirschberg statt- gehabten Unglücksfälle mit dem Patentsprengöle von A. Nobel in Hamburg wurde derselbe veranlasst, die bei Benutzung des Sprengöls erforderlichen Vorsichts- massregeln in Kürze mitzutheilen, bei deren Befolgung irgend ein Unfall kaum möglich ist. Dieselben bestehen darin: 1) Den Arbeitern jedes Experimentiren zu untersagen. 2) Die Packflaschen mit Sprengöl in feuerfesten Räumen, oder wo solche nicht vorhanden, unter Wasser aufzubewahren. 3) Wenn das Sprengöl gefroren ist, zum Gebrauch die Packflaschen in lauwarmes Wasser einzusetzen, um es aufzuthauen. 4) Beim Laden nur losen Besatz aus Sand oder Letten zu gebrauchen. 5) Den Besatz, wenn ein Schuss versagt hat, nur zur Hälfte vorsichtig auszukratzen, und in dem leeren Theile des Bohrloches eine kleine neue SprengöUadung anzubringen, bei deren Entzündung beide Ladungen explo- diren. 6) Weder gefrorenes noch flüssiges Sprengöl mit Hammer oder Beilschlagen zu behandeln. Bei jeder Neuerung übertreibt man die Nachtheile und läugnet die Vortheile am längsten. Die riesige Kraft und die grossen Vortheile des Sprengöls in der Verwendung lassen sich aber nicht mehr läugnen, es handelt sich demnach nur darum, dasselbe mit Vernunft und Vorsicht zu gebrauchen und Nobel mächt sich anheischig, um jegliche Gefahr abzuwenden : durch Einführung von elastischen, mit Sicherheits- platten versehenen Packflaschen, worin das Sprengöl auch durch den stärksten Stoss nicht explodiren kann, und wobei 100^ C. die Metallplatte schmilzt, so dass das Sprengöl nie im geschlossenen Räume Schädlichkeit des Nitroglycerins. 103 bis zum Explosionsgrade erhitzt werden kann, sondern bei einer Feuersbrunst ausläuft und harm- los verbrennt, wie es dieses stets im Freien thut. Die von Nobel oben angeführten Vorschläge sind von einer Commission berühmter schwedischer Autoritäten in diesem Fache geprüft und für gut befunden, auch Ver- suche angestellt worden, um die Ungefährlichkeit des Nitroglycerins in mehren Beziehungen, im Vergleich zum gewöhnlichen Pulver nachzuweisen. {Polytechn. Notizbl. 1866. 1.) B. Heber die Schädlielikeit des Nitroglycerins theilt B. Schuchardt Folgendes mit: Das Nitroglycerin wirkt bei höheren Thiereri vorzugs- weise auf die Hirnthätigkeit und führt bei hinreichender Grösse der Gabe den Tod herbei. Um die Wirkung des Stof- fes zu studiren, nahm B. Schuchardt Vormittags 10 Uhr einen Tropfen; fünf Minuten später stellte sich ein ziem- lich starker Schwindel mit Schwäche im Sehvermögen ein, darauf Kopfschmerz in der Stirngegend mit Klopfen in den Schläfen, Mattigkeit und Schläfrigkeit, stark aromati- scher Geschmack im Munde, mit brennendem Gefühle im Schlünde und Schmerz in der Cardia. Eine Stunde nachher bekam derselbe aus Unvorsichtigkeit, indem er mittelst eines kleinen Rohres Nitroglycerin aus der Flasche herausnehmen wollte, eine nicht unbedeutende Menge in den Schlund. Obgleich dasselbe ausgespien und der Mund mit Alkohol ausgespült wurde, so empfand B. Schuchardt doch darauf eine Zunahme der oben angegebenen Symp- tome, so dass er sich ins Bett legen musste. Hier fiel er in einen halb bewustlosen Zustand, der einige Stunden dauerte und einen sehr heftigen klopfenden Kopfschmerz mit Empfindlichkeit gegen Licht, Schwindel und Zittern im ganzen Körper hinterliess. Die Temperatur war Anfangs erhöht; es war ein Gefühl von Wärme im ganzen Körper nebst vermehrter Pulsfrequenz, später ein Kältegefühl bemerkbar, ferner eine brennende Empfindung in der Cardialgegend, Uebelkeit, aber kein Erbrechen vorhanden. Am folgenden Tage war jedes Vergiftungssymptom ver- schwunden. Keine Spur von Krämpfen zeigte sich. Durch directe Application bewirkt das Nitroglycerin keine Symptome, es muss absorbirt werden und ins Blut übergehen, was darauf deutet, dass seine giftige Wirkung durch ein Zersetzungsproduct desselben bedingt werde. 104 Prüfung des ätherischen Senföls. Vielleicht wird dadurch im Blute Stickoxydul frei gemacht. Da das Sprengöl eine bedeutende Fähigkeit hat, organische Gewebe zu durchdringen, so erklärt sich der Umstand^ dass die mit diesem Stoffe umgehenden Arbeiter leicht Kopfschmerzen bekommen, aus einer Resorption durch die Haut, da das Nitroglycerin nicht verdampft, also eine Einwirkung durch die Lungen nicht statt finden kann. Da die Vorzüglichkeit dieses Stoffes als Sprengmittel hinreichend bewiesen ist, so wird es wohl in kurzer Zeit eine ausgebreitete Anwendung finden. Dann wird die Frage entstehen, ob nicht die giftigen Eigenschaften so bedeutend sind, um eine Benutzung desselben zu verbieten. B. S chu- chardt glaubt, dass nach seinen Untersuchungen kein Grund vorhanden ist, dagegen einzuschreiten. Versuche an Thieren haben bewiesen, dass erst in verhältnissmässig grossen Dosen der Tod erfolgt; bei Menschen bringt es zwar selbst in geringen Mengen deutliche Vergiftungs- symptome hervor, aber selbst nach einigermassen grossen Gaben treten diese doch in keinem beunruhigenden Grade auf. B. Schuchardt hat an 100 Tropfen in den Mund bekommen und mindestens 10 Tropfen hinabgeschluckt. Die Symptome traten allerdings heftig auf, jedoch war derselbe keinen Augenblick für sein Leben besorgt. Wir wenden zum technischen Gebrauche Gifte an, die weit gefährlicher sind, als Phosphor, Cyankalium, Sublimat u. s. w. Jedoch müssen beim Verkaufe und bei der Be- reitung Vorsichtsmassregeln angewandt werden. Der Ver- kauf des Sprengöls muss controlirt, ferner müssen die Arbeiter über die Gefährlichkeit des Stoffes belehrt werden, so dass sie nicht durch fahrlässigen Umgang mit demsel- ben sich selbst Schaden zufügen. Auf diese Weise würde sich das Sprengöl wohl kaum schädlicher erweisen als alle anderen zum technischen Gebrauche angewandten Gifte. {Ztschr. für prakt. Heilk. u, Med.-W. 1866. 1.) B. Prüfung des «ätherischen Senföls. Concentrirte Schwefelsäure löst dasselbe auf; beige- mengte Oele scheiden sich aus. {Polyt. Centrhl. 491. — lllustr. Geiohe.-Ztg. 28. — Philip2)'s Alphab. Sachregister techn. Journale.) H. Ludwig. Allylamin. — Tricarhallylsäure. 105 Allylaiuiu. Allylamin = C6H5, H2N = C^H^N, erhielt C. Oeser, als er Senföl in weingeistiger Lösung in Berüh- rung mit Zink und Salzsäure brachte. Es entwickelte sich schon bei gewöhnlicher Temperatur ein Gas, welches neben Wasserstoff und Schwefelwasserstoff auch Kohlen- säure enthielt. Nach mehrtägiger Einwirkung des nas- cirenden Wasserstoffes wurde aus der Flüssigkeit durch Uebersättigen mit Kalilauge, Destillation, Ansäuern des alkalischen Destillats mit Salzsäure, Abscheidung des dabei entstandenen Salmiaks und abermalige Destillation mit Kalilauge das Allylamin rein erhalten. Das Allylamin ist eine farblose, ziemlich dünne Flüs- sigkeit von penetrant ammoniakalischera, entfernt lauch- artigen Geruch, welcher Niesen und Thränen der Augen hervorruft. Es schmeckt brennend scharf, siedet constant bei 580 und hat bei 15^ das spec. Gew. = 0,864. Es brennt mit leuchtender Flamme, mischt sich unter Wärme- entwickelung in allen Verhältnissen mit Wasser, reagirt stark alkalisch und fällt Thonerde-, Eisenoxyd-, Queck- silberoxyd-, Kupferoxyd- und Silberoxydsalze; die beiden letzteren Oxyde sind in einem Ueberschusse der Base, wie im Ammoniak löslich. Die Reaciion, durch welche bei Einwirkung von Salz- säure und Zink auf Senföl Allylamin entsteht, beschränkt sich also nur darauf, dass ohne directe Wasserstoffaddition Wasser aufgenommen wird nach der Gleichung: C2N 1 C6H5i C6h4 S2 -f 4 ho = "^ H2} N + 2 HS + 2 CO2. {Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. 7 — 11.) G. Tricarballj'lsäüre. M. Simpson bezeichnet mit diesem Namen die von ihm entdeckte und von Kekule mit dem Namen Carb- allylsäure bezeichnete Säure, die durch Einwirkung von Kali auf dreifach Cyanallyl entsteht. Seiner früher ge- gebenen Beschreibung dieser Säure lässt Simpson jetzt noch nachstehende Thatsachen folgen: Kocht man die Lösung der Säure mit frisch gefälltem Quecksilberoxyd, filtrirt und verdunstet, so erhält man schöne weisse Kry- stalle, die an Glanz dem Silber nicht nachstehen. Der Tricarhallylsäure- Aethyläther, durch Einleiten von Salzsäure in eine heisse alkoholische Lösung der 106 Tricarhallylsäure. Säure dargestellt, bildet eine farblose, etwas in Wasser lösliche Flüssigkeit, von scharfem Geschmacke. Dieselbe siedet bei 3000 und zerfällt mit festem Kali erhitzt, in Alkoliol und Tricarballylsäure. Die Formel ist SC^H^O, C12H50» (ber. 55,38 C, 7,69 H, 36,93 O; gef. 54,59 — 54,86 C — 7,43 H). Der Amyläther 3Ci0H«»O,Ci2H5O9 ist von Simp- son nicht vollständig rein dargestellt worden. Er bildet eine dicke ölige Flüssigkeit, die schwerer als Wasser ist, von einem sehr scharfen Geschmacke. Erhitzt man ein Gemisch von 1 Gewth. Tricarballylsäure und 2 Th. reinem Glycerin in einem verschlossenen Räume mehre Stun- den lang auf 200^^ fügt dem Inhalte dann überschüssiges Barytwasser zu, entfernt diesen Ueberschuss durch Kohlen- säure, filtrirt und dunstet ein, so erhält man einen Rück- stand, aus dem man durch Auflösen in Wasser und Fällen mittelst Alkohol einen leicht gefärbten Niederschlag erhält, der nicht krystallisirt. Derselbe ist nach Simpson glycerin-tricarballylsarer Baryt (2ßaO, C6H705,C12H509), obwohl die Analysen nicht sehr genau mit der nach dieser Formel berechneten Zusammensetzung stimmen. Die Natronsalze der Tricarballylsäure sind in Wasser leicht löslich und krystallisiren schwierig. Es giebt wahr- scheinlich deren drei: mit 1, 2 und 3 Aequiv. Natron. Tricarballylsaurer Kalk 3 CaO, C12H509 + 4 HO bildet sich durch einfache Sättigung der Säure mit der genügenden Menge Kalkwasser. Weisses amorphes Pulver, leicht in verdünnten Säuren löslich, schwer in Wasser. Das Kupfersalz 3 CuO,Ci2H509 bildet sich als schön blau- grüner Niederschlag, wenn man Kupfervitriol zu einer heissen Lösung von tricarballylsaurera Natron giebt. Un- löslich in Wasser. — Das Bleisalz 3PbO,C'2H5 09 wird auf ganz analoge Weise dargestellt. Die Tricarballylsäure steht zu der Citronensäure in derselben Beziehung, wie Bernsteinsäure zur Aepfelsäure: C12H8 012 Tricarballylsäure, C8H608 Bernsteinsäure; C12H8 0>4 Citronensäure, C9H60»o Aepfelsäure. Die Umwandlung der Tricarballylsäure in Citronen- säure ist Simpson nicht gelungen. {Journ. of the ehem. Sog. — Chem. Centrbl. 1866. 14.) B. Aciduiii thcbolacticuin, OjHiimmilcbsäure; von T. und H. Smith. Diese Säure wird auf folgende Art aus dem Opium Acidum theholacticum, Opiummilchs'dure. — Lactimid. 107 gewonnen : Nach Ausfällung allei' Alkaloide aus den Morphiummutterlaugen mittelst eines Alkalis digerirt man die concentirte Flüssigkeit mit Blei glätte, verdünnt und tilti'irt. Das wiederum concentrirte Filtrat wird mit viel Weingeist vermischt, die weingeistige Flüssigkeit liltrirt und mit Schwefelsäure versetzt, bis sich keine Basen mehr ausscheiden. Nach abermaligem Filtriren neutralisirt man mit Kalkmilch und destillirt den Spiritus ab. Der Destillationsrückstand wird zur Syrupsconsistenz gebracht; nach einigen Wochen scheidet sich das Kalk- salz der Opiummilchsäure in krystallinischen Massen aus, die durch ümkrystallisiren und Behandlung mit Thier- kohle schneeweiss erhalten Averden. Man scheidet daraus die Säure mittelst Schwefelsäure ab. Die Opiummilchsäure findet sich im Opium eben so constant, wie dessen Alkaloide oder wie die Mekonsäure, auch in unveränderlicher Menge. (Man erhält etwa 2 Proc. opiummilchsauren Kalk.) Sie ergänzt die Mekonsäure bei der Neutralisation der Basen. Ob sie mit der gewöhn- lichen Milchsäure identisch oder gleich der Fleischmilch- säure nur eine isomere Modification derselben sei, ist noch zu ermitteln. {Pharmaceut. Journ. and Transact. Vol. VIT. No. IL p. 50 ff.) Wp. Lactiuiid = C6H5]\02. Das von S. Preu dargestellte Lactimid entsteht aus dem Alanin, wenn man dasselbe einer Temperatur von 180*^ bis 200^' aussetzt und trockenes Salzsäuregas darüber leitet, die braune rückständige amorphe Masse dann in Wasser löst, mit Bleioxydhydrat versetzt, die von dem basischen Chlorblei abfiltrirte Lösung durch Schwefel- wasserstoff entbleit und das zur Trockene verdampfte Filtrat mit absolutem Alkohol behandelt. Beim Verdun- sten des Alkohols scheiden sich dann farblose Krystalle von Lactimid ab. Es bildet farblose und durchsichtige Krystallnadeln oder Blättchen, die bei 275^ C. schmelzen, sich unzersetzt sublimiren lassen und sich in Wasser und Alkohol leicht lösen. Die Lösungen schmecken bitter. Das Lac- timid scheint wesentlich-indifferenter Natur zu sein; seine Zusammensetzung entspricht der Formel C^H^NO^, es enthält also 2 HO weniger als das Alanin, wie aus fol- gender Gleichung hervorgeht: 108 Succinamin säure. C6H7N04 — 2H0 := C6H5N02 Alanin Lactimid. {Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. 372—375.) Succinaiiiinsäure. Die Darstellung der Succinaminsäure aus Succinimid gelang R. T euch er t nach derselben Methode, nach wel- cher Heintz aus Diglycolimid die Diglycolaminsäure erhalten hatte. Aequivalente Mengen Succinimid und Barythydrat wurden in nur wenig erwärmter Lösung zusammenfiltrirt und dann unter der Luftpumpe über Schwefelsäure ver- dunstet. Der rückständige vollkommen klare Syrup er- starrte beim Stehen an der Luft zu einer warzigen Kry- stallraasse, welche sich nicht ganz vollständig in Wasser wieder löste, sondern eine geringe Menge weissen Pulvers zurückliess. Dieses letztere ward abfiltrirt und dem Fil- trate nach und nach Alkohol hinzugefügt, bis zuerst ein bleibender Niederschlag (bernsteinsaurer Baryt) entstand. Nachdem auch dieser Niederschlag durch Filtration ent- fernt war, wurde die Flüssigkeit mit noch mehr Alkohol versetzt und nun 24 Stunden sich selbst überlassen. Nach Verlauf dieser Zeit hatten sich am Boden und den Wän- den des Gefässes eine ansehnliche Menge von kleinen, concentrisch gruppirten Krystallnadeln abgeschieden, deren Quantität durch erneuten Zusatz von Alkohol noch be- deutend vermehrt wurde. Die so erhaltene Krystallmasse war succinaminsaurer Baryt, C^H^BaNOß, weisse, seiden- glänzende Nadeln, in Alkohol und Aether unlöslich, in Wasser leicht löslich, bei 100^ bis 1300 unveränderlich, bei höherer Temperatur schmelzend und schliesslich unter Entwickelung von kohlensaurem Ammoniak in Wasser und brenzliche Stoffe sich zersetzend. Die wässerige Lösung zerfällt beim Sieden in bernsteinsauren Baryt und Ammoniak. Aus diesem Salze die Succinaminsäure ganz rein dar- zustellen gelang nicht; es wurde aber nachgewiesen, dass dieselbe in freiem Zustande existiren kann und deutliche Krystalle bildet, die aber in der Lösung leicht Wasser aufnehmen und in saures bernsteinsaures Ammoniak über- gehen. Die Salze der Succinaminsäure sind grösstentheils gut krystallisirbar, wenn es auch schwer hält, schöne Krystalle zu erzielen, da man bei ihrer Darstellung Hitze Leucinimid. — Capryl- und OenantJiyl- Alkohol. 109 vermeiden muss. Sie sind theils wasserfrei, theils wasser- haltig, mehr oder weniger löslich in Wasser und die Lösungen scheinen sieh alle in der Siedehitze zu zer- setzen, während sie im festen Zustande bis 100^ C. und darüber erhitzt werden können, ohne sich zu verändern. {Annal. d. Ckem. u. Pharm. CXXXIV. 136 — 165.) G. Leucinimid. Das Leucinimid, C^-HUNO^^ von anderen Chemikern unter dem Namen Leucinsaurenitril beschrieben, erhielt A. Kohl er auf leichte Weise, indem er trockenes Leucin im Oelbade einer allmälig auf 220^ bis 230^ steigenden Hitze aussetzte und dann einen langsamen Strom trocke- nen Salzsäuregases darüber leitete. Der Rückstand wurde in absolutem Alkohol aufgelöst und die ausgeschiedenen Krystalle wurden durch Umkrjstallisiren aus Weingeist gereinigt. Das Leucinimid entsteht aus dem Leucin unter Austritt von 2 HO nach der Gleichung: C12H13N04 = C>2HnN02 -f 2 HO. {Annal d. Chem.u. Pharm. CXXXIV. 367 — 372.) G. Heber Capryl- und Oeiiauthyl-AIkohol, Bouis erhielt bei der Destillation von Ricinusöl mit überschüssigem Alkali ein Product, das er bald für Oenanthyl- bald für Capryl-Alkohol ansah. Spätere Unter- suchungen über denselben Gegenstand lieferten zwar ein bei 1780 siedendes Product, dessen Dampfdichtebestim- inung und Analyse jedoch verschiedene Resultate ergaben. Mit der Absicht, diese Eigenthümlichkeit aufzuklären und den fraglichen Alkohol darzustellen, verseifte T. Chap- mann Ricinusöl mit Soda, schied die Seife auf gewöhn- liche Weise ab und erhitzte sie mit ungefähr '/ß ihres Gewichts kaustischer Soda, bis Alkoholgeruch bemerkbar wurde, in einer Retorte. Das Destillat bestand aus Wasser und einem öligen Producte, das mit einer concentrirten Lösung von zweifach Schwefelnatrium geschüttelt und dann .24 Stunden lang stehen gelassen wurde. Um das Feste von dem Flüssigen zu trennen, wurde hierauf die Masse durch Filtrirzeug gedrückt und der ölige Theil der Flüssigkeit getrennt, getrocknet und destil- lirt. Das Sieden begann unter 100^, der grösste Theil ging jedoch zwischen 1700 bis 180^ über, woraut das 110 Verfälschung des Mandelöls und ihre Entdeckung. Thermometer langsam, ohne wieder constant zu werden, bis zum Siedepuncte des Quecksilbers stieg. .Das zwischen 178^ und 180^ übergehende Oel ergab bei der Analyse die Formel C'^HiöO^. In der Meinung^ die Substanz könnte noch mit einem Kohlenwasserstoffe von demselben Siedepuncte verunreinigt sein, suchte Chapmann mittelst Phosphor und Jod daraus das Jodid darzustellen. Er erhielt eine bei 212'^ siedende Masse, die mit kaustischem Kali den Alkohol regenirte, der nun bei 1820 siedete. Aus diesem Producte stellte Chap- mann ferner mit Phosphorpentachlorid Caprylchlorid dar^ welches normal bei 1750 siedete, und verwandelte das- selbe ebenfalls wieder in Alkohol, der gleichfalls, wie der aus dem Jodid erhaltene, bei 182^ siedete. Bei der Ver- brennung ergab jedoch auch dieses Product, wenn gleich einige Grade höher siedend, dieselben Werthe und folglich dieselbe Formel C^^H'^O^, mit der auch die ausgeführten Dampfdichte -Bestimmungen in üebereinstimmung stehen. Dass der erhaltene Körper wirklich Caprylalkohol sei, stellte Chapmann ferner noch dadurch fest, dass er daraus ein Bromid und mit dessen Hülfe ein Amin darstellte, das sich als Tricaprylamin (C'^H^^^SN auswies. Um den synthetisch aus Petroleum dargestellten Capryl- alkohol mit dem aus Ricinusöl erhaltenen zu vergleichen, bereitete Chapmann aus dem zwischen 115^ und 120* siedenden Theil des canadischen Petroleums Caprylchlorid und stellte daraus den Alkohol dar. In allen Eigen- schaften zeigte derselbe sich dem Alkohol aus Ricinusöl gleich. Die Zersetzung des Ricinusöles durch Kali ist indess nicht so einfach, wie man gewöhnlich annimmt. Es bil- den sich neben den beschriebenen Alkoholen noch mehre andere Körper und die Zusammensetzung des Destillates ist auch keineswegs immer dieselbe. So fand der Ver- fasser, dass bei einer Destillation des Oeles mit Alkali beinahe die sämmtlichen Producte mit Schwefelnatrium in Verbindung traten, mit dem sie, wie oben erwähnt, geschüttelt wurden. {Journ. of the ehem. Soc. — Chem. Centrhl. 1866. 7.) B. Verfälschung des ]tlandelöls und ihre Entdeckung. Im südlichen Frankreich ward das Mandelöl vielfach mit dem aus Aprikosenkernen gepressten Oeles versetzt. Man erkennt diese Verfälschung nach Nickles daran. Chemische Kennzeichen des Baumwollsamenöls. 111 dass sich das Aprikosenkernöl mit pulvrigem Kalkhydrat salbenartig verdickt, echtes Mandelöl aber nicht. Man schüttelt etwa 12 Gramme des zu prüfenden Oels mitl'/j Grammen Kalkhydrat, erhitzt im Wasserbade und filtrirt noch heiss durch einen Wasserbadtrichter. Beim Erkal- ten in Wasser oder Eis wird verfälschtes Oel weiss und undurchsichtig, echtes bleibt klar. Es lässt sich so noch 1 Proc. Aprikosenkernöl nachweisen. [Pharm. Journ. and Transact. Juli 1866. 6. Ser. Vol. VIII. No. I. p. 23.) Wp. Prüfung des Mctudelöls. Die Eigenschaft, mit Kalkhydrat eine feste salben- artige Masse zu bilden, besitzen neben dem Aprikosen- kernöle auch das Hanf- und Mohnöl, das Nuss-, Lein- samen- und Erdnussöl; das Baumwollensamenöl giebt nur sehr wenig der festen Masse, ist aber leicht an an- deren Reactionen zu erkennen. Das Kalkhydrat geht mit dem reinen Mandelöl keine Verbindung ein und ebenfalls werden reines Oliven- und Colzaöl von demselben nicht verändert. Diese beiden Oele sind schon durch den Geschmack vom reinen Mandelöl zu unterscheiden und lassen sich durch zweckmässige Reagentien leicht erkennen. Jedenfalls ist diese leicht ausgeführte Untersuchung eines fraglichen Mandelöls auf die fast immer statt findende Vermischung mit Aprikosen- kernöl nach der hier angegebenen Methode nicht un- wichtig. {Bull, de la soc. ind. — Hamburg. Getverbebl. 1866.) B. Chemische Kennzeichen des Bauiuwollsniueuöls. In grösseren Massen erscheint dieses Oel röthlich, in kleineren Mengen weniger dunkel, schmutzig -gelb. Es ist ohne Geruch und Geschmack. Werden einige Tropfen desselben in einem Reagensglase mit Chlorzinklösung Übergossen, so färbt es sich dunkelbraun, Rüböl dagegen nur goldgelb, Olivenöl grün. Englische Schwefelsäure färbt das Oel sofort dunkelrothbraun, Rüböl dagegen Avird grün, Olivenöl schwach orangegeib. Zinnchloi'id verän- dert das Oel in eine dicke durchsichtige Masse von orange- rother Farbe: Rüböl wird auch hier grün, Olivenöl grün- lich - blau, beide verdicken sich nicht. Phosphorsäure färbt Baumwollsamenöl unter Aufbrausen goldgelb, Rüböl wird dadurch weisslich^ Olivenöl bläulich-grün. Durch 112 Sonnenblumenöl. — Bromerucasäure. diese angeführten Reagentien ist es leicht zu ermitteln, ob man reines Baumwollsamenöl öder ein mit diesem üel verfälschtes Rüb- oder Olivenöl vor sich hat. {Hamburg. GewerbeU. 1866.) B. Souueiibliimcuöl. Für die Russische Land wirthschaft ist das Sonnen- blumenöl in den letzten Jahren zu rasch steigender Bedeutung gekommen. Die Produetion des letzten Jahres wird auf über 100,000 Ctr. geschätzt, welche einen Werth von gegen 1^2^111. R. repräsentiren. Von diesem Quan- tum wurde der dritte Theil über Petersburg nach Stettin exportirt und ging bei der sciilechten Rübsenernte hier zu steigenden Preisen rasch in den Consum. Der Anbau der Sonnenblumen, welche früher von den Bauern nur an den Grabenrändern angepflanzt wurden, gewinnt immer grössere Ausdehnung. Die Stengel werden dort zu Pott- asche verbrannt und der Export dieses Artikels hat in Folge davon ebenfalls zugenommen. Auch bei uns würde, bei dem sehr riscanten Ertrage der hier gebauten Oel- früchte, der Anbau der Sonnenblumen wohl die Beach- tung der Landwirthe verdienen. Die Pflanze wächst hier wild und wird also gewiss das Klima ihrem Gedeihen als Culturpflanze kein Hinderniss bereiten. Das Oel ist als Speiseöl zu verwei'then und wird höher als . Rüböl bezahlt. , Zu einem Versuchsanbau ist jedoch der Bezug von Samen aus Russland zu empfehlen, wo durch die langjährige Cultur die Pflanze zu einer grössern Ent- wickelung gelangt ist, als die bei uns wild wachsende. Von einer Verwerthung der Stengel zu Pottasche würden unsere Landwirthe aber wohl absehen, um dem Boden nicht die Düngstoffe zu entziehen, welche ihm durch den Anbau der Pflanze genommen werden. {Bl. für Handel und Gewe be.) B. Bromerucasäure. Nach R. Otto verbindet sich Brom direct mit Eruca- säure ohne Entwickelung von Bromwasserstoff zu der ein- basischen Bromerucasäure, C44H4204ßr2^ welche in klei- nen warzenförmigen Krystallen erhalten wird, sich leicht in Alkohol und Aether löst und einen Schmelzpunct von 420 — 430 besitzt. Das Barytsalz ist ein weisser, an der Luft bald schmierig werdender Niederschlag, das Bleioxydsalz ist krystallisirbar. Uebei' die Lein'dlsäure. 113 Die Erucasäure gleicht hiernach in ihrem Verhalten gegen Brom völlig der Elaidinsäure und Angelicasäure, welche sich beide ebenfalls mit 2 Aeq. Brom direct ver- einigen, während die mit ersterer isomere Oelsäure ein Substitutionsproduct giebt. Hinsichtlich ihres Verhaltens gegen schmelzendes Kalihydrat findet jedoch eine Ab- weichung statt, denn unter den Zersetzungsproducten konnten Arachinsäure und Essigsäure nicht nachgewiesen werden. {Annal d. Chera. u. Pharm. CXXXV. 226—229.) G. lieber die Leinölsäure. Es war Otto Süssenguth gelungen, ein Zinksalz der Leinölsäure darzustellen, das aus kochendem absoluten Alkohol vollständig in warzenförmig gruppirten Nadeln herauskrystallisirte und sich nicht veränderte. Da jedoch die Analyse desselben mit den früheren Resultaten Sacc's, Schul er 's und Oudemann's nicht übereinstimmte, so schied Süssenguth die Säure daraus ab, um durch weitere Versuche und besonders durch die Einwirkung des Broms zu bestimmten Resultaten zu gelangen. Lässt man in die Säure unter Abkühlung Brom eintropfen, so tritt heftige Brorawasserstoff-Entwickelung ein und die Masse wird fest. In kaltem Alkohol ist bloss ein Theil davon löslich, der beim Verdampfen oder Zusatz von Wasser, als schweres röthlich -gelbes Oel erhalten wird. Der unlösliche Theil löst sich erst beim Kochen und scheidet sich beim Erkal- ten in glänzenden krystallinischen Blättchen aus^ sobald die Lösung verdünnt; ist sie jedoch concentrirt, oder setzt man Wasser zu, so bilden sich weisse Flocken desselben Körpers. Die Entstehung der öligen Sub- stanz scheint von der Reinheit der Oelsäure abzuhän- gen, je weisser und leichtflüssiger diese war, desto weniger bildete sich von dem Oele. Eine Analyse des- selben wurde nicht angestellt, da es nicht rein zu erhal- ten war, dagegen führte die Analyse des krystallinischen Körpers zu der Formel C32H2tißr4 08. Berücksichtigt man, dass die Formel des Zinksalzes der Leinölsäure wahrscheinlich ZnO, C32H2503 ist^ woraus die Formel der Säure selbst C32JJ26 04 folgt, so dürfte anzunehmen sein, dass bei Einwirkung von Brom 4 At. Wasserstoff durch 4 At. Brom substituirt werden und mit 4 HO die feste krystallinische Verbindung bilden. Weitere Mittheilun- Arch.d. Pharm. CLXXXI.Bds. l.u.2.Hft. 8 114 Roth färben der JEette und Oele. gen über Salze und Umsetzungen der Leinölsäure stellt Otto Süssenguth in Aussicht. {Zeitschr. für Chemie, N.Folge 1. 18.) B. Bereitung eines vorzäglichen Leinölfirnisses. Wohlgeklärtes abgesetztes Leinöl, welches nicht trübe und dunkelbraun aus der Presse gewonnen, wird in einem nicht zu flachen, sauberen Kupferkessel nur vom Boden aus massig und langsam erhitzt, bis es nach Auf- hören der wässerigen Verdampfung anfängt, Oelgase zu entwickeln, die mit dem zugleich resultirenden ßrenz- ätheröl als hellwolkig aufsteigender Dampf, den Zeitpunct bezeichnen, wo der Kessel vom Feuer entfernt werden muss. Sogleich werden 4 Proc. wohl getrocknete ^^nd ge- riebene oder gesiebte präparirte Bleiglätte unter schnellem Umrühren eingetragen und mit einem breiten vorher auch wohl ausgetrockneten Holzspatel immer recht vom Boden auf anhaltend langsam gerührt, bis im Kleinen etwa noch 40^ R. Wärmestand sind, oder im Grossen, dass höchstens nach 5^ stündigem Rühren diese Temperatur eingetreten ist. Dann lässt man denselben ablagern und füllt ihn in gut verschliessbare Gefässe. Der solcher Art bereitete Firniss dunkelt zwar nicht nach, aber für hellzarte Farbe, wenn Lackmischung nicht angebracht, ist es erwünscht, einen helleren Oelfirniss aus Mohn- oder Wallnussöl zu haben ; dieser darf aber nicht in Kupfergefässen bereitet werden, sondern man muss die Arbeit auf dem Sandbade in Steingutgefässen ausführen. (Hamb. Gewerbebl. 1866.) B. Rothfärben der Fette und Oele. Hirzel empfiehlt zum Rothfärben der Fette und Oele, welches man bis dahin durch Digestion derselben mit Alkannawurzel ausführte, die Anwendung eines Al- kanna â–  Extrats als ganz vorzüglich. Die zerkleinerte Wurzel wird zu dem Ende mit sog. gereinigtem Petroleum- äther Übergossen, welcher den Farbstoff sehr schnell auf- nimmt und sich durch die Destillation im Wasserbade und gelindes Austrocknen vollständig entfernen lässt. Es bleibt ein sehr dunkles, gei'uchloses, weiches Extract von grossem Färbevermögen, mit welchem man die verschie- densten Stoffe sehr schön roth färben kann. Solches Al- kannawurzel-Extract ist aus der chemischen Fabrik von Hirzel und Gerhard zu Leipzig zu beziehen. (Polyt. Notizbl. 1866. 10.) B. Classification der Gerüche der Pflanzen. 115 Darstellnng von llruiacheröl. Man verwendet hierzu das beste Olivenöl von der ersten Pressung vollkommen gereifter Oliven, nachdem dasselbe gut abgelagert ist und setzt dasselbe einer Tem- peratur von einigen Graden unter dem Gefrierpunct aus, wodurch sich die schleimigen Theile und sonstigen fremd- artigen StoflFe abscheiden. Das klar gebliebene flüssige Oel giesst man vorsichtig ab und tiltrirt durch einen Becher von Lindenholz oder Hollundermark. So erhält man ein Oel, welches mehre Jahre flüssig bleibt und die Zapfen der Räder nicht angreift. Ein anderes Verfahren, das Olivenöl für die Uhr- macherei zu reinigen, besteht darin, dass man das Oel in eine weisse Glasflasche giesst, ein Stück Blei so hinein- legt, dass es daraus hervorragt, und dann das Oel der l?inwirkung der Sonnenstrahlen aussetzt. Dieses Oel ist aber nicht ganz so säurefrei, wie das nach oben beschrie- bener Methode dargestellte. Eine aus Amerika in den Handel gelangende Sorte Uhrmacheröl, angeblich aus Fischöl, hält sich nicht länger als ein Jahr, was seine Anwendung sehr beeinträchtigt. (Dingl. polyt. Journ. ßd. 178.) ß. Classification der Gerüche der Pflanzen. Eduard Ritter von Josch in Graz {Oestereich. Lot. Zeitschr.) schlägt vor, folgende Grundgerüche an- zunehmen: 1) Rosengeruch, z.B. bei Rosa canina u.a. Rosa- Arten, Rhodiola rosea (der Wurzel), Spartium junceum etc. 2) Nelkengeruch, Beispiele: Dianthus-Arten, Mono- tropa Hypopitys, Orobanche cruenta u. a. Orobanchen, Convoivulus arvensis, Cyclameu europaeum, Daphne Me- zereum, D. Cneorum, Gymnadenia odoratissiraa, Piatan- thera bifolia, Nigritella suaveolens. 3) Veilchengeruch: Viola odorata und Viola suavis, Matthiola varia, Cheiranthus Cheiri, Hesperis matronalis, Erysimum Cheiranthus, Myosotis alpina *). 4) Resedageruch: Reseda odorata, Tilia grandi- folia und parvifolia, Vitis vinifera, Lychnis vespertina, Scabiosa suaveolens. ^) auch Rad. Ireos = Veilchenwurzel u. a. 116 Classification der Gerüche der Pjianzen. 5) Melilotengeruch *): Melilotus alba, officinalis und coerulea, Asperula odorata, Anthoxanthum odoratuni, Trigonella Foenum graecurn, monspeliaca und corniculata. 6j Myrtengeruch: Myrtus communis, Philadelphus coronarius, Lonicera Caprifblium, Jasminum otticinale, Elaeagnus angustifolia, Narcissus poeticus, Convallaria majalis und Hemerocallis flava. 7) Baldriangeruch: Valeriana -Arten, z.B. Val. celtica, saxatilis ; Geranium macrorhizon, Prunus Padus, Sambucus nigra, Ligustrum vulgare, Fraxinus Ornus, Asarura europaeum, Humulus Lupulus. 8) Primel- (oder Aurikel-) geruch: Arten von Primuia, Berberis vulgaris, Muscari racemosum, Trollius europaeus, mehre Arten von Verbascum. 9) Grasgeruch '^*): Senecio nemorensis var. odorata, Hierochloa australis, Anthoxanthum odoratuni, Asperula. 10) Caniphergeruch: Puta graveolens, DictanmÄ fraxinella, Artemisia Absynthium, A. camphorata, A. Dra- cunculus, Tanacetum vulgare, Tanacetum balsamita, La- vandula vera, Rosmarinus officinalis, Melissa officinalis, Hyssopus officinalis, Origanum Majorana, Laurus nobilis, Acorus Calamus, Foeniculum officinale, Anethum gra- veolens. Aelmlich dem Campher, doch mehr ätherisch, duften Cistus monspessulanus, Antheniis nobilis, IMatri- caria Chamorailla, Hieracium albidum, Rhododendron fer- rugineum, Rh. hirsutum (die Blätter), Ocymum Basilicum, viele Arten von Mentha, Salvia, Thymus, iSatureja, Cala- mintha, Nepeta und Teucrium, Cortusa Matthioii ***). 11) Knoblauchgeruch: Sehr viele Allium- Arten, von Erysimum Alliaria mancher Pilze. 12) Moschusgeruch: Adoxa moschatellina, Achil- lea moscliata, Erodium moschatum, Jurinea mollis. 13) Bocksgeruch: Ononis hircina, Ribes nigrum f ), Opium graveolens, Petroselinum sativum, Orlaya grandi- flora, Coriandrum sativum, Cannabis sativa. 14) Uebelriechend überhaupt: Thalictrum foeti- dum, Helleborus foetidus, Lepidium ruderale, Geranium *) Steinklee-, Waldmeister-, Tonkabohnen-, Heu-, Cu mar i lä- ge ru eh. (Ludwig.) **) fällt theil weise mit Heu geruch zusammen. (L.) ***) Hier können noch manche Unterabtheiluugen gemacht werden, so namentlich der erfrischende, kühlende Labiatengeruch der Rlentha-Arten. der heisse Labiatengeruch des Lavendels, der erfrischende Dillgeruch, der bitterliche Geruch von Artemisia, der süsse Umbelliferengeruch des Fenchels. (H. L.) t) Wanzeubeere, also auch Wanzengeruch. Ausleute an ätherischen Oelen. 117 robertianura, Aposeris foetida, Conium maculatum, Hyos- cyamus niger, Datura Stramoniunf, Scrophularia nodosa und canina, Chenopodium vulvaria*), Buxus sempervirens, Orchis coriophora etc. {Frauen dorf er Blätter vom 16. April 1866.) H. Ludiüig. Ausbeute an ätherischen Oelen. H. Zeise in Altena giebt in Nachstehendem einen Bericht über die Ausbeute an ätherischem Oel, welche er durch Destillation verschiedener Droguen, aus 100 Pfunden derselben erhalten hat. Pfd. Unz. Absynthii herba recens (Absynthium officinaje) — 2 Amomi semen (Myrtus Pimenta) 2 10 bis 3 Amygdalae amar, (Amygdalus communis) — 12-14 Anisi, semen (Pimpinella Anisum) 2 — Anisi stellati, sem. (Illicium anisatum) 4 5-15 Cardamom. minus (Alpinia Cardamomum) 2 3 Carvi, semen (Carum Carvi) ; 3 9 auch 4 8 Caryophylli de Bourbon 18 — „ „ Zanzibar (Caryoph. aromaticus) 16 — Cascarillae, cortex (Croton Eluteria) — 10-14 Chamomill. roman., flor. sicc. (Anthemis nobilis) — 6'/2 „ vulg. flor. sicc. (Matricaria Chamomilla) — 1 bis 33/g Cedri citrini, lignura (Pinus Cedrus) 1 3 bis 2 2 Cinnamom. acut. Ceyl. cort — 7 bis 1 ll>/2 Cinnamom. acut, de Java, cortex 1 31/2 Copaivae, bals. (Copaifera ofiicinalis) 58 — bis 67 Oubebae (Piper Cubeba) , 61/.) — bis 121/2 Cupressi, lignum (Cupressus thyoides) 3 6 Foeniculi, semen 31/9 — bis 33/4 Juniperi, baccae — 12-14 Lauri, baccae — H */2 bis 13 Macis (Myristica moschata). . . , 7 — *) Häringslakengeruch, Trimethylamingeruch. (L.) 1 18 Zusammensetzung des ätherischen Oels der Lorbeeren. Pfd. Unz. Menth, pip. herb, sicc — 11 '/2 Nuces nioschatae 3 11 Piperis, baccae, de Batavia (Piper nigr.) 2 7 Sabinae herba sicc , 2^/^ — Santali alb Lign 1 ','4 — bis 23/4 Sassafras Lign — 12 Sinapis, sem. holland — 7-11 italic — 7-10 Zingiberis, rad. de Bengal 1 2 {N. Jahrb. f. Pharmacie. Bd. 25. 2.) B. Wirkung ätherisclier Oele auf Fuchsiu Nach H. Zeise in Altena lösen folgende von ihm selbst frischbereitete ätherische Oele Fuchsin auf: Ol. aniygd. amarar., Ol. caryophyll., Ol. flor. Cassiae, Ol. Cinnamom. acuti, Ol. Coriandri, Ol. Pimenti, Ol. ligni Santali albi und Ol. Sinapis aether. Schwach lösend wirken: Ol. menth. crisp. et pip. Sehr schwach lösend: Ol. nuc. moschat. Gar nicht lösend: Ol. nuc. moschat. aus Myristic. tomen- tosa, Ol. Macidis, Cascarill., Bals. copaiv., Cubebar., Ligni Sassafras, Piperis zingiber. {N. Jahrb. für Pharm. Febr. 1867.) H. Ludiviy. Zusainiueiisetzuiig des äthcrisclieu Oels der Lorbeeren. Das von C. Blas untersuchte ätherische Oel von Lauras nobilis hatte eine grünlich-gelbe Farbe, war etwas dicklich, besass einen an Lorbeeren und Terpenthinöl erinnernden Geruch, reaglrte schwach sauer und zeigte bei 150 das spec. Gew. 0,932. Bei der Destillation des Oels stieg der Siedepunclr langsam von 1700 auf 250^5 die Hälfte des Oels ging unter 200^ über. Aus diesem Antheil wurde durch frac- tionirte Destillation und Rectification ein Kohlenwassei'- stoff von der Zusammensetzung des Terpenthinöls C^OH^ß abgeschieden, dessen constanter Siedepunct 164^, dessen spec. Gew. 0,908 und dessen Molecular-Rotationsvermögen bei 16 = — 23,35 war. Der höher siedende Theil des rohen Oels wurde durch verdünnte Kalilauge in ein obenauf schwimmendes gelbes Oel und eine trübe wässerige Lösung getrennt. Aus jenem konnte durch fractionirte Destillation ein was- serhelles neutrales, bei 250^ siedendes Oel (spec. Gew. Aethensches Oel der Blüthen von Citrus decumana. 119 0,92^ und linksseitiges Rotationsvermögen — 7,225 bei 15^) abgeschieden werden. DieElementarzusanimensetzung desselben ist der des vorigen Kohlenwasserstoffes gleich, das Moleculargewicht scheint aber wegen des höheren Siedepuncts durch die Formel C30H24 ausgedrückt wer- den zu müssen. In der von dem obenauf schwimmenden Oele befrei- ten alkalischen Lösung wurde eine Säure abgeschieden, welche die Zusammensetzung der Laurinsäure C^^H'-^Ü* zeigte. Nelkensäure, welche Gladstone im Lorbeeröl gefunden hatte, konnte von Blas nicht nachgewiesen werden. (Ännal. d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. I — 7.) 6^. Orangeublüth- und Oraiigenblätter* Wasser. Nach Gobley wird das Orangenblüthwasser öfters mit dem über Orangenblätter abgezogenen, weniger an- genehm riechenden verfäscht. Man kann jenes von die- sem daran unterscheiden, dass es sich mit einer Mischung von 20 Th. Salpetersäure, 10 Th. Schw^efelsäure und 30 Th. Wasser im Verhältniss von 1 : 5 versetzt je nach der Stärke des Wassers mehr oder weniger tief rosenroth färbt; mit dem Blätterwasser tritt diese Reaction nicht ein. Leider zeigt sie sich auch nicht bei einer Mischung der beiden Wässer, ja selbst nicht bei älterem, länger aufbewahrt gebliebenem echten oder mit Neroliöl berei- tetem Orangenblüthwasser. {Pharm. Journ. and Transacf. Aug. 1866. IL Ser. Vol. VIU. No. 2. ij. 78.) Wp. Aetberisches Oel der Blütben vou Citrus decumana. De Vry hat durch Destillation der Blüthen von Citiis decumana, welche auf Java sehr reichlich wächst, ein Oel erhalten, das mit dem bekannten Neroliöl völlig identisch sein soll. Dabei hat er die interessante Ent- deckung gemacht, dass die in der Blase zurückbleibende Flüssigkeit nach dem Coliren und Erkalten eine grosse Menge des sogenannten Hesperidins in Krystallen absetzt. {Pharmaceut. Journ and Transaci. II. Ser. Vol. VIT. No. 9. March 1866, p. 477.) Wp. lieber die Löslichkeit des Caiiipbers in Wasser. Die Vorschrift der Vereinigte Staaten -Pharmakopoe zur Aqua Camphorae lautet: 120 Erhaltung des Aromas der gerösteten Kaffeebohnen. Campher 120 Gran Alkohol 40 Tropfen Kohlensaure Magnesia ^J2 Unze Destillirtes Wasser... 2 Finten. Der Carapher wird zuerst mit dem Alkohol fein ge- rieben, dann die Magnesia, hierauf allniälig das Wasser zugesetzt und schliesslich das Ganze durch Papier filtrirt. Alle Bücher geben übereinstimmend an, dass der Cam- pher in 1000 Th. kalten Wassers löslich sei. Storer sagt in seinem „Handwörterbuche über die Löslichkeit der chemischen Substanzen", aus einem innigen Gemenge von Campher und kohlensaurer Magnesia löst Wasser angeb- lich dreimal mehr Campher auf, als von Carapher allein. H. Markoe [Amer. Journ.of Pharm.) suchte nun die aufgelöste Menge Campher dadurch zu bestimmen, dass er den ungelöst gebliebenen, mit der kohlensauren Mag- nesia vermehrten Antheil desselben ermittelte, indem er das auf dem Filter zurückgebliebene Gemenge von kohlen- saurer Magnesia und Campher in ein Becherglas brachte und mit verdünnter Schwefelsäure in Ueberschuss be- handelte, wodurch die Magnesia in Lösung ging und der Campher sich auf der Oberfläche sammelte. Auf diese Weise ermittelte Markoe, dass 1 Unze Aq. Camphorae 2 Gran Campher auflöse, oder in 240 Th. desselben 1 Th. Campher aufgelöst sei. ( Wittst. Vierteljahrsschr. Bd. 15. 2.) B. Erhaltung des Aromas der gerösteten Kafleebohncn. Die gerösteten Kafi'eebohnen verlieren mit jedem Tage der Aufbewahrung von ihrem aromatischen Gerüche in Folge der Einwirkung der Luft. J. v. L i e b i g macht nun neuerdings darauf aufmerksam, dass man diese nachthei- lige Veränderung dadurch verhüten könne, wenn man nach beendeter Röstung, ehe noch die Bohnen aus dem noch sehr heissen Röstgefässe geschüttet werden, diesel- ben mit gestossenem Zucker bestreue. Auf 1 Pfd. Kaffee- bohnen genüge 1 Loth Zucker. Der Zucker schniilzt sogleich und durch starkes Umschütteln verbreitet er sich auf alle Bohnen und überzieht sie mit einer dünnen, aber für die Luft undurchdringlichen Schicht von Caramel; sie sehen dann glänzend aus, wie mit einem Firniss über- zogen und verlieren hierdurch beinahe ganz ihren Geruch, der natürlich beim Mahlen wieder aufs stärkste zum Vor- schein kommt. {Deutsche Ind.-Zig. 1866.) B. Erasin, ein Ersatzmittel für Benzin. 121 Das iätherischc Oel von Erigeron canadensis empfiehlt Moormann als vortreffliches Mittel gegen Hämoi-rhagie, Diarrhöe und Dysenterie. Man giebt es in Dosen von 5 — 10 Tropfen alle drei Stunden, doch kann man auch grössere Dosen ohne Nachtheil anwenden. Bei Ruhr ist es gerathen, vorher eine Dosis Ricinusöl nehmen zu lassen. [Pharmaceut. Journ. and Transact. 11. Ser. Vol. Vll. No. VIIL Febr. 1866. p. 425.) Wp. Flüchtige Schärfe von Coronilla varia. Czumpelik giebt als wesentlichen Bestandtheil der- selben einen nach Senföl riechenden, die Augen und Nase reizenden Körper an, über dessen Natur und Eigenschaf- ten er später berichten wird. {Ckem. Centrhl. 1866. 2.) B. Erasiu, ein Ersatzmittel für Benzin. In Californien hat man jetzt Bäume von einer neuen Species der Kiefer entdeckt, die anstatt des gewöhnlichen Terpenthinöls durch Destillation eine ätherisch-ölige Flüs- sigkeit geben, welche den Wohlgeiuch der Citronen besitzt und frei von aller theerigen Substnnz ist. Das spe- cifische Gewicht der Flüssigkeit sei 0,6; sie löse alle animalischen und vegetabilischen Oele und hinterlasse beim Verdunsten auf Aveissem Papier keine Flecken, noch wirke sie auf die in der Färberei benutzten Farben und sei daher ein ausgezeichnetes Ersatzmittel für Benzin, auch sei sie billiger als Benzin. Sie verdampfe schnell und brenne gut und sei ausgiebiger als alles Kohlen- theeröl. (Polyt. Centrhl.) B. Äethyi - Phenyl. Der schon früher von R. Fittig dargestellte und beschriebene Kohlenwasserstoff Aethyl-Phenyl C^^Hio = C*H5, C'^H^ hat dieselbe Zusammensetzung wie das Xylol, ist aber nicht mit demselben identisch. Das Aethyl-Phenyl liefert bei der Oxydation mit chromsaurem Kali und Schwefelsäure Benzoesäure, wäh- rend Xylol unter gleichen Umständen Terephtalsäure giebt. Ferner verbindet sich das Aethyl-Phenyl mit Brom zu einem Körper, dem Monobromäthylphenyl, welcher ein schweres, farbloses, wasserklares Liquidum darstellt. End- lich erhält man beim Behandeln des Aethyl-Phenyls mit rauchender Salpetersäure nur flüssige Verbindungen, wäh- 122 Ilydrazocmilin. rend aus Xylol unter gleichen Verhältnissen die gut kry- stallisirenden Körper, das Dinitroxylol und Trinitroxylol, entstehen. Das Dinitroäthylphenyl bildet ein hellgelbes, völlig durchsichtiges, nicht unzersetzt flüchtiges Oel ; die Trinitroverbindung des Aethyl-Phenyls besteht aus einem dem vorigen ähnlichen, aber noch dickflüssigeren Üele. {Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXIII. 222-230.) G. IJnterscht'iduug der Carbolsäiire (Pheiiylsäure) von Steiukohlentlieeröl. Betrügerischer Weise wird statt der Carbolsäure, die jetzt in England als Desinfectionsmittel viel Anwendung findet, nicht selten Steinkohlentheeröl verkauft. Nach W. Crookes dient als ünterscheidungsmittel der käuf- lichen Carbolsäure vom Steinkohlentheeröle ihre Eigen- schaft, sich in 25 bis 70 Th. Wasser oder ihrem zwei- fachen Volumen Natronlauge zu lösen, während Stein- kohlentheeröl darin unlöslich ist. Man braucht also nur einen Theelöffel voll Carbolsäure in eine Flasche zu brin- gen, 1/2 Liter warmes Wasser zuzugiessen und die Flasche 1/2 Stunde lang von Zeit zu Zeit zu schütteln, worauf der übrige Rückstand die Verunreinigung anzeigen wird; oder man schüttelt 5 Th. Carbolsäure mit einer Lösung von 1 Th. Aetznatron in 10 Th. warmen Wassers und sieht wieder zu, ob und wie viel Rückstand bleibt. {Fohjt. Notizhl. 1866. 11.) B. llydi'nzoauilin stellte A. Haar haus aus dem Nitranilin durch Reduction mittelst Natriumamalgam dar. Eine alkoholische Lösung von Nitranilin wurde nach und nach mit Natrium- amalgam versetzt, die entstandene gelbbraune P^ällung abültrirt und zu dem Fitrate Wasser hinzugefügt. Der gebildete Niederschlag gab beim Umkrystallisiren aus Alkohol lange, goldgelbe, gut krystallisirte Nadeln, welche Hydrazoanilin, C24H'4N4, sind. Das Hydrazoanilin ist eine ziemlich starke Base, schmilzt etwas über 140^ und sublimirt zum grössten Theil unzersetzt bei höherer Temperatur; es ist schwer löslich in Wasser, dagegen leicht löslich in Alkohol und Aether und giebt mit Säuren krystallisirbare Salze. {Anncd. d. Chem. u. Pharm. CXXXV. 162 — 167.) G. Physiolog. u. therapeut. Wirkungen der Pikrinsäure. 123 Die physiologischen und therapeutischen Wir- kungen der Pikrinsäure. Von Prof. Dr. Friedrich veranlasst, hat Dr. W. Erb, Assistent an der medicinischen Klinik zu Heidelberg, eine Reihe von Versuchen über die physiologischen und therapeutischen Wirkungen der Pikrinsäure angestellt und deren Beschreibung zum Gegenstande seiner Inaugurai- Dissertation gemacht. Die Pikrinsäure, von Hausmann im Jahre 1788 entdeckt, wurde schon öfter zu Heilzwecken anzuwenden versucht. Sie wurde zuerst von Bell in Manchester gegen Wechselfieber angewendet und für ein gutes Surrogat der Chinapräparate gehalten. Später wurde sie und ihre Salze von Molfat bei Cephalalgie, Wechselfieber und chronischen Diarrhöen, von Braconnot und Calvert, eben so von Seitz in München gegen Wechselfieber an- gewendet. Die Schlusssätze, zu deren Aufstellung sich Erb am Ende seiner Arbeit berechtigt glaubt, sind folgende: 1) Die Pikrinsäure, in Verbindung mit Kali oder Natron dargereicht, wird in das Blut aufgenommen, imbibirt fast alle Gewebe des thierischen Organismus und wird grösstentheils durch den Harn wieder ausgeschieden. 2) Die Aufnahme grösserer Dosen eines pikrinsauren Alkalis in das Blut bedingt Zerstörung eines grossen Theiles der rothen Blutkörperchen und consecutive Ver- mehrung der farblosen. (Künstliche Leukocythose.) 3) Die Aufnahme pikrinsaurer Alkalien in den Organismus erzeugt einen künstlichen vorübergehenden Icterus. 4) Kleine Dosen der pikrinsauren Alkalien werden selbst auf längere Zeit ganz gut vertragen ; grössere Dosen verursachen nach längerem Gebrauche den Tod unter den Erscheinungen der Erschöpfung. 5) Die pikrinsauren Alkalien werden von kräftigen, nicht fiebernden Erwachsenen in der Dosis von 9 — 15 Gran täglich sehr gut vertragen. 6) Dagegen sind dieselben bei Kindern so wie bei schwächlichen und fiebernden Personen nur mit grösster Vorsicht anzuwenden. 7) Die pikrinsauren Alkalien sind gegen die Trichinen- Krankheit vollständig wirkungslos. 8) Dagegen ist das pikrinsaure Kali in seiner Wir- 124 Amidodipkenylimid, eine neue organische Base. kung gegen Tänien den übrigen Bandwurnimittel gleich- zustellen. 9) Das pikrinsaure Kali ist gegen Oxyuris vermi- cularis von entschieden günstiger, gegen Ascaris lumhri- coides von ganz vortrefflicher Wirkung, dagegen gegen Cysticerken vollkommen wirkungslos. 10) Das Wechselfieber kann durch pikrinsaures Kali nicht geheilt werden. {Buchn. n. Repert. Bd. 14. 11. u. 12.) B. I'eber das .4mi(Io(!i[)henylimid; ciuc neue orga- nische Base. In der Fabrik der HH. Simpson, Maule und Nicholson in London wird das Anilingelb durch Ein- M'irkung von salpetriger Säure auf Anilin dargestellt; die Genannten halten solches für identisch mit dem Diazo- amidobenzol C24H11N3. C. A. Martius und P. Griess vereinigten sich zur gemeinschaftlichen Ausführung einer gewissen Versuchs- reihe über diesen Gegenstand und beschlossen, um der gerade nicht sehr angenehmen Darstellung desselben zu entgehen, sich des käuflichen Materials zu bedienen. Sie erhielten dieses als ein braungelbes, lockeres, krystalli- nisches Pulver. Um sich zu überzeugen, ob dasselbe in der That mit dem Diazoamidobenzol identisch sei, untersuchten sie sein Verhalten gegen kochende Chlorwasserstoffsäure, durch welche das Diazoamidobenzol bekanntlich eine sehr charakteristische Zersetzung im Sinne nachstehender Glei- chung erleidet. C24H11N3 4- H202 ^ C12H602 _|- C"2H7N + 2N Diazoamidobenzol Phenol Anilin Dabei war indess auch nicht die allergeringste Gas- entvvickelung zu beobachten und ebenso wenig konnten in der tiefroth gefärbten, chlorwasserstoffsauren Auflösung^ Phenol oder Anilin aufgefunden werden. Als die salz- saure Lösung dagegen mit Ammoniak übersättigt wurde, nachdem sie durch Filtration von einer Spur eines unlös- lichen Harzes befreit worden war, entstand eine reich- liche Menge eines gelben krystallinischen Niederschlages, während sich in der Mutterlauge beträchtliche Mengen Oxalsäure nachweisen Hessen. Durch diesen Versuch M'urde nicht allein die voll- ständige Abwesenheit von Diazoamidobenzol im Anilin- gelb dargethan, sondern auch der Beweis geliefert, dass Amidodipkenylimid, eine neue organische Base. 125 dasselbe, abgesehen von der Spur harziger Substanz, nur aus dem Oxalsäuren Salze einer organischen Base bestand. Ueber die Natur dieser Base musste man vorläulig im Un- klaren bleiben, da es nicht gelang_, sie durch qualitative Iteactionen mit irgend einem bekannten Körper zu identi- ficiren. Da dieselbe mehre bemerkenswerthe Eigenschaf- ten erkennen liess, so wurde sie einer eingehenden Unter- suchung unterworfen. Was zun.ächst die Reindarstellung der neuen Verbin- dung anlangt, so gelingt diese schon, wenn man die auf die vorhererwähnte Weise aus dem käuflichen Materiale abgeschiedene Verbindung öfters aus wannen Alkohol umkrystallisirt. Zweckmässiger ist jedoch, sie vorher der Destillation zu unterwerfen, wobei sie unzersetzt als gelb- rothes Gel übergeht, das schon im Retortenhalse zu einer strahlig-krystaliinischen Masse erstarrt. Ein einmaliges Umkrystallisiren des Destillationsproductes aus Alkohol liefert sie dann in der Regel von einer zur Analyse hin- reichenden Reinheit. Nach der Analyse kommt der neuen Base, welche C. A. Martius und P. Griess aus später zu erörtern- den Gründen Amidodiphenylimid nennen, die Formel C^^H^^N^ zu, sie ist also isomer mit dem Diazoamido- benzol. Dass sie mit dem letzteren aber ausserdem nichts gemein hat, erhellt schon aus der Art ihrer Reindarstel- lung und ergiebt sich vollends aus den nachstehenden Eigenschaften. In Wasser ist das Amidodiphenylimid selbst in der Siedehitze nur sehr wenig auflöslich, reichlicher dagegen in Aether und heissem Alkohol. Aus der heiss gesättig- ten alkoholischen Lösung krystallisirt beim Erkalten der grösste Theil wieder aus, in gelben rhombischen Na- deln oder Prismen von beiläufig 49^ 20', deren scharfe Seitenkanten durch breitere Flächen gerade abgestumpft werden. Da die Enden der sonst ziemlich grossen Kry- stalle alle abgerundet waren, konnte V. von Lang, dem C. A. Martius und P. Griess dieselben zur Messung übergeben hatten, nichts weiter über die krystallographi- schen Constanten mittheilen. Das Amidodiphenylimid schmilzt bei 130 o^ erstarrt wieder bei 120^ und siedet ohne Zersetzung zu erleiden bei einer Temperatur, die höher ist als der Siedepunct des Quecksilbers. Mit Säuren verbindet es sich zu wohl charakterisiften Salzen, die zum grössten Theil gut kry- 126 Amidodiphenylinnd, eine neue organische Base. stallisiren. Das Diazoamidobenzol dagegen wird fast immer in messinggelben Blättchen erhalten, die bei 91^ schmel- zen und in höherer Temperatur explodiren. Erwärmt man dasselbe mit Säuren, so zersetzt es sich unter Ent- wickelang von Stickgas. Dass das Amidodiphenylimid in ähnliclier Weise wie das Diazoamidobenzol durch Einwirkung von salpetriger Säure auf alkoholische Lösungen von Anilin entsteht, hat sich im Laufe der Untersuchungen bestätigt. C A. Mar- ti us und P. Griess haben sich ferner überzeugt, dass es in der That nur von der Temperatur abhängt, ob der eine oder der andere von diesen beiden Körpern bei dieser Reaction zu erwarten steht. Lässt man die salpetrige Säure in der Kälte auf die Anilinlösung einwirken, so wird nur Diazoamidobenzol erhalten; zur Bildung des Amidodiphenylimids dagegen ist eine höhere Tem- peratur erforderlich. Man verfährt zur Darstellung des Amidodiphenylimids am zweckmässigsten in folgender Weise. Anilin wird in der dreifachen Menge Alkohol gelöst und in die etwas erwärmte Lösung, ohne dabei abzukühlen ein starker Strom salpetriger Säure geleitet^ so lange, bis die Flüssigkeit eine tiefrothe Farbe ange- nommen hat. Man versetzt dieselbe darauf mit einem grossen Ueberschusse massig concentrirter Salzsäure, wobei die Mischung sofort zu einem braunrothen dicken Brei erstarrt. Dieser wird auf ein Filter geworfen und zur Entfernung der Mutterlauge, welche stets eine beträchtliche Menge Phenylsäure enthält, nochmals mit sehr verdünn- tem Alkohol gewaschen. Der Filterrückstand wird dann wiederholt mit kochendem Wasser ausgezogen, aus den vereinigten Lösungen die Basis mit Ammoniak abgeschie- den und in oben angegebener Weise gereinigt. Während C. A. Martins und P. Griess mit den eben beschriebenen Versuchen beschäftigt waren, wurde ihre Aufmerksamkeit noch auf einen anderen gelben Farb- stoff gelenkt, der durch Einwirkung von zinnsaurem Natron auf salzsaures Anilin entsteht und dessen Bildung zuerst in der Fabrik von G. J. Müller & Comp, in Basel, später auch von H. Schiff beobachtet wurde. Die Ver- muthung, dass derselbe mit dem Amidodiphenylimid iden- tisch sei, haben C. A. Martius und P. Griess bestätigt gefunden. Will man sich dieser letzteren Darstellungsweise bedienen, so kann man auf folgende Weise verfahren. Eine Mischung von 3 Th. zinnsaurem Natron und 1 Th. AmidodipJienylimidj eine neue organische Base. 127 Anilinnitrat wird mit 10 Th. Wasser versetzt und auf lOOO erwärmt. Wird nun Natronlauge nach und nach in kleinen Portionen zugefügt, so tritt eine heftige Reaction ein. Sobald Säuren einer Probe eine tiefrothe Färbung ertheilen, unterbricht man die Operation und lässt erkal- ten. Versetzt man darauf mit Salzsäure bis zur Lösung des ausgeschiedenen Zinnoxyds, wobei ein starker Ge- ruch nach Phenol zu beobachten ist, so wird eine be- trächtliche Menge eines rothbraunen Harzes abgeschieden. Dieses wird zur Entfernung beigemengten Phenols mit verdünnter Natronlauge digerirt und dann mit salzsäure- haltigem Wasser ausgekocht. Die wässerig sauren Aus- züge, mit Ammoniak zersetzt, liefern Amidodiphenylimid mit allen seinen vorher erwähnten Eigenschaften. Zieht man nur die Darstellungsweise des Amido- diphenylimids mittelst salpetriger Säure in Betracht, so Aväre es am einfachsten, wenn man annähme, dass es nach derselben Gleichung entstände, wie das ihm isomere Diazoamidobenzol : 2C12H7N -f H0,N03 = C24H'iN3 -f 4 HO. Aber hiermit steht die letzterwähnte Bildungsweise desselben mittelst zinnsauren Natrons und salpetersauren Anilins nicht im Einklang, da hierbei keine so einfache Stickstoff-Substitution erscheint. Erinnert man sich übri- gens, dass bei beiden Darstellungsweisen das Auftreten von Phenol beobachtet wurde, so kommt man jedenfalls der Wahrheit näher, wenn man die in beiden Fällen stattfindenden Keactionen in gleicher Weise als einen Oxydationsprocess auffasst, nachstehender Gleichung ent- sprechend : 3Ci2H7N + 60= C24HHN3 _|- C12H6O2 _|- 2 HO Anilin Amidodiphenyl- Phenol. imid Das Amidodiphenylimid ist eine einsäurlge Base und zwar sind seine basischen Eigenschaften nur schwach ausgeprägt, da alle seine Salze schon in Berührung mit viel Wasser in ihre Bestandtheile zerfallen. Die schwach sauren Auflösungen dieser Salze besitzen eine schön coche- nillerothe Farbe. Von den Salzen sind hauptsächlich das salzsaure Salz C24H>iN3, HCl, Nitrat C24Hi'N3, HO, NO^, Sulfat 2(C24HnN3), 2H0, S206 und Oxalat 2 (C24HHN3) 2 HO, C^O^ bemerkenswerth. 128 Amidodi'phenylimid , eine neue organische Base. In Wasser lösen sich die Salze mit Ausnahme des Nitrats schwer, Sulfat und Oxalat sind selbst in kochen- dem Alkohol schwierig löslich. Auf Zusatz von Platinchlorid zu einer alkoholischen Lösung des salzsauren Salzes scheidet sich das Platin- doppelsalz: 2(C24HnN3, HCl), Pt2C14 in feinen braunrothen Nadeln ab. Setzt man zur alkoholischen Lösung des Amidodi- phenylimids eine Lösung von Silbernitrat, so fallen gold- gelbe, stark glänzende Blättchen, denen die Formel 2 (C24HHN3), AgO, N05 zukommt und die in kochendem Alkohol schwer, in Wasser oder Aether fast gar nicht löslich sind. Bleibt die alkoholische Lösung der Base längere Zeit in der Kälte mit Jodäthyl in Berührung, so entsteht eine schön krystallisirende jodwasserstotfsaure Verbindung der einfach äthylirten Base C24H10 (C^RS) N3, HJ. Wirken dagegen diese Körper bei 100^ auf einander ein, so wird Aethylanilin und ein harziges Product gebildet. Ueber die Anwendbarkeit des Amidodiphenylimids als Farbstoff lässt sich nicht viel Günstiges mittheilen. Fast alle schwach sauren Auflösungen desselben f<ärben Wolle und Seide intensiv citronengelb. Aus einer Lö- sung der Pikrinsäureverbindung kann Wolle in einer Farbe gefärbt werden, die dem Cochenilleroth, was Schön- heit und Tiefe des Tons anlangt, wenig nachsteht. Des- senungeachtet haben diese Farben eine sehr untergeord- nete praktische Bedeutung, w^eil sie flüchtig sind und in Folge dessen von den damit gefärbten Stoffen, namentlich in höherer Temperatur, nach und nach wegsublimiren. Was die Stellung anlangt, welche das Amidodiphe- nylimid im chemischen Systeme einnimmt, so ist es nach Berücksichtigung seiner im Vorhergehenden erwähnten Eigenschaften von selbst verständlich, dass es nicht mit dem ihm isomeren Diazoamidobenzol in ein und dieselbe Gruppe gehört. Es zeigt sich dagegen in mannigfacher Beziehung grosse Uebereinstimmuug mit jener Classe von Verbindungen, deren erstbekanntes Glied das von Mit- s ch er 1 i ch . entdeckte Azobenzol ist. In der That sind CA. Martius und P. Griess sogar geneigt, ihre Base geradezu als Amidoazobenzol C24HHN3 = C24H9 (H2N)N2 anzusprechen. Im Fall sich diese Ansicht richtig erweist, müsste ihre Darstellung auch aus dem Nitraazobenzol, dessen Existenz von Laurent und Gerhardt wahr- Amidodi'phenylimid, eine neue organische Base. 129 scheinlich gemacht wurde, nach folgender Gleichung ge- lingen : C24H9 (N04) N2 -f 6 HS = C24H9(H2N)N2 -f. 6 S -f- 4 HO. Nitroazobenzol Diese Bildungsweise wäre dann ganz in Uebereinstim- mung mit der des Diamidoazobenzols (Diphenins) aus Dinitroazobenzol : C24H9(N04)2N2-fi2HS = C24H8(H2N)2N2-f 12S + 8HO. Dinitroazobenzol Diphenin CA. Marti US und P. Griess hoffen, dass sie spä- ter in der Lage sein werden, diese Vermuthungen durch das Experiment bestätigen zu können. Dass übrigens die angedeutete Beziehung des Amidodiphenylimids zum Di- phenin nicht nur eine rein zufällige ist, möchte schon durch die grosse Aehnlichkeit der beiden Verbindungen, so wie namentlich auch durch die im Nachstehenden erwähnten Zersetzungserscheinungen genügend dargethan werden. Wird Amidodiphenylimid mit Zinn und Salzsäure erwärmt, so wird es rasch unter Entfärbung gelöst und in der Auflösung linden sich neben Chlorzinn zwei orga- nische Basen, Anilin und das kürzlich von A. W. Hof- mann beschriebene Paraphenylendiamin. Um diese beiden Körper von einander zu trennen, wird das Zinn durch Schwefelwasserstoff entfernt, die filtrirte Lösung zur Trockne verdampft, der Rückstand in wenig Wasser gelöst und durch Zusatz von concentrirter Salzsäure das chlorwasserstoffsaure Paraphenylena nilin aus- gefällt, welches bekanntlich in concentrirter Salzsäure schwer löslich ist. Durch Wiederholung dieser Opera- tion wurde das Paraphenylendiamin von jeder Spur Ani- lin befreit. Es wurde sowohl durch eine gut stimmende Analyse, als durch die Vergleichung seiner Eigenschaf- ten mit der Hofmann'schen Verbindung identiticirt. Man kann diese Umsetzung durch nachstehende Glei- chung versinnlichen: C24HnN3 _|_ 4H = C12H7N -f C'2H8N2 Araidodiphenyiimid Anilin Paraphenylendiamin. Eine weitere Analogie beider Basen ergiebt sich aus dem gleichen Verhalten derselben beim Erhitzen mit einer Oxydationsmischung aus Braunstein und Schwefel- säure, beide liefern dabei reichliche Mengen von Chinon. Ueber einige weitere Zersetzungsproducte des Amido- diphenylimids soll bei anderer Gelegenheit berichtet wer- den. Besonders wird eines blauen Farbstoffs zu geden- ken sein, der sich beim Erhitzen des Amidodiphenyl- Arch.d.Pharm. CLXXXI.Bds. l.u.2.Hft. 9 130 Benzoyl. — Isomere ChlorJjenzoesäuren. imids mit chlorwasserstoffsaurem oder salpetersaurera Ani- lin bildet. Auch das Diazoamidobenzol und Diphenin liefern unter diesen Bedingungen einen blauen Farbstoff, es bleibt jedoch zu beweisen, ob diese identisch sind. Schliesslich erwähnen C. A. Martius und P. Griess noch, dass sich aus dem Toluidin, sowohl durch Ein- wirkung der salpetrigen Säure, wie des zinnsauren Na- trons, eine dem Amidodiphenylimid homologe Verbindung darstellen lässt, welche ebenfalls in gelben Nadeln kry- stallisirt und mit letzterem auch in allen andern Eigen- schaften die grösste Uebereinstimmung zeigt. {Ber. der Berl. Akad. — Chem. Centralhl. 1866. No. 21.) B. ßenzoyl. Das Benzoyl = C'^H^O^, das Radical der Benzoe- säure, wurde von G. Briegel isolirt, indem er Benzoyl- chlorid in ätherischer Lösung mit Natriumamalgam be- handelte. Die Zersetzung ging nach der Gleichung vor sich: C14H502C1 + Na = Ci^H^Qs -|- NaCl. Es sind kleine, farblose Prismen von starkem Glas- glanze, bei 146*^ schmelzend, unverändert sublimirbar, in Alkohol und Aether schwer löslich. Beim Kochen mit alkoholischer Kalilösung tritt eine vorübergehende röth- liche Färbung ein ; auf Zusatz von Wasser fällt ein Oel nieder (Benzalkohol), während die davon abfiltrirte Flüs- sigkeit mit Säuren Krystallnadeln von Benzoesäure lie- fert. ^Ann. der Chem. u. Pharm. CXXXV. 171 — 175.) 2Hi404 Aceton Pinakon 2 C26H»0O2 -f H2 = C52H220* Benzophenon Das Benzpinakon löst sich leicht in Aether, Schwefel- kohlenstoff und Chloroform, geht beim Kochen mit einer verdünnten Chromsäurelösung in Benzophenon und beim Behandeln seiner weingeistigen Lösung mit Natriumaraal- gam in Benzhydrol über. Beim Destilliren so wie beim Schmelzen verwandelt es sich in eine Flüssigkeit von fast gleicher Zusammensetzung, das Isobenzpinakon, eine farblose, dicke, stark lichtbrechende Flüssigkeit, welche, wenn sie Monate lang sich selbst überlassen wird, wieder eine Veränderung erleidet, indem sie anfängt fest zu werden und endlich ganz erstarrt. Alle drei Körper aber, das Benzpinakon, das flüssige und das feste Isobenz- pinakon, geben beim Behandeln mit Natriumamalgara Benzhydrol. {Annal. d. C/iem. u. Pharm. CXXXIII, 1 — 52.) G. Azobenzid. A. Werigo versetzte eine alkoholische, mit Essig- säure angesäuerte Lösung von Nitrobenzol alluiälig mit Natrium am algam ; es bildete sich hierbei Azobenzid, wel- ches durch verlängertes Einwirken des Natriumamalgams in Benzidin überging. Ersteres wurde in Gestalt von rothen, rhombischen Blättchen erhalten; seine Formel ist C24H10N2, sein Schmelzpunct 650. Das Azobenzid verbindet sich nicht nur direct mit Wasserstoff zu Benzidin, sondern auch direct mit Brom zu Dibrombenzidin, C24H'"N2Br2. Diese Verbindung bildet aus Alkohol umkrystallisirt kleine, gelbe, goldglänzende Nadeln, ist ziemlich schwer in Alkohol löslich, schmilzt bei etwa 205^ und sublimirt sich in Gestalt von irisiren- den, schwach gelben, ziemlich grossen Nadeln. In Aether ist es schwer löslich, in concentrirter Schwefelsäure löst es sich mit rother Farbe. Mit starker Salpetersäure be- handelt giebt es Mononitrodibrombenzidin, C24H9(NO'*) N2Br2, welches in langen strohgelben Nadeln krystallisirt. (Annal. d. Chem. II. Pharm. CXXXV, 176 — 180.) G. Hydrazosalicylige Säure. Wenn man nach dem von Strecker angegebenen Verfahren die nitrosalicylige Säure, C»4H5(N04)04, mit Xylol. — Zur Kenntniss des Xylols. 137 Natriumamalgam behandelt, so wird derselben der Sauer- stoff aus der Gruppe NO'* entzogen und es entsteht eine neue Säure, die hydrazosalicylige Säure, von der Zusam- mensetzung C>4H5NO'». Diese Säure stellt nach G. Briegel im trockenen Zustande ein feines, rothbraunes, nicht krjstallinisches Pulver dar, das in Wasser, Weingeist und Aether fast unlöslich ist, dagegen in Ammoniak eine dunkelrothbraune Lösung bildet. {Annal. d. Chem. «. Pharm. CXXXV, 168 —170.) G. Xylol. Die Angaben über das Xylol waren bisher wenig übereinstimmend. F. Beilstein hat jetzt das reine Xylol durch fractionirte Destillation aus einem von H. Trommsdorff bezogenen Steinkohlentheeröl dargestellt und gefunden, dass dasselbe constant bei 1390 siedet und bei 210 ein spec. Gew. = 0,8668 besitzt. Hiernach stel- len sich die Siedepunctsdifferenzen bei den Kohlenwasser- stoffen des Steinkohlentheers anders dar, als sie gewöhn- lich in den Lehrbüchern angegeben sind. Es ist: Benzol.. C>2H6 822 Differenz Toluol. . C»4H8 11 10 290 Xylol. . . C«6H10 1390 280. Mit der Schwefelsäure geht das Xylol eine krj-stalli- sirbare Verbindung, die Xylols chwe feisäure, ein, welche mit Metalloxyden wohl charakterisirte Salze giebt. Bei der Oxydation durch doppelt- chromsaures Kali und Schwefelsäure liefert das Xylol nicht Toluylsäure, sondern Tereph talsäure. Durch rauchende Salpetersäure wird es in Mononitro-Xylol und Dinitro-Xylol verwan- delt, welche beiden Körper durch Behandeln mit Salpeter- Schwefelsäure sehr leicht in Trinitro-Xylol übergehen. Dieses Trinitro-Xylol ist identisch mit dem Trinitro- petrol von Bussenius und Eisen stuck. {Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXIIl, 82—47.) G. Zur Kciiutiiiss des Xylols. G. Deumelandt wandte zur Darstellung des Nitro- xylols, C'6H9(N04), ein constant bei UOO siedendes Xylol an, welches sich sehr leicht nitrirt, wobei sich indess Di- und Trinitroxylol mit bildet. Man reinigt die gebildeten Nitroverbindungen durch Schütteln mit Ammoniak von 138 Zur Kenntniss des Xylols. den beigemengten Säuren und destilHrt nach dem Waschen und Trocknen im Kohlensäurestrome hei einer 240^ nicht übersteigenden Hitze. Diese Vorsichtsmassregel darf nicht imtcrblciben, indem sonst gegen das Ende der Destillation eine Explosion eintritt. Das abdestillirte Nitroxylol kann durch wiederholtes Fractioniren leicht auf den constanten Siedepunct 2400 gebracht werden. Behandelt man Nitroxylol mit Zinn und Salzsäure, so erstarrt nach dem Erkalten das Ganze unter Bildung eines Doppelsalzes, M^elches, durch Umkrystallisiren in concentrirte Salzsäure gereinigt, grosse schuppige Krystalle bildet, die die Formel CieRUN, HCl -[- 2 SnCl besitzen. Aus diesem Salze kann man durch Schwefelwasserstoff das salzsaure Xylidin erhalten, welches beim Abdampfen seiner Lösung sehr leicht krystallisirt. Formel C^^H^'N, H Cl. Es ist in kaltem Wasser nicht so leicht löslich, wie gewöhnlich die salzsauren Basen. Die freie Base gewinnt man entweder, indem man das salzsaure Salz mit trockner Soda destillirt, oder bes- ser, indem man Nitroxylol mit Eisenfeile '^und Essigsäure reducirt und nach dem Zusätze von überschüssiger Natron- lauge das- freie Xylidin C'^H^'N aus einem kupfernen Kessel abdestillirt. Es wird zur Reinigung an Salzsäure gebunden, und aus dem reinen Salze durch Kali gefällt. Es ist eine farblose Flüssigkeit, die sich an der Luft bald bräunt, schwerer als Wasser und bei 214 — 216^ siedend. Mit Chlorkalk erhält man keine Färbung. Die von Deumelandt untersuchten Salze, das sal- petersaure, schwefelsaure und Oxalsäure Xylidin krystalli- siren leicht. Das salpetersaure Salz bildet weisse seiden- glänze Blättchen und ist in heissem Wasser leichter lös- lich, als in kaltem. Erhitzt man schwefelsaures Xylidin mit Schwefelsäure, bis ein Theil der letzteren abraucht und krystallisirt den Rückstand aus siedendem Wasser um, so erhält man Xylidinschwefelsäure C'^H^N, S^O^. Aus einer verdünn- ten Lösung krystallisirt sie in Nadeln. Das Baryumsalz = BaO, CI6H10N, S205 bildet Warzen, die in Wasser leicht löslich sind. (Ztschr. f. Chem. N. Folge. Bd. 2. — Cham. Centrhl. 1866, 27.) B. Untersuchungen über das amerikanische Petroleum. 139 Versclüciiciilieit des Cyiuoh im Römisch -Kiiiumclöle von dem ans Camplicr dargestcllteu. Mit Gerhardt und Delalande nimmt man gewöhn- lich die Identität des Kohlenwasserstoffes aus Röraisch- Küramelöl und des aus Campher dui'ch Chlorzink darge- stellten an, obgleich deren Siedepuncte etwas differiren. Indess verhalten sich beide Körper auch in anderer Hin- sicht verschieden. a - Cyniol (aus Römisch -Kümmelöl) bildet mit Brom nur eine dicke pflasterähnliclie Verbin- dung von nahezu der Zusammensetzung C^o Iii0ßi'4_ Y)\q Verbindung von Sieveking = C^^^H'^Br^ konnte R. Fittig nicht erhalten. Dagegen liefert j3 - Cymol (aus Carapher und Chlorzink) sehr leicht eine schön krjstalli- sirende Verbindung mit Brom von der Zusammensetzung O20Hi2Br2. Auch die Kitroverbindungen unterscheiden sich: a - Dinitrocymol krystalHsirt aus Alkohol in farb- losen langen, glänzenden Blättchen oder Nadeln, die bei 69,50 schmelzen, während ß- Dinitrocymol in kleinen farb- losen, dünnen, bei 90^ schmelzenden Tafeln krystallirt. Das a- Dinitrocymol scheint ferner nur sehr schwie- rig in eine Trinitroverbindung überzugehen, während das ß- Dinitrocymol leicht eine bei 112,50 schmelzende Trinitro- verbindung erzeugt. Das ß-Cymol wird schliesslich auch durch chrora- saures Kali und Schwefelsäure nicht wie das a-Cymol in. Terephtbalsäure verwandelt. Die dabei entstehende Säure zeigt äusserlich zwar eine grosse Aehnlichkeit mit der Tereplitalsäure, ist aber namentlich durch ihre grössere Löslichkeit, sowohl im freien Zustande, als in ihren Sal- zen, streng unterschieden. Die Analyse des Baryt-, Kalk- und Silbersalzes führte zu der Formel Ci^H^QS^ die Lunge jedoch als noch nicht ganz unzweifelhaft betrach- tet. {Ztschr. f. Chemie. N. F. Bd. I. Heft 10. — Chem. Centrbl. 1866, 7.) B. _ Mcrsuchiingeu über das amorikanisfhe Petroleum; von Felo uze und Cahours. Die ältesten Schriftsteller sprechen in ihren Schrif- ten von brennbaren Flüssigkeiten, die ähnlich dem Wasser dem Erdboden entspringen. Bei den Urvölkern wurden diese zu dem gröbsten häuslichen Gebrauche verwendet, während civilisirtere Völker sich derselben zur Erzeugung von Wärme und Licht in verschiedenen industriellen An- wendungen bedienten. Nach Herodot war eine solche Quelle am Fusse der Gebirge auf Zante, welche die Ein- 110 Untersuchungen übe)' das amerikanische Petroleum. wohner in mannigfacher Weise ausnutzten. Einige dieser natürlichen Quellen entzündeten sich von «elbst, brannten Jahrhunderte hindurch in Folge der fortwährenden Er- neuerung des Brennstoffes und wurden von den Feuer- anbetern als die herrlichste Manifestation der Gottheit betrachtet. Die Mineralöle der verschiedensten Natur wurden viel später als Petroleum oder Steinöl bedeutende Handels- artikel. Persien, Indien, einige Gegenden am kaspischen Meere, gewisse Landstriche in Italien bieten uns bemer- kenswerthe Beispiele solcher Quellen. Trotz ihrer Wichtig- keit fanden diese Substanzen dennoch nur beschränkte Verwendung, bis vor einigen Jahren die Nachricht sich verbreitete, dass in mehren Gegenden Nordamerikas beträchtliche Eeservoirs eines dem Petroleum ähnlichen Oeles sich vorfänden, das man vortheilhaft verwenden könnte als Brennmaterial in eigen dazu construirten Lam- pen oder als Lösungsmittel für Stoffe, die an Kohlenstoff und Wasserstoff reich sind, wie Oele, Fette, Essenzen u.s. w. Ferner kann man bei Rothgluth aus diesen Flüssig- keiten ein stark leuchtendes Gas erhalten, und die Mannig- faltigkeit der Eigenschaften konnte nicht verfehlen, ihnen bedeutenden Abgang zu verschaffen. Die reichlichsten Quellen dieses interessanten Pro- ductes finden sich bei Mekka in der Grafschaft Trumbull und bei Titusville in der Grafschaft Venanzo in Pensyl- vanien. Jede von ihnen lieferte 125,000 Tonnen zu 145,20- Liter im Jahre 1861, fast das Fünffache der Menge, die man 1860 erhalten hatte. Es ist dieses das rohe Mineralöl, das zu New -York 1859 die Gallone (3,63 Lit.) 1 Fr. 89 Cent, kostete und gegen Ende 1862 auf 76 Cent. fiel. Neuerdings hat man diese Mineralöle an zwei Orten in Kanada aufgefunden bei Gaspe am Meerbusen von St. Lorenz und in der Grafschaft Lambton am west- lichen Ende der Halbinsel zwischen dem Huron, Erie und Ontario-See. Hier sind es nicht einfache Quellen, sondern M^ahre Springbrunnen; die Resultate bei Gaspe haben wenig befriedigt, was bei denen von Lambton nicht der Fall ist. Die Oellager befinden sich fast in der Mitte der Grafschaft im Bezirk Enniskillen. 1861 zählte man hier vier Brunnen mit ununterbrochenem Flusse, von welchen die drei ersten gegen Ende desselben Jahres in 24 Stunden mindestens 5808 Hectoliter lieferten, ohne dass auch nur daran zu denken wäre, dass ihre Production sich verlangsamern würde. Der vierte Brunnen, dessen Bohrung im März 1862 gefasst wurde, lieferte während Untersuchungen über 'das amerikanische Petroleum. 141 dieser Zeit mehr Oel als die drei andern zusammen. Diese allerdings noch unvollständigen Notizen sind aus einem Berichte des französischen Consuls in Kanada, Gauldree-Boileau, an den Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Ebenso kommt dieses Mineralöl im Ueberfluss vor in Texas, an der Küste in Kalifornien, wo es zusammen mit Erdharz gefunden wird; ferner tritt es westlich vom Mississippi auf, in Illinois und in einigen anderen der Vereinigten Staaten. Der Verbrauch dieser Producte nimmt täglich in grossen Dimensionen zu, so war 1861 der Export 41,161 Hectoliter und hatte sich schon in den drei ersten Monaten 1862 auf 76,866 Hectoliter gehoben. Die Methode, diese Oele zu erhalten, ist sehr einfach. Man hohrt mit einem Sonden -Erdbohrer von 0,076 bis 0,152 Durchmesser in die Tiefe, die von 15 bis 150 Meter variiren kann; hat man bei dieser Tiefe noch keinen Erfolg, so giebt man gewöhnlich das weitere Bohren an derselben Stelle auf. Trifft die Sonde auf Oel, so röhrt man das Bohrloch aus und setzt eine Pumpe ein, durch welche das Gemenge von Oel und Wasser in nahe ge- legene Reservoirs gezogen wird. Bei geringer Ergiebig- keit setzt man die Pumpe durch menschliche Kräfte in Bewegung, bei reicher Ausbeute treibt man dieselbe durch Dampf. Gegenwärtig ei'hält man durch Destillation der Stein- öle vier Producte, welche verschiedene Anwendung finden: 1) Die Essenz, die wegen des hohen Preises des Terpenthinöles bei der Malerei verwendet wird ; 2) Das Beleuchtungsmaterial mit einer Dichte von 0,780 bis 0,800, das man en gros für 75 — 80 Eres, das Hectoliter kauft; 3) Das schwere hellgelbe Oel, von welchem das Liter 820 — 830 Grni. wiegt, und welches man nach Verhältniss mit 60 — 65 Eres, für das Hectoliter bezahlt; 4) Das rothe Oel, das zur Verfälschung der vege- tabilischen Oele dient und je nach seiner Klarheit 35 bis 45 Eres, kostet. Die Oele von Kanada sind bis jetzt wegen ihres sehr unangenehmen Geruches und wegen der geringen Ausbeute an Beleachtungsmaterial nicht in Anwendung gekommen. Das schwere Oel wird mit Vortheil zu Maschinenschmiere verwendet, auch erhält man daraus zu ziemlich billigem Preise ein Gas von beträchtlicher Leuchtkraft. 142 Untersuchungen ilber das amerikanische Petroleum. Es sind die silurischen, Ammoniten führenden oder devonischen Kalke, welche die Reservoirs der Mineral- öle zu enthalten scheinen. Die von Pensylvanien und Ohio offnen sich in einem porösen Sandstein, der als Aequivalent des englischen Altrothsandsteins betrachtet werden kann und den die unteren Schichten der kohlen- führenden Formation bedecken, die in Kanada fehlt. Ueber die Entstehung dieser Gele hat man bis jetzt nur mehr oder weniger gegründete Vermuthungen, man muss sich in dieser Hinsicht mit reinen Hypothesen helfen. p]inige Geologen meinen, den Ursprung des amerikanischen Petro- leums müsse man einer Art langsamer Fermentation von Meerpflanzen und Thierresten der paläozoen Zeit zuschrei- ben, die bei niedrigen Temperaturen und in einem Medium statt findet, zu welchem die atmospärische Luft nicht zu- treten kann. Nach Andern sind diese Producte das Resul- tat einer langsamen Destillation bituminöser Kohlen, die bei möglichst niedriger Tempei'atur vor sich geht. Wie dem auch sei, die vollstcändige Abwesenheit von Benzin und seinen Homologen in den zahlreichen Proben sehr verschiedener Quellen lässt es als wahrscheinlich erschei- nen, dass diese Producte nicht aus der Kohle stammen, weil diese beständig Benzin und analoge Kohlenwasser- stoffe liefert, mag man sie bei hoher oder niedriger Tem- peratur, schnell oder langsam destilliren. Die neuerdings in Manchester von Schorlemmer ausgeführten Untersuchungen über die flüchtigen Destilla- tionsproducte der Kannelkohle haben einige Kohlenwasser- stoö'e ergeben, die Pelouze und Cahours auch in dem amerikanischen Petroleum fandeia, aber neben diesen traten in dem Destillate beständig Benzin und seine Homologen in ziemlich bedeutenden Verhältnissen auf. Die gleichen Kohlenwasserstoffe sind auch in der Bogheadkohle und in den Destillationsproducten gewisser Schiefer vorhanden. Jedes Mal bildeten sie sich, wenn man etwas über Rothgluth die Säuren der Essigsäuregruppe und ihre Alkohole in verschlossenen Gläsern erhitzte. Dasselbe ist der Fall, wie Wurtz und Berthelot jeder für sich gezeigt haben, wenn man dieselben Alkohole der gleichzeiti- gen Einwirkung von Wärme und Chlorzink oder höchst concentrirter Schwefelsäure aussetzt. Berthelot er- hielt Sumpfgas, Aethyl-, Propyl- und ButylwasserstofT, indem er die alkalischen essigsauren und buttersauren Salze der Destillation unterwarf. Es ist nicht unwahr- scheinlich, dass die Reihe der homologen Kohlenwasser- stofie im amerikanischen Petroleum ihren Ursprung einer n Untersuchungen über das amerikanische Petroleum. 143 langsamen Destillation verdankt oder einer Art Fermen- tation der organischen Materien, die Kohlenstoff und Wasserstoff in äquivalenten Verhältnissen enthalten. Die von Pelouze und Cahours ausgeführte che- mische Untersuchung ergab eine der merkwürdigsten und wichtigsten Reihen der organischen Chemie, alle Verbin- dungen standen im Bezüge zum Sumpfgas, dem sie homolog sind und vervollständigten so eine interessante Reihe, von deren Gliedern man bis jetzt nur eine beschränkte Zahl kannte. Die in möglichster Reinheit dargestellten dreizehn flüssigen, dem Sumpfgase homologen Kohlen- wasserstoffe charakterisiren sich alle eben so wie das Sumpfgas durch grosse chemische Indifferenz. Das als Paraffin bezeichnete feste Product, welches man immer im amerikanischen Petroleum findet und welches eben so gegen die Einwirkung der energischsten Reagentien resi- stent ist, gehört ebenfalls zu dieser Reihe. Es steht jetzt fest, dass es mehre Paraffine mit sehr verschiedenem Schmelz- und Siedepuncte giebt, die eine eben solche mehr oder weniger beträchtliche Reihe fester Verbindun- gen bilden, wie die der flüssigen. Jeder dieser Kohlenwasserstoffe wird durch Chlor angegriffen, wobei unter successiver Elimination des Was- serstofls als Salzsäure eine äquivalente Menge Chlor fixirt wird. Das erste Product dieser Einwirkung ist bei jedem Kohlenwasserstoffe der salzsaure Aether des entsprechen- den Alkohols, aus diesen Chlorwasserstoffäthern kann man verschiedene homologe Alkohole der Aethylreihe darstel- len und umgekehrt werden die einmal erhaltenen Alkohole durch Chlorwasserstoffsäure in ihre verschiedenen Chlor- wasserstoffäther umgebildet. Alle diese Aether ohne Aus- nahme geben im Contact mit Natrium die schöne blau- violette Färbung, die Bouis in seiner Arbeit über den Caprylalkohol erwähnt. Erhitzt man die Mischung dieser Körper, so vereinigt sich das Chlor mit dem Alkalimetall, in derselben Zeit entwickelt sich ein Kohlenwasserstoff iTiit 2 Aeq. Wasserstoff weniger, als der ursprüngliche Kohlenwasserstoff enthielt. Auf diese Weise kommt man aus der Reihe des Sumpfgases in die des ölbildenden Gases. Die Chlor- wasserstoffäther wirken in verschlossenen Gläsern bei 100 bis 16()0 auf die alkoholischen Lösungen der Alkalien, Sulfüre, Cyanüre, alkalischer Salze und bringen durch Doppelzersetzung die verschiedenartigsten Verbindungen hervor, die man durch reciproke Einwirkung der ent- sprechenden Alkohole und Säuren erhalten kann, aus wel- 111: Untersuchiuujen über das amevikanische Petroleum. eben die verschiedenen einfachen und zusammengesetzten Aether entstehen. Die dem Sumpfgase homologen Kohlen- wasserstoffe versprechen uns also nicht allein die Darstel- lung aller bekannten Alkohole, sondern auch die Auf- findung anderer noch unbekannter. Lässt man in verschlossenen Gläsern die Chlorwasser- stofFäthcr auf alkoholische Ammoniaklösungen einwirken, so kann man ebenso die ganze Reihe der den Methyl- und Aethylverbindungen homologen Ammoniake erhalten. Jeder dieser Kohlenwasserstoffe führt demnach zu zahl- reichen Producten, deren Darstellung keine ernstlichen Schwierigkeiten darbieten dürfte. Sind die Kohlenwasserstoffe in ihren vielfachen heute gebräuchlichen Verwendungen von grosser Bedeutung, so sind sie dieses nicht weniger von rein speculati- vem Uesichtspuncte, indem sich aus ilmen eine grosse Zahl von Verbindungen darstellen lässt, deren Existenz bisher nur durch Hypothesen w^ahrscheinlich gemacht war. Die von Pelouze und Cahours aus dem ameri- kanischen Petroleum erhaltenen Producte sind: Name. For- mel. Dichte der Flüssigkeit Siede- punct. Dichte d. Gase gefun- den. berech- net. III Butylhydrur (Te- trylhydrür) Amylhydrür (Pen- tylhydrür) Caproylhydrür (Hexylhydrür). . Oeuanthylhydrür (Heptylhydrür). . Caprylhydrur (Oc- tylhydrür) Pelargylhydrür (Nonylhydrür). . EutyUiydrür (De- cylhydrür) Undecylhydrür . . . Laurylhydrür (Du- odecyihydrür) . . Cocinyihydrür (Tridecylhydrür). . Myristylhydrür (Tetradecylhydrür) Benylhydrür (Peu- tadecylhydrür). . Piilmitylhydrür (Cetylhydrür). . . C8H>o C10HI2 C12HH C14H16 C16H18 C18H20 C20H22 C22H24 0,600 bei 0° 0,628 „ 170 0,669 „ 160 0,699 „.160 0,726 „ 150 0,741 „ 150 0,757 „ 150 0,766 „ 160 gegen lOO 300 680 92 - 940 116—1180 136- 1380 158—1620 180—1820 198-2000 C24H26 0,778 „ 200 C26H29 0,796 „ 200 216-2180 I C28H3o!o,809 „ 200 236-2400 C30H32|o,825 „ 190 C32H34 255-2600 gegen2800 2,557 2,535 3,055 3,029 8,600 3,521 4,010 4,015 4,541 4,508 5,040 5,458 5,001 5,494 5,972 5,987 6,569 6,481 7,019 6,974 7,526 7,467 8,078 7,961 4 Vol. Untersuchungen über das amerikanische Petroleum. 145 Aus der sehr umfangreichen Arbeit sind über die •einzelnen Kohlenwasserstoffe einige möglichst kurze Aus- führungen nothwendig. Butylhydrür konnte wegen der geringen Menge nicht gründlich untersucht werden ; riecht ätherartig, giebt rnit Chlor CSH^Cl^ das mit alkoholischer Kalilösuug im Wasserbade sich zersetzt und unter andern Producten ein Gas liefert, welches von Brom absorbirt wird. Brom- butylen CSH8Br2 bei 163—1650 siedend. Amylhydrür farblos, äusserst beweglich, ätherartig riechend, brennt mit stark leuchtender nicht russender Flamme, unlöslich in Wasser, leicht löslich in Alkohol und Aether, ist identisch mit dem von Frankland durch reciproke Einwirkung von Zink und Jodamyl dargestell- ten Amylwasserstoff, löst fette Körper sehr leicht, ein Hin- derniss seiner Anwendung ist die grosse Flüchtigkeit. Chlor ward selbst bei gewöhnlicher Temperatur und im diffusen Lichte unter Erhitzung reichlich davon absorbirt, C'OliiiOJ- das Amylchlorür giebt mit alkoholischer Lösung von einfach Schwefelkalium Amylsulfür, mit Schwefelwas- serstoff-Schwefelkalium Amylmercaptan und mit Brom bildet sich Bromamylen CiOHiOBr2. Caproylhydrür =C^2fji4 igt i^^ amerikanischen Petroleum von allen Kohlenwasserstoffen in grösster Menge enthalten, farblos, sehr beweglich, mit schwach ätherartigem Geruch, unlöslich in Wasser, leiclit löslich in Alkohol, Holzgeist, Aether, Aceton, Amylalkohol und verschiedenen zusammengesetzten Aethern. Es lost: Elaylchlorid, Schwefelkohlenstoff, Bromhydrocarbür in allen Verhältnissen bei gewöhnlicher Temperatur; reichlich selbst in der Kälte Talg, Aethal, Stearin, Margarin, Elain, Paraffin, vegetabilisches Wachs, fette Oele und die aus ihrer Verseifung entstehenden Säuren, löst aber selbst in der Wärme nicht merklich die Säuren, welche aus Fetten durch Salpetersäure sich bilden wie Bernsteinsäure^ Adi- pin-, Pimelin- und Suberinsäure. Nicotin wird davon in allen Verhältnissen und bei allen Temperaturen gelöst; Anilin nur in der Wärme, scheidet sich beim Erkalten wieder ab; Chinin, Cinchonin, Morphin, Narcotin nicht merklich. Caproylhydrür löst Jod und nimmt davon eine sehr intensive rothviolette Farbe an; Jodoform beim Sie- den mit röthlicher Färbung, scheidet sich beim Erkalten in gelben glänzenden Flittern aus. In nur sehr geringen Mengen selbst bei längerm Sieden werden gelöst Coio- phonium, Copal, Anime; Benzoesäure in der Kälte kaum, Arch.d. Pharm. CLXXXr.Bds.l.u.2. Hft. 10 ]-16 Untersuchungen über das amerikanische Petroleum. in der Wärme reichlich, scheidet sich beim Erkalten in langen, durchsichtigen, dünnen Nadeln wieder ab; Benzoe bei gewöhnlicher Temperatur nicht merklich, in der Wärme sehr Avenig; Benzin in allen Verhältnissen, Nitrobenzin ziemlich beträchtlich, Dinitrobenzin in sehr geringen Men- gen, scheidet sich in feinen, schwach gefärbten Nadeln wieder aus; Naphtalin in der Wärme reichlich, scheidet sich beim Erkalten in glänzenden Prismen ab, weniger gelöst wird selbst in der Wärme Nitronaphtalin, das sich beim alhnäligen Erkalten in langen, gelben, dünnen, glän- zenden Nadeln abscheidet. Leicht gelöst wird Azobenzid selbst in der Kälte, giebt beim Verdunsten schön orange- rothe Prismen, die grosse Aehnlichkeit mit doppelt chrom- saurem Kali haben. Campher löst sich in allen Verhält- nissen im Hexylhydrür. Es ist brennbar mit stark leuchtender Flamme. Diese Eigenschaften versprechen eine vortheilhafte Verwendung dieses Körpers zur Beleuchtung einerseits und andererseits zum Entfernen von Fettflecken aus Zeugen. Zur Berei- tung von Firnissen kann es nicht dienen, weil es zu wenig lösend auf harzartige Körper wirkt. Bei mehrstündigem Einleiten unter diffusem Lichte von Chlor in Caproylhydrür nimmt dasselbe die charak- teristische Farbe des Gases an. Das Caproylchlorür C'2H»3C1 siedet bei 125-1280, ist farblos, klar, völHg neutral, wirkt nicht auf Silbernitrat, ist unlöslich in Was- ser, leicht löslich in Alkohol und Aether. Dichte 0,892 bei IßO. Es ist der Chlor wasserstoffäther der Hexyl- oder Caproy Ireihe. — Durch längeres Ein- leiten von Chlor entwickelt sich Salzsäure und es bilden sich chlorreichere Producte; man erhält eine farblose, klare Flüssigkeit, die bei 180— 184» siedet, bei 20» eine Dichte von 1,087 zeigt und der Formel C>2H»2C12 entspricht: einfach gechlorter Chlorhydrohexyläther. â–  — Das dritte Product der Einwirkung von Chlor auf Hexylhydrür ist fast farblos, noch ziemlich beweglich, siedet bei 215 bis 2180, seine Dichte ist 1,193 bei 21«, seine Formel Q12H11C13: zweifach gechlorter Chlorhydrohexyl- äther. — Das vierte Product ist eine leicht ambrafarbige Flüssigkeit, weniger beweglich als das dritte, von der For- mel C12HJ0C14, dreifach gechlorter Chlorhydro- hexyläther. — Unterstützt man die Einwirkung des Chlors auf Hexylhydrür durch Wärme und Sonne nicht, so erhält man eine beträchtliche Menge eines dunkelambra- farbenen Productes von der Consistenz eines fetten Oeles» Petroleumbeleuchtung. 147 das beim Erhitzen stark campherartig riecht, bei 285 bis 2900 siedet, Dichte 1,598 bei 200, Formel C»2H8C16: fünffach gechlorter Chlorhydrohexyläther. Die übrigen in der Tabelle aufgeführten-Kohlenwasser- stoffe sind nebst ihren Derivaten und Substitutionsproduc- ten sehr ausführlich in der Arbeit von Pelouze und Cahours behandelt, bieten jedoch nichts pharmaceutisch Wichtiges dar. {Annal. de CMm. et de Phys.) Dr. Reich. Petroleumquellen in Italien. Auch in Italien und zwar im Toskanischen, wurden durch einen englischen Geognosten Petroleumquellen auf- gefunden. Derselbe hat die Landesstrecken bei Guerzola, Guercin, Varana, Monte Carenzone angekauft; die Aus- beutungsarbeiten werden ehestens beginnen. {Ztgsnachr. 1866.) B. Petroleunibelcuchtung. Eine bei der Petroleumbeleucbtung überall ge- machte Erfahrung lautet dahin, dass die Beleuchtung durch das häufige Zerspringen der Glascylinder ziemlich vertheuert wird und dies ist namentlich an Orten, wo Luftzug herrscht (in Hausfluren, Strassen, auf Bahnhöfen u. s. w.) der Fall. Die Petroleuniflamme strahlt nämlich, weil sie helUeuchter ist als andre Flammen, auch eine stärkere Hitze aus, welcher der Glascylinder nicht wider- steht, wenn von aussen eine ungleiche und rasche Ab- kühlung erfolgt. Das einfachste Mittel, das Zerspringen der Glascylinder sicher zu verhüten, besteht darin, den Glascylinder mit einem andern, von 7 — 10 Linien grös- seren Durchmesser zu umgeben. Selbstverständlich muss der grössere Glascylinder auf einem Boden aufstehen, so dass von unten her kein bemerkenswerther Luftstrom im Zwischenraum beider Cylinder entsteht. Es kann keine Hede davon sein, dass nun der äussere Cylinder zersprin- gen muss, weil er jetzt ungleicher Abkühlung ausgesetzt ist, denn die Temperatur seiner Innenfläche ist offenbar zu gering. {Bl. f. Hdl. u. Gew. 1866.) B. Notiz über einige neue Kohlenwasserstoffe. C Schorlemmer theilt mit, dass er in letzterer Zeit mehre Kohlenwasserstoffe der Reihe 0-^"^^°+^ mit 10* 148 Notiz iiher einige neue Kohlenivasserstoff'e. allen möglichen Oxydationsmitteln behandelt habe, jedoch ohne Erfolg. Er hat sich indess überzeugt, dass die aus Steinöl dargestellten Amyl Verbindungen mit den aus Fuselöl erhaltenen im Siedepuncte, specifischen Gewicht u. s. Av. ganz identisch sind. Für das Acetat fand Öchor- lemmer, wie kürzlich Wanklyn, den Siedepunct 140^. Gegenwärtig hat Schorlemmer eine Arbeit wieder aufgenommen, die sich an seine Untersuchung über die Kohlenwasserstoffe aus Cannelkohlentheeröl anschliesst. Beim Reinigen des unter 120^* siedenden Oels mittelst Schwefelsäure wird ein Theil desselben verändert, indem beim Abdestilliren des gewaschenen Oeles die Kohlen- wasserstoffe der vSurapfgas - und der Benzolreihe abdestil- liren und eine bedeutende Menge einer theerartigen Flüs- sigkeit zurückbleibt. Wird dieselbe über 2000 erhitzt, so destillirt ein dickes Oel über, aus dem Schorlemmer durch lange wiederholtes Fractioniren über Kalihydrat und Natrium folgende drei Kohlenwasserstoffe abgeschie- den hat: Siedepunct C24H20. ., 2100 C2SH24... 2400 C32H2S. .. 2800. Dieselben sind wasserhelle, dickflüssige, stark licht- brechende Oele, die einen eigenthümlichen, an die Wur- zeln einiger Umbelliferen erinnernden Geruch besitzen und mit Salpetersäure Nitroverbindungen bilden, aus denen durch Zinn und Salzsäure leicht veränderliche chlor- wasserstoffsaure Salze entstehen. Durch Chromsäure wer- den die Kohlenwasserstoffe langsam oxydirt, unter Bildung von Kohlensäure, flüchtigen Fettsäuren und einer harz- artigen Säure. Diese Kohlenwasserstoffe hat Schorlem- mer bis jetzt nur in geringer Menge und noch nicht in ganz reinem Zustande erhalten, es ist demselben jedoch vor der Hand wahrscheinlich, dass dieselben durch Einwir- kung der Schwefelsäure auf Kohlenwasserstoffe der Reihe C2nH2n-2 entstanden sind. {Ztschr. f. Cliem. N. F. Bd. 2. Heft 2. — Chem. Centrbl. 1866, 29.) B. Äiifertiguug rou f^asscrdiohteiii Papier. Man setzt zu der Papiermasse eine Lösung von reiner Talgseife in Wasser, zu welcher man die genügende Menge Alaun hinzugefügt hat, um eine vollständige Zersetzung der Seife zu bewirken. Das Papierzeug wird dann in gewöhnlicher Weise verarbeitet, braucht aber nicht geleimt zu werden. {Scient. Avier. durch Polyt. Centrbl. 1866.) B. Tödten der Fische. 149 }IetQ HaonoTer. ARCHIV DER PHARIACIE. CLXXXI. Bandes drittes Heft. I. Pli^'sik, Chemie^ Pflaitzeiiphyisio- log;ie und praktische Pharinacie. Ceber die Mineralquellen zu Tönnisstein und Heiibrunnen im Brohlthale; von R. Bender. iiiinen Hauptreichthum des Brohltbales bilden eine Menge Mineralquellen, welche durch die Verschieden- artigkeit ihres Gehaltes auffallen und als die namhafte- sten sind zu erwähnen: der Tönnissteiner Brunnen, die Tönnissteiner Stahlquelle und der Heilbrunnen. Das Tönnissteiner Wasser hatte schon in frühen Zeiten einen medicinischen Ruf, so nennen schon Prof. Günther in Strassburg 1565 in seinem Commentar. de balneis et aqins medicatis und Tabernaemontanus 1593 diese Quelle fo}}s excellentissimus\ im 17ten und 18ten Jahrhundert erschienen verschiedene Schriften über die- selbe, in welchen die Heilkraft des Wassers in den ver- schiedensten Krankheiten angepriesen wurde; von den neueren sind zu erwähnen die von Wall er heim, G. Bischof, Wegeier u, a. Das Tönnissteiner Wasser entquillt einem Brunnen, der durch eine 17 Fuss hohe Kuppel, welche auf einer Rückwand und 4 toskanischen Säulen ruht, bedeckt wird. Die ersten grösseren Bi'unnenanlagen führte Kurfürst Max Heinrich im Jahre 1666 aus. Sein Nachfolger Clemens August errichtete das Brunnengebäude, das jetzige Kur- Arch. d. Pharm. CLXXXI. Bds. 3. Hft. 12 170 R. Bender y haus, die Kapelle und stellte einen Verbindungsweg mit dem Heilbrunnen her. Der Tonnissteiner Trinkbrunnen liegt in einer Höhe von 395 Fuss über dem Spiegel der Nordsee, etwa 1 Meile vom Rhein entfernt ; er besitzt eine Temperatur von 100,2 R. Nach der Analyse von Prof. G. Bischof sind in einem Civilpfunde des Wassers enthalten : Kohlensaures Natron 6,60 Gran Kohlensaure Magnesia 7,10 „ „ Kalkerde 3,10 Kohlensaures Eisenoxydul . . , 0,46 „ Schwefelsaures Natron 0,60 „ Chlornatrium .... 4,10 „ Kieselscäure 0,30 „ Summa der Bestandtheile 22,26 Gran. 100 Vol. des Wassers enthalten 163,5 Vol. freie und halbgebundene Kohlensäure. Der Tonnissteiner Badebrunnen liegt oberhalb dem Trinkbrunnen in einer Höhe von 441 Fuss über dem Meeresspiegel. Derselbe besitzt eine Temperatur von 8® R. und enthält nach der Analyse von G. Bischof in einem Civilpfunde: Kohlensaures Natron 6,00 Gran Kohlensaure Magnesia 2,70 „ Kalkerde 3,60 Kohlensaures Eisenoxydul . . . 0,53 , Schwefelsaures Natron 0,40 „ Chlornatrium 1,10 „ Kieselsäure 0,20 „ Summa der Bestandtheile 14,53 Gran. Der Tonnissteiner Stahlbrunnen liegt 20 Minuten oberhalb dem Badebrunnen bei Wassenach, in einer Höhe von 680 Fuss über dem Meere und besitzt eine Tempe- ratur von 80,7 R. Mineralquellen zu Tönnisstein und Heilbrunnen. 171 In einem Civilpfunde des Wassers sind nach G. Bischof enthahen: Kohlensaure Magnesia 2,60 Gran „ Kalkerde 2,60 „ Kohlensaures Eisenoxydul 3,08 Schwefelsaures Natron 0,70 „ Kieselsäure 0,30 „ Summa der Bestandtheile 9,28 Gran. Der Heilbrunnen im Brohlthale, 1/4 Meile unterhalb Tönnisstein, liegt in einer mit Wald umgebenen Gebirgs- schlucht, 356 Fuss über dem Meere. Die Temperatur des Heilbrunnens beträgt 9^,3 R. Dieser Temperaturgrad, die mittlere Bodentemperatur nach dem Temperaturgrade süsser Quellen der Umgebung zu 7,3^ angenommen, lässt ungefähr auf eine Tiefe ihres Ursprungs von 230 Fuss schliessen. Nach einer Analyse von G.Bischof enthalten 10,000 Theile des Heilbrunner Wassers: Kohlensaures Natron 17,495 Kohlensaure Magnesia 10,935 Kalkerde 3,744 Kohlensaures Eisenoxydul.... 1,116 Schwefelsaures Natron 3,054 Chlornatrium 16,695 Kieselsäure. . 0,678 Summa der Bestandtheile 53,717. Die Summe der löslichen Bestand- theile beträgt 37,245 Die der unlöslichen 16,475. Die Bestimmung des Gehalts an Kohlensäure im Heilbrunnen wurde von Dr. F. Mohr ausgeführt. Der- selbe fand in 1000 Grammen 4,942 Grm. Kohlensäure, wo- von 1,6732 Grm. in gebundenem und 3,2688 Grm. in freiem Zustande sich befanden. Berechnet man dieses Gewicht auf Volumina bei 0^ R. und 28 Zoll Barometer- stand, so repräsentiren diese 3,2688 Grm. einen Raum 12* 1 < 2 K. Bender, AJineralquellen zu lörnii.'istein u. ileiihrunneii. von 1651,1 C.C. Es enthält demnach 1 Vol. Mineral- wasser 1,6011 Vol. Kohlensäure in freiem und doppelt kohlensaurem Zustande. Es ist somit das Wasser als mit Kohlensäure vollständig gesättigt anzusehen und wird das aus dem Wasser frei werdende Gas noch dazu be- nutzt, vor der Füllung in die Krüge und Flaschen gelei- tet zu werden, deren 1000 in einem Tage bequem gefüllt werden können. Eine Prüfung des Heilbrunner Mineralwassers durch den Spectralapparat habe ich gemeinschaftlich mit Herrn Director Dr. D renke versucht. Zu diesem Endzwecke wurden 30 Grm. des klaren unliltrirten AVassers in einer Platinschale zur Trockne verdunstet. Der salzige Rück- stand, bei 120^ getrocknet, zeigte im Spectroskop die Linien: Na . a sehr stark und lang, Li . a stark und lang, Cs . [i schwach aber deutlich. Nach Befeuchten mit ChlorwasserstofFsäure zeigte sich Ca -Spectrum sehr intensiv. Es enthielt demnach das Heilbrunner Wasser noch Spuren von Lithium und Cäsium, welche Körper in der jüngsten Zeit in verschiedenen alkalisch-salinischen Mine- ralwässern aufgefunden wurden. Die wissenschaftliche Deputation für das Medicinal- wesen in Berlin, welche von der Brunnen- und Bade- verwaltung um ein Gutachten ersucht worden, hat nach den mitgetheilten Analysen und nach dem Vergleich der- selben mit ähnlichen Mineralwässern, wie Carlsbad und Marienbad, sich dahin ausgesprochen, dass der Heilbrun- nen und die demselben zunächst liegenden Mineralquellen im Brohlthale, begünstigt durch ihre vortheilhafte Lage, eine ganz besondere Berücksichtigung verdienen. Eimvirkung von salpetrigs. Kali auf salzs.Triätliylamin. 173 Notiz über die Einwirkung von salpetrigsaurem Kali auf salzsaures Triäthylamin ; vou W. Heintz*). In der Zeitschrift für Chemie (N. F. 2, 513)**) hat Geuther einige Angaben von mir über die Art der Einwirkung obiger zwei Körper auf einander in einer Weise besprochen, die zu Missverständnissen führen könnte. Ich habe in meinem Aufsatze „Ueber die Einwir- kung der salpetrigen Säure auf die Glykolamidsäuren" {Ann. Ch. Pharm. 138, 316 u. Zeitschr. für Chem. N. F. 2, 466) behauptet, dass reines Triäthylaminsalz durch Kochen mit salpetrigsaurem Kali (natürlich in wässeriger Lösung) im Wesentlichen unverändert bleibt und daraus {ebendas. S. 321) geschlossen, dass mit Hülfe des salpetrigsauren Kalis das Triäthylamin von dem Diäthylamin leicht ge- trennt werden könne. Geuther sagt (I.e.), er habe die Heintz'sche Ent- deckung, dass reines Triäthylan)insalz durch Kochen mit salpetrigsaurem Kali im Wesentlichen unverändert bleibt, nur mit Verwunderung zu lesen vermocht. Hierauf fährt Geuther fort: „die folgenden Ver- suche zeigen" u. s. w. Nach dieser Fassung sollte man nun meinen, die nun folgenden, aus den von Geuther neuerdings ange- stellten Versuchen gezogenen Schlüsse müssten meiner Behauptung schnurstracks widersprechen, müssten Beweis geben, dass meine Angaben falsch seien und die Behaup- tung von Geuther { Ar eh. d. Pharm. 123, 200) vollkom- men sicher stellen, dass sich das Triäthylaminsalz gegen salpetrigsaures Kali ganz wie das Diäthylaminsalz ver- *) Als Separatabdruck aus der Zeitschrift für Chemie, herausg. von Beilstein, Fittig u. Hübner, 18G6, Bd. 2. S. 571 vom Verfasser eingesendet. **) Dieses Archiv, Bd. 130, S. 56. 174 W. Heintz, halte. Ein nicht sehr aufmerksaniei' Leser würde zu dem iSchkisse gelangen können, obgleich sich Geuther in seiner zweiten und dritten Schlussfolgerung, wie folgt, ausdrückt: „Die Versuche zeigen 2., dass in concen- trirter Lösung das salzsaure Triäthylaniin durch salpe- trigsaures Kali das nämliche Product liefert, wie das salzsaure Diäthylamin, nämlich Nitrosodiätliylin, sich also so verhält, wie Dr. W. Schnitze beobachtet hat, dass in verdünnter Lösung dagegen nur geringe Zersetzung eintritt, und 3., dass bei dieser Behandlung das Triäthyl- aniin vollständig verschwindet". Zur Auf klärung der Sachlage möge Folgendes dienen: Geuther sagt in dem oben citirten älteren Auf- satze {Arch. Pharm. [2] 123, 200) wörtlich: „der Verlauf der „Reaction" (bei Einwirkung von salpetrigsaurem Kali auf salzsaures Triäthylaniin) war ganz so, wie ich es frü- her bei dem Diäthylaminsalz {Ann. Ch. Pharm. 128, löl) beobachtet habe". An der citirten Stelle drückt sich Geuther aber, wie folgt, aus: „Erst beim Erwärmen (einer Mischung einer „ziemlich concentrirten Lösung von salzsaurem Diäthylamin" „mit einer concentrirten Lösung neutralen salpetrigsauren Kalis") beginnt die Stickgas- entwickelung, welche durch die sich bei der Reaction entwickelnde Wärme immer bedeutender wird, so dass der Kolben zeitweilig in kaltes Wasser gesetzt werden muss In der Vorlage sammelt sich allmälig eine gelb gefärbte wässerige Lösung des Nitrosodiäthylins, auf Avelcher der Ueberschuss ölförmig schwimmt". Ganz anders lautet seine Beschreibung des Voi'gangs bei Einwirkung des salpetrigsauren Kalis auf salzsaures Triäthylaniin, welche er neuerdings giebt. Es heisst da {Ztschr. für Chemie, N. F. 2, 515): „In der Kälte keine Einwirkung, beim Kochen w^ird, ohne dass ölige Tropfen erscheinen, ein sich allmälig schwach gelb färbendes und den Geruch nach Nitrosodiäthylin in geringem Grade be- sitzendes Destillat erhalten. Je weiter die Destillation fortsclireitet, desto deutlicher der Geruch, bis, bei begin- Einwirkung von salpetrigs. Kali auf salzs. Triätliylamin. 1 75 nender Ausscheidung von Chlorkaliura im Kölbchen, dau- ernd ölige Tropfen von Nitrosodiäthylin erscheinen". Hiermit ist constatirt, dass die frühere Angabe von Geuther, die Reaction bei Einwirkung von salpetrig- saurem Kali auf Triäthylaminsalz verlaufe ganz gleich, wie die auf Diäthylaminsalz, irrig ist. Diese irrige An- gabe veranlasste mich, bei meinen Versuchen mit Tri- äthylamin es nie zur Salzausscheidung kommen zu las- sen, um eine etwaige anomale Zersetzung bei zu starker Concentration und damit Ueberhitzung der Mischung zu vermeiden und unter diesen Umständen sind meine An- gaben vollkommen richtig. Von dem Triäthylaminsalz wird nur sehr wenig verändert, das Diäthylamin dagegen ganz in das Destillat übergeführt. Die von mir ange- gebene Methode zur Trennung und Reindarstellung des Di- und Triäthylamins ist also durchaus brauchbar. Man hat nur die Vorsicht anzuwenden, die kochende Mischung nicht bis zur Abscheidung von Chlorkalium einzudam- pfen, wodurch, wie Geuther's Versuche lehren, ein be- deutender Verlust eintreten würde. Geuther's Versuchen verdanken wir die Kenntniss der Thatsache, dass Triäthylaminsalz beim Einkochen mit salpetrigsaurem Kali bis zur Bräunung vollkom- men zersetzt, aber nur zum Theil in Nitrosodiäthylin übergeführt wird. In Betreff der ersten Schlussfolgerung aus Geuther's neuen Versuchen (Ztschr.für Chem. AL F. 2, 514), wonach das von ihm durch fractionirte Destillation gereinigte Tri- äthylamin frei war von Diäthylamin, will ich gern zu- geben, dass ich im Irrthum war, wenn ich das Gegen- theil vermuthete. Hätte ich gewagt, das anzunehmen, was nun durch Geuther's eigene Angaben constatirt ist^ dass ihm nämlich die Verschiedenheit des Verlaufs der Einwirkung des salpetrigsauren Kalis auf Di- und Triäthylaminsalz entgangen war, so hätte ich freilich in diesen Irrthum nicht verfallen können. Halle, den 26. September 1866. 176 A. Casselmann, Ein Beitrag zur Prüfung der fetten Oele; von Dr. A. Cass cl m n n n *). Vor einiger Zeit ersuchte mich ein hiesiger Geschäfts- mann, verschiedene Leinölsorten auf Verfälschungen mit andern Oelen zu prüfen. Von der einen Sorte Lein- öl war eine grössere Quantität nach dem Auslande ge- sandt, von den Käufern jedoch nicht für genügend rein, son- dern für mit andern Oelen, namentlich mit Sonnenblumen- öl versetzt, erklärt worden. Der betreffende Herr wünschte in Folge dessen nicht allein die Richtigkeit dieser An- gabe ausser Zweifel gesetzt zu sehen, sondern auch ein Reagens zu haben, welches ihn als Laien befähigte, die Güte des Oeles künftig selbst zu prüfen. Wer sich jemals mit der Prüfung der fetten Oele beschäftigt hat, wird die Erfahrung gemacht haben, wie schwierig es ist, ein in jeder Beziehung genügendes Re- sultat zu erlangen. Die in den verschiedenen Werken angegebenen Prüfungsmethoden sind nicht überall genau zutreffend, und wenn auch ein französischer Chemiker Chateau in seinem Werke „Die Fette" **) S. 55 u. flgde. einen Untersuchungsgang zur Bestimmung und Prüfung der Oele genau aufgeführt hat, so lässt derselbe doch noch sehr viel zu wünschen übrig und eignet sich kei- neswegs für den Laien. Der Grund für das Eben- gesagte liegt meines Erachtens nach vorzugsweise in dem Grade der Reinheit der zu untersuchenden Oele, so dass das Oel einer und derselben Pflanze manche abweichende Reactionen zeigen kann, oder besser gesagt: Viele Reac- tionen sind weniger dem Oele selbst, als viel- *) Als Separatabdruck aus der Pharmac. Zeitschrift für Eussland vom Hru. Verfasser eingesendet. D. Red. **) Die Fette. Die Lehre von den natürlichen Fettkörpern, welche technische Anwendung finden. Vorkommen, Gewin- nung, Handel, Eigenschaften etc. von Tb. Chateau. Bear- beitet und mit Zusätzen vermehrt von Dr. Hugo Hartmann. Leipzig 1864, bei Wolfgang Gerhardt. Beitrag zur Prüfung der fetten Oele. 177 mehr denjenigen Stoffen zuzuschreiben^ welche das Oel aus der Mutterpflanze als Verunreini- gungen aufgenommen hat. Als Beispiel will ich anführen: Die fetten Oele der Cruciferen bilden mit wässeriger Kali- oder Natron- lauge in der Wärme behandelt Schwefelkalium oder Schwefelnatrium, enthalten mithin irgend eine Schwe- felverbindung, welche wir weniger als einen wesentlichen, als vielmehr als einen zufälligen Bestandtheil des fetten Oels der Cruciferen betrachten müssen. Dennoch irebrau- chen wir diesen geringen Schwefelgehalt, um eine Ver- fälschung des Mandelöls, Mohnöls oder Olivenöls mit einem Oele aus der Familie der Cruciferen nachzuweisen. Unter den fetten Oelen unterscheiden wir vorzugs- weise drei Gruppen : 1. Die nicht trocknenden Oele, die Glyce- ride der Oelsäure. Sie charakterisiren sich dadurch^ dass sie a) an der Luft nicht trocknen, sondern schmierig" bleiben ; b) mit salpetriger Säure oder Untersalpetersäure ver- setzt, sehr bald erstarren durch Umwandlung des flüssigen Ol eins in festes Elaidin und c) mit concentrirter Schwefelsäure gemischt sich höch- stens bis 6()<^ C. erhitzen. 2. Die trocknenden Oele, die Glyceride der Leinölsäure oder ähnlicher Säuren. Sie charakterisiren sich a) durch allmäliges Eintrocknen an der Luft, d. h. sie werden bei Zutritt der Luft und rascher noch bei Anwendung einer höheren Temperatur (z. B. längere Zeit in einem Oelbade bei der Tempe- ratur von 150 — 160^0. gehalten), entweder in einen starren, festen, harzähnlichen oder in einen kautschukartigen Körper verwandelt; h) dass sie in Berührung mit Untersalpeter- oder sal- petriger Säure nicht erstarren, und 178 A. Casselmann, c) mit concentrirter Schwefelsäure gemischt, sich un- gemein stark, meist unter Entwickelung von schwef- liger Säure, erhitzen. 3. Die Fischöle oder Thrane. Die Glyceride der Physetölsäure oder ähnlicher Säuren. Dieselben charakterisiren sich durch die intensiv rothen Färbun- gen, welche Aetznatron, Schwefelsäure von 1,530 spec. Gew. und namentlich syrupsdicke Phosphorsäure damit erzeugen. Wenn aus diesem eben Gesagten hervorgeht, dass es dem Laien nicht schwer fallen wird, die Verfälschung eines Oels einer Gruppe mit dem einer andern Gruppe durch die oben angeführten charakteristischen Reactionen zu entdecken, so wird ihm die Entdeckung der Ver- mischung von Oelen ein und derselben Gruppe doch um so mehr Schwierigkeiten bereiten, als es eigentlich nur möglich ist, dieselben aus dem Complex einer Reihe von Reactionen genauer zu erkennen. Die mir zur Untersuchung gesandten Leinölsorten führten, wahrscheinlich nach dem Namen der Fabriken, verschiedene Bezeichnungen, nämlich Müller, Schisch- kin und Tschubuikin und das Sonnenblumenöl die Bezeichnung süsses Sonnenblumenöl No. 2. Das Leinöl von Müller war dunkelgelb und klar und wurde mir als vollkommen rein und unverfälscht bezeichnet, während die beiden andern von trüber Be- schaffenheit waren und noch Schleimtheile enthielten. Auch das Sonnenblumenöl, von hellgelber, dem Mohnöl ähnlicher Farbe, war nicht ganz klar. Zur Prüfung des specifischen Gewichts wandte ich ein Oleometer an, was ähnlich wie ein Alkoholometer mit Thermometer eingerichtet und dessen 0-Punct gleich 12i/oOR, war. Die Scala des Oleometers stieg von unten 20 nach oben bis 50. Eine beigegebene Anweisung be- sagte, dass Baumöl 38, Mohnöl 32, Leinöl 29 — 30, Thran 33 Grade anzeigten müsse. Beitrag zw Prüfung der fetten Oele. 179 Nach diesem Oleometer zeigten nun das Leinöl von Müller und Sehischkin = 29,5 Grade „ „ „ Tschubuikin =30 „ „ Sonnenblumenöl = 33,5 „ Ferner : Mohnöl =33 Hanföl =32 Provenceröl =38 „ ]\landelöl = 36,7 „ Durch Beschaffung einer Mohr'schen Wage war es mir späterhin möglich, das specifische Gewicht der erst- genannten vier Oele und des Provenceröls nochmals fest- zustellen und es ergab sich, dass das Leinöl von Müller und Sehischkin = 0,9316 „ Tschubuikin =0,9310 „ Sonnenblumenöl = 0,920 „ Provenceröl = 0,914 spec. Gew. bei 15^ C. zeigte. Ein Gemisch von gleichen Theilen Leinöl und Son- nenblumenöl dagegen zeigte am Oleometer 32 Grade und ergab mit der Mohr'schen Wage ein spec. Gewicht von = 0,926 bei 150 C Bei dieser Gelegenheit muss ich bemerken, dass Bol- ley in seinem Handbuch der chemisch-technischen Unter- suchungen 1864 S. 347 mittheilt, dass es den von ver- schiedenen Autoren angegebenen specif. Gewichtsbestira- mungen der fetten Oele an Uebereinstimmung mangelte. Vergleichsweise führt er ausser andern auch das Leinöl und Olivenöl auf. Dieselben besitzen folgendes speci- fische Gewicht: Scharling Lefebvre Schübler Leinöl . . . 0,9383 0,9350 0,9347 Olivenöl — 0,9180 0,9176. Da die daselbst angegebenen Zahlen mit den von mir mittelst der Mohr'schen Wage gefundenen ebenfalls nicht übereinstimmten, so versuchte ich die Bestimmung des specif. Gewichts noch auf anderem Wege, nämlich durch das gewöhnliche Aräometer und das 1000 Gran- 180 A. Casselmann, Gläschen. Leider stand mir dazu nur noch das Gemisch aus Leinöl und Sonnenblumenöl zu Gebote. Dies ergab folgendes spec. Gewicht bei 150 C.: Mohr'sche Wage 1000 Gran-Gläschen Gew. Aräometer 0,926 0,928 0,930. Auch hier sieht man eine Differenz auftreten, deren It e a g e iNamen der Oele. Sfliwefel- calciuai. Schwefel- säure von 1,475 spec. Gew. Schwefel- säure von 1,530 spec. Gew. Schwefel- säure von 1,035 spec. Gew. Schwefel- ! Schwi säure von säure 1,840 mit 1,475 Salpeter- [ Gew. säure von chroin? 1,2 sp. Gew. siesät ^'"''^â– ^ : eidottei- von ,, Tschubui. ^S^"'.^ , â–  bmulsion kW ! dunkel schmutzig grüne Färbung schmutzig dunkel- grün dunkel- grün- braun roth- brauu dunl grii fa» ''"°'''"='' dunkel- grüne Färbung stark dunkel- grün desgl. desgl. dunkler des. Leinöl desgl. von heller als Müller : vorige desgl. wenig heller wie vorige dunkel- grün schmutzig braun desgl. heller des| 1 weisse, Sonnen- kaum ins ,7 ... Gelbliche 1 olumenoi â–  , , spielende 1 Emulsion weisse Färbung weiss, kaum ins Bräun- liche über- gehend weissgelb, ins Bräun- liche über- gehend d^sgl.mehr ins Röth- liche über- gehend grün, Gel Mohnöl weisslich- geibe Emulsion gelbliche, bald ins Bräunliche übergehend. Färbung gelb, ins Scbriiutzig- l)räun liehe übergehend gelb- braun braun des« Hanföl grüngelbl. Emulsion dunkelgr. dunkel- Färbung grün dunkel- grün schwarz- braun desgl. dunb Pro. vencer- öl weissgelb- liche Emulsion gelbliche ins Grüne und Bräunliche übergeh. Färbung gelb, schmutzig grünlich schmutzig bräunlich orange- gelb duni brai Mandelöl weisse Emulsion weisse Färbung weiss weiss, ins Röthliche, dannBräun- liche über- gehend röthlich- braun (lunh grün, Bräi licl überj i Beitrag zur Prüfung der fetten Oele. 181 Grund in der fehlenden Genauigkeit der Instrumente zu suchen ist, welche möglicher Weise, abgesehen von den \ erschiedenen Oelsoi ten und deren Reinheit, auch bei oben- genannten Autoren nicht ohne Einfluss gewesen sein mag. Die Wirkung . der verschiedenen angewandten Rea- gentien ist in folgender Tabelle niedergelegt: i e 11. »eter- e von ) spec. ew. Salpefer- säiire von 1.220 spec. Gew. Salpeter- säure von 1,20 spec. Gew. und Kupferfeil- späne. Zinncblurid Sn t'12. Zinkchlorid (ZnCI) beim Erwärmen. Phosphor- säure (sjTupsdick). Salpeter- saures Qiiecksilber- oxjd beim Erwärmen. elb. gelb, was etwas iklei' dunkler •deud 1 werdend dunkel- braune dick- flüssige Masse schmutzig gelb; nach einiger Zeit schmutzig grün und dunkler werdend grün und grün blei- bend gelbe emul- sionsähn- liche Masse, nach eini- gem Stehen sich aus- scheidend dunkel- grün bis braunroth ^sgl. desgl. desgl. gelb, 1 grün, ins schmutzig ; Schmutzig- grünlich braune werdend übergehend desgl. desgl. 3Sgl. cht idunk. desgl. J nicht 1 desgl. nachdunk.; bald nach schwach dem Umrüh- grün, mehr ren rein grün gelb desgl. weni- ger gut mischbar desgl. 31SS. wach iräun- 2 über- aend weiss, kaum bräunlich schmutzig grüne dickflüssige Masse weiss, dann etwas dunk- ler (bräun- lich) wer- dend keine Far- benverän- derung keine emul- sionsähnl. Masse, zugl. Entfärbung eintretend hellgelb Igelb hellgelb schmutzig bräunliche dickflüssige Masse schmutzig grünlich desgl. emulsions- ähnl. Masse, n. einigem Stehen sich ausscheid. grün, ins Braune übergeh. nlich- [ grünlich- •, , elb gelb ^*^'Sl- gelblich- grün schön grün â–  keine Emulsion desgl. dunkler blich schwach gelb grünlich- gelbe erstarrte Masse hellgelb wurde etwas heller desgl. Ent- färbung eintretend dunkelgelb ins Orange- rothe über- gehend eiss weiss grünl. gelbe fest erstarr. Masse, nicht so wie die vorige weiss, kaum gelblich keine Ver- änderung desgl. eidotter- gelb 182 A. Casselmann, Diese Tabelle stimmt nicht ganz mit der sich ge- wöhnlich in den Lehrbüchern befindlichen von Craco Calvert überein, auch fehlen die Reactionen mit Aetz- natron, so wie die mit Königswasser und der alsdann weitere Zusatz von Aetznatron, wodurch sich noch ver- schiedene Farbenveränderungen erzielen lassen, nament- lich was die thierischen Oele^ die Thrane, anlangt. Da aber auf diese hier weniger Rücksicht zu nehmen war und andererseits das Material nicht überall zureichte, so überging ich dieselben um so mehr, als mir die meisten der Reactionen nicht geeignet erschienen, um daraus mit Sicherheit eine bestimmte Verfälschung des Leinöls zu constatiren. So geht z. B. aus keiner der angegebenen Reactionen auch nur annähernd hervor, ob eine Ver- setzung des Leinöls mit Sonnenblumenöl statt gefunden. Denken wir uns 10 Proc. Sonnenblumenöl dem fraglichen Leinöl zugemischt, so würde diese Beimischung eben so wenig durch die aufgeführten Reactionen erkannt werden können, als eine Vermischung des Mohnöls mit Sonnen- blumenöl, weil sich das letztere gegen die Reagentien von allen Gelen am indifferentesten verhält. Umgekehrt dagegen würde man leicht das Leinöl im Sonnenblumen- öl nachweisen können, weil ersteres mehre charakte- ristische Reactionen zeigt, dagegen weniger gut das Mohn- öl, mit welchem das Sonnenblumenöl überhaupt grosse Aehnlichkeit hat. Da diese Reactionen also nicht zum Ziele führten, so versuchte ich aus der Temperaturerhöhung, welche beim Mischen der fraglichen Oele mit concentrirter Schwe- felsäure von 1,840 spec. Gew. eintritt, eine Verfälschung zu constatiren. Bei Ausführung dieses Versuchs hatten die Oele sowohl, wie die Schwefelsäure eine Temperatur von 14^ C. Vom Oel wurden 50 Grm. genommen und zu diesen unter fortwährendem Umrühren 10 C. C. der concentrirten Schwefelsäure in dünnem Strahle aus einer Bürette fliessen gelassen *). Der Grad der Erhitzung bei *) Wird weniger Oel und Schwefelsäure genommen, etwa die Beitrag zur Prüfung der fetten Oele. 183 den Oelen ist ein verschiedener und in manchen Fällen genügend, um den Ausspruch, dass eine Verfälschung statt gefunden hat, zu rechtfertigen. Von den oben aufgeführten Oelen ist das Leinöl das- jenige, welches die höchste Temperaturerhöhung erzeugt. Das Oel verwandelt sich zunächst in eine schwärzliche, dicke, schmierige Masse, welche bei 75^ C. unter gleich- zeitiger Entwickelung von schwefliger Säure sehr stark zu schäumen anfängt. Das Thermometer steigt alsdann rasch und hat in wenigen Minuten den höchsten Punct erreicht. Nach dem Leinöl folgt das Hanföl, dann das Mohn- und Sonnenblumenöl, welche letztere beide sich gleich verhalten und keine so zähe dicke Masse bilden^ wie das Leinöl und Hanföl. Bei den nicht trocknenden Oelen, dem Provencer- und Mandelöl, ist die Erhitzung lange nicht so stark und namentlich findet keine Entwickelung: von schwefliger Säure statt. Die erhaltenen Resultate sind folgende: Bei dem Leinöl von Müller stieg die Temperatur bis auf = 1320 C. *) „ „ „ Schischkin „ = 134» C. „ „ „ Tschubuikin „ = 132» C. bei dem Sonnenblumenöl stieg die Temperatur bis auf = 920 c. „ Mohnöl „ = 920 C. Hanföl „ = 950(1 „ Provenceröl „ = 480 C. Mandelöl „ = 59« C. Wie aus dieser Zusammenstellung ersichtlich, beträgt die Differenz der Temperaturerhöhung zwischen Sonnenblumen- Hälfte des vorgeschriebenen Quantums, so steigt die Tempe- ratur nicht so hoch. Beim Leinöl von Müller wurde an- fangs die Hälfte des Obengesagteu genommen und die Tem- peratur stieg nur bis 120^ C. Da die Oele durchschnittlich 14" hatten, so beträgt die Tem- peraturerhöhung obige Zahlen minus 14. 184 Ä. Casseimann, Beitrag zur I')üfuny der fttteu Oele. öl und Leinöl ungefähr 40 Grade. Mischungen dieser Oele müssen also innerhalb dieser Grade liegen. Um dies zu constatiren, wuixlen 15 Grm. Sonnenblumenöl mit 35 Grm. Leinöl von Schischkin gemischt und mit 10 CG. Schwe- felsäure versetzt. Die Temperatur stieg bis auf llS^C., welche geringere Temperaturerhöhung mit dem zugesetzten Sonnenblumenöl, wie leicht zu berechnen, im Einklang steht. Schliesslich stellte ich noch eine Reaction an, welche auf der Schnelligkeit des Erhärtens oder Eintrocknens beruhte. Zu dem Zweck wurden 3 — 4 Grm. von jedem Oel auf Uhrgläsern in ein üelbad gesetzt, letzteres un- gefähr 3 Stunden lang auf einer Temperatur von 150^^ C. erhalten und dann erkalten gelassen. Den andern Tag wurde dieselbe Operation wiederholt. Nach 36 Stunden war das Leinöl von Müller und nach 48 Stunden waren die beiden andern Leinöle zu einer gummiähnlichen Masse eingetrocknet; den 4ten bis 5ten Tag folgte das Mohnöl, darauf das Hanföl, während das Sonnenblumenöl am lang- samsten trocknete und gegenwärtig, nach Verlauf von drei Monaten, noch einer gallertartigen klebrigen Masse gleicht. Die nicht trocknenden Oele erhärteten selbst- verständlich nicht, wurden aber bei weitem dickflüssiger, so dass sie jetzt ähnlich dem Ricinusöl fliessen. Gehen wir nach dieser Auseinandersetzung zu der dieser Arbeit zu Grunde liegenden Frage zurück, näm- lich: War eine der beiden Oelsorten von Schisch- kin oder Tschubuikin (die von Müller wurde als rein angenommen) mit Sonnenblumenöl vermischt? so muss diese Frage aus folgenden Gründen mit „Nein" beantwortet werden, weil erstlich weder das specifische Gewicht, noch zweitens die Temperaturerhöhung mit Schwefelsäure, noch drittens die Dauer des Eintrocknens für eine Mischung sprechen. Nur aus der Zusammenstellung dieser drei Factoren ist es mög- lich, einen solchen Schluss zu ziehen, wenig oder gar keinen Schluss aber aus den in der Tabelle angegebenen Reactionen. Landerer, Veränderung des Oeles durch die Zeit. 185 Für den Laien aber sind das specifische Gewicht und namentlich die Dauer des Eintrocknens als die einfachsten und besten Mittel zu bezeichnen, um die Oüte eines jeden Leinöls zu erproben. Heber die Veränderung des Oeles durch die Zeit; von Dr. X. Landerer. Am Fusse des so bekannten Berges Sion wollte man «ine Schule bauen und um festen Grund zu finden, war man genöthigt, bis zu einer Tiefe von 30 Meter zu gra- ben, als man mit einem Mal auf eine Zisterne stiess, die mit Oel gefüllt war. Dieses Oel war jedoch durch die Zeit, während welcher es in dieser Zisterne gewesen war, und die man auf etwa 1200 Jahre berechnete, indem daselbst früher eine Stadt gestanden, in einen beinahe festen Zustand übergegangen, so dass man nur mit Mühe mittelst hölzerner Stöcke bis auf den Grund der Zisterne kommen konnte. Man versuchte in Jerusalem das Oel zum Brennen zu verwenden, es entwickelte jedoch einen so fürchterlichen, in den Augen brennenden, scharfen Ge- ruch, dass die Leute, die sich im Zimmer befanden, das Freie suchen mussten, was wohl eine Folge der Bildung von Acrylsäure ist. Ein mir befreundeter Geistlicher aus Jerusalem machte mir ein Fläschchen dieses Oeles zum Geschenk. Dasselbe ist so fest, dass man das Glas um- kehren kann, ohne dass etwas herausläuft ; es besitzt einen brennenden Geschmack und einen ranzigen Geruch; die Dämpfe des angezündeten Oeles sind nicht auszuhalten vor Brennen in den Augen. Im ganzen Oriente existirt die Meinung, dass das alte Oel für Wunden und andere Schäden sehr heilsam sei, weshalb die Kleinhändler altes ranziges Oel führen, das mit dem Zwei- bis Dreifachen bezahlt wird. In Jerusalem bereitet man aus diesem Oele Salben für die Armen, jedoch auf offene Wunden ange- wendet, kann es Niemand vor Schmerzen aushalten. Arch.d.Phann.CLXXXI.Bds.3.Hft. 13 186 K. Frisch, üeber die Basicität der Weinsäure; von Dr. Kuno Frisch, Assistenten am Laboratorium des Herrn Prof. Dr. Erdmann*). Von den meisten Chemikern wird die Weinsäure als eine zweibasische Säure angesehen, die zwei Reihen von Salzen, neutrale und saure bildet, von denen die ersteren die Zusammensetzung C8H'*Me2 0i2 besitzen. Dieser Annahme stehen jedoch mehre Thatsachen entgegen, welche die zweibasische Natur der Weinsäure zweifelhaft machen und dieselbe als eine vierbasische Säure erscheinen lassen, indem einige Metalloxyde im Stande sind, vier Aequivalente Wasser in der Weinsäure zu vertreten. Liebig und Dumas zeigten zuerst am Brechwein- stein, dass derselbe bei 100» C. 2,1 Proc. HO, bei 200 bis 220*^ aber 7,6 — 7,7 Proc. HO verliert. Sie schrieben das Salz nach der Radicaltheorie KO, Sb03, C8H2 08. Gerhardt und Laurent betrachteten dasselbe als die dem Weinsäureanhydrid isomere Tartrelsäure, in welcher 1 At. Wasser durch Kali, das andere durch Antimonoxyd ver- treten ist. Berzelius nahm diese Verbindung als Doppelsalz einer neuen Säure, der anomalen Weinsäure, an, welche 2 Aeq. Wasser weniger enthielte, als die Weinsäure und gab diesem die Formel KO, C4H04 -]- SbO», C^HO^; doch gelang es Berzelius nicht, diese Säure zu isoliren. Von den weinsauren Doppelsalzen ist das von S ch War- zen b er g zuerst dargestellte weinsaure Wismuthoxyd-Kali von höchstem Interesse, weil dasselbe bei 1000 getrocknet eine den bei 200^ getrockneten Brechweinsteinen analoge Zusammensetzung besitzt. Behufs der Darstellung kochte ich frisch gefälltes Wismuthoxyd mit Weinstein so, dass ersteres in bedeutendem Ueberschusse vorhanden war. Das Filtrat stellte eine farblose Flüssigkeit dar, welche '') Vom Hrn. Verfasser eingesandt. D. Red. die Basicität der Weinsäure. 187 durch Mineraisäuren weiss gefällt und durch Alkohol vollständig niedergeschlagen wurde. Wasser erzeugte keine Trübung. Dampfte man diese Flüssigkeit ein, so schied sich aus der concentrirten Lauge ein krjstallinisches Pulver aus, welches sich mit Wasser unter Abscheidung eines weissen, sich schwer absetzenden Pulvers zersetzte. Dieses ist der Wismuthweinstein. Versucht man aus dem von der ersten Bereitung zurückgebliebenen Wisrauthoxyd durch Kochen mit Weinstein neue Quantitäten des Salzes darzustellen, so erhält man stets verschiedene Präparate, welche immer weit mehr Weinstein enthalten, als das normale Salz. Das leichte Körnigwerden des Wisrauth- oxyds scheint die Bildung des Salzes zu erschweren. Das auf die oben beschriebene Weise dargestellte bei 100^ getrocknete Salz unterwarf ich der Analyse, indem ich dasselbe in Salzsäure löste und mit Schwefelwasserstoff fällte. Das Schwefelwismuth wurde in Salpetersäure gelöst, mit kohlensaurem Ammoniak gefällt und gekocht. Das Kali wurde als Chlorkalium gewogen. 1,810 Grm. des Salzes gaben 1,0685 Bi03 = 59,03 Proc. Bi03 und 0,332 KCl =-- 0,20961 KO = 11,58 Proc. KO. a) 1,763 Grm. Substanz gaben 0,788 C02 = 0,2149 C = 12,19 Proc. C und 0,1055 HO =: 0,01172 H = 0,66 Proc. H. b) 1,509 Grm. des Salzes gaben 0,677 C02 = 0,185 C — 12,19 Proc. C und 0,083 HO = 0,00922 H = 0,61 Proc. Berechnet Uerui a. Qden b. nach Schwarzenberg Bi03. 59,52 59,03 58,94 KO .. 11,83 11,58 12,22 O 12,06 12,19 12,19 12,16 H.... 0,50 0,66 0,61 0,59 16,09 16,09 100,00. 100,00. 13* 188 K. Frisch, Diese Analysen stimmen mit dem Schwarzenberg- schen und mit dem berechneten Resultate gut überein und geben für das Salz die Formel C8H2KBi0'2. Wie bereits oben erwähnt, zerlegte sich dieses Salz mit Wasser zu einem weissen unlöslichen Pulver, welches sich schwer absetzte. Das Filtrat reagirte sauer, enthielt Weinsäure und Kali, aber keine Spur von Wismuth. Nachdem es so lange ausgewaschen, bis es nicht mehr sauer reagirte, wurde es zwischen Papier gepresst und getrocknet. Zwischen 100« und 2000 verlor es 3,92 Proc. HO. Das bei 200^ getrocknete Salz ergab: 1,298 Grm. = 0,9225 BiO^ == 71,07 Proc. Bi03 und 0,0995 Grm. KCl = 0,06295 KO = 4,83 Proc. KO. Dieses Salz ist demnach ein basisches Salz von der Formel: KO, 3(Bi03) -I- 2C8H2 08 (bei 2000 getr.) KO, 3(Bi03) -f 2C8H4O'0 (bei lOOOgetr.) denn Berechnet Gefunden Bi03 71,67 71,07 KO 4,85 4,83 C4H204. 23,47 24,10 100,00. 100,00. Um die Zusammensetzung der Brechweinsteine zu erklären, nehmen viele Chemiker an, dass das Antimon- oxyd darin als Antimonyl (SbO^) -|- O enthalten sei und dass diese Atomgruppe sich wie das Uranyl (U202) verhalte, zu dessen Annahme man durch das Verhalten des Uranoxyds zu Säuren bestimmt worden ist. Dieser Hypothese zufolge war zu erwarten, dass beide Metall- oxyde sich auch ähnlich in ihren Salzen, besonders in ihrem Kali-Doppelsalz, verhalten. Um dieses gegenseitige Verhalten zu ermitteln, stellte ich das weinsaure Uran- oxydkali dar, indem ich Weinstein mit überschüssigem frisch gefälltem Uranoxydhydrat kochte. Das Filtrat besass eine gelbbraune Farbe und konnte nicht zur Krystalli- sation gebracht werden. Bei langem Stehen schieden sich einzelne Schuppen und Häutchen ohne krystallinisches die Basicität der Weinsäure. 189 Gefüge ab. Die Lösung wurde durch Alkohol vollständig gefällt. Das bei 100^ getrocknete Salz verlor beim weiteren Trocknen bis 200^ noch 5,63 Proc. HO und war noch vollständig in Wasser löslich. Das bei 200*^ getrocknete Salz der Analyse unterworfen, wurde bei Luftzutritt ge- glüht, in verdünntem Königswasser gelöst, mit Ammoniak gefällt, wieder in Salzsäure gelöst, die Lösung eingedampft und der Rückstand in Wasserstoffgas geglüht. Alsdann wurde das anhängende Chlorkaliura vollständig mit Wasser ausgezogen und das gebildete Uranoxydul zur Verwand- lung in Uranoxyduloxyd nochmals im schiefstehenden Tiegel geglüht. Diese langwierige Operation war noth- wendig, da Kali vom Uranoxyd fest zurückgehalten wurde und ich bei meiner ersten Analyse dadurch Differenzen erhielt. a) 2,219 Grm. gaben 0,9905 UO, U203 = 1,0093 U203 = 45,48 Proc. (kalihaltig) und 0,482 KCl = 0,3036 KO = 13,68 Proc. ß) 1,9845 Grm. = 0,8545 UO, U2 03 = 0,8703 U203 = 43,85 Proc. und 0,449 KCl = 0,283 KO = 14,26 Proc. a) 1,351 Grm. mit Kupferoxyd verbrannt gaben 0,7185 C02 = 0,1959 C =3 14,5 Proc. und 0,173 HO = 0,01922 H = 1,41 Proc. b) 0,993 Grm. = 0,531 C02 = 0,14481 C = 14,58 Proc. und 0,1215 HO =z 0,0135 H = 1,36 Proc. Berechnet Gefunden a. b. U2 03.. . 44,36 43,85 KO 14,62 14,26 C 14,90 14,5 14,58 H 1,24 1,41 1,36 O 24,84 99,96. Dieses bei 200<^ getrocknete Salz entspricht also der Formel: KO, U203, C8H4O10, das Oxyd vertritt also nur zwei Aequivalente basischen Wasserstoffs der Weinsäure^ 1»0 K. Frischf das Salz verhält sich demnach entsprechend seinen übrigen Verbindungen und anders als die Antimonoxyddoppelsalze. Ausser den Doppelsalzen mit vier Atomen Basis spricht hauptsächlich noch eine Verbindung der Wein- säure mit vier Aequivalenten einer einsäurigen Basis für die Tetrabasicität derselben. Es ist dies das von Erd- raann bei'eits vor 30 Jahren [Journ.f.prakt.Chem. 9, 271 und Ann. d. Pharm. 21) dargestellte Bleisalz, welches 76,9 — 77,2 Proc. Bleioxyd enthält und dessen Formel 4PbO, C^H^OiO lauten würde. Dieses Salz, welches Erdmann ursprünglich aus metaweinsaurem und später auch aus weinsaurera Bleioxyd darstellte, das er in Am- moniak löste und kochte, ist auf ähnliche Weise vor kur- zer Zeit auch von H ein tz dargestellt worden. Erdmann betrachtete dieses Salz als ein basisches Salz, da auch andere Säuren,wie Citronensäure, Essigsäure etc. sich ähnlich gegen Bleioxyd in ammoniakalischer Lösung verhalten und Blei- salze von mehr Atomen Basis als die neutralen liefern, die sich nur als basische Salze betrachten lassen. Trock- net man jedoch das Erdmann'sche Salz bei einer Tempe- ratur zwischen löO — 2000, so verliert es noch 2 Aeq. Wasser und enthält 79 — 79,4 Proc. Bleioxyd. Dieses Bleisalz auf eine Weise darzustellen, wodurch die Entstehung eines basischen Salzes vollkommen aus- geschlossen ist, ist mir gelungen, indem ich neutrales essigsaures Bleioxyd mit saurem weinsauren Kali acht bis zwölf Stunden lang kochte. Unter Entwickelung von Essigsäure setzte es sich als ein schweres krystallinisches, rein weisses Pulver nieder, welches heftiges Stossen der siedenden Flüssigkeit verursachte. Das gut ausgewaschene Pulver Avar frei von Essigsäure und Kohlensäure, voll- ständig unlöslich in Wasser, verhielt sich eben so gegen Essigsäure, weinsaures Ammoniak und andere Ammoniak- salze und unterscheidet sich dadurch wesentlich von dem zweibasisch weinsauren Bleioxyd. Dagegen löste es sich leicht in Kalilauge und Salpetersäure. Das Salz verlor zwischen 160 — 220« kein Wasser. Zwischen 150—1600 die ßasicifät der Weinsäure. 191 getrocknet ergab die Aequivalentbestimmung einen Gehalt von 79,2 — 79,4 Proc. PbO. 1,413 Grm. des Salzes gaben 1,120 PbO = 79,19 Proc. 1,845 „ „ „ „ 1,1465 „ = 79,3 „ 1,792 „ „ , „ 1,433 , = 79,4 „ a) 0,647 Grm. des Bleisalzes mit 79,3 Proc. PbO gaben mit CuO verbrannt 0,2035 C02 = 0,0555 C und 0,024 HO =: 0,00266 H. b) 1,127 Grm. des Bleisalzes von 79,4 Proc. PbO = 0,348 C02 = 0,0949 C und 0,0395 HO = 0,00439 H. Berechnet a. b. PbO... 79,65 79,3 79,40 C 8,57 8,57 8,40 H «,35 0,41 0,39 11,42 99,99. Diese Zusammensetzung würde genau der Formel C^H'^Pb^Oi^ entsprechen, mithin sind 4 Aeq. H der Weinsäure durch Pb vertreten. Dass aber in diesem Salze Weinsäure als solche vorhanden und eine andere Säure, wie einige Chemiker dies bei den in höheren Tem- peraturen getrockneten Brechweinsteinen annehmen, sich nicht gebildet hatte, scheint aus folgenden Reactionen hervorzugehen. Das Bleisalz verbrannt zeigte den charak- teristischen Weinsäuregeruch. In Wasser vertheilt und mit Schwefelwasserstoff zerlegt, lieferte es nur Weinsäure. Um die Berührung mit Wasser zu vermeiden, vertheilte iph das Salz in Alkohol und leitete Schwefelwasserstoff ein. Allein auch hier bekam ich eine Säure, die die Reactionen der Weinsäure besass. Den letzten Theil, welcher mir von der Bereitung des vierbasisch weinsauren Bleioxyds geblieben, zerlegte ich in der Kälte vorsichtig mit concentrirter Schwefelsäure, so dass eine Erwärmung möglichst vermieden wurde und Schwefelsäure nicht im Ueberschusse zugegen war. Eine Zersetzung der orga- nischen Säure war nicht bemerkbar. Dann zog ich es mit absolutem Alkohol aus und versetzte den Auszug mit 392 K. Frisch, einer überschüssigen Lösung von in absolutem Alkohol ge- lösten Chlorcalcium. Die Flüssigkeit trübte sich sogleich, setzte aber nur sehr langsam einen weissen breiartigen Niederschlag ab, welcher auf das Filter gebracht, schwer ablief und mit absolutem Alkohol so lange ausgewaschen wurde, bis das Filtrat nicht mehr auf Chlor reagirte. Der getrocknete Rückstand stellte eine zähe, gummiartige Masse dar, welche nur sehr schwer zerrieben werden konnte. Verbrannt zeigte das Salz den Geruch nach Weinsäure. Es war in kochender Weinsäure löslich, unlöslich dagegen in Chlorammonium und salpetersaurem Ammoniak. Ebenso wie dieses zeigte auch das ursprüng- liche vierbasisch weisaure Bleioxyd, in Kalilauge gelöst, die Reactionen der Weinsäure. • Bei der Darstellung des vierbasischen Bleisalzes kochte ich anfangs die Weinsteinlösung mit der essigsauren Blei- oxydlösung nur kurze Zeit, das eine Mal drei, das andere Mal vier Stunden. Es resultirten zwei Bleisalze, von denen das eine 72,55 Proc. PbO, das andere 72,87 Proc. PbO enthielt. Sie unterschieden sich von dem zweibasiscb weinsauren Bleioxyd durch gänzliche Unlöslichkeit in Wasser, Essigsäure und Amraoniaksalzen. Wäre es ein Gemisch zweier Salze gewesen, also in diesem Falle aus zweibasisch und vierbasisch weinsaurem Bleioxyd beste- hend, so hätte sich doch wohl das zweibasische Salz in Essigsäure und Ammoniaksalzen lösen müssen. Von dem Bleisalze mit vier Atomen Basis unterschied es sich durch mindere Schwere, welche sich durch geringeres Stossen der siedenden Flüssigkeit bemerkbar machte. Das bei 200" getrocknete Salz wurde der Analyse unterworfen : 1,2385 Grm. Substanz gaben mit CuO verbrannt 0,4713 C02 = 0,12859 C und 0,079 HO = 0,00877 H. Berechnet Gefunden PbO. 73,12 72,87 C... 10,49 10,39 H.... 0,65 0,70 0.... 15,74 100,00. die ßasicität der Weinsäure. 193 Diesem Salze würde demnach die Formel C^H^Pb^Oi^ zukommen und in ihm drei Aequivalente basischen Wasser- stoffs durch Blei vertreten sein. Es ist mir auch gelungen, ein vierbasisches Zinksalz darzustellen. Bei früher angestellten Versuchen, die Wein- säure durch Zink in alkalischer Lösung zu reduciren, kochte ich längere Zeit Weinsäure, Zink und Kalilauge. Beim nachherigen Neutralisiren der stark kaustischen Lösung mit Salpetersäure, fällte ich ein Zinksalz, wel- ches durch nochmaliges Wiederauflösen in Kalilösung und nochmaliges vorsichtiges Neutralisiren mit Salpetersäure gefällt, abfiltrirt, ausgewaschen und getrocknet wurde. Dieses Salz war vollständig unlöslich in Wasser, Wein- säure^ Salmiak und salpetersaurem Ammoniak, löste sich aber leicht in Kalilauge und Mineralsäuren. Es war voll- ständig frei von Kohlensäure. Das bei 100^ getrocknete Salz zeigte einen Procentgehalt von 56,2 — 56,8 Proc Zinkoxyd, denn a) 0,598 Grm. des bei 1000 getrockneten Salzes gaben mit Salpetersäure befeuchtet und geglüht 0,336 ZnO — 56,2 Proc. ß) 0,470 Grm. des bei 100^ getrockneten Salzes von einer anderen Bereitungsweise gaben wie oben be- handelt 0,267 ZnO = 56,8 Proc. a) 0,824 Grm. bei 100^ getrocknet und mit CuO ver- brannt gaben 0,496 C02 = 0,1352 C und 0,0815 HO = 0,00905 H. b) 1,172 Grm. bei 200« getrocknet und mit CuO ver- brannt gaben 0,709 C02 = 0,1933 C und 0,1305 HO = 0,0145 H. Berechnet a. (1000) b. (2000) ZnO 56,84 56,20 56,80 C... 16,84 16,43 16,50 H... 1,05 1,09 1,23 0.. . 25,26 99,99. Die Formel für dieses Salz ist C8H2Zn4 0i2 _[- HO. 194 K. Frisch, Dieses letzte Aequivalent Wasser scheint ziemlich hartnäckig zurückgehalten zu werden, da das Aequivalent- gewicht des Zinksalzes auch bei 200^ getrocknet zwischen 56,2 bis 56,8 Proc. schwankte. Doch steht in der Reihe der weinsauren Salze dieser Fall nicht vereinzelt da, denn Versuche haben mich überzeugt, dass auch bei den zwei- basisch weinsauren Salzen des Baryts und Kalks ein ähn- liches Zurückhalten von 1 Aeq, Wasser, welches ausser- halb der Formel steht, statt findet. Bei stundenlangem Kochen der Weinsäure mit Zink schied sich unter Entwickelung von Wasserstoff ein weis- ses, lockeres Pulver aus, welches in Wasser sehr schwer, leicht dagegen in Kalilauge löslich ist. Wasser löste nur Spuren. Eben so war es auch getrocknet unlöslich in Essigsäure und Salmiak. Bei lOOO getrocknet ergab es sich als zweibasisch weinsaures Zinkoxyd, denn 0,947 des Salzes gaben mit Salpetersäure befeuchtet und geglüht 0,3595 ZnO = 37,9 Proc. ZnO. Versuche, die vierbasisch weinsauren Baryt- und Kalksalze darzustellen, blieben erfolglos. Durch längeres Kochen von überschüssigem essigsauren Baryt und Kalk mit saurem weinsauren Kali erhielt ich nur zweifach wein- sauren Kalk und Baryt. Das Barytsalz war sehr dicht und krystallinisch. 1,204 Grm. bei 100^ getrocknet in HCl gelöst und mit S03 gefällt gaben 0,950 BaO, SO^ = 0,6324 BaO = 52,53 Proc. Das gleiche Resultat wurde erhalten, wenn ich Wein- säure stark mit Ammoniak übersättigte und nun erst die Lösungen des essigsauren Baryts und Chlorcalciums, ebenfalls mit Ammoniak übersättigt, im Ueberschuss zu- setzte und längere Zeit kochte. Bei Anwendung von Baryt erhielt ich auf diese Weise gleich anfangs einen Niederschlag, der beim Kochen sehr dicht und krystalli- nisch wurde. Das Salz war in Essigsäure unlöslich, eben so in Chlorammonium und heisser sowohl, wie kalter Weinsäurelösung. Eben so wurde es auch von kalter die Basicität der Weinsäure. 195 Kalilauge nur sehr wenig gelöst und aus dieser Lösung durch Kochen wieder abgeschieden. Beim Verbrennen blähte es sich sehr stark auf und hinterliess den kohlen- sauren Baryt als lockeres weisses Pulver. a) 2,825 Grm. des bei 1500 getrockneten Salzes gaben 1,910 BaO, C02 = 1,4834 BaO = 52,52 Proc. b) 2,119 Grm. des Salzes bei 1200 getrocknet, geglüht und wie oben mit kohlensaurem Ammoniak befeuch- tet und wieder gelinde geglüht gaben 1,427 BaO, C02 = 1,11335 BaO = 52,55 Proc. Das Barytsalz verlor zwischen 120 — 1500 kein Wasser. Der wasserfreie weinsaure Baryt hat ein Aequivalent- gewicht von 53,7 Proc. BaO. Jene oben gefundenen und genau übereinstimmenden Analysen sowohl des Salzes aus ammoniakalischer Lösung als auch aus essigsaurer, welche bei 120 und 1500 getrocknet wurden, lassen das Salz mit noch einem Atom Wasser verbunden annehmen G^H^Ba^Oi^^ HO, welches vollständig ohne Zersetzung aus dem Salze nicht entfernt werden kann. Das Baryt- salz zersetzt sich bereits unter Bräunung bei einer Tem- peratur zwischen 150 — 2000. Mit Kupferoxyd verbrannt gaben 0,812 Grm. Substanz 0,468 C02 = 15,71 Proc. und 0,153 HO = 2,093 Proc. H. Berechnet als : Gefunden C8H'ißa20i2,HO , — -^ ,— BaO 52,04 62,54 52,53 52,54 C... 16,32 15,71 H . . 1,70 2,09 O . . 29,93 99,99. Eine entsprechende Zusammensetzung habe ich bei den nach beiden Methoden dargestellten Kalksalzen ge- funden. Das durch stundenlanges Kochen der ammoniaka- lischen Lösung von Weinstein und Chlorcalcium dargestellte Salz, welchem das verdampfende Ammoniak beim Kochen immer wieder zugesetzt wurde, bildete einen dichten, 196 K. Frisch, krystallinischen, weissen Niederschlag, der sowohl in Wasser als in concentrirter und verdünnter Essigsäure unlöslich war. In concentrirter Kalilauge löste sich das Salz leicht auf, schied sich aber beim Kochen wieder gallertartig aus. In Salmiak und salpetersaurem Ammoniak war es vollständig unlöslich. Setzte man kalte Weinsäure- lösung hinzu, so bemerkte man selbst nach längerer Zeit keine Lösung, dieselbe erfolgte aber alsbald beim Erhitzen. Beim Glühen bläht sich das Salz stark auf und hinterlässt ein zartes weisses Pulver. In höherer Temperatur als 150 — 1600 bräunte es sich wie das Barytsalz. 1,191 Grm. des bei 150^ getrockneten Salzes gaben 0,608 CaO, C02 = 0,3404 CaO = 28,5 Proc. Das wasserfreie zweibasische Salz verlangt 29,8 Proc. Es scheint also eben so wie das Barytsalz sein letztes Aequivalent Wasser schwer zu verlieren und besteht aus C8H4Ca20i2,HO. Der Aggregatzustand des Barytsalzes sowohl wie der des Kalksalzes ist durch das lange Sieden wahrscheinlich ein anderer geworden, denn beide weichen in ihren Lös- lichkeitsverhältnissen von den auf gewöhnliche Weise dar- gestellten Salzen bedeutend ab. In Chlorammonium und salpetersaurem Ammoniak sind die von mir dargestellten Salze gar nicht löslich, die auf kaltem Wege bereiteten leicht. Eben so verschieden verhalten sie sich gegen Essigsäure. Der weinsaure Kalk soll in kalter Weinsäure- lösung löslich sein; der durch langes Kochen erhaltene ist es erst in heisser. Der weinsaure Baryt ist in kalter Kalilauge sehr leicht löslich, der durch Kochen erhaltene sehr schwer. Versuche, welche ich anstellte, um das Verhalten des Eisenoxyds gegen Weinsäure zu ermitteln, scheiterten an der leichten Reducirbarkeit des Eisenoxyds durch die Säure. Frisch gefälltes Eisenoxydhydrat mit Weinsäure- lösung digerirt, welche eine Temperatur von 35^ nicht überstieg, Hess bereits nach zwei Stunden deutlich Oxydul nachweisen. Erwärmt man die Lösung höher, so fällt die ßasicität der Weinsäure. 197 unter theilweiser Reduction zu Oxydul ein Salz nieder, weiches basischer Natur sein muss, denn die überstehende eisenoxyduloxydhaltige Flüssigkeit enthielt neben wenig Eisen sehr viel freie Weinsäure, welche man durch Kry- stallisation trennen konnte. Das Präcipitat, wesentlich aus Eisenoxyd und Eisenoxydul bestehend, enthielt nur ganz geringe Mengen Weinsäure und war wahrscheinlich ein Gemenge von weinsaurem Eisenoxydul und viel Eisen- oxydhydrat. Günstigere Resultate schien das weinsaure Eisenoxyd- Kali zu versprechen, ein Doppelsalz mit vier Aequivalenten Basis, also gerade wie die Brechweinsteine zusammen- gesetzt. Ich vermuthete, dass es diesen analog zusammen- gesetzt sein und bei höherer Temperatur getrocknet noch 2 Aeq. Wasser verlieren würde. Frisch gefälltes Eisen- oxydhydrat wurde mit Weinstein und Wasser mehre Tage bei gelinder Wärme digerirt. Verdunstet, setzte die Flüssigkeit schwarzbraune Schuppen ab, die bei 100^ getrocknet, noch nicht zersetzt waren, denn das Salz löste sich in Wasser wieder zu einer klaren Flüssigkeit auf. Bei dieser Temperatur enthält es aber noch zwei Aequi- valente Wasser, welche, wenn man es in höherer Tem- peratur, z. B. bei 1500 trocknet, allerdings entweichen, zugleich tritt auch eine Reduction des Oxydsalzes ein, die Weinsäure wird theilweise zersetzt und Kohlensäure ent- wickelt. Eben so wenig wie beim Kalk und Baryt ist es mir auch beim Kupfer und Quecksilber gelungen, noch zwei Aequivalente Wasserstoff in der Weinsäure durch das be- treffende Metall zu ersetzen. Beim Quecksilberoxyd stösst man auf dieselben Schwierigkeiten wie beim Eisenoxyd, da das weinsaure Quecksilberoxyd sehr geneigt ist, sich zu reduciren, besonders leicht beim Kochen der entsprechen- den Lösungen. Bei Anwendung kalter Lösungen bekommt man stets das zweibasische Salz. Von der Behandlung der Quecksilberoxydsalze mit Alkalien musste ich absehen ; eben so konnte ich mir keinen günstigen Erfolg durch 198 F. Bodenstab y Anwendung von Ammoniak versprechen, denn behandelt raan weinsaures Quecksilberoxyd mit weinsaurem Am- moniak und Ammoniak im Ueberschuss, so tritt Ammoniak in die Verbindung und es bildet sich weinsaures Mercur- ammoniumoxyd. Das weinsaure Quecksilberoxydul zersetzt sich eben- falls in der Hitze, indem es bereits durch kochendes Wasser schwarzgrau wird und in Folge der Reduction Quecksilber ausscheidet. • Noch leichtere Zersctzbarkeit zeigt das Silbersalz. Mehre der dargestellten Salze mit einsäuriger Basis, namentlich das vierbasisch und dreibasisch weinsaure Bleioxyd und das vierbasisch weinsaure Zinkoxyd, be- weisen, dass in der Weinsäure C^H^O'^ nicht bloss zwei, sondern auch drei und vier Aequivalente Wasserstoff durch Metalle vertreten werden können. lieber einen Bleigehalt käuflicher Weinsäure; von Fr. Bodenstab in Calvörde. Obgleich schon wiederholt auf obige Verunreinigung hingewiesen, erscheint mir nachfolgende Beobachtung den- noch mittheilungswerth. Bei der Prüfung einer kürzlich bezogenen Weinsäure mit der Bezeichnung purissimnvi, erhielt ich in der wässe- rigen Auflösung mit Schwefelwasserstoff einen schwarzen Niederschlag. Dies veranlasste mich, um letzteren näher zu prüfen, einige Unzen der Säure, mit Hülfe eines Mör- sers, in Wasser zu lösen. Hierbei bemerkte ich unter dem Pistill einige glänzende, dehnbare Metallblättchen, welche offenbar den Krystallen angehängt hatten. Diesel- ben gaben sich bei näherer Prüfung als Blei zu erkennen. Auch aus der Auflösung schied sich durch Schwefelwasser- stoff reichlich so viel des schwarzen Niederschlages aus, Bleigehalt käuflicher Weinsäure. 199 dass es leicht wurde, denselben, nach dem gewöhnlichen Verfahren der Analyse als Schwefelblei erkennen zu können. Es gelang mir auch, aus einigen Pfunden der Säure eine grössere Anzahl Krystalle auszulesen, welche dunkle Punkte enthielten, besonders an den äusseren Seiten. Unter der Loupe zeigten sich diese dunkeln Partikeln auf der Oberfläche mit einem matt weisslichen Anfluge versehen. Von den Krystallen getrennt und im Mörser mit Wasser zerrieben erschienen sie metallglänzend, weich imd dehnbar. Off'enbar hatte man das Abdampfen der Säurelösung^ auch wohl gar die Krystallisation, in Bleigefässen vor- genommen, so dass Partikelchen des Metalls sich von den Wänden derselben getrennt und der krystallisirten Säure angehängt hatten. Ueber die Säure wurde mir mitgetheilt, dass der Fabrikant derselben die meisten Droguenhandlungen damit schon lange versorgt, unter Garantie völliger Reinheit! Man habe daran um so weniger gezweifelt, weil keine Klagen über die Waare eingelaufen seien. Einige Handlungen führen eine wesentlich theurere Säure; die von dem Hause Rump & Lehners in Hannover mit der Bezeichnung purum bezogene, hat sich stets als völlig rein erwiesen. Notiz über Rapskuchen und Rapsmehl (entöltes). Bei von O.Lehmann mitgetheilten vergleichenden Füt- terungsversuchen mit gepressten, ölreichen Rapskuchen und ölarmen Rapsmehl, wie solches bei der Oelgewinnung durch Extraction mit Schwefelkohlenstofi" übrig bleibt, wurde die Beobachtung gemacht, dass das letztere, mit Wasser zu einem dicken Brei angerührt, erst nach 36 Stunden in der Zira- merwärme einen schwachen Geruch nach Senföl wahrneh- men Hess, während der mit Pressrückständen bereitete Brei 200 Notiz über Rai^skuchen und Rapsmehl. schon nach 6 Stunden diesen Geruch zeigte, der an Stcärke aUniälig zunahm und sich nach etwa 36 Stunden wieder verlor. Diese Beobachtung gab Anlass zu folgenden weiteren Versuchen: 1. Gleiche Mengen von beiden Sorten von reinem Rapsmehl wurden mit Wasser zu einem Brei angerührt und nach 8 Stunden, mit Wasser verdünnt, der Destillation unterworfen. Das Destillat von den Presskuchen, nament- lich die zuerst übergehenden Portionen, zeigte deutlich einen schwachen Senfölgeruch, das von dem mit Schwefel- kohlenstoff entölten Rapsmehl nicht. 2. Derselbe Versuch nach 24 stündigem Stehen des Breies gab das gleiche Resultat, nur war der Senfölgeruch in sehr schwachem Grade, und nur im Anfang der Destil- lation wahrzunehmen. 3. Mit Weingeist, und nach der Erschöpfung mit Wasser extrahirt, gaben spirituöses wässeriges Extract Extract 100 Rapsmehl vom Pressverfahren 7,50 4,71 = 12,21 Proc. 100 „ „ Extractionsverfahreu 3,18 4,10= 7,28 „ Direct mit Wasser digerirt, gab das erstere, das Mehl vom Pressverfahren, eine Flüssigkeit, aus der sich beim Erhitzen ein sehr starkes, eiweissartiges Coagulum ab- schied, wogegen bei dem letzteren nur eine schwache Abscheidung erfolgte. Zu einem Theil der ungekochten Lösung beider Mehlsorten wurde etwas von dem obigen â– wässerigen Extract gebracht^ es ergab sich, dass beim Stehen an einer circa 30*^ C. warmen Ofenstelle die Lösung mit dem Extract des Rapsmehles vom Pressverfahren einen zwar schwachen, aber deutlich zu erkennenden Geruch nach Senföl entwickelte, während das Extract des durch Schwefelkohlenstoff entölten Rapsmehles eine solche Geruchsentwickelung nicht veranlasste. Nach diesem Verhalten darf man wohl annehmen, dass auch in den Körpern des Rapses kleine Mengen derjenigen Stoffe (Myronsäure und Myrosin) vorhanden sind, welche den Senfkörnern die Fähigkeit ertheilen, in A. Beyer, die Keimung der gelben Lupine. 201 Berührung mit Wasser Senföl zu erzeugen, und dass die- ser scharfe Stoff auch in die Milch übergeht und der bei starker Fütterung von Rapskuchen daraus dargestellten Butter den bekannten scharfen, beissenden Geschmack ertheilt. — Da das durch Schwefelkohlenstoff entölte Raps- mehl diese üble Eigenthümlichkeit weder bei den vor- stehenden, wenn auch unvollkommenen Versuchen, noch bei der Verfütterung an Milchkühe zeigte, so muss man annehmen, dass die Bedingungen zur Bildung des schar- fen, senfölähnlichen Stoffes bei der Extraction des ge- mahlenen Rapses aufgehoben wurde. Da das Myrosin durch Erhitzung das Vermögen, aus Myronsäure Senföl zu entwickeln, einbüsst, so liegt die Vermuthung am näch- sten, dass der heisse Wasserdampf, durch den man bei dem Extractionsverfahren die letzten Reste von anhängen- dem Schwefelkohlenstoff aus dem Rapsmehl entfernt, eine solche Umwandlung bewirkt. Als Milchfutter würde es demnach den gewöhnlichen Rapskuchen vorzuziehen sein. Bei letzteren ist mindestens ein vorgängiges längeres Weichen in Wasser zu vermeiden. Hirschberg. lieber die Eeimiing der gelben Lupine; von Dr. A. Beyer in Regenwalde *). In Beziehung auf die Ausführung nachstehender Arbeit sei hiermit vorausgeschickt, dass dieselbe während meiner Thätigkeit an der Akademie zu Tharand begonnen und an hiesiger Versuchs -Station zum Abschluss gebracht wor- den ist. Keine Periode im Leben der Pflanze ist wohl so geeignet für das Studium des Stoffumsatzes, als die Zeit der Keimung. Die hier in einem kleinen Objecte zusam- *) Als Abdruck a. d. „Landw. Versuchs -Stationen", ed. Prof. Dr. F. Nobbe. Bd. IX. 1867, vom Hrn. Verfasser mitgetheilt. D. Red, Arch. d. Pharm. CLXXXI. Bds. 3. Hft. J4 202 A. Beyer, mengedrängten Erscheinungen gestatten mehr, als in der bereits zur weiteren Entwickelung gelangten Pflanze, einen Einblick in diesen wunderbaren Process. Die bis jetzt ausgeführten, dahin zielenden Arbeiten haben durch ihre auf mikro- und quantitativ- chemischem Wege erhal- tenen Resultate schon viel zur Erhellung desselben bei- getragen. Allein leider kann man sich nicht verhehlen, dass in Beziehung auf die analytischen Mittel bei sol- chen Untersuchungen noch mannigfache Unvollkommen- heiten existiren. Und weshalb? Weil die Schwierigkeiten bedingt sind durch die mangelhafte Kenntniss der chemi- schen Constitution derjenigen Körper, die am verbreitesten in den Pflanzen vorkommen. Man möchte deshalb ver- sucht sein, solche Untersuchungen als verfrüht zu be- trachten und könnte es der Zeit überlassen, diese Lücken auszufüllen; allein ich glaube, trotz der Mangelhaftigkeit der Methoden haben solche Untersuchungen auch jetzt schon ihre Berechtigung, nur müssen die dabei einzuhal- tenden Bedingungen möglichst den natürlichen nahekom- mende sein. Auch ist das genaue Einhalten einer und derselben Methode eine Hauptbedingung. Sind die Zahlen bei periodischen Untersuchungen, und zu diesen gehören ja die über die Keimung, auch nur relative, so haben sie doch deshalb einen Werth, weil ja die Untersuchungs- methoden dieselben bleiben. Wenn ich bei nachstehender Arbeit etwas von den am meisten angewandten Methoden der Bestimmung ab- gewichen bin, so geschah es in der Ueberzeugung, die nothwendigen Bedingungen einzuhalten, die während der Operation eine Veränderung in dem Untersuchungsmaterial selbst verhindern können. Dahin gehört vor allem die Vermeidung höherer Temperatur. Ist das Material bei lOOO getrocknet, so haben gewiss so mannigfache Umwand- lungen statt gefunden, dass das Untersuchungsobject nicht mehr vergleichbar ist mit dem im natürlichen Zustande befindlichen. Einige darauf bezügliche Zahlen werden dies beweisen. Wollte man den natürlichen Verhältnissen die Keimung der gelben Lupine. 203 am nächsten kommen, so müsste man stets frische, un- getrocknete Pflanzensubstanz anwenden. Allein dies ist in der That nicht möglich. Ich habe deshalb den Mittel- weg eingeschlagen und zu meinen Untersuchungen, wo es nöthig schien, Material angewendet, welches lufttrocken oder bei 30 — 40^ C. getrocknet war. Alle Berechnungen geschehen schliesslich auf bei 1000 C. getrocknete Substanz, und wenn auch dadurch die an und für sich mühsame Arbeit noch mehr erschwert wird, so glaube ich doch dadurch einen wesentlichen Theil der Fehlerquellen beseitigt zu haben. Eine Schwierigkeit, die zu überwinden mir nicht möglich war, ist noch die, dass die Stoffveränderung beim Keimen die für den ruhenden Samen ausprobirten analy- tischen Methoden beeinträchtigt. Namentlich sind es die Umwandlungsproducte der Proteinkörper, die hier hindernd in den Weg treten und ein genaues Einhalten einer und derselben Methode unmöglich machen. Einige Bemerkungen über letztere selbst weiter unten. Ein Rückblick auf die analytischen Arbeiten über Keimungsprocesse ist mir wegen des Umfangs an Material nicht vergönnt, auch haben ja die bisherigen Abhandlungen jedesmal hinreichend darüber referirt. Die Keimung stärkemehlhaltender Samen ist schon früher Gegenstand mehrfacher Untersuchung gewesen, eben so die Bedeutung des fetten Oels in den ölhaltigen Samen als Reservestoff und seine Umwandlung beim Keimen, so noch vor Kurzem durch Fleury. In beiden Samengruppen nun sind die erwähnten N- freien Bestandtheile, Stärke und fettes Oel, als die beim Keimen der eingehendsten Veränderung unterliegen- den zu bezeichnen. Die dahin einschlagenden Abhand- lungen von Stein, Planta, Sachs, Peters, Hell- riegel, Boussingault u. s. w. sind ja genugsam be- kannt. Der Grund zu dieser Arbeit, und die mich dabei leitende Idee war, die Keimungsgeschichte eines Samens zu Studiren, der weder Stärke noch fettes Oel in grösserer 14* 204 A. Beyer, Menge (denn ganz feht es ja in keinem Samen), dagegen Eiweisskörper in vorwiegender Menge enthält. Ich wählte dazu die gelbe Lupine. Abgesehen von ihrer leichten Keimfähigkeit, eignet sie sich wegen der Grösse des Samens und ihrer Keimtriebe sehr gut zu einer Arbeit, wo es darauf ankommt, die gewonnenen analytischen Re- sultate auf eine bestimmte Anzahl von Individuen zu berech- nen. Die ganze Keimungszeit, die circa 8 — 12 Tage umfasste, wurde in zwei Perioden eingetheilt. Die erste Periode bezeichnet einen Fortschritt der Keimung bis zur Zeit, wo die Cotyledonen die Samenschale noch nicht gesprengt und Wurzel und hypocotyles Glied 1 — 1^/2 Zoll erreicht haben. In der zweiten Periode sind die Coty- ledonen sämmtlich über die Erde emporgetreten, haben die Schale zwar noch nicht abgeworfen, aber zersprengt, und fangen an, sich grün zu färben. Der ganze Keim ist 2 — 3 Zoll lang. Die Samenschale wurde auch bei den ungekeimten Samen durch ein kurzes Einweichen in Wasser und Abziehen entfernt und bei der Analyse nicht berücksichtigt. Die Samen keimten in ausgeglühtem und mit concentrirter HCl ausgekochten Weisseritzsand. Mikrochemische Beobachtungen. Es ist nicht meine Absicht, hier eine auf alle ein- zelnen Gewebspartien eingehende Darstellung der Stoff- wanderung von dem im Samen enthaltenen Reservestoffe darzubieten. Ich will nur auf einige Thatsachen, nament- lich in Beziehung auf den Bitterstoff, aufmerksam machen. Die Stärke, welche schon sehr bald nach Streckung des Keims in ganz bedeutender Menge auftritt, während sie im ruhenden Samen nicht zu finden ist, kommt haupt- sächlich im Parenchym der jungen Rinde, und zwar in den Schichten am meisten vor, welche die Gefässbündel unmittelbar umgeben. Sie besitzt denselben feinkörnigen Zustand, wie er bei der Stoffwanderung immer vorkommt. Oft sind die Stärkekörner zu ganzen Gruppen vereinigt. Die Eiweisskörper finden sich im Keim wie immer in dem Cambiform der Gefässbündel. die Keimung der gelben Lupine. 205 Behandelt raan einen Querschnitt des hypocotylen Gliedes mit einer nicht zu concentrirten Jodlösung, so bemerkt man im Parenchym des Markes, in den Partien, welche die primären Markstrahlen bilden, und auch in einzelnen Zellen des übrigen Parenchyms, namentlich in der Nähe des Gefässbündelringes einzelne Zellen mit einem körnigen, rothbraunen bis dunkelvioletten Inhalt erfüllt, dessen Färbung auf Zusatz von Alkohol verschwindet. Im Laufe nun der Versuche, den Bitterstoff in reiner krystallinischer Form darzustellen, die aber bis jetzt zu keinem Resultate führten, stellte es sich heraus, dass der in der Lupine enthaltene bittere Körper, — so wie man ihn mit Zucker zusammen erhält, wenn man den alkoho- lischen Auszug der Samen oder Keime verdunstet, den Rückstand in Wasser löst, die Lösung mit essigsaurem Bleioxyd fällt, die vom Niederschlage abfiltrirte Flüssig- keit durch HS vom Blei befreit und bei gelinder Tem- peratur verdunsten lässt — mit Jod ganz dieselbe präch- tige rothbraune Reaction giebt, wie man sie unter dem Mikroskop beobachten kann. Ich kann deshalb nicht umhin, die oben erwähnte mikrochemische Reaction als auf den Bitterstoff bezüglich zu bezeichnen. Die jeden- falls alkaloidische Natur dieses Körpers spricht für die Wahrscheinlichkeit meiner Vermuthung, da ja manche Alkaloide, z. B. das Morphium, mit Jod ganz ähnliche Reactionen geben. Es wäre dies ausserdem ein neuer Beitrag zur Lehre von der Localisirung einzelner Pflanzenstoffe. Zu den Glykosiden gehört der bittere Körper jeden- falls nicht, was schon aus seiner Eigenschaft, durch essig- saures Bleioxyd nicht gefällt zu werden, hervorgeht *). Die bei Bestimmung der einzelnen Körper angewandten Methoden. *) Neuerdings ist es mir gelungen, die erwähnte Jodverbindung in schönen rubinrothen Krystallen rein darzustellen, und ich hoffe, in der Kürze über die chemische Constitution derselben Näheres mittheilen zu können. 206 A. Beyer, Die Bestimmung des Totalslickstoffs und fetten Oels geschah in gewöhnlicher Weise in der bei 100 ge- trockneten Substanz, während sonst fast nur bei 30 — 40^ getrocknete angewandt wurde. Die fein gepulverte Substanz wurde zur Bestimmung des Zuckers, Gummis, der in Wasser löslichen Protein- körper und des Asparagins immer mit derselben Menge kalten Wassers bis zur Erschöpfung ausgezogen und der Auszug auf ein bestimmtes Volumen gebracht. 1. Gesammt-Stick Stoff der im Wasser lös- lichen Körper. — Ein bestimmtes Volumen wurde ein- gedampft und im Rückstande der Stickstoff bestimmt. 2. Bitterstoff. — Die von Eichhorn*) angege- bene Methode, nach welcher das alkoholische Extract der Samen in Wasser gelöst und mit Bleiessig gefällt, filtrirt, das Filtrat mit Gyps zur Trockne verdunstet, und in einem Theil der Stickstoff bestimmt wird^ aus dem schliess- lich der Procentgehalt an Bitterstoff berechnet wird, war hier deshalb nicht anwendbar, weil im Verlauf der Kei- mung N- haltige Körper sich bilden, die theil weise auch in Alkohol löslich sind, aber durch essigsaures Bleioxyd nicht gefällt werden. Ich musste deshalb Zucker und Bitterstoff zusammen bestimmen, und ich glaube, dass dadurch die Resultate nicht wesentlich gestört werden. Ich hoffe jedoch, eine directe Bestimmung zu finden, die sich auf das eigenthümliche Verhalten gegen Jodlösung, welches ich bereits erwähnt habe, gründet. 3. Asparagin. — Dieser vielfach beim Keimen der Leguminosen beobachtete Körper tritt auch hier in ziem- lich bedeutender Menge auf. Ein Theil des wässerigen Auszuges wurde bis zur dünnen Syrupsconsistenz einge- dampft und zur Krystallisation gebracht. Nach mehrtägi- gem Stehen enthält die überstehende Flüssigkeit nur noch Spuren von Asparagin. Die gewonnenen Krystalle wurden gewaschen und bei 100^ getrocknet. Selbstverständlich kann diese Methode auf absolute Genauigkeit keinen An- *) Monatsschrift der Pomm. ökon. Gesellschaft 1861, S. 16. die Keimung der gelben Lupine. 207 Spruch machen, allein bei vergleichenden Analysen ist sie wohl anwendbar. Zur Nachweisung der Identität der ab- geschiedenen Krystalle mit Asparagin wurden mehre N- Bestimmungen davon gemacht. 0,3482 bei 100^ getrocknete, durch mehrmaliges Um- krystallisiren gereinigte Krystalle gaben beim Verbrennen mit Natronkalk eine, 51 CC, ^/jq Silberlösung entsprechende, Menge Chlorammonium = 20,50 Proc. N. 0,300 Grm. derselben Substanz sättigen 4,4 CC. Nor- mal- SO» = 20,53 Proc. N. 0,6385 Grm. Krystalle verloren bei 100^ getrocknet 0,0755 Grm. Wasser = 11,824 Proc. HO. Das bei 100^ getrocknete Asparagin enthält 21,21 Proc. N und die Krystalle enthalten 12 Proc. HO. Es unterliegt also keinem Zweifel, dass der von mir erhal- tene Körper Asparagin ist. 4. Glykose und Gummi. — Ein Theil des Aus- zuges wurde zur Syrupsconsistenz verdampft und wieder- holt mit absolutem Alkohol behandelt. Glykose und Bitter- stoff lösen sich auf, und hinterblieben beim Eindampfen der alkoholischen Flüssigkeit. Gummi hinterbleibt in dem in Alkohol unlöslichen Rückstände, und gewinnt man die Zahlen dafür, wenn man nach Abzug des als Aspagarin vorhandenen N den übrigen auf Proteinkörper berechnet. Der nach Summirung des in Wasser löslichen Bitterstoffs, Zuckers, Aspagarins und der Proteinkörper verbleibende Rest ist Gummi. Die Bestimmung des Zuckers mit alka- lischer Kupferlösung konnte wegen der mangelhaften Kennt- niss des bittern Körpers nicht angewandt werden, da ja, wie bekannt, viele organische Verbindungen in der Wärme reducirend auf Kupferlösung wirken. In Bezug auf das, Avas ich bereits erwähnt, theile ich hier nur kurz mit, dass ich nach einer und derselben Methode aus der Substanz des hypocotylen Gliedes bei 1000 getrocknet 69,5 Proc. in Wasser lösliche Körper erhielt; in der bei gewöhnlicher Temperatur getrockneten hingegen nur 56,63 Proc. derselben. 208 A. Beyer, 1000 Stück bei 100^ getrocknete Samen wiegen Gramme Cotyle- Hypocotvles Wnrzel- in Verlust in donen Glied glied Summa Procenten Ungekeimte 80,1 — — — — I. Periode 72,89 4,97 2,12 79,98 — II. Periode 66,60 6,67 4,47 77,74 2,95 In 100 Th. bei 1000 getrockneter Substanz sind enthalten: 05 S a M S 9 I. Periode. II. Periode. a o o o ^ ü tn A.M. 70 „ Regen „ 8. 6*'P. M. 75 „ wenig Regen. Der Gesammtwuchs für 120 Stunden betrug dem- nach 539"'" oder beinahe 21" rheinl., also stündlich im Durchschnitt beinahe 4,5""" oder etwas mehr als 2 Linien. Die einzelnen Z.iVilen der Tafel zeigen zugleich, dass Tag und Nacht keinen ersichtlichen Einfluss haben ; Wärme und Feuchtigkeit sind die hauptsächlichsten be- stimmenden Elemente. 2. Aiuylnmköruer in den Zellen des Stengels strauchartiger llrtieeen. Das Genus Urera von Gaudichaud enthält bekannt- lich eine Reihe strauchartiger Gewächse^ von denen die Umgegend von Caracas, so weit ich wenigstens bis jetzt beurtheilen kann, drei verschiedene Arten besitzt, näm- lich U. Caracasana Gaud., U. elata Griseb. und U. bac- cifera Gaud. Beim Aufsuchen der Raphides, deren Stu- dium nach GuUiver's Beweisführung von nicht gerin- ger systematischer Wichtigkeit ist, fand ich im Stengel aller drei Species zahlreiche elliptische Körner, die sich durch die Prüfung mit Jodtinctur als Amylum auswiesen. Die Menge derselben ist grösser in Pflanzen, welche sich im ruhenden Vegetationsstadium befinden. Die jungen Triebe, welche seit der jetzigen Regenzeit sich entwickelt haben, zeigen wenige, oft gar keine Körner. botanische Notizen aus Caracas. 221 3. Deber die Pulpa in den Früchten der Randia. Randia aculeata L., R. Moussaendae DC. und nament- lich R. armata DC. finden sich häufig im Gebiete unse- rer Flora. Da ich zahlreiche Früchte der beiden letzt- genannten Arten gesammelt hatte, um Samen zum Ver- senden zu bekommen, hatte ich Gelegenheit, die schwärz- lich-braune Pulpa, in welcher die Samen liegen, einer näheren Prüfung zu unterwerfen. Geruch und Geschmack erinnern so lebhaft an die Pulpa von Cassia ßstula, dass es nahe lag, einen ähnlichen Einfluss auf den Organis- mus zu erwarten. Und in der That stellte sich heraus, dass sie gleichfalls als eine gelinde Purganz wirkt, welche unbedenklich statt Cassia fistula angewendet werden kann. 4. Gummi von Acaeia Oujrarema D€, (DC. Prod. II. 469. No. 208.) Diese wie es scheint bis jetzt nur aus Guayana be- kannte Species erscheint nicht selten bei Turmero in den fruchtbaren Thälern von Aragua, von wo mir Zweige und Gummi übersandt wurden. Obgleich jene weder Blüthen noch Früchte hatten, kann doch über die Bestim- mung dieser so markirten Species kaum ein Zweifel blei- ben. Das Gummi gleicht fast genau dem Gummi ara- hicum, ist aber etwas dunkler, selbst in den reinsten Stücken. Es könnte sehr wohl das arabische Gummi ersetzen, namentlich wenn es durch sorgsame Gewinnung hellfarbiger geliefert werden könnte. Doch steht zu be- fürchten, dass es weit theurer kommen würde als impor- tirte Waare. Ricinus wächst z. B, in allen Ecken und Enden des Thaies von Caracas, wie in Venezuela im Allgemeinen und doch kann die Oelproduction hier nicht mit Vortheil betrieben werden und alles Ricinusöl wird importirt. Die Arbeitskraft ist hier zu Lande zu theuer, einmal weil es an Arbeitern fehlt und zweitens weil die vorhandenen Arbeiter selten Lust zur Arbeit haben. 222 G. A. Ernst, 5. Gelber Farbostoff von Xanthoxylum Ochroxylum DC. (DC. Prod. 1. 725. No. 3.) Dieser mit eigenthümlich gebauten Dornen bewehrte Baum ist nicht selten bei Caracas und unter dem Namen Bosüa bekannt. Die Dornen haben eine kurze, harte Spitze, die auf einer breiten, halbkreisförmigen Basis sitzt. Die innere Rindenschicht ist rein safrangelb und wird vielfach zum Färben benutzt, so dass man in der Nähe der Ortschaften selten einen Stamm findet, der nicht unverkennbare Spuren wiederholter Abschälung zeigt. Die Farbe hat ein gutes Aussehen, ist aber nicht recht dauerhaft. Amarillo como hosiia — gelb wie Bosua — ist eine geläufige Redensart im Volksmunde mit Bezug auf einen sehr hohen Grad der Gelbsucht *). 6. Blausäure in den Früchten von Ximenia amerieana L. Ximenia amerieana L. ist eine sehr gewöhnliche Pflanze in der untern Region des Catuche, des Flusses, welcher die Stadt Caracas mit Trinkwasser versorgt. Die Pflanze hat die Vulgärnamen Manzana de Guayava (Gua- yava-Apfel, wegen der Aehnlichkeit mit den Früchten von Psidium Guava Radd.) und Manzana del Diablo. Die Frucht, welche uns hier nur interessirt, ist von Jacquin {Selectarum stirp. Amer. hist. 1763, p. 107) ziem- lich gut beschrieben. Schon im unentwickelten Zustande zeigt sie einen penetranten Geruch nach Blausäure, wenn sie zerschnitten oder zerrieben wird, also ähnlich wie bei den Mandeln. Sollte dies die Ansicht Derer bestä- tigen, welche die fertige Existenz der ätherischen Oele in der Pflanze bezweifeln und deren Entstehen vielmehr von dem Moment der mechanischen Zerstörung der Zelle datiren? Oder liegt es wahrscheinlicher nur daran, dass die geschlossene Zelle ein Verbreiten des flüchtigen Zell- inhalts unmöglich macht? *) Dieser FarbstoflP möchte wohl Berberin sein, da dieses gelbe Alkaloid auch in Xanthoxylum caribaeum vorkommt. H. Ludwig. botanische Notizen aus Caracas. 223 7. lieber die giftigen Eigenschaften von Euphorbia caraeasana ßoiss. (Auszug aus einer bereits in Seemann's Joifrnal of Botany, 1866, IV. publieirten Arbeit.) Eupliorhia caraeasana ßoiss. gehört zur Section Alec- toroctonum und unterscheidet sich von der nahe verwand- ten Species E. cotinifolia L. vorzugsweise durch die ge- zähnelten Drüsenanhängsel, während dieselben bei der letzteren Art ganzrandig sind. Die Pflanze ist gemein im Thale von Caracas und unter dem Trivialnamen Le- chero, d. h. Milchner, bekannt. Sie ist gewöhnlich ein Strauch, erreicht aber gelegentlich bedeutende Dimen- sionen, 50 — 60' Höhe und 9 — 10" Stammdicke. Aus den Stämmen grösserer Exemplare fliesst beim Verletzen der Rinde eine reichliche weisslich-gelbe Milch von bal- samischem Geruch und wenigstens anfangs indifferentem Geschmack. Ich brachte nur 2 Tropfen auf meine Zunge, fühlte aber schon nach einer halben Stunde ein heftiges Brennen im Schlünde, das selbst durch wiederholtes Aus- spülen des Mundes mit kaltem Wasser nicht beseitigt wurde. Bald stellten sich heftige Nausea ein und nach fünfmaligem Erbrechen war der Organismus wieder in leidlicher Ordnung. Ein Theil der Milch war in meine Augen gekommen und verursachte eine heftige Entzün- dung von glücklicher Weise sehr kurzer Dauer. Auf der Haut zeigte sich die Milch nicht kaustisch. Der Einfluss der Milch scheint weniger energisch, wenn der Magen Speise enthält; am Morgen der Excursion, wo ich den Versuch anstellte, war ich noch vollkommen nüch- tern. Ich nahm Milch in einer Flasche mit nach Haus. Ein Theil derselben war coagulirt. Das specif. Gewicht war 0,97. Sie erhärtete nicht an der Luft, sondern bil- dete eine klebrige, gelbliche Substanz, die in fetten Oelen löslich war. Das alkoholische Extract enthielt viel Harz. Nach 24 Stunden war die Milch vollständig sauer. Ich gab 5 Grm. derselben einem Meerschweinchen; es er- folgte zweimaliges Erbrechen und das Thier zeigte sich wie- 224 G. A. Eimst, der vollkommen wohl. Ein zweites Meerschweinchen erhielt 10 Grm. und starb nach wiederholtem Erbrechen nach 3 Stunden. Ein mittelgrosses Kaninchen hatte 20 Grm. bekommen und starb nach einer halben Stunde. Im Rectum beider Cadaver zeigten sich zahlreiche rothe Flecken. Die Milch ist demnach ein drastisch scharfes Gift und ist es wohl glaublich, dass manche Indianer Bra- siliens unter anderem auch die Milch der so nahe ver- wandten E. cotinifolia L. als Pfeilgift benutzen, wie Dr. Masters in Lindley's Treasury of Botany 1. 477 erwähnt. 8. Giiachamaca, eine Giftpflanze aus den Llanos von Venezuela. Diese Pflanze gehört zu den Apocyneen, deren gif- tige Eigenschaften allbekannt sind. Sie ist so giftig, dass selbst Fleisch, welches an Stöcken aus Guachamacä- Holz gebraten wird, gleichfalls zum tödtlichen Gifte wird. Die Bewohner der Llanos benutzen die Pflanze nicht sel- ten, um Kraniche und Reiher an den Ufern der grossen Lagunen zu erlegen. Eine Anzahl kleiner Fische wer- den mit dem Safte des Guacharaacä bestrichen und an Stellen ausgelegt, wo sich gewöhnlich jene Sumpfvögel einfinden. Der Vogel soll todt niederfallen, so wie er nur den vergifteten Bissen mit dem Schnabel ergreift. Der Jäger eilt dann schnell herbei, schneidet dem Thiere Kopf und Hals ab und der Rest des Körpers bleibt so- mit vollkommen frei von dem Gifte und kann genossen werden. Vor einigen Jahren ereignete sich eine entsetzliche Vergiftungsgeschichte durch Guachamacä in Nutrias, einer Stadt im jetzigen Venezuelanischen Staate Apure. Eine Frau wurde eifersüchtig auf ihren Liebhaber, da dieser einer andern Frauensperson Aufmerksamkeiten zu erwei- sen anfing und sie beschloss, sich zu rächen. Da es nun in jenen abgelegenen Gegenden weder forensische Medi- botanische Notizen aus Caracas. 225 einer noch Chemiker giebt, es also rein unmöglich ist, einen Mord zu constatiren^ wenn keine äusseren Spuren der Gewaltthat ersichtlich sind, so beschloss sie ihren Liebhaber durch vergifteten Masato zu tödten. Der Ma- sato ist ein Lieblingsgetränk der Bewohner von Apure, aus gekochtem Mais, welchen man dann in Wasser gäh- ren lässt. In dieses Getränk legte sie Stücke Guacha- machä für einige Zeit und präsentirte es dann ihrem Opfer, Der Anblick des verführerischen Gebräus ver- anlasste den nichts Ahnenden, mehre seiner Freunde und Nachbaren einzuladen, und unter diesen auch die ver- hasste Nebenbuhlerin. Da die Frau indess nicht wünschte, Jemand anders ausser ihrem treulosen Liebhaber zu ver- giften, bereitete sie schnell während seiner Abwesenheit eine zweite Portion Masato ohne Gift. Die Sitte der Llanos verlangte aber, dass der einladende Wirth seinen Antheil mit dem der Gäste vermischte und darauf füll- ten alle ihre Schalen aus Crescentia- Früchten, Von den elf versammelten Personen entging nur die verbreche- rische Anstifterin dem Tode; selbst die Affen und das Geflügel das Hauses, welche auch ihren Theil erhalten hatten, starben. Die Sprache jener Gegenden bezeich- net dergleichen Vergiftungen mit einem eigenen Verbum guachamacar. So berüchtigt ist der Guachamaca, dass Ramon Paez erzählte, seine Llanero- Begleiter hätten sich auf das Entschiedenste seiner Idee widersetzt, Pflan- zen und Früchte behufs einer genauen Bestimmung in seinem Gepäck mitzunehmen; sie drohten sogar ihn zu verlassen, wenn er es thun wollte. Die Pflanze ist botanisch noch nicht recht genau bekannt. Humboldt erwähnt sie nicht; denn der Name Guavicamo, obgleich synonym mit Guachamaca, wird in Kunth's Synopsis auf die Patrisia affinis bezogen (IIL 289), eine Passiflore, und giftige Eigenschaften werden gar nicht genannt. Selbst die Ryania coccinea des Reise- werkes (engl. Ausgabe I, 224) hat nicht die Aufmerk- samkeit des grossen Forschers so erregt, wie es der 226 G. A. Ernst, botanische Notizen aus Caracas. wirkliche Guachamacä sicherlich gethan hätte. Don Ra- ni on Paez in seinem interessanten Buche: Wild Scenes in South America (New York 18G2) sagt, die Pflanze sei erst in neuester Zeit in Apure eingewandert (doch wo- her?), da die ältesten Bewohner sich aus ihrer Jugend nicht des Guachaniacä erinnern. Sollte dies wirklich sein, so wäre Huniboldt's Schweigen über ein so auf- fallendes berüchtigtes Vegetabil zu erklären. Ich weiss nicht, ob Karsten bereits den Guachamacä botanisch bestimmte, da leider kein einziges Exemplar seines theu- ren Werkes „ Florae Columbiae specimina selecta" in Cara- cas existirt. Die einzige mir bekannte Beschreibung fin- det sich in einem Werke eines Franzosen, Dr. Renat de Grosourdy, El Medico hotdnico eriollo, Paris 1864, 4 Vol. (I. 295). Ich reproducire hier seine Beschreibung, indem ich indess die breite Weitschweifigkeit des spani- schen Originals durch die strenge Kürze der wissenschaft- lichen Sprache vermeiden will. Guachamaca toxicaria li. de Gros., loc. cit. Rhizoma perpendiculare crassum, diametro interdum G-pollicari, ligno albo levi, cortici tenui brunnea longitudinaliter striata, radiculas longas crassiusculas e parte inferiori emittens. Gaules fruticosi numerosi recti subsimplices (8' — 12' alt. 2" — 2I/2" diam.), ramis oppositis ex axillis foliorum, cor- tice brunnea albo-notata. Folia simplicia integra oppo- sita subsessilia ovato-lanceolata, apice basique attenuata, mucronata obtusa, utraque facie glabra, supra intense viridia, subter pallidiora, nervo venisque proniinentibus (venis 11 — 13, inferioribus oppositis, superioribus alter- nis), 5" long. 2" — S'/o" lat, Flores luteovirides axilla- res conferti longo pedunculati, pedunculo liliformi uni- floro poUicari et ultra (12'" — 15'" long.) glabro apicera versus incrassato; calyx monosepalus 5-partibus lobulis niargine membranaceis triangularibus acutis lineam lon- gis ; coro IIa hypocrateriformis calycem raultoties supe- rans, tubo basi ampliato pentagonali extas glabro intus pubescenti, limbo 5-partito, lobulis longis patentibus vel Björklund, über Flores Cinae. 227 usque ad calycein reflexis margine undulata^ extus gla- bris intus pilis longis albis instructis; filamenta fauce corollae inserta, antherae conniventes pubescentes. O Va- lium subsphaericum sulco verticali paululura notatum, disco bypogynio; Stylus albus filiformis longiusculus, Stigma capitatura glandulosum, termino inferior! et in- teriori antherarura adhaerens. F r u c t u s ignotus. Frutex orgyalis vel biorgyalis. Habitat in provincia Apurensi Venezuelae. Guachamacd incolarum. (Planta a me non visa!) Vorläufige Mittheilung über Flores Cinae; von Dr. G. A. Björklund*). Was die Abstammung betrifft, sagt Prof. Henckel in seinem Handbuche der Pharmakognosie Folgendes: „Die nicht vollkommen ausgebildeten, noch geschlos- senen ßlüthenkölbchen mehrer Arten Ärtemisia Linne (Ordn. Corymbifera), welche in Persien, der Bucharei, an den Ufern der Wolga, wie auch im nördlichen Afrika gesammelt werden, bilden die verschiedenen Sorten des Wurmsamens. Den Namen Semen sanctum sollen sie erhalten haben, weil sie aus dem heiligen Lande kamen, Semen Cinae, weil man glaubte, dass China das Vater- land derselben sei." Nach den neuesten Nachrichten wachsen dieselben in ungeheuren Massen in der Kirgisensteppe nördlich von Turkestan in der Umgegend des Flusses Aris unweit von der Stadt Ikan. Zur Zeit der Einsammlung finden sich dort noma- disirende Kirgisen ein, welche die obersten Spitzen der betreffenden Artemisia-Arten abstreifen und dieselben an *) Separatabdruck aus der Pharmac. Zeitschrift für Russland. 1867. 5. Heft vom Hrn. Verfasser eingesendet. D. Red. 228 Björklund, über Flores Cinae. Kaufleute für circa 1 Rubel per Centner verkaufen. Von Turkestan werden die Wurmsaraen mit Karawanen nach Orenburg gebracht und von da über Nishni-Nowogorod nach St. Petersburg befördert. Ein anderer Theil ging früher nach Osten über Tasch- kend, Kaschgar, Jorkand durch Tibet oder den nörd- lichen Weg über Kuldscha nach China. Dieser uralte Handelsweg Central-Asiens hat in neuerer Zeit seine Be- deutung verloren und wird nur wenig noch durch Kara- wanen bereist, erstlich weil die in neuerer Zeit entwickel- ten Handelsverbindungen Chinas mit Europa den Wasser- weg einschlagen und zweitens, weil das Gebiet zwischen Taschkend und Kaschgar von Kokandern unsicher ge- macht wird, während der nördliche Weg über Kuldscha schon seit drei Jahren aus dem Grunde gar nicht mehr eingeschlagen wird, weil ein räuberisches Volk, genannt Dunganen, vor drei Jahren die 8tadt Kuldscha überfallen und ein Lager von 60,000 Tschibycken (Kisten) Thee verbrannt hat. Für das Jahr 1868 haben wir die Flores Cinae in bester Qualität im Handel zu erwarten, da Fachmänner jetzt dieses Geschäft in die Hand genommen haben. Nur die in rechter Zeit gesammelte, gut behandelte und verpackte Waare wird in den Handel gebracht, während der Rest an Ort und Stelle zu Santonin verarbeitet werden soll. Ich habe Hoffnung, in diesem Jahre eine genaue Beschreibung der Pflanze, so wie auch einige getrock- nete Exemplare zu Herbarien zu bekommen und werde mir alsdann erlauben, darüber Näheres zu berichten. 229 III. lUonatsliericht. lieber die Darstellang grosser Salpeterkrystalle. J. Stinde giebt in Nachstehendem seine Erfahrungen über diesen speciellen Gegenstand und berücksichtigt nur die eigentlichen Handgriffe^ welche zum Gelingen der Operation nothwendig sind, geht dabei von schon einmal raffinirtem Kalisalpeter aus, oder noch besser von dem Salpeter, welcher durch Umsetzen des Chilisalpeters mit Chlorkalium erhalten wird und bei der ersten Krystalli- sation anschiesst. Man bereitet eine Lauge von gedachtem Salpeter und destillirtem Wasser, und zwar kann man sich hierzu eines eisernen Kessels bedienen. Eine beliebige Menge Was- ser wird zum Sieden gebracht und nach und nach Salpeter eingetragen. Mit dem Eintragen hört man auf, wenn die Lauge heiss gemessen 29^ an der Beaume'schen Senk- waage zeigt. Nach Erzielung dieses Punctes wird der Lauge eine kleine Quantität in heissem Wasser zergan- genen Leimes hinzugefügt, und man beginnt die Lauge zu schäumen. In den meisten Fällen wird */jq Pfd. Leim auf 1 Ctr. Salpeter genügen. Der praktische Blick muss hier den Ausschlag geben, eine Regel lässt sich darüber eigentlich nicht aufstellen. Ist der Kessel rein, d. h. ist sämmtlicher Schaum abgenommen, so lässt man das Feuer gänzlich ausgehen; der Kessel bleibt sich so lange selbst überlassen, bis sämmtliche Flocken und Unreinigkeiten am Boden liegen und die Lauge vollkommen klar erscheint. Zum Ausbringen der Lauge in die Krystallisirgefässe bedient man sich eines grossen kupfernen Schöpflöffels und einer hölzernen Rinne, welche vom Kessel in ein Filtrirgestell führt. An dem Filtrirgestell hängt ein grosser Spitzbeutel, auf welchem einige grosse Bogen groben weissen Filtrirpapiers liegen. Ein zweiter grobmaschiger Spitzbeutel wird, damit die letzteren in ihrer Lage bleiben, in den ersten gehängt. Unter dem Spitzbeutel kommt ein Holzkübel zu stehen^ der so erhöhet wird, dass das eine Ende einer darauf gelegten Holzrinne sich genau unter der Spitze des Beutels befindet und hinreichend Gefalle vorhanden ist, wenn das andere Ende der Rinne Ü3U Neu entdecktes bteinsalziager hei »Schönebeck. auf die Ränder der übrigen Krystallisirgefässe gelegt wird. Das Ausfüllen der Lauge besorgt ein Arbeiter, ein zweiter übernimmt die Klarmachung des Filters, von dem stets ein zweites in Reserve sein muss, ein dritter trägt Sorge für die richtige Füllung der Krystallisirbottiche. Diese Bottiche sind aus Tannenholz angefertigt, haben eine Höhe von circa 2 Fuss und einen Durchmesser, am Boden 3 1/2 Fuss, am oberen Rande von 3 Fuss 8 Zoll, und sind mit genau schliessendem Deckel von Tannen- holz versehen. Diese Bottiche werden bis zur Höhe von II/2 Fuss voll Lauge gelassen, mit dem Deckel verschlos- sen und bleiben 3 Tage stehen. Nach dieser Zeit ist die Krystallisation beendet. Während dieser Zeit bleibt das Lokal;, worin sich die Bottiche befinden, geschlossen, es muss jede Berührung sorgfältig vermieden werden. Nach Beendigung der Krystallisation wird die Lauge vorsichtig abgeschöpft und wieder in den Kessel gebracht, um mit neuem Salpeter verstärkt zu werden. Die Bottiche setzt man über einander und lässt die Lauge gehörig ablecken und antrocknen, wozu 18 bis 24 Stunden nöthig sind. Die erhaltenen Krystalle werden durch vorsichtiges Klopfen der Fässer von Aussen abgetrennt und in Trockenräumen bei geringer Wärme getrocknet. Nach Einhaltung der eben beschriebenen Operationen gelingt es stets, prachtvolle, grosse, prismatische Krystalle zu erhalten, welche um so klarer ausfallen, je blanker die Mutterlauge gekocht wurde. {Hamburg. Gewerbebl. 1866.) ß. Ueber ein i« der Nähe von Schönebeck neu ent- decktes Stcinsalzlager. Die vom Staate betriebene Tiefbohrung in der Nähe von Schönebeck hat nach Meldung des „Staats- An- zeigers" zum Aufschlüsse eines Steinsalzlagers in der Tiefe von 1001 Fuss unter der Erdoberfläche geführt. Man wird das Bohrloch im Steinsalz zunächst bis zu einer Tiefe von 150 — 200 Fuss fortsetzen, um sich von der Beschaffenheit des Salzes zu überzeugen Und für die spätere Ausbeutung mittelst Zuführung süssen Wassers, welches nach der Sättigung mit Salz empor gepumpt wird, die genügenden Flächen zum Angriffe zu erhalten. Die Untersuchung ist von ganz besonderer Wichtigkeit, um fest zu stellen, ob das Steinsalzlager eine ähnliche Zusammensetzung wie das von Stassfurt habe, dessen Process und Theorie der Sodafabrikation. 231 obere Schichten aus einer Reihenfolge von kalihaltigen Salzen bestehen, deren Ausbeutung für die Industrie und Landwirthschaft von sehr grosser Bedeutung ist. Aber auch in dem Falle, wenn die kalihaltigen Salzschichten fehlen sollten, wird der neue Aufschluss des Steinsalzes in der Nähe des Elbstroms und der Siedehäuser der Saline zu Schönebeck grosse technische Vortheile bei der Salz- fabrikation gewähren, ß. Process nnd Theorie der Sodafabrikation. E. Kopp empfiehlt zur Nutzbarmachung der Rück- stände von der Sodafabrikation und von der Darstellung des Chlors das folgende Verfahren : Die flüssigen und sauren Rückstände, die man bei der Chlorkalkfabrikation erhält, befreit man durch Absetzen von den in ihnen suspendirten festen Substanzen, und fügt ihnen dann in Bassins gerade genug Soda- Abfälle zu, um das in ihnen enthaltene freie Chlor zu zerstören und das Hyper- und Sesquichlorid von Mangan und Eisen in Monochlorid zu verwandeln. Es fällt Schwefel nieder, den man sammeln kann, und es entwickelt sich etwas Schwefelwasserstoff, den man durch Eisenoxyd absorbiren lassen kann. Die entchlorte, aber noch saure Flüssigkeit wird nun in be- sondere Apparate gepumpt, in welchen sie vollständig mit Soda-Aescher gesättigt wird. Es entwickelt sich hierbei sehr viel Schwefelwasserstoff, der zu Wasser und schwef- liger Säure verbrannt werden kann. Setzt man den Soda-Aescher der Luft aus, so ver- wandelt sich das Calciumoxysulfuret (2 CaS, CaO) in zweifach Schwefelcalcium und in Aetzkalk, durch weitere Oxydation geht das Disulfid in unterschwefligsauren Kalk über, der beim Trocknen sich in ein Gemenge von schweflig- saurem Kalk und Schwefel verwandelt. Das schweflig- saure Salz geht durch fernere Oxydation in schwefelsaures Salz über, während der freie Schwefel sich mit neuen Mengen Schwefelcalcium zu Disulfid oder Polysulfiden vereinigt. Die in Folge dieser Reactionen beim Auslaugen er- haltenen gelben bis orangefarbigen alkalischen Flüssig- keiten, die Polysulfide und unterschwefligsauren Salze von Natron und Kalk enthalten, lässt man während der Sommermonate in dünnen Schichten der Luft ausgesetzt, und so erhält man durch Oxydation unterschwefligsaure 232 Process und Theorie der Sodafahrikation. Salze und freien Schwefel. Dasselbe wird auch erreicht, wenn man die Flüssigkeit mit schwefliger Säure behandelt. {Compt. rend. T. 61. 1865.) In der darüber sich anknüpfenden Discussion hatte Dumas gesagt, dass die zahlreichen Analysen von Kopp seine Ansicht über das Vorhandensein eines in kaltem Wasser unlöslichen (Jalciumoxysulfurets und über die Theorie des Sodaprocesses überhaupt bestätigten. Dagegen macht nun Scheu rer-Kestner geltend, dass zwar in den Rückständen Kalk und Schwefelcalcium vorhanden seien, dass aber, wie er schon früher gezeigt habe, das Schwefelcalcium allein hinreichend unlöslich sei, um bei der Auflösung des kohlensauren Natrons nicht zersetzend auf dieses einwirken zu können. Man brauche daher die Dumas'sche Hypothese von einem unlöslichen Calcium- oxysulfuret gar nicht. Uebrigens könne man auch nicht behaupten, dass sich die Soda -Rückstände allgemein durch ein und die- selbe Formel ausdrücken Hessen. Hätte Kopp die aus verschiedenen Fabriken hervorgehenden Rückstände unter- sucht, so würden die Verhältnisse sich eben so veränder- lich erwiesen haben, wie die ursprünglichen zur Soda- fabrikation nothwendigen Substanzen variirt hätten. Alles, was man über die Beschaffenheit der Rückstände sagen kann, ist das, dass ihre Zusammensetzung sehr veränderlich ist und nach verschiedenen Fabriken nach Abzug der Kohlensäure zwischen Ca S und 2 CaS, CaO schwankt. {Compt. rend. T.61. 1866.) Zur Widerlegung dieser Ansichten von Scheurer- Kestner hat Kopp nun die Reaction, von reinem Kalk- hydrat, reinem Schwefelcalcium (CaS) und Soda -Rück- ständen verglichen und kommt zu dem Resultate, dass die dabei beobachteten wesentlichen Unterschiede es schwer erscheinen lassen, in den Soda -Rückständen freies Kalk- hydrat und freies Schwefelcalcium anzunehmen. Eine Lösung; von kohlensaurem Natron von 30^ B, wurde in zwei Hälften getheilt und die eine Hälfte mit 32,3 Grm. Kalkhydrat, die andere mit 155 Grm. Sodarückstand, welcher zufolge einer Analyse ebenfalls 32,3 Grm. Kalkhydrat enthielt, gleiche Zeit behandelt. Bei diesem Verhältnisse genügt der vorhandene Kalk, um alles Natron in Aetznatron zu verwandeln. Es wurde nun filtrirt und in gleichen Volumen des Filtrats die Causticität titrirt. Hierbei fand sich, dass der Aetzkalk des Sodarückstandes unfähig ist, dieselbe Menge kohlen- Ueber den Lehlanc^ sehen Sodaprocess. 233 saures Natron in Aetznatron zu verwandeln, wie der freie kaustische Kalk. Schliesslich erwähnt Kopp, dass nach vielfachen Versuchen in der Sodafabrik zu Dieuze dasjenige Ver- hältniss zwischen Kalk und schwefelsaurem Natron das beste Resultat ergeben habe, welches einen Rückstand im Verhältnisse 2CaS, CaO gäbe, daneben fände sich aber stets so viel Kohlensäure, dass der überschüssige Kalk genau als kohlensaurer Kalk berechnet werden könnte. (Compt. rend. T. 61. — Cheru. Centrbl. 72.) ß. lieber den Leblanc'sehen Sodaprocess. Die Resultate der sehr umfangreichen Arbeit J. Kolb's über den Leblanc'sehen Sodaprocess bestehen in Folgendem: Bei Gegenwart von lauwarmem oder kaltem Wasser findet zwischen Schwefelcalcium und kohlensaurem Natron keine Wechselwirkung statt. Es ist daher gleichgültig, ob man den kohlensauren Kalk imUeberschusse gegen das schwefelsaure Natron anwendet (nach der Dumas'schen Gleichung 2 (NaO^ S03) -j-3(CaO,C02) -fl2C = 2(NaO,C02) 4- (CaO,2CaS) -j- lOCO-j- 3 C), oder ob man beide Salze zu gleichen Aequi- valenten anwendet (nach der Gleichung von Dubrunfaut: NaO, S03 -I- CaO, C02 + 4 C = Na O, C02 -f CaS -f- 4 CO). Ist nämlich die Bildung des Oxysulfurets unumgänglich nothwendig, so muss das erste Verhältniss eine vollkom- men kohlensaure Soda geben, während das zweite nur eine Lauge von Schwefelnatrium geben darf. Ist dagegen das Schwefelcalcium wirklich in alkalischen Laugen un- löslich, so dürfen beide Resultate nur in Bezug auf die Causticität differiren, die bei dem ersten Verhältnisse wegen des überschüssigen Kalks grösser sein muss. Kolb hat nun (bei Versuchen im Grossen) gefunden, dass das durch Einwirkung von Kohle auf ein Gemenge von gleichen Aequivalenten schwefelsauren Natrons und kohlensauren Kalks entstandene kohlensaure Natron und Schwefelcalcium sich leicht durch Auslaugung mit lauwarmem oder kaltem Wasser trennen lässt. Die erste Reaction, die im Ofen vor sich geht, ist die Reduction des schwefelsauren Natrons, wobei Kohlen- säure, nicht Kohlenoxyd entsteht, während gleichzeitig der kohlensaure Kalk in freien Kalk übergeht. Man erhält auch eine ganz gleiche und vollkommen kohlensaure Soda, wenn man die Kreide durch Kalk ersetzt. Es geht aus beiden Thatsachen hervor, dass die Kohlensäure der Kreide Ärch. d. Pharm. CLXXXI. Bds. 3.Hft. 16 234 Ueber den Lablanc sehen iSodajjrocess. nicht zur Bildung der Soda beiträgt, und Versuche im Laboratorium haben Kolb zu dem â–ºSchlüsse geführt, dass es die theils durch Reduction des schwefelsauren Natrons entstehende, theils in den Üfengasen enthaltende Kohlen- säure ist, unter deren Einflüsse die Endreaction sich vollzieht. Es wird dadurch erklärlich, warum man in geschlossenen Tiegeln so schwierig Soda bereiten kann, während es sehr leicht in einer von Kohlensäure durch- strömten Röhre gelingt. Man kann demnach die Bildung der Soda durch drei Gleichungen versinnlichen: Na 0,803 -f 2C = 2C02 -f- NaS CaO, 002 4. c = 200 4- CaO NaS -f CaO + CO2 (im Ueberschusse) = Na 0,002 _f_ CaS. Ganz trockene Luft hat zwischen 00 und 1000 keinen wahrnehmbaren Einfluss auf rohe Soda. Sie wirkt selbst nicht durch ihre Kohlensäure. Versuche haben nämlich gezeigt, dass vollkommen trockene Kohlensäure weder auf wasserfreien Kalk, noch auf wasserfreies Schwefel- calcium einwirkt. Bei Rothgluth, und selbst etwas darunter, oxydirt dagegen die Luft das Schwefelcalcium und der gebildete schwefelsaure Kalk wirkt beim Auslaugen schäd- lich. Feuchte Luft wirkt im Gegentheile sehr energisch auf rohe Soda, indem sie an den Kalk Wasser und Kohlen- säure abgiebt und das Schwefelcalcium oxydirt. Beim Auslaugen der rohen Soda erhält man ein ver- schiedenes Resultat, je nach der Concentration der Flüssig- keit, der Dauer der Behandlung mit Wasser und Tem- peratur. Die längere Dauer der Digestion und eine er- höhte Temperatur begünstigen nicht nur die Caustification eines Theils der Soda durch den Kalk, sondern sie be- wirken auch eine geringe Reaction zwischen Schwefel- calcium und kohlensaurem Natron, die auf der Bildung von Calciumsulfhydrat zu beruhen scheint. Die Concen- tration der Lauge und die Gegenwart von kaustischem Natron treten dieser Bildung entgegen, die durch über- schüssigen Kalk verhindert wird. Wenn es also von Nutzen ist, in der rohen Soda etwas freien Kalk zu haben, 80 hat dies nur den Zweck, eine geringe Menge kaustisches Natron zu erzeugen, das der Schwefelung entgegenwirkt. {Compt. rend. T. 62; Ännal. de Chim. et de Fhys. T. 7.) B. Hieran sich anschliessend folgen die Resultate aus J. Pelouze's Arbeit über den Leblanc'schen Sodaprocess. Rohe Soda ist nach Analyse und Reactionen Pe- Schwefelsaurer Baryt. — Kohlensaurer Kalk. 235 lo uze's ein Gemenge von kohlensaurem Natron, Schwe- felcalcium, kohlensaurem Kalk und freiem Kalk. Durch verlängerte Einwirkung von Wasser giebt die rohe Soda eine gewisse Menge kaustisches Natron, die im Verhält- nisse zu dem in ihr enthaltenen freien Kalke steht. Unter diesen Bedingungen hinterlässt die Soda einen Rückstand, in welchem aller Kalk durch Kohlensäure gesättigt ist, und der unfähig ist, kohlensaures Natron zu caustificiren. Man kann ihn mit einem kohlensauren Natron behandeln, ohne dass dabei die geringste Menge kaustisches Natron entstände, was unfehlbar der Fall sein müsste, wenn in diesem Rückstande Kalk mit Schwefelcalcium verbunden wäre. Da beim Auslaugen der Soda im Grossen die Bedingungen für eine vollkommene Reaction des freien Kalks auf das kohlensaure Natron nicht gegeben sind, so enthält der Rückstand öfters etwas freien Kalk, ge- wöhnlich 1 — 3, manchmal sogar 3 — 6 Proc. Hat man aber eine rohe Soda, so kann man, je nach der Art, wie man auslaugt, in dem Rückstande freien Kalk lassen, oder nicht, und es ist daher erklärlich, wie manche Rück- stände kohlensaures Natron caustificiren können, während andere dies nicht thun. Endlich beweist zur Zeit nichts die Existenz eines Calciumoxjsulfurets 2CaS, CaO, noch die einer anderen Verbindung zwischen Kalk und Schwefel- calcium. {Compt. rend. T. 62. 1866. — Chem. Centrhl. 1866. 19.) B. Schwefelsaurer Baryt ist bekanntlich ebenso wie schwefelsaurer Strontian und schwefelsaurer Kalk in kochender Schwefelsäure lös- lich. Er löst sich nach Nicki es aber auch in kalter Schwefelsäure, wenn er in dieser erzeugt wird, wenn man also fein gepulvertes Chlorbaryura in die concentrirte Säure bringt. Bei dem Verdünnen mit Wasser fällt das Barytsalz nieder. Bemerkenswerth ist, dass schwefelsaurer Baryt am leichtesten, das entsprechende Kalksalz aber am schwersten in Schwefelsäure löslich ist. {Silliman Americ. Journ.) Dr. Reich. Kohlensaurer Kalk ist nicht ganz uftlöslich in Wasser. Kocht man eine Lösung von doppelt -kohlensaurem Kalk sehr lange, so fällt zwar die grösste Menge des Kalkes nieder, indem ein Theil der Kohlensäure entweicht, aber im Liter Wasser 16* 236 Bereitung von reinem Kalk zur Elementaranalyse. bleiben nach A. W. Ilofmann 0,034 Grrn., nach Cruse 0,030 Grm. kohlensaurer Kalk gelöst. Auf eine der Zer- setzung entgangene Spur von doppelt -kohlensaurem Kalk ist diese Erscheinung nicht zurückzuführen, denn das klare Wasser trübt sich mit Kalkwasser nicht, was geschehen würde, wenn überschüssige Kohlensäure vorhanden wäre. {Hofmann im Quart. Journ. of tlie Chem. Soc. — Cruse in den Annal. der Chem. und Pharm.) Dr. Reich. Chlorbarynm als Mittel gegen Bildung von Kesselstein. Zur Verhütung des Kesselsteines macht der Director der chemischen Fabrik in Griesheim a. M. auf ein Mittel aufmerksam, das ihm vorzügliche Dienste ge- leistet habe. Es ist dies nämlich Chlorbaryum, von dem man für jedes Quadratmeter Heizfläche 1 Pfd. in den Kessel bringt. Nach 2 — 4 Wochen wird eine neue Quan- tität hinzugesetzt und damit so lange fortgefahren, bis der Kessel gereinigt werden soll. Die Kosten betrugen dort für einen Kessel von 40 Quadratmeter Heizfläche monatlich 2'/2 Thlr. Das dort in Anwendung gebrachte Speisewasser enthält Gyps und kohlensauren Kalk und giebt einen sehr festen Kesselstein. Bei Anwendung des erwähnten Mittels erhielt man aber statt dessen nur einen aus feinen Blättchen und Staub bestehenden Niederschlag. Die Wirksamkeit des Chlorbaryums beruht zunächst in der Umsetzung des Gypses; es bilden sich Chlorcalcium und schwefelsaurer Baryt. Letzterer ist ein feines schweres Pulver, das im kochenden Wasser auf- und abspielt und den ausgeschiedenen Kalk verhindert, sich fest zu setzen. Ob das Chlorbaryum auch bei Wasser, das nur kohlen- sauren Kalk enthält, gute Dienste leistet, ist noch nicht entschieden. {Bl. für Ildl. und Gew. 1866. 4.) B. Bereitung Ton reinem Kalk zum Gebrauche bei der Elementaranalyse. Nach Fausto Sestini wird fein gepulverter Statuen- Marmor mit einer ziemlich concentrirten Zuckerlösung befeuchtet (so dass auf 100 Th. Marmor etwa 2 Th. Zucker kommen) im Sandbade getrocknet ufid bis zum Caustisch- werden geglüht; dadurch wird der vorhandene Gyps in Schwefelcalcium umgewandelt. Der genannte Kalk wird mit Wasser abgelöscht, die Kohle abgeschlämmt und das Wolframsaures Natron zur Trennung von Calcium etc. 237 Kalkhydrat so lange ausgewaschen, bis das Waschwasser sich frei von Schwefelcalcium zeigt. Man löst hierauf den Filterrückstand in Salpetersäure, fällt die Lösung mit kohlensaurem Ammoniak, wäscht den erhaltenen koh- lensauren Kalk aus und brennt denselben durch fortgesetztes Glühen caustisch. Auf diese Weise wird der Kalk von Chlor und Schwefelsäure gänzlich frei erhalten. (Ztschr. für analyt. Chemie.) B. Wolframsaures Natron zur Trennung von Calcium und ^iagnesium. Nach E. Sonstadt bleibt eine gesättigte Lösung von schwefelsaurem Kalk, wenn man ein gleiches Volumen einer gesättigten Lösung von wolframsaurem Natron zufügt, vollkommen klar. Beim Erwärmen auf ungefähr 420 entsteht jedoch ein dichter Niederschlag. Diese Reaction ist so scharf, dass sie noch erkennbar bleibt, wenn das Verhältniss der Kalklösung wie 1 : 114000 ist. Eine Lösung von Chlorcalcium verhält sich ebenso. Eine Lösung von schwefelsaurer Magnesia wird nicht durch wolframsaures Natron gefällt. Sind die Lösungen jedoch concentrirt, so erhält man beim Erwär- men derselben eine Krystallisation, die sich nur sehr schwer und auch nicht ganz vollständig in Wasser löst. Eine Flüssigkeit, die 2,000,000 Th. Wasser, 35 Th. schwefel- sauren Kalk und 33849 Th. schwefelsaure Magnesia ent- hielt, Hess beim Erwärmen auf 700 einen vollkommen deutlichen Niederschlag fallen. Eine andere ganz gleiche Lösung, die aber kein Magnesiasalz enthielt, gab dagegen eine schnellere und deutlichere Reaction schon bei niedri- gerer Temperatur. Auf diese Weise lässt sich in einer Flüssigkeit, die auf ungefähr 56000 Theile 1 Th. Kalksalz und ungefähr 1000 Theile Magnesiasalz enthält, ersteres Salz noch deutlich erkennen. Die Gegenwart von Ammoniaksalzen beeinträchtigt diese Reaction, noch mehr ist dies der Fall, wenn gleich- zeitig freies Ammoniak vorhanden ist. Die Reaction wird dann erst deutlich, wenn die Kalklösungen i/gQQ bis Vi 000 sind. Jedoch kann vollkommen genug Salmiak vorhanden sein, um die Fällung der Magnesia durch freies Ammoniak zu verhindern, auch kann das Ammoniak etwas über- schüssig sein, ohne dass dadurch die quantitative Bestimm- barkeit des Kalks nach dieser Methode wesentlich beein- trächtigt würde. Zur Ausführung ^er Operation empfiehlt 238 Ueber Phos'phormagnesium. Sonstadt, dass man das Becherglas, in welchem man die Fällung vornehmen will, vorher erst mit einem mit Oel befeuchteten Leder etwas anreibt, weil sonst der Niederschlag sehr schwer aus dem Glase zu entfernen ist. Die Filtration darf erst nach einigen Stunden, indem man die Flüssigkeit warm hält, statt finden. Wenn der Nieder- schlag ausgewaschen ist, muss man ihn nochmals mit ver- dünnter Ammoniaklösung übergiessen, braucht aber das Filtrat nicht aufzuheben. Das Filter muss gesondert ver- brannt werden, nachdem der Niederschlag so viel als möglich davon getrennt ist. Nach dem Glühen und Wägen muss man ferner den Niederschlag auf seine Reinheit prüfen, indem man ihn mit starkem Ammoniak einige Zeit stehen lässt, und die Lösung dann mit Säuren über- sättigt. Entsteht hierdurch ein Niederschlag, so muss man das Verfahren mit Ammoniak wiederholen und aber- mals glühen und wägen. Der geglühte Niederschlag muss ganz weiss sein. Das Filtrat könnte nun gleich zur Bestimmung der Magnesia durch phosphorsaures Natron gefällt werden ; man thut aber besser, die überschüssige Wolframsäure vorher durch Kochen mit Salzsäure zu entfernen. {Ckem. JSfeios. — Cham. Centrbl. 1866. 7.) B. lieber PhosphormagDesinin. Th. P. Blunt erhielt eine Verbindung von Phosphor und Magnesium von der Zusammensetzung Mg^P durch Einwirkung von Phosphordämpfen auf in einer Kohlen- säure-Atmosphäre glühendes Magnesium und durch weite- res Behandeln des Productes mit Salzsäure. Bei letzterer Procedur entwickelte sich ein nicht selbstentzündlicher PhosphorwasserstofF und es blieb das Phosphormagnesium als eine schwarze, selbst in siedender Säure nur unbe- deutend lösliche flockige Substanz zurück. Die Phosphor- wasserstoffentwickelung deutet Th. P. Blunt folgender- massen: „Das ursprüngliche Product ist ein Gemenge von P und Mg, die eine galvanische Kette unter sich bilden. Es entwickelt sich auf Zusatz einer Säure H, der an das Phosphormagnesium tritt." Directe Versuche haben diese Ansicht bestätigt. Das mit einer kleinen nicht zu entfernenden Menge von Mg behaftete Phosphormagnesium stellt eine wenig cohärente, gepulvert russähnliche schwarze Masse dar, die sich selbst durch mehrwöchentliches Einwirken von Carnallit von Maman in Persien etc. 239 verdünnter Salzsäure, eben so wenig durch Kochen mit halbconcentrirter Schwefelsäure verändert. Kochendes Königswasser löst dasselbe nur schwierig. Unter Luft- abschluss erträgt es ßothglühhitze, bei Luftzutritt erhitzt, wird es nach und nach unter Bildung von Magnesia oxydirt. [Journ. oftlie ehem. soc. Ser.2. Vol. 3. -p. 106. — Journ. für prak. Chemie. Bd. 96. p. 207 — 209.) C. Bl. Untersuchung des Carnallits von ^laman in Persien und über die Ursache der rothen Färbung mancher natürlicher Salze. â–  Der Carnallit findet sich nicht allein im Salzlager von Stassfurt;, sondern auch in den bedeutendsten Steinsalz- bergwerken Persiens, zu Maman, im südöstlichen Ader- beidjan, welches Ad. Göbel im August 1859 besuchte. Die Analyse ergab folgende Zusammensetzung: Gefunden Aequivalente Bei-echnet Chlorkalium 25,621 iKCl 26,900 Chlormagnesium 34,649 2 MgCl 34,210 Unlöslicher Rückstand 0,060. — — Wasser (u. organische Bestandtheile) . . . 39,670 12 HO 38,890 100,000. 100,000. Die Formel desselben ist mithin die des Carnallits = KCl, 2 MgCl -f 12 HO. Die rothe Färbung dieses Minerals ist nach A. Göbels sorgfältigen Untersuchungen organischen Gebilden zuzuschreiben. Da man beim Einlegen eines Stückes Carnallit in Wasser nach einiger Zeit ein weiches flottiren- des Gebilde von der Grösse, Form und Farbe des ursprüng- lichen Stückes in der Salzlösung suspendirt erhält, so dürfte diese Thatsache nach genauer Ermittelung der Natur des Suspendirten schon hinreichend sein zu folgender Schlussfolgerung: „Die im Steinsalze eingeschlos- senen Carnallitklumpen von Maman sind min- destens mit gleichem Rechte als Organismen aufzufassen, wie als Minerale. Eisenoxyd ist aller- dings nach A. Göbel's Untersuchungen in diesen Organis- men, die an die Structur einiger der niedersten Pflanzen- formen, namentlich an Palmella Kiitz. und an Nostoc erin- nern, neben Kieselsäure vorhanden. Der Carnallit von Stassfurt zeigt dasselbe Verhal- ten. Die gelbe Färbung des Tachhydrits von Stassfurt 240 Kainit, ein neues Salz von Leopoldshall. — Smirgel. rührt ebenfalls von denselben Organismen her. In der Lösung des Tachhydrits (CaCI, 2 Mg Cl -f 12 HO), die durch ruhiges Zerfliessenlassen desselben in Wasser erzeugt ist, befinden sich leicht flottirende Flocken, die aus denselben haarförmigen Spiculen mit rothen hexa- gonalen Tafeln bestehen, wie im Carnallit. Die rothe Färbung des Steinsalzes von Hall und von andern Orten ist durch formloses Eisenoxyd bedingt, welches man als Rest ehemaliger organisirter Gebilde ansehen kann. (Bullet, de Vacad. des sciences de St. Peters- bourg. T. IX. 1. — Journ. für -prakt. Chemie. Bd. 97. Heft 1. pag.6—29.) C. Bl. Kainit, ein neues Salz von Leopoldshall; dem Anhal- tischen Steinsalzwerke bei Stassfurt. Dieses Mineral, das Zinken Kainit zu nennen vor- schlägt, findet sich in dem durch sein ausgezeichnetes Vorkommen von Leopoldit bekannten Leopoldsschachte. Der Kainit findet sich bis jetzt nur derb und zeigt nur an einzelnen Stellen kleine krystallinische Partien, hat eine hellgraugrüne Farbe, einen ebenen bis splitterigen Bruch, ist durchscheinend, zerspringt leicht und löst sich leicht in kaltem Wasser auf; sein spec. Gew. ist 2,131. Die Analyse des Minerals ergab folgende Resultate: Wasser 18,52 — Chlor 19,69 18,56 Schwefelsäure... 28,09 30,00 Magnesia 14,78 14,76 Kalium 17,83 14,27 Natrium 2,96 4,37 Kalk 0,15 Rückstand 0,22 Die Ergebnisse beider Analysen stimmen bis auf den circa 2 Proc. differirenden Alkaligehalt ziemlich genau überein und entsprechen der Formel: |MgO,S03^ 4-4 i^^M -I- 15H0 ^ |CaO,S03\ + ^ j Na eil + ^^ ^^• {Berg- und Hüttenm. Ztg.) B. Smirgel. Jackson theilt mit, dass in Chester bei Springfield (Massachusets) ein fast unerschöpfliches Lager von Smirgel Ist der Alaun ein normaler Bestandtheil des Weins? 241 entdeckt worden sei, welcher dem besten in London darge- stellten Fabrikate von der Insel Naxos gleichkomme. Da der Smirgel des griechischen Archipels durch ein ein- ziges londoner Bankhaus und der aus Kleinasien durch eine Firma in Smyrna monopolisirt ist, so war der Preis des Smirgels bis jetzt ausserordentlich hoch und wird nothwendior bedeutend fallen. Dr. Eeich. Eyansit; ein neues Alineral. Das unter dem Namen AUophan von Evans im Jahre 1855 aus Ungarn mitgebrachte Mineral ist jetzt von Forbes einer genaueren Untersuchung unterworfen und mit dem Namen Evansit bezeichnet worden. {Phil. Magaz. 28.) Dasselbe besteht aus zusammengehäuften kleinen Stalaktiten mit Auswüchsen in Gestalt natürlicher oder künstlicher Perlen besetzt und überkleidet die Drusen- wände in Brauneisenstein. Farblos bis milchweis, zuweilen schwach gelblich, bläulich oder irisirend, glas- oder wachs- glänzend und von halbmuschligem Bruch, amorph, nie- ren- oder traubenförmig abgelagert. Härte 3,5 — 4. Spec. Gew. 1,822 — 2,099. Unschmelzbar. Die procentige Zusammensetzung war: HO 39,95 P05 19,05 A12 03. . 39,31 1 Mittel aus 3 Analysen. Si02.... 1,41' ^ 99,72 Daraus lässt sich die Formel 3 AP 03, PO^ -[- 18 HO berechnen. {Journ.furprakt. Chemie. Bd. 95. 6.) B. Ist der Alaun ein normaler Bestandtheil des Weins! Ueber diese Frage äussert sich A. Chevallier ( Journal de Chimie medicale ) wie folgt : In mehren Theilen Frankreichs hat die Anwendung des Alauns zum Versetzen des Weins so zugenommen, dass die Krämer und Droguisten ihn ganz öffentlich zu diesem Zwecke schon in Paqueten abgefasst verkaufen. Ein solches Paquet enthält 1/2 Pfd. römischen Alaun und reicht ge- wöhnlich für ein Fass von 500 Pinten aus; mitunter werden aber auch 2 Paquete zu dieser Quantität Wein 242 Ist der Alaun ein normaler Bestandtlieil des Weins") genommen. Die Polizei sollte auf diesen Unfug ein wach- sames Auge haben, den Verkauf des Alauns zu diesem Zwecke verbieten und damit behandelten Wein confisciren, denn auf den Genuss desselben folgen Verstopfung, Span- nung im Magen, Zusammenschnürung der Capillargefässe, später Magenkrämpfe und Abzehrung. Angesichts der ganz zweifellosen Thatsache, dass französische Weine mit Alaun versetzt werden, ist es nun von grösster Wichtigkeit zu wissen, ob die Weine schon im natürlichen Zustande Alaun enthalten oder nicht. Wein- Analysen liegen in grosser Menge vor, so von Faure in Bordeaux, Filhol in Toulouse, Girardin in Lilie, Payen und Jacob in Tonnerre. Faur^ fand in den Weinen von Bordelais: doppelt- weinsaures Kali, weinsauren Kalk, weinsaure Alaunerde, weinsaures Eisenoxyd, Chlorkalium, Chlornatrium, schwe- felsaures Kali, phosphorsaure Alaunerde. Nach Filhol enthalten die südlichen Weine ausser- dem noch: Chlorcalcium, Chlormagnesium, schwefelsauren Kalk, phosphorsauren Kalk, phosphorsaure Magnesia. Jacob, wie Ch. Roy erhielten aus den Weinen der Bourgogne: doppeltweinsaures Kali, schwefelsaures Kali, phosphorsauren Kalk, weinsauren Kalk, weinsaure Alaunerde und Chlornatrium. Bei keinem Chemiker findet man aber angegeben, dass die betreffenden Weine Alaun enthielten. ChevaUier selbst hat bei seinen zahlreichen Analysen von Weinen niemals Alaun angetroffen. Nirgends ist also vom Alaun im natürlichen Weine die Rede und doch will Hugoulin in allen von ihm untersuchten Weinen Alaun gefunden haben. Diese Widersprüche ver- dienen mithin eine ernste Würdigung. Die Annahme, dass die Weine Alaun enthalten, stützt sich entweder auf die Gegenwart der Bestandtheile des Alauns (Kali, Alaunerde und Schwefelsäure) in denselben, oder, was ChevaUier noch einleuchtender ist, auf die Gegenwart der schwefelsauren Alaunerde in Folge der Behandlung der Weine mit Gyps. Limo uzin-La motte, welcher mit der Untersuchung gegypster Weine beauftragt war, hat in dieser Beziehung eine Reihe von Erfahrungen ge- sammelt, welche ergeben, dass alle gegypsten Weine in Folge dieser Behandlung Alaunerdesalze, deren Wirkung auf den Organismus eben so entschieden ist, als die des Alauns, enthalten. Der Gyps nämlich, womit man die Weine des Languedoc, welche der Gegenstand der Unter- suchung waren, behandelt, ist nach Limouzin-Lam othe Die Zusammensetzung des Guignet'schen Grüns. 243 von einem Alaunerdesalze in merklicher Menge begleitet, •welches durch die Säuren in den Weinen aus dem Gypse aufgenommen wird. Durch diese Untersuchungen des Letzteren wird die Behauptung Hugoulin's, dass Weine von Natur schon Alaun enthalten, widerlegt. Obgleich die Gegenwart kleiner Mengen Alaunerde in den Weinen unbestritten bleibt, so darf aber doch mit Gewissheit auf eine damit vorgenom- mene Künstelei geschlossen werden, wenn man in einem Weine Alaunerde in erheblicher Menge findet, habe diese nun in einem Zusätze von Alaun selbst oder von Alaun- erde-haltigem Gypse bestanden. Die Behörden hätten demnach ihr Augenmerk nicht bloss auf das Alaunen, sondern auch auf das Gjpsen der Weine zu richten, und letzteres ebenfalls zu verbieten. ( Wittst. Vierteljahr sehr. Bd. 15. 2.) B. lieber die ZusammensetzuDg des Ouignet'schen (ürüns. Indem in einer früheren Arbeit Scheurer-Kestner's die Frage über die Bildung dieser Farbe (Chromoxydhydrat) ungelöst bleiben musste, so hat sich jetzt durch weitere Versuche desselben herausgestellt, dass die frühere An- nahme, zur Bildung desselben sei ein Alkali nöthig, durch die Darstellung des Guignet'schen Grüns ohne ein Alkali oder ein Alkalisalz widerlegt wird. Ersetzt man nämlich in dem gewöhnlichen Verfahren das doppelt-chromsaure Kali durch Chromsäure, so erhält man eine blasige Masse, welche sich in Wasser zu einem mit dem Guignet'schen Grün identischen Chromoxyd hydrat unter Lösung der Borsäure umwandelt. Auch bei An- wendung von Chromoxydhydrat ist das Resultat dasselbe. Borsaures Chromoxyd mit Wasser zusammengebracht, zersetzt sich unter Abscheidung eines reichlichen Nieder- schlags von grünem Chromoxydhydrat, welches ebenfalls mit dem Guignet'schen Grün identisch ist. Der so erhal- tene Niederschlag wurde heiss ausgewaschen, dann mit heisser verdünnter Aetznatronlösung behandelt, gewaschen und bei 110^ getrocknet. Die Analyse ergab : Angewandte Substanz 1,1725 Wasser 0,1910 Verlust beim Erhitzen mit Flusssäure 0.0090 Es entspricht der Formel 2Cr2 03, 3H0'. Berechnet Gefunden Wasser 15,06 16,3. 244 Vorkommen des Vanadiums im Aetznatron. Bei Verwendung des gewöhnlichen Chromoxydhydrats für die Darstellung des Grüns muss die Menge der Bor- säure zur Erleichterung des Schnielzens vergrössert werden. Bei Darstellung des Guignet'schen Grüns bildet sich demnach zuerst borsaures Chromoxyd, welches sich in Berührung mit Wasser, eben so wie das borsaure Eisen- oxyd- und das Thonerdehydrat in Hydrat und freie Bor- säure zerlegt. Das Alkali im doppelt -chromsauren Kali befördert mit der Borsäure das leichtere Schmelzen der Masse. {Bull, de la soc. cliim. — Journ. f. prakt. Chem. Bd. 59. 8.) ß. lieber ein Verfahren, Spuren von Chrom im Eisen und Stahl nachzuweisen. Man bringt nach A, Terreil's Angabe das Metall auf gewöhnliche Weise in Lösung und schlägt mit einer concentrirten Kalilösung nieder; dann lässt man vorsichtig in die auf 80 — DO^ erhitzte Flüssigkeit eine sehr ver- dünnte Lösung von übermangansaurem Kali tropfen, bis die von der Bildung des mangansauren Kalis herrührende grüne Färbung eintritt. Man tiltrirt, übersättigt mit Essig- säure und versetzt mit essigsaurem Bleioxyd, worauf beim Vorhandensein von Chrom der charakteristische Nieder- schlag von chromsaurem Bleioxyd erfolgt. {Bull, de la Soc. chim. — Chem. Centrhl. 1866. 3.) B. Heber das Vorkommen des Vanadiums in dem Aetz- natron des Handels. A. Baumgarten hat aus Sodamutterlaugen ein Salz erhalten, welches seiner Zusammensetzung nach der Formel 2 (3 NaO, P05) -|- Na F -f 38 HO entspricht, in der Annahme, dass ein Theil der Phosphorsäure durch die gleichzeitig mit beobachtete Arsen- und Vanadsäure ver- treten sein könne. Für diese Annahme spricht, dass das Salz, sechs Mal umkrystallisirt, noch vanadhaltig war und dass sich auch künstlich vanadhaltige Krystalle er- halten Hessen, wenn man das durch Kochen von 36 Grra. phosphorsaurera Natron, 2, 1 reinem Fluornatrium und 200 CC. einer 9 Grm. Natron enthaltenen Lösung dargestelltes Salz 2 (3 NaO, P 05) _[_ NaF -|- 38 aq mit vanadsaurem Natron mischte. Baum garten nimmt daher die Vanad- säure der Phosphorsäure gleichartig zusammengesetzt = V05 an. {Ztschr. f. Chemie. N. F. Bd. 1. 19 u. 29.) B. Pyrocliroit, ein neues Mineral, 245 Die Titansäure ist trimorph in den auf einander nicht zurückführ- baren Krystallformen des Rutil (quadratisch), Anatas (qua- dratisch, aber mit derRutilforni nicht vereinbar) undBrookit (rhombisch). Das spec. Gew. des Rutils ist 4,21 — 4,29 und ändert sich beim Glühen nicht, das des Anatas ist 3,7 — 3,9 und wird durch Glühen zu dem des Rutils, eben so der Brookit, dessen spec. Gew. 4,13 — 4,16 ist. Haute feuille hat diese drei Mineralien künstlich dar- gestellt. Fluortitandämpfe wurden bei der Verflüchtigungs- temperatur des Kadmiums in Wasserdämpfe geleitet, wo- durch schöne Kry stalle von Titansäure in Anatasform von dem spec. Gew. 3,7 — 3,9 erhalten wurden. Wirkt Fluortitan auf feuchte Luft, so entsteht bei Dunkelroth- gluth farbloser Anatas ; mit Wasserdampf gesättigtes Wasserstoffgas giebt bei 5000 durch Titanoxyd indigblau gefärbte Anataskrystalle ; wendet man schwach feuchtes Wasserstoffgas an, so ist der resultirende Anatas durch rothes 1 1/2 fach Fluortitan violettblau gefärbt. Arbeitet man bei einer Temperatur, die zwischen den Verflüch- tigungstemperaturen des Kadmiums und Zinks liegt, so entsteht Brookit von 4,1 — 4,2 und bei Hellrothgluth Rutil von 4,3. Bei diesen Versuchen entsteht neben der Titansäure Fluorwasserstoffsäure, welche als Lösungsmittel der Titansäure wirkt, so dass diese bei Verflüchtigung des Fluorwasserstoffs wieder krystallisirt. Es würde sich Chlorwasserstoffsäure ähnlich verhalten, diese wirkt aber erst bei so hoher Temperatur, dass sich stets nur Rutil bildet. {Coviptes rendus.) Dr. Reich. Pyrochroit, ein neues Mineral. In Pajsbergs Eisen- und Mangangrube (Wermland in Schweden) findet sich nach L. J. Igel ström {Oefv. of Akad. Foerh. 21.) ein Mineral, welches in dem Magnet- eisenstein weisse, perlmutterglänzende Adern von 1 — 2 Linien Breite bildet. Es verwittert schnell an der Luft, indem es braun, dann schwarz wird, ist in dünnen Blät- tern durchscheinend und weniger hart als Kalkspath. Im Kolben erhitzt, giebt es viel Wasser ab und wird zuerst grün, dann grüngrau und schliesslich braunschwarz. Von diesem Farbenwechsel in der Hitze hat es Igelström Pyrochroit benannt. In Salzsäure ist es sehr leicht löslich. Geglüht verliert es 246 Uehermangansaures Kali aus Manganoxyd. Wasser und Kohlensäure und bekommt das Ansehen des Manganoxydoxyduls, woraus es dann wesentlich besteht. Seine Zusammensetzung ist: MnO 76,40 MgO 3,14 CaO 1,27 FeO 0,00G HO 15,35 C02 3,834 (aus dem Verlust) 100. Man kann den Pyrochroit als einen Brucit, welchem er äusserlicli auch sehr ähnelt, mit überwiegendem Mangan- oxydulgehalt ansehen. {Journ. f. prakt. Chemie. Bd. 95. 5.) ß. Debermangansaures Kali aus ^anganoxyd. Die bisherige Darstellungsmethode des übermangan- sauern Kalis aus Braunstein giebt nicht immer eine gute Ausbeute, da der Braunstein von sehr wechselnder Be- schaffenheit ist und man deshalb die Materialien nur selten im richtigen Verhältnisse anwenden kann. Gräger ersetzt deshalb den Braunstein durch Manganoxyd Mn^O^. Er erhält dasselbe, indem er die Rückstände von der Chlor- bereitung durch vorsichtige Fällung mit Soda von Eisen befreit, das darauf ebenfalls durch weitereu Zusatz von Soda gefällte kohlensaure Manganoxydul auswäscht, trocknet und glüht. Von diesem Präparate werden 130 Th. mit 100 Th. chlorsaurem Kali und 184 Th. möglichst kohlensäurefreiem Aetzkali zusammengeschmolzen und 1/4 Stunde lang seh wach- roth geglüht. Man benutzt dazu vortheilhaft Kalilauge, die man mit dem chlorsauren Kali und dem Manganoxyde zur Trockne verdampft. Die erkaltete Schmelze Avird mit Wasser ausgelaugt, und die Lösung mit Kohlensäure be- handelt, bis ein Tropfen der Flüssigkeit auf weissem Fliesspapier einen rein rothen Fleck giebt. Man filtrirt dann durch gepulverten Marmor und verdampft zur Trockne. Dr. Reich. Verfälschung des Petroleums. 247 Heber Verfälschung des Petroleums enthält das in Köln erscheinende „Amtsblatt" folgende Be- kanntmachung der königl. Regierung : „ Das Petroleum wird in der jüngsten Zeit vielfach verfälscht und zwar haupt- sächlich in der Weise, dass man die schweren, sonst nicht zur Beleuchtung verwendbaren Paraflinöle durch Zu- mischung von Petroleumessenz (Naphta), welche ein spec. Gew. von 0,750 hat, auf ein spec. Gew. von etwa 0,800 bringt. Solche Oele, welche sich der äussern Erscheinung nach fast gar nicht von dem reinen Petroleum unterschei- den, indem höchstens ein stärkerer Geruch bei demselben vorwaltet, sind sehr leicht entzündlich und deshalb im Gebrauche sehr gefährlich. Wird nun Essenz zu einem schw^eren Oele von 0,830 spec. Gew. gesetzt, so treten beim Brennen von Lampen folgende Erscheinungen ein: Im Anfange kommt grösstentheils eine Auflösung von schwerem Oel in Essenz zur Verbrennung, indem durch die Einwirkung der Wärme auf das Oel im Dochte ein Theil des schweren Oels im Dampfe der Essenz gelöst verbrennt. Mit dem Consum der Essenz hört auch die Verbrennung des schweren Oels auf: die Flamme geht zurück, es findet eine Verkohlung des Dochtes und späterhin ein Russen statt. Um dieses zu vermeiden, hat man gutes Petroleum von 0,790 — 0,795 spec. Gew. zugesetzt, oder aber die schweren Oele von nur 0,820 spec. Gew. genommen. Es wird hierdurch zwar ein grösserer Consum des schweren Oeles bedingt, es treten jedoch schliesslich ebenfalls die oben genannten Uebel- stände beim Brennen ein. In einem Falle wurde ein solches verfälschtes Oel, welches ein specifisches Gewicht von 0,800 hatte, näher untersucht, wobei sich ergab, dass dasselbe in 100 Raumtheilen aus circa 25 Vol. Essenz von 0,750 spec. Gew., 20 Vol. gutem Petroleum -Brennöl von 0,790 spec. Gew. und 50 Vol. schwerem Oele, sog. Schmier- oder Paraffinöl von 0,830 spec. Gew. bestand. Zur Erkennung eines solchen Gemisches giebt es ein eiri- faches Mittel. Man mischt nämlich in einem passenden Gefässe einen Raumtheil (?) mit kaltem Wasser zusammen, rührt das Gemisch gut um und giesst eine einen starken Strohhalm dicke Schicht des fraglichen Oels darauf. Ist dasselbe frei von Essenz, so kann es durch einen bren- nenden Fidibus nicht entzündet werden. Uebersteigt aber der Essenzgehalt 12 Proc, so entzündet sich das Oel 248 Kohlemvasserstoff'e im Steinkohleniheeröle. jedenfalls. Wir machen das Publicum hiermit auf diese gefährliche Mischung aufmerksam und warnen vor dem Gebrauch derselben als Beleuchtungsmaterial, da aus ihrer leichten Entzündlichkeit viele in der neuesten Zeit durch Explosionen herbeigeführte Unglücksfälle entstanden sind*. {Bl.f.Hdl.u.Gew. 1866. 16.) B. Neue Untersuchung über die in dem flüchtigsten Theile des Steinkohlentheeröles enthaltenden Kohlen- wasserstofl*e. Rectiticirt man Benzin des Handels in Mengen von 800 — 1000 Liter auf einmal und fängt man die ersten zwei oder drei Liter gesondert auf, so erhält man nach C. Greville-Williams eine sehr flüchtige Flüssigkeit, die zum grössten Theile unter 700 siedet und noch viel Benzin enthält. Dieselbe wurde mit einem grossen Ueber- schusse von Schwefelsäure behandelt, wodurch man un- gefähr den achten Theil davon abschied, der sich in der Säure nicht auflösen wollte. Nach zwei- oder dreimaligem erneuten Behandeln dieses Theils mit Säure wurde er durch Kali von der Säure befreit, getrocknet, über Na- trium rectificirt und dann der fractionirten Destillation unterworfen. Man erhielt von 10 zu 10 Graden Fractionen von 700 an bis zu Temperaturen, die über den Siedepunct des Quecksilbers hinaus lagen. Die beträchtlichsten Frac- tionen destillirten indess um 2150 herum. Die Analyse derselben ergab: I. IL IIL IV. Kohlenstoff. . 88,45 88,49 88,98 88,64 Wasserstoff. . 11,18 11,23 11,12 11,18 Die erste und zweite Analyse bezieht sich auf eine zwischen 2100 und 2200 siedende Flüssigkeit von einer Darstellung, die dritte auf eine Flüssigkeit von einer anderen Darstellung, die zwischen 2150 und 2200 siedete, für die vierte hat Greville-Williams keine näheren Angaben gemacht. Diese Zahlen stimmen sehr nahe mit mehren Formeln, nämlich mit derjenigen des Phenyl-Amyl C^SH'ß, des Phe- nyl-Hexyl C^niis und des Phenyl- Heptyl C26H20 und da in diesem Falle eine Dampfdichtebestimmung offenbar das beste Mittel abgab, um zwischen diesen verschiedenen Formeln zu entscheiden, so wurde eine solche mit der grössten Sorgfalt ausgeführt. Gefunden wurde 5,78. Dieses Erkennung von Kohlenioasserstoffen in Gasgemengen. 249 Resultat stimmt am besten mit der Formel C24H^8^ wie folgende Vergleichung zeigt: C24H«8 5,605, C22H16 5,121, C26H20 6,089, weshalb Greville-Williams nicht an- steht, die Substanz für das gemischte Radical Phenyl-Hexyl C12H5, C12H13 = C24H18 anzusehen. Man kann die t.^ , J- T^" C12H6 I , C12H5 1 . ., r ormel dieses Korpers pi2tri2f oder pi2Hi3i schreiben, da die Tbatsache, dass er sich aus einer unter 70^ sie- denden Flüssigkeit bildet, die also nur zwischen engen Grenzen siedende Körper enthalten konnte, andere For- meln ausschliesst. Diese Substanz ist demnach homolog mit dem Phenjl- Amyl von Tollens und Fittig, es ist eine farblose Flüssigkeit von charakteristischem Gerüche und einem spec. Gew. = 0,8731 bei 130,2. Greville-Williams hofft später die Existenz von noch anderen gemischten Radicalen in den nach der oben mitgetheilten Methode dargestellten Flüssigkeiten nach- weisen zu können und verspricht gleichzeitig weitere Mittheilungen über eine aus dem Phenyl-Hexyl durch Reduction des Nitroproductes entstehende Base. {Covipt. rend. 1866. T.62. — Chem. Centrhl. 1866. 19.) B. mittel zur Erkennung ?on Kohlenwasserstoifen in das- gemengeU; von Berthclot. Die Bildung von Acetylen bei unvollkommener Ver- brennung bietet ein Mittel dar, um ein Gemenge von Kohlenoxyd und Wasserstoff, von einem Gemenge von Wasserstoff mit einer geringen Menge von Sumpfgas oder einem anderen Kohlenwasserstoffe zu unterscheiden, eine Aufgabe, die nicht selten bei den Reactionen der orga- nischen Chemie gestellt wird. Man kann zu diesem Zwecke entweder das Gasgemenge bei Gegenwart von ammoniakalischemKupferchlorür einer unvoll- kommenen Verbrennung unterwerfen, oder man lässt durch die Gase 2 — 3 Minuten lang eine Reihe von elektrischen Funken hindurchschlagen und bringt dann das Reactionsmittel hinzu. Unter solchen Umständen erzeugt sich in einem Gemenge von Wasserstoff und Kohlenoxyd keine Spur von Acetylen, wenn man nicht die Operation mehre Stunden lang unter besonderen Umständen fortsetzt. Ein Gemenge von Kohlenoxyd und Wasserstoff und Arch.d. Pharm. CLXXXI.Bds. 3.Hft. 17 250 Verhindungen des Naphtalins mit Brom, von Wasserstoff und Sumpfgas lässt sich zwar auch so unterscheiden, dass man das Gas mit seinem Volumen einer salzsauren Lösung von Kupferchlorür schüttelt, worin sich das Kohlenoxyd auflöst, während Kohlenwasserstoff ungelöst bleibt, sodann das Gas aus diesem Reactions- mittel entfernt und anzündet. Hierbei wird das Gas, welches Kohlenoxyd enthalten hatte, keine Kohlensäure mehr geben, während andererseits das Gas, welches Sumpfgas enthält, natürlich auch noch Kohlensäure geben wird. Indess ist diese Probe nicht so scharf, wie die obige, da Spuren von Kohlenoxyd der Absorption ent- gehen können, die dann für Sumpfgas angesehen werden, und da andererseits eine saure Lösung von Kupferchlorür, besonders in solcher Masse, wie man sie zur Absorption des Kohlenoxyds braucht, auch verschiedene Kohlenwasser- stoffe C-"H'-" und andere brennbare Dämpfe absorbiren kann, die man somit für Kohlenoxyd ansehen würde. Die Bildung von Acety lenkupfer ist dagegen von die- sen Zweideutigkeiten frei und bietet auch in ihrer An- wendung keine Schwierigkeiten dar, (Bidl. de la Soc. Chim. 1866. — Ckem. Centrhl. 1866. No. 39.) B. Verbindungen des Naphtalins mit Brom. C. Glaser hat folgende Verbindungen des Broms mit Naphtalin dargestellt. M o n o b r o m n a p h t a 1 i n , C^o H^ Br, farbloses Oel von starkem Lichtbrechungsvermögen, spec. Gew. 1,555, Siedepunct 285*^, leicht löslich in Weingeist und Aether, löst Naphtalin leicht und schon in der Kälte, so wie Jod, ohne sich mit letzterem zu vei'binden. Es verändert sich nicht beim Kochen mit weingeistiger Kalilösung, giebt bei der Behandlung mit Natriuraamalgam Bromnatrium und Naphtalin und wird von concentrirter Salpetersäure beim Kochen vollständig zersetzt. Dibromnaphtalin, C^OHeßr^, schon von Laurent in reinem Zustande dargestellt, wird beim Kochen mit Salpetersäure in eine Nitroverbindung übergeführt und tritt in zwei Modificationen auf: a) zolllange, seideglän- zende Nadeln, Schmelzpunct 81^, Erstarrungspunct zwi- schen 500 und 700, leicht löslich in Weingeist und Aether; 6) wai'zenförmige, krystallinische Gebilde, Schmelzpunct 760, noch leichter löslich in Alkohol. Tribromnaphtalin, C^o H^ Br^, bildet schöne Feste Kohlenwasserstoffe des Steinkohlentheeröls. 251 weisse Nadeln, Schmelzpunct Tö^, leicht löslich in Alkohol und Aether, wird von weingeistigem Kali nicht verändert. Tetrabromnaphtalin, CSOR^Br*, ist in Wein- geist nicht merklich löslich, in Aether schwer löslich; es ist in Benzol in der Wärme leicht löslich und scheidet sich daraus in radial gruppirten Nadeln ab. Aus Aether krystallisirt es auch in kurzen Prismen. Pentabromnaphtalin, C^OH^Br^, besteht aus weissen krystallinischen Körnern, die unlöslich in Alkohol und sehr schwer löslich in Aether sind, sich aber in Benzol in der Wärme lösen. Der Körper wird durch Brom nicht weiter verändert, ist unzersetzt flüchtig und wird von Aveingeistigem Kali nicht verändert. Von den von Laurent noch beschriebenen Brom- verbindungen des Naphtalins konnte der Verfasser nur darstellen das Dihydrobrom-Tetrabromnaphtalin = C20H6Br6 = C^OH^Br*, 2 HBr, welches er in farblosen und schön ausgebildeten Krystallen des rhombischen Systems erhielt. {Annal. der Cliem. und Pharm. CXXXV. 40 — 49.) G. Heber die festen Kohlenwasserstoffe des Steinkohlen- theeröls. J. F ritsch e hat bereits in einer früheren Abhand- lung einen neuen festen Kohlenwasserstoff beschrieben, der sich im Steinkohlentheere befindet, eine prächtig orange- rothe Farbe besitzt und im Stande ist, grossen Mengen von farblosen Kohlenwasserstoffen eine schöne gelbe Farbe zu ertheilen. Dieser Körper, den Fritsche Chry- sogen nennt, ist in der festen Substanz enthalten, welche sich aus dem sogenannten schweren Steinkohlenöle abson- dert und welche aus einem Gemenge verschiedener Kohlen- wasserstoffe besteht, zu deren Darstellung sie das Material bildet. Das Rohmaterial, das der Verfasser zu seinen Versuchen benutzte, stammte aus einer Steinkohlentheer- Destillation in Glasgow und war ein pulverförmiger Kör- per von citronengelber Farbe, in harte Kuchen zusammen- gepresst und den Namen Paranaphtalin führend. Zur Darstellung der gelb färbenden Substanz aus diesem Materiale behandelte es der Verfasser mit Steinkohlenöl, wobei er grosse gelbe Blätter erhielt, die durch wieder- holtes Umkrystallisiren aus diesem Lösungsmittel immer dunkler gelb wurden und eine grünschillernde Farbe an- 17* 252 Feste Kohlenwasserstoffe des SteinkoJdentheeröls. nahmen, während iu der Lösung ein weniger gefärbtes Product zurückblieb. Dabei kam es darauf an, nicht nur den richtigen Concentrationsgrad der Lösung, sondern auch den richtigen Moment beim Abkühlen für die Fil- tration zu trefifen, denn das am meisten gefärbte Product scheidet sich zuerst aus und je früher man nach begin- nendem Ausscheiden filtrirt, desto dunkler gefärbte Blätter erhält man gewöhnlich, aber desto kleiner ist auch ihre Menge, Diese Blätter zeigten lange kein besonderes Ver- halten gegen andere Lösungsmittel, nachdem der Verfasser sie jedoch oftmals dieser so zu nennenden Concentrations- arbeit unterworfen hatte, erhielt er endlich eine kleine Menge dunkel grüngelber Blätter, welche beim Behandeln mit Aether ein eigenthümliches Verhalten zeigten. Sie wurden nämlich von Aether gleichsam angefressen und es blieb Anfangs ein orangefarbenes zusammenhängendes Gerippe zurück. Bei weiterem Behandeln mit Aether zerfiel auch dieses allmälig zu einem orangefarbenen Pulver, welches auf dem Filter, auf dem man es durch Aether ausgewaschen hatte, zurückblieb. Dieses Pulver ist das Chry sogen. Man darf dasselbe indess nicht zu lange auswaschen, da es in geringem Grade in Aether löslich ist-, löst man es nun in der Wärme in Steinkohlenöl, «o erhält man es beim Abkühlen iu prachtvoll orange- farbenen, goldglänzenden höchst dünnen Blättchen. Auf diese und ähnliche Weise gelang es dem Verfasser mit unsäglicher Mühe, nach und nach 0,75 (irra. Chrysogen darzustellen, ohne doch eine weitere T^arantie für seine Reinheit, als sein gleichmässiges Verhalten gegen Lösungs- mittel u. s. w. zu haben. Die beiden Analysen^ die der Verfasser mit Producten von zwei Darstellungen anstellte, stimmen daher auch nicht überein, zumal die erstere von beiden noch dadurch beinahe unbrauchbar gemacht wurde, dass aus einer dem Verfasser unerklärlichen Ursache ein an- organischer Rückstand blieb, der, da er aus dem bei der Analyse benutzten Platinschifi'chen herausgefallen war, sich der Rückwägung entzog. Man kann indess wohl mit Sicherheit annehmen, dass das Chrysogen nur aus Kohlen- .stoff und Wasserstoff besteht, und dass es sich seinem geringen W'asserstoffgehalt zufolge (4,7 Proc.) den mit Pikrinsäure verbindbaren Kohlenwasserstoffen näher an- schliesst, als den .gegen 14 Proc. Wasserstoff enthaltenden paraffinartigen Körpern. Das Chrysogen ist ein sehr schwer löslicher Körper Benzol und dessen Homologen sind noch seine besten gm Feste Kohlenicasserstoffe des Steinkohlentheeröls. 253 Lösungsmittel. Ein Theil Chrysogen braucht jedoch gegen 2500 Th. Benzol von gewöhnlicher Temperatur und 500 Th. kochenden Benzols zu seiner Auflösung. Auch in Essigsäure ist das Chrysogen nur sehr schwiei'ig löslich, und in Alkohol und Aether noch weniger. Die Krystalle, in denen sich das Chysogen aus der kochend gesättigten alkoholischen Lösung ausscheidet, bestehen aus gut ausgebildeten rhombischen Tafeln, oder aus blatt- artig ausgebreiteten Aggregaten von ihnen. Eine aus- gezeichnete Eigenschaft des Chrysogens ist das Vermögen, grossen Quantitäten von anderen an und für sich farb- losen Kohlenwasserstoffen eine schön gelbe Farbe zu ertheilen. Löst man z. B. einen Theil Chrysogen mit 1000 Th. des in grossen Blättern krystallisirenden Kohlenwasser- stoffes C28H10 in 5000 Th. Steinkohlenöl kochend auf, so erhält man eine intensiv gelb gefärbte Lösung, welche beim Erkalten durch Ausscheidung grünlich-gelber Blätter gänzlich erstarrt; eben so erhält man einen schon grün- gelben Körper durch Zusammenschmelzen beider Sub- stanzen in den angegebenen Verhältnissen. Die so erhal- tenen gelben Substanzen verhalten sich vollkommen so, wie die gelben Körper, welche man aus den festen Destil- lationsproducten des Steinkohlentheers erhält und diese verdanken daher ihre gelbe Farbe einer grösseren oder geringeren Beimischung von Chrysogen. Anfangs glaubte der Verfasser es mit Laurents Chrysen zu thun zu haben, überzeugte sich indess bald, dass dies nicht der Fall sei. Laurent bezeichnet die Farbe des Chrysens in reinem Zustande als schön gelb, ohne allen Stich ins Orangefarbene oder Grünliche und ein solcher, von den durch Chrysogen gefärbten Kohlenwasserstoffen gänzlich verschiedener und Laurent 's Chrysen w^enigstens ähn- licher Körper findet sich in der That auch in den allerletzten Producten der Destillation des Steinkohlen- theers. Der Schmelzpunct des Chrysogens liegt bei ungefähr 280 — 2900. Bei dieser Temperatur schwärzt es sich indess bereits, während ein Theil mit etwas veränderten Eigenschaften sublimirt. In concentrirter Schwefelsäure ist das Chrysogen ohne grosse Veränderung löslich und fällt daraus beim langsamen Anziehen von Wasser in Gestalt feiner Flocken wieder nieder. Höchst concentrirte Salpetersäure greift das Chrysogen sehr energisch an. Durch directes Sonnenlicht werden die Lösungen des Chrysogens rasch gebleicht, wobei sich ein krystalli- 254 Verbreitung des Copals in Angola. sirtes fjirbloscs Umwandlungsproduct zu bilden scheint, das beim Schmelzen wieder eine orangegelbe Farbe annimmt. Indess hat der Verfasser nicht zu entscheiden vermocht, ob diese P^arbe von regenerirtem Chrysogen herrührte. {Bull, de l'acad. imper. de St. Petersburg. — Chem. Centrbl. 1866. 19.) B. Ko|)aivabal$aiii erstarrt mit gebrannter Magnesia angerieben zu einer knetbaren Masse. Es ist dieses charakteristisch, bisweilen jedoch findet man sehr guten und unzweifelhaft echten Balsam, der mit Magnesia nicht erhärtet. Roussin hat nun gefunden, dass frisch gebrannter Kalk mit Balsam angerieben werden kann, ohne jemals zu erhärten, dass aber diese Erhärtung sofort eintritt, wenn man ein wenig Wasser mit der Mischung zusammen rührt. Eben so verhält es sich mit der Magnesia. Frisch gebrannte Mag- nesia mit ganz wasserfreiem Balsam erhärtet nicht. Nun zieht aber die gebrannte Magnesia begierig Wasser an, und eben so findet man im Handel wasserhaltigen Balsam, so dass ohne weitere Massregeln bald Erhärtung eintreten wird, bald nicht, je nachdem man zufällig wasserfreie oder wasserhaltige Substanzen in Händen hat. {Chemical News.) Dr. Reich. lieber den Ursprung nnd die geographische Verbrei- tung des Copals in Angola^ von Weliritsch. Der Copal findet sich im westlichen tropischen Afrika vorzugsweise innerhalb der Grenzen, wo die Adansonia digitata vorkommt. In der Provinz Angola liefern die Landschaften, welche zu dem Gouvernement Benguela gehören, am meisten von diesem Harze, bis 2 Millionen Pfund des Jahres. Es wird aus dem losen Sande oder Mergel ausgegraben, zuweilen liegt es, durch heftige Regengüsse entblösst, offen zu Tage. Meistens sind die Stücke nicht grösser als ein Hühnerei. Sie sind mit einer weissen erdigen Kruste bedeckt, heller oder dunkler von Farbe. Nach Daniel kommt der Sierra -Leone -Copal von einem Baume, Gxdbourtia copaUifera s. Copallifera Guibourtiana Benth ; Wel witsch ist der Meinung, dass aller westafrikanische Copal als ein fossiles Harz zu be- trachten sei, ähnlich dem Bernstein, abstammend von Bäumen, die vor längerer Zeit dort Wälder bildeten, jetzt lieber Asa foetida. 255 aber entweder gar nicht mehr oder nur in zwerghaften Abkömmlingen existiren. (Pharmac. Journ. and Transact. July 1866. 2. Ser. Vol. VIII. No. I. p. 27.) Wp. Schiieiie Bereitung einer Schellacklösung. Die Auflösung von Schellack lässt sich am schnell- sten und sichersten in der Weise bewirken, dass man den Schellack auf einer gx'ossen grobmahlenden Kaffee- inühle, indem man ihn 2 bis 3 Mal durchgehen lässt, zu einem gleichmässigen Pulver mahlt, in das Auflösungs- gefäss schüttet, nur so viel Spiritus darauf giesst, dass die umgeschüttelte Masse die Consistenz eines massig dün- nen Breies hat, das Gefäss auf ein zusammengelegtes Handtuch legt, dessen Enden doppelt liegen, um das Fortrollen des Gefässes zu hindern, und die Flasche alle '/4 ^'s V2 Stunden etwa um 90 Grad dreht. Der Brei vei'dickt sich im Anfang, wird dann dünner flüssig und bildet nach circa 8 bis 10 Stunden eine syrupdicke, ganz gleichmässige Flüssigkeit, der man dann den noch fehlen- den Spiritus zusetzt. (Pharm. Ztg. 1866.) B. Heber Asa foetida. Nach Henkels Mittheilung findet sich schon seit einigen Jahren eine vorzügliche Asa foetida in lacrymis im Handel, welche von grosser Reinheit, bei weniger penetrantem Geruch, als der, den die geringere Sorte in Ätassen darbietet, auch in ihrem sonstigen Verhalten wesentlich von der früheren Asa foetida des Handels abweicht. Kämpfer, der die Einsammlung des Stinkasants an Ort und Stelle selbst beobachtete, bezeichnet als wichtigste Productionsstelle das Baktyriari- Gebirge in der Gegend von Lar in der Provinz Farsistan in Westpersien; diese Angaben finden ihre Bestätigung durch Borszczow, der zwar trotz zweijährigen Aufenthalts im westlichen Centralasien nicht selbst dazu kam, die Gewinnung des Stinkasants mit anzusehen, jedoch die Identität von Linne's Ferula Asa foetida und Bunge's Scorodosma foetidum als alleiniger Stammpflanze des Stinkasants behaupte t Zugleich bemerkt derselbe, dass es noch andere Dolden gebe, die ein ähnlich riechendes Product ausscheiden, darunter namentlich Narthex Asa foetida Falk., dass aber nirgends Nachweis vorliege, der für den Export letzterer 256 Die Saughütchen von Kautschuck etc. Producte, als Asa foetlda, spreche. Letztere Angabe ist jedoch eine irrige, welche schon Henkel nach Berichten von Bollew nachgewiesen hat. Die Angaben Borsz- czow's beziehen sich nur auf den westlichen Theil Per- siens, während im südöstlichen Theile von Persien, gegen die Grenze von Vorderindien hin, wohin derselbe nicht kam, also auch über die Exportverhältnisse keine authen- tischen Notizen sammeln konnte, allerdings von Narthex Asa foetida Falk, diese Drogue gesammelt wird. Nach den Gouvernementsberichten des nordwestlichen Theils von Indien beträgt der Werth des aus letzterem Theile von Persien importirten Stinkasants nach Indien über 2000 Pfund Sterling. Während wir früher die Asa foetida meist über die Levante erhielten, beziehen wir seit Jahren diese Drogue aus England, wohin sie aus Ostindien gelangt und es scheint dadurch der Unterschied bedingt zu sein, dass wir jetzt das Product von Narthex, früher aber das von Scorodosma erhielten. Die gegenwärtig im Handel häufigste Asa foetida in lacrymis besteht aus verschiedenen (bis 1 Zoll im Durch- messer) grossen, frisch weichen, plattgedrückten Stücken von strohgelber, später dunkler werdenden Masse; Stücke, welche anfänglich rundliche Thränen darstellten, die sich erst durch den Druck abplatteten; festere Stücke zeigen auf dem Bruche eine mattweisse, stellenweise gelbliche Farbe und fast körnige Structur und die auffallendste Eigenschaft dieses ostindischen Stinkasants besteht darin, dass die Bruchfläche der Stücke, deren Henkel mehre den ganzen Sommer hindurch der Luft und dem Lichte aussetzte, nicht jene eigenthümliche pfirsischrothe, später braune Färbung annimmt, wie solche bekanntlich an der früheren persischen Asa foetida beobachtet werden konnte. Die Angaben englischer Autoren, dass Narthex Asa foetida wirklich eine Sorte Stinkasant liefere, hält Henkel für gerechtfertigt und glaubt auf den bezeichneten Unter- schied beider Producte, die wir als Asa foetida kennen, in Beziehung auf die Farbenveränderung, die sich nur bei dem persischen Producte von Scorodosma zeigt, hin- weisen zu sollen. {N. Jahrh.f. Pharmacie. Bd. 15. 2.) B. Die Saugbntchen von Kautschuk, eine Quelle chro- nischer Aphthenbildung bei Kindern. Mettenheimer findet die Ursache hartnäckiger und lang andauernder Aphthenerkrankungen bei Kindern in Holz zu conserviren. 257 dem Gebrauch der Kautschuk-Saughütchen, indem diese nicht immer rein genug gehalten werden. Derselbe fasst seine Beobachtungen in folgende Sätze zusammen: 1) wenn Kinder, die mit der Flasche aufgezogen werden, wieder- holt und langwierig an Schwämmchen erkranken, so kann die Ursache der Recidive in einer Pilzvegetation auf dem Kautschukhütchen liegen; 2) die Pilzsporen sitzen vor- zugsweise auf der inneren, schwer zu reinigenden Ober- fläche dieser Hütchen; 3) blosses Einlegen der Hütchen in Wasser und Ausspülen in demselben genügt nicht zur Entfernung der Sporen ; 4) zieht man in solchen Fällen nicht ein Mundstück aus Hörn, Knochen" oder Elfenbein vor, so wende man beim Reinigen die Hütchen um und reibe auch die innere Oberfläche sorgfältig ab. {Memorabilien.) B. (üeleimtes und farbiges Pergameutpapier. Es stand der vielseitigen Verwendung des Pergament- papieres bisher der Uebelstand im Wege, dass sich das- selbe auf Holz oder Pappe sehr schlecht, auf sich selbst aber gar nicht verleimen lässt. Ebermayer befeuchtet das Pergamentpapier auf der Seite, auf welcher es ver- leimt werden soll, zuerst mit Alkohol oder starkem Branntewein, legt das mit Leim stark bestrichene Material darauf und reibt mit einem Falzbeine an. Will man Pergamentpapier mit sich selbst verleimen, so behandelt man die beiden sich berührenden Flächen in angegebener Weise. Farbiges Pergamentpapier kann auf gewöhnliche Art nicht schön hergestellt werden, weil die wenigsten Farben die Einwirkung concentrirter Schwefelsäure vertragen. Dagegen nimmt Pergamentpapier die Anilinfarben gut auf, wenn man es in die heisse wässerige Lösung dersel- ben bringt. Man kann gelb färben mit pikrinsaurem Natron, orange mit Pikrinsäure und Anilinroth, grün mit Pikrinsäure und Indigkarmin. Dr. Reich. Um Holz zu conserviren^ wurde in der Berliner polytechnischen Gesellschaft Braunkohlentheer mit einem Gehalt von 3 Proc. phenyl- saurem Natron, wie er in der Weissenfelser Gegend ge- wonnen wird, empfohlen. Dieser wird mit 4 Th. Wasser verdünnt, 3 — 4 Mal aufgestrichen und dann mit Eisen- '2Ö8 Schiesspulver aus Holzsägespünen. — CoUodiumwolle. vitrioUösung nachgestrichen. Es bildet sich schwefelsaures Natron, das auswittert und vom Kegen fortgespült wird, während das Kreosot zurückbleibt. Controlirende Ver- suche sollen sehr günstige Resultate gegeben haben. {BlfürHdl.u.Geioerhe. 1866. 7.) B. Schiesspiilvcr J 271 n Minden: Schaupensteiner » Schaupensteiner Jj 275 JJ Lüneburg: Leddin JJ Zeddin JJ 276 JJ Ostfriesland : Bünde JJ Bouda J7 277 ?j Braunschweig : Lehrte JJ Lehre 279 JJ Schwerin : Schiemann JJ Schumann J? 279 n Bernburg : Plötzkau JJ Rötzkau jy 279 JJ „ Kroner JJ Körner 7) 283 JJ Hersfeld: Literfeld JJ Eiterfeld JJ 285 JJ Eisenach: Simon JJ Simen JJ 291 JJ Königsberg: Lämmerhirt JJ Lammerhirt JJ 294 JJ Halberstadt : Kabisch JJ Kabich JJ 294 JJ „ Denstorff JJ Dendorf JJ 296 JJ Danzig: Riebensahm JJ Rilbensahm JJ 297 JJ Posen : Kosten JJ Körten JJ 299 JJ Görlitz: Knobloch JJ Knoche JJ 303 JJ Schleswig: Leck JJ Leik JJ 303 JJ Padel JJ Podel JJ 303 JJ „ Hansen JJ Hausen JJ 318 JJ Crefeld: Kossta jf Kortka » 318 n Elberfeld : Ditgens JJ Dilgener JJ 318 JJ Bernburg: Kroner JJ Körner JJ 318 JJ Keil JJ Keit JJ 318 JJ „ Bockshammer JJ Borkhammer T> 318 JJ Cassel : Melsungen JJ Malchow n 318 n Hersfeld : Homberg JJ Horneburg JJ 318 n Halberstadt: Kroppenstedt JJ Creppenstedt JJ 318 JJ „ Kabisch JJ Kabich » 319 JJ Lausitz » Kreis Lauritz 272 Berichtigungen. Seite 319 Kreis i Arnswaldc: Fiebelkorn anstatt Jubelkorn jj 319 n Berlin : Kortum JJ Kortiumt n 319 Posen : Kosten JJ Körten n 319 n Görlitz : Berghau n Berghan jj 319 n Reichenbacii : Koslcnblut JJ Kostenthal ft 319 n Schleswig: Streckenbach JJ Strackenbach 319 rt Padel JJ Badel 325 n St. Wendel: Roth jt Rath n 326 n Ruhr: Redeker JJ Rediker yj 326 r) Ruhr: Schulze-Berge JJ Schulze-Benge J7 326 n „ Schmathe JJ Letmathe JJ 326 n „ Langendreer » Langenreer n 328 rt Ostfriesland : Bünde JJ Bunde 7j 330 yt Rostock: Bulle JJ BüUe Yj 334 yf Saalfeld: GöUner JJ Gollner yj 336 y) Leipzig: Rothe JJ Ruthe rt 337 n Königsberg: Soldin JJ Seidin JJ 340 n Angerburg: Benkheim JJ Berkheim ^ 341 jt Breslau : David JJ Davids j) 342 JJ Altona: Coun JJ Flonn w 348 JJ Herford : Krönig n Kröning. Hofbucbdrockerei der Gkbr. JSnecke bu Hannover. DER PHARMA€IE. Eine Zeilschrift des allgemeinen deutschen Apotheker- Vereins. Jlhtljnlung Inrlikntsrlilnnli. Herausgegeben von li. Bley and H. liud^^lg. XTII. tTalirgaiig. HANNOVER. Im Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlimg. 186 7. DER PHARMACIE. Zweite Reihe. CXXXII. Band. Der ganzen Folge CLXXXII. Band. Unter Mitwirkung der Herren Bender, Berlandt, Dragendorff, Erdmann., Landerer, Löhr, Petz- holdt, Philipp., Ramdolir, Eammelsberg, Reicliardt, Schacht, Schaeh- trupp, Weinhold herausgegeben von li« Bley und U. litidwi^. AscIioflTselies Tereiiisjalir. HANNOVER. Im Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlung. 186 7. Inhaltsanzeige. Erstes und zweites Heft. I. Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und praktische Pharmacie. Seite Ueber die Anwendung des Amylalkohols zur Darstellung und quantitativen Bestimmung des Morphins, zur Darstellung des Strychnins, so wie zum Nachweise der Alkaloide bei gerichtlich - chemischen Analysen: von Ludwig Schach- t r u p p aus Lauenberg 1 Ueber Kreosotgas: von L. Ramdohr, techn. Dirigent der Mineralöl- und Paraffin-Fabrik Georghütte bei Aschersleben 53 Ueber die Rhodanverbindungen des Quecksilbers; von J. Phi- lipp 78 Analyse der Glimmer von Utö und Easton und Bemerkungen über die Zusammensetzung der Kaliglimmer überhaupt ; von C. Rammeis berg in Berlin 82 Zur Methode der Aschenanalyse; von Prof. Dr. E. Reichardt in Jena 88 Blutendes Brod 100 Ueber Desinfectionsmittel 102 II. Naturgeschichte und Pharmakognosie. Pharmakologische Notizen; von Dr. X, Landerer in Athen 104 Ueber Marrubium; von Demselben 105 Notizen über den Maulbeerbaum: von Demselben 107 Notizen über Höhlen in Griechenland; von Demselben 108 Ueber ein eisenhaltiges Mineralwasser; von Demselben 109 III. Monatsbericht. Dünnes Eisenblech S. 110. — Gusseisen 110. — Einfluss des Wolframs auf Gusseisen 110. — Nutzbarmachung der Weiss- blechschnitzel 111. — Methode zum Verkupfern des Guss- eisens 112. — Eine ungewöhnliche Entstehungsart von Eisenoxydoxydul 112. — Verfahren zur volumetrischen Be- VI Inhaltsanzeige. Seite Stimmung des Eisens 113. — Tellur 117. — Grosse Halt- barkeit einer sauren Lösung der arsenigen Säure 117. — Verhalten des Kupfers und Silbers zu den Auflösungen der arsenigen, selenigen und phosphorigen Saure 118. — Nachweisung von Antimon durch die Löthrohrprobe 119. — Krystallisirtes Antimonoxyd und dessen Verbindungen 120. — Zinkfabrikation 121. — Natürliche Verbindung von Zinkoxyd, Ammoniumoxyd und Wasser 122. — Indium 122. — Vorkommen von Indium im sogen. Ofenrauch der Zink- Köstöfen auf Juliushütte bei Goslar a. H. 124. — Einfache Gewinnung des Thalliums 126. — Reactionen des Thal- liums 126. — Salze des sogen. Thalliumhyperoxyds 127. — Fluorthallium 128. — Thalliumglas 129. — Vergiftung durch einen Bleigehalt von Mühlsteinen 130. — Schlagloth für Hartlöthungen 131. — Chemische Untersuchung einer alten in Hindostan gefundenen Statue des Buddha 131. — Auf- findung von sehr kleinen Mengen Kupfer in thierischen Theilen 131. — Alfenide 132. — Bereitung von sogenann- tem cbromsauren Kupferoxyd 132. — Bereitungsweise einer schönen grünen Kupferfarbe 133. — Ein ergiebiges Quecksil- berlager 133. — Grosse Gaben von Argentum nitricum gegen Croup 134. — Verfälschung von Argentum nitricum fusum 135. — Vereinfachung des Bothe'schen Glasversilberungsverfah- rens 135 — Prüfung von Gold- und Silbermünzen auf ihre Aechtheit 136. — Wassergehalt des Goldoxydhydrates 136. — Platinplattirte Schalen für chemische Laboratorien 137. — Platinspiegel 138. — Bromverbindungen des Iridiums 138. — Botany-Bay- oder Grassbaum -Gummi, Gummi acroides 140. — Fabrikation des Stärkezuckers 140. — Bildung des Stärkezuckers und Dextrins aus der Stärke 141. — Neue Reaction auf Traubenzucker 142. — Neues Unterscheidungs- mittel von Rohr- und Traubenzucker 143. — Zuckerver- brauch im Zollverein 143. — Rübenzuckerfabrikation im Zollvereine in der Periode 1850—1864 146. — Neues Ver- fahren der Saftgewinuung aus Runkelrüben 147. — Der condensirte Rübendampfsaft (Brüdenwasser) der Dünnsaft- apparate 148. — Fabrikation der Zuckercouleur 148. — Oxydationsproduct des Erythrits 149. — Trehala oder Tri- cala 150. — Umwandlung der inactiven Weinsäure in Trau- bensäure 150. — Bereitung der Citronensäure 151. — Ci- tronensäure, ein Mittel zur Linderung der Schmerzen bei Krebsgeschwüren 151. — Borcitronsaure Magnesia 152. — Darstellung der Aepfelsäure aus den Fruchtzapfen von Rhus coriaria und das verschiedene Verhalten der Gerb- Inhaltsanzeige. vn Seite säuren 153. — Geruch der käuflichen Gerbsäure 154. — Digitalin 156. — Helleborin und Helleborein 156. — Laser- pitin 158. — Untersuchung der Aloe succotrina 159. — Verhalten der Aloe zur Thierkohle 160. — Aloetinsäure 161. — Chrysocjaminsäure 161. — Chloranil 162. — Unter- suchungen über die Entwickelungsgeschichte des FarbstoflFs in Pflanzenzellen 162. — Chlorophyll 164. — Farbstofife der Blätter 165. — Flechtenstofi'e 167. — Catechin 168. — Kino 169. — Scoparin 169. — Ratanhin 169. — Anwendung der Ratanhia in der Färberei 171. — Nachweisung der Krapp- verfälschung 172. — Ueber eine dem Alizarin isomere Ver- bindung aus Naphthalin 172. — Morindon identisch mit Alizarin 173. — Behandlung des Opiums mit Terpenthin- öl 173. — Schweiuemilch 174. — Mikroskopische Unter- suchung der Blutflecken 174. — Chemische Beschaffenheit der Gehirusubstanz 175. — Pökeln des Fleisches 177. — Pökeln des Fleisches mit Zucker 178. — Conservirung von Rauchfleisch und Beseitigung bereits eingetretener Fäul- niss desselben 178. — Werth des Fleischextracts 179. — Fleischextract 180. — Einwirkung von salpetriger Säure auf Kreatinin 180. — Vorhandensein einer dem Chinin sehr ähnlichen fluorescirenden Substanz in dem thierischen Ge- webe 181. — Pancreatin 182. — Flüssiger Leim 182. — Xanthingehalt der Leber 182. — Xauthin im Harn 183. — Chloroform als Reactionsmittel auf zuckerhaltigen Harn 184. — Verdeckung des unangenehmen Geruchs der Schwe- felkaliumpräparate 184. IV. Literatur und Kritik , 185 Bibliographischer Anzeiger 189 Drittes Heft. I. Biographisches Denkmal. Nekrolog des Dr. F r i e d r i ch M e u r e r 193 II. Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und praktische Pharmacie. üeber Chloroform; von Dr. C. Schacht, Apotheker in Berlin 213 Zur Milchprüfung ; von Dr. Julius Erdmann 220 VIII Inhaltsanzeige. Seite Uutersuchungen aus dem pharmaceutischen Institute in Dorpat. Mitgetheilt von Professor Dr. Dragendorff. Beiträge zur Kenntniss des Cantharidius 233 Ueber die Verunreinigungen der Arzneimittel; von Dr. Her- mann Ludwig, a. Professor in Jena 259 Ueber die Mineralquellen zu Heppingen, Landskron und Apol- linarisbrunn im Abrtbal; von K. Bender in Coblenz . . . . 278 III. Naturgeschichte und Pharmakognosie. Nachweisung des Mutterkorns im Koggen- und gemischten Weizenmehle; von L. Berlandt, Apotheker in Bukarest 282 Zur Kenntniss der giftigen Wirkung des Khus toxicodendron 283 IV. Literatur und Kritik 285 Register über Bd. 129, 130, 131 und 132 der zweiten Reihe des Archivs 289 !-ati ARCHIV DERJHARIIAOE. CLXXXII. Bfindes erstes und zweites Heft. I. Physik, Chemie, Pflaiizeiiiihysio- log^le luid praktische Phariiiacie. Ueber die Anwendung des Amylalkohols zur Darsiellung und quantifaliven Beslimmung des Morphins, zur Daistellimg des Slrychnins, so wie zum Nachweise der Alkaloide bei gerichlHch- chemischen Analysen; von L II (1 w i g S ch a ch t r u p p aus Lauenberg. ochon vor mehren Jahren wurde das Fuselöl von L. V. Uslar und J. Erdmann dazu angewandt, die Alkaloide Morphin, Narcotin, Strychnin, Nicotin und Coniin bei gerichtlich -chemischen Untersuchungen aufzufinden. Die Methode erwarb sich bald die Anerkennung der Fachmänner, weil sie sich bei der praktischen Anwendung nicht allein durch Einfachheit in der Ausführung aus- zeichnet, sondern auch mit grosser Sicherheit zum Ziele führt und selbst in der Hand des weniger geübten Arbeiters gute Resultate gibt. Die Verfasser erkannten damals schon, dass das Fuselöl durch die vielen Vorzüge, welche es vor dem gewöhnlichen Alkohole hat, vielleicht auch zur Darstellung der Alkaloide geeignet sein möchte und behielten es sich vor, später über diesen Gegenstand weitere Mittheilungen zu machen. Im Laufe der Zeit wurden auch im hiesigen Labora- torium vielfache Versuche in dieser Richtung ausgeführt; aber zu einem Abschlüsse konnte es nicht gebracht werden, weil die Verfasser durch vielseitige Berufsgeschäfte ausser Stande waren, sich eingehender mit diesem Gegenstande zu beschäftigen. Als mich deshalb Herr Professor v. Uslar Arch. d. Pharm. CLXXXII. Bds. l.u. 2. Hft. 1 2 L. Schachtriipp, Anwendung des Amylalkohols aufforderte,, die Anwendung des Fuselöls zur Darstellung von Morphin und Strychnin einer ausführlichen Unter- suchung zu unterwerfen, ergriff ich die Gelegenheit mit Freuden, weil die genannten Alkaloidc ein lebhaftes Inter- esse stets in Anspruch nehmen. Bei dieser Gelegenheit ist es mir ßedürfniss, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor v. Uslar, herzlich zu danken für die Unterstützung bei der vorliegenden Arbeit, so wie auch für die grosse Bereitwilligkeit, mit welcher er mir durch Rath und That bei alle meinen Arbeiten im hiesigen Laboratorium zur Seite stand. I, Morphin. Bei den grossen Fortschritten der organischen Chemie in den letzten Decennien ist auch die Zahl derjenigen Verbindungen, welche den allgemeinen Namen organische Basen führen, zu einer fast unübersehbaren Menge heran- gewachsen. Dieselben lassen sich ihrer Entstehung nach in zwei Gruppen bringen, deren eine diejenigen Basen umfasst, welche künstlich darstellbar sind und die bei weitem grösste Anzahl ausmachen, während die zweite Gruppe aus einer verhältnissmässig nur kleinen Reihe von Ver- bindungen besteht, die bislang allen Versuchen der künst- lichen Darstellung Trotz boten und ausschliesslich Producte des Pflanzenlebens sind. Diese letzteren führen den be- sonderen Namen Alkaloide. So grosses Interesse auch, vom theoretischen Stand- puncte aus betrachtet, die erste Classe von Verbindungen darbietet, so gering ist, mit Ausnahme des Anilins, bis jetzt ihr Werth für das praktische Leben; dagegen bilden die Alkaloide auch in dieser Beziehung einen Gegensatz zu jenen Basen, dass ihre Bedeutung in der angewandten Medicin eine sehr wichtige und vielseitige ist, während bislang ihre chemische Constitution noch so gut wie völlig zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 3 unbekannt blieb, so mannigfaltige Forschungen auch in dieser Richtung unternommen werden mochten. Wir kennen jetzt die nahe Beziehung der künstlichen Basen zu Ammoniak und Ammoniumoxyd, wir sind, gestützt auf ihr chemisches Verhalten, zu der Annahme berechtigt, dass sie als Verbindungen betrachtet werden können, die sich von jenen Typen in der Weise ableiten lassen, dass der Wasserstoff ganz oder theilweise durch organische Radicale, d. h. durch Atomgruppen, die sich wie Elemente verhalten, vertreten werden kann ; aber die Bemühungen, diese theoretischen Anschauungen auf die Alkaloide zu über- tragen, auch sie in Radicale zu zerlegen, um so eine Ein- sicht in ihre Constitution zu erlangen, sind fehlgeschla- gen. Wohl ahnen wir, dass auch ihre Zusammensetzung in inniger Beziehung zu den Typen Ammoniak und Ammo- niumoxyd steht und in neuester Zeit hat diese Betrachtung sogar durch das Einschieben von Radicalen in die Zusam- mensetzung einzelner Alkaloide, also durch sogen, sub- stituirte Verbindungen, eine grössere Stütze erhalten; so lange wir indess nicht im Stande sind, sie selbst in Radicale zu zerlegen, ist unsere Anschauung über ihre Zusammen- setzung noch eine sehr mangelhafte, und eine künstliche Darstellung derselben unmöglich. Die Alkaloide sind, wie die organischen Basen über- haupt, durch einen entschieden ausgeprägten basischen Charakter ausgezeichnet, die meisten sättigen die stärksten Säuren so vollständig, wie die Alkalien Kali, Natron und x^mmoniak und bilden häufig sehr gut krystallisirende Salze. Alle Alkaloide sind stickstoffhaltig, und man ist zu der Annahme berechtigt, dass ihre Basicität von ihrem Stickstoffgehalte abhängig ist. Eine genauere Betrachtung ihrer chemischen Constitution führt zu der merkwürdigen, ebenfalls unerklärbaren Erscheinung, dass alle Alkaloide, welche aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff' und Stickstoff bestehen, flüchtig sind, während die grössere Zahl derselben, die ausser jenen Elementen noch Sauer- stoff' enthalten, zu den nicht flüchtigen gehören, so dass es scheinen könnte, als wären die verschiedenen Aggregat- 1* 4 L. Schachtrupp, Anioendung des Amylalkohols zustände durch das Vorhandensein oder Fehlen des Sauer- stoffs bedingt. Die flüchtigen Alkaloide, zu denen nur Nicotin, Coniin und Spartiin gehören, stehen wahrscheinlich in naher Beziehung zu dem Typus Ammoniak, die übrigen nicht flüchtigen glaubt man als Ammoniumbasen auffassen zu müssen. Fast säramtliche Alkaloide sind durch ihre energische Wirkimg auf den Thierkörper im hohen Grade ausgezeich- net; die meisten gehören deshalb nicht allein zu den wichtigsten Arzneimitteln, sondern auch zu den furcht- barsten Giften. Die Wichtigkeit sehr vieler officineller Pflanzen wird durch die in denselben enthaltenen Alkaloide allein bedingt, ja man glaubte lange Zeit, dass die Wir- kung sämmtlicher Arzneipflanzen allein von dem Gehalte an jenen Basen abhängig sein müsse, also in jedem offi- cinellen Gewächse ein Alkaloid zu suchen sei. Diese Annahme hat längst aufgegeben werden müssen, der Eifer, mit welchem das Auftreten und die Eigenschaften dieser interessanten Classe von organischen Verbindungen ver- folgt wurde, hatte zu einer unhaltbaren Theorie geführt; auch den übrigen in Pflanzen erzeugten Producten, wie den Bitterstoffen, Harzen, ätherischen Oelen etc., muss ein grosser Antheil an der medicinischen Wirksamkeit zugeschrieben werden. Unter allen den Producten, welche das Pflanzenleben dem Arzneischatze geschenkt hat, hat keines so grosse Wichtigkeit erlangt, als das Opium. Seitdem die Medicin dies unschätzbare Arzneimittel in seinem ganzen Umfange hat kennen lernen, ist eine völlige Umwälzung durch das- selbe namentlich in der Therapie herbeigeführt, so dass Hufeland mit Recht einst sagen konnte: ^ Die Geschichte des Opiums ist die Geschichte der Medicin selbst." Mit einem des Gegenstandes würdigen Eifer sind daher schon seit dem Bekanntwerden des Opiums vorzugsweise die Pharraaceuten bemüht gewesen, unsere Kenntnisse über die Gewinnung und die Bestandtheile desselben immer mehr zu erweitern, wobei bis auf den heutigen Tag die zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 5 Literatur dieses Gegenstandes zu einem bedeutenden Um- fange herangewachsen ist. Das Opium wird aus den unreifen Samenkapseln des Mohnes, Papaver somniferum L., gewonnen. Man beschäftigt sich mit der Bereitung desselben fast aus- schliesslich in den orientalischen Ländern, weil das Klima hier der vollständigen und üppigen Entwickelung der Mohupfianze besonders günstig ist. Indess sind auch in Europa und selbst in Deutschland Productions- Versuche gemacht worden, deren Resultate in so fern befriedigend waren, als dabei ein Opium von oft sehr guter Beschaffen- heit erhalten wurde, welches der besten türkischen Waare gleich kam; aber die Beschäftigung ist eine so mühsame, und der Ertrag im Verhältniss zur Arbeit ein so geringer, dass der pecuniäre Nachtheil die grössere Ausdehnung dieses Industriezweiges unmöglich machte. Hervorzu- heben ist hier allerdings, dass in Frankreich die Opium- gewinnung mit jedem Jahre grösser wird; im Jahre 1857 betrug der nur im Departement der Somme erzielte Opium- werth 1 Mill. 900,000 Francs. Es bleiben trotz alle dem Kleinasien, Arabien, Aegypten, Persien, Ostindien und in neuerer Zeit auch China und Algerien die Haupt- bezugsquellen für das Opium. Die Gewinnung desselben wird in den verschiedenen Ländern nach gleichen Principien ausgeführt, indem man den Milchsaft der halbreifen Samenkapseln durch Ein- schnitte zum Ausfliessen bringt, ihn dann nach dem Ein- trocknen an den Mohnköpfen sammelt und zusammenknetet. Die Art und Weise, wie diese Arbeit der Opiumbereitung nach Gewohnheit und althergebrachter Sitte von den einzelnen Völkern vorgenommen wird, ist in den einzel- nen Ländern verschieden. In Kleinasien pflegt man im Allgemeinen so zu ver- fahren, dass man des Abends die halbreifen Samenkapseln mit eigends zu diesem Zwecke hei'gerichteten Instrumen- ten einschneidet, indess mit der Vorsicht, dass die Ein- schnitte die Wand der Kapseln nicht durchbrechen, damit 6 L. Schachtrupp, Amvendung des Amylalkohols der aus der verwundeten Stelle hervorquellende Milchsaft aussen an der Kapsel erhärtet, nicht aber in das Innere derselben fliesst und dadurch verloren geht. Am anderen Morgen wird der in der Form grösserer oder kleinerer Tropfen an den einzelnen Mohnkapseln festgetrocknete Saft mittelst eines Messers abgeschabt, durch Zusaromen- kneten innig gemischt, in Kuchen geformt und getrocknet. Das Einsammeln geschieht nicht immer mit gleicher Sorgfalt, und eben so wenig wird die weitere Verarbeitung des Eingesammelten stets in derselben Weise, mit dem- selben Fleisse und der nöthigen Aufmerksamkeit bewerk- stelligt, sondern in den verschiedenen Ländern und Di- stricten Kleinasiens machen Sitten, Gewohnheiten und Gewinnsucht grossen Einfluss auf diesen wichtigen Industrie- zweig geltend. Bei dem Abschaben des mehr oder weniger erhärteten Saftes werden nicht unerhebliche Mengen von Epidermis der Kapseln absichtlich zwischen das Opium gebracht, in anderen Gegenden wird das wahre Opium stets auf die Weise verfäscht, dass man nach dessen Ein- sammlung die Mohnpflanzen abmäht, auspresst, auskocht und diese Abkochung zur Extractconsistenz eindampft, um das echte Product mehr oder weniger zu verfälschen und dadurch Opiumsorten von verschiedenem Werthe zu erzeugen. Nach Landerer's Berichten sollen auf diese Weise die vielen Handelssorten des türkischen Opiums entstehen. Nur dieses Opium kommt zu uns in den Handel und wird von den meisten Pharmakopoen als die officinelle Drogue verlangt. Man unterscheidet zwei verschiedene Sorten, das Constantinopolitanische und Smyrnaische Opium, die man früher glaubte zusammenfassen zu müssen, in letzterer Zeit indess mit Recht pharmakognostisch ge- trennt hat. Das erstere bildet völlig gleichmässige, homo- gene, auf dem Bruche glänzende Stücke von 1/3 — 2^/2 Pfd. Gewicht, das letztere stellt braune, an einzelnen Stellen stärker oder schwächer gelb gefärbte, gleichsam gefleckte Kuchen von 1 1/2 — 2 Pfd. Gewicht dar, zeigt, worauf zw Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 7 Merk zuerst aufmerksam maclite, samenähnliche Thränen und ist stets mehr oder weniger von Epidermis und ein- zelnen Theilen der Mohnkapseln verunreinigt. Das Con- stantinopolitanisehe Opium wird für das beste türkische Opium gehalten, und einzelne Sorten desselben sind durch einen sehr hohen Procentgehalt an Morphin (15 — 16 Proc.) ausgezeichnet. Da dasselbe indess nur in geringer Menge iTnd nicht regelmässig in den Handel kommt, also nicht gleichmässig in den Apotheken vorräthig sein kann, so darf es nicht dispensirt werden, sondern die Pharmakopoen verlangen das sogen. Smyrnaische Opium, welches stets in genügender Menge importirt wird. In Ostindien weicht die Art der Zubereitung des Opiums in mancher Beziehung von der in der asiatischen Türkei beschriebenen ab. Wir haben in neuester Zeit die ausführlichsten Berichte, in welcher Weise die Opium- ernte und die weitere Verarbeitung desselben in diesem Lande vorgenommen wird. Für Ostindien ist dieser Han- delszweig eine Quelle reichen Gewinnes, weil dieses Land die bei weitem grösste Menge dieser Drogue liefert. Für uns hat indess dieses ostindische Opium um so weniger Interesse, weil es gar nicht oder doch nur als Seltenheit in unsern Handel kommt, mit Ausnahme einer einzigen Sorte, des sogen. Patna-Opiums, an Güte noch weit hinter der schlechtesten Smyrnaischen Waare zurücksteht, so dass es mehr einem getrockneten Extracte als wirklichem Opium ähnlich sieht. Dagegen consumirt China fast sämmtliches hier gewonnenes Opium, während in Ost- indien selbst nur *ein geringer Theil verbraucht wird. Dadurch dass die Chinesen, überhaupt die morgenländi- schen Völker, dem Geist und Körper zerrüttenden Genüsse des Opiums fröhnen, ist die Cultur desselben in Ostindien zu einer ernormen Höhe gestiegen, hervorgerufen durch das immer grössere Verlangen nach diesem Berauschungs- und Genussmittel. So betrug beispielsweise im Jahre 1844 die Einfuhr in China 40,000 — 50,000 Kisten zu einem Werthe von pr. pr. 144 — 180 Mill. Francs, und jährlich 8 L. Schachtntpp, Amoendung des Amylalkohols hat die Consumtion in einer Schrecken erregenden Weise zugenommen. Wie leicht aus diesen kurzen Betrachtungen zu ersehen ist, wird nur ein kleiner Theil des gesanimten Opiums zu medicinischen Zwecken verwendet. Es geht ferner aus dem früher Angeführten hervor, dass alles nach Europa gebrachte Opium mehr oder weniger verfälscht wird, dass diese Drogue, weil sehr oft ihr Verbrauch den Ertrag übersteigt, von jeher aus Gewinnsucht die Zielscheibe der gröbsten Betrügereien gewesen ist. Die pharmaceu- tische Literatur ist reich an Berichten über zahlreiche Verfälschungen und täuschend ähnliche in den Handel gebrachte Kunstproducte des Opiums. Harze aller Art, Thee, Gummi, Mehl, Salep, Zucker, Lakritzensaft, Stärke, extrahirtes Opium u.s. w. sind in betrügerischer Absicht bei- gemischt oder es ist sogar aus ihnen Opium künstlich fabricirt worden. Bei einem so wichtigen Arzneimittel wie das Opium, â– war es deshalb dringendes Bedürfniss, Mittel zu finden, durch welche man sich von der Güte des fraglichen Prä- parates überzeugen konnte. Als man daher das Opium zum Gegenstande ausführlicher chemischer Untersuchungen machte, wurde dasselbe zu einer wahren Fundgrube der interessantesten Stoffe, die sich noch bis in die jüngste Zeit vermehrt haben, und unter denen besonders eine Reihe Aikaloide, Morphin, Narcotin, Codein, Narcein, Papaverin etc. so wie die durch ihr Vorkommen und ihr chemisches Verhalten ausgezeichnete Säure, die Mecon- säure, gehören. Da das Opium seine Wirkung allein den darin vorkommenden Basen und zwar vorzugsweise dem Morphin verdankt, welches unter allen die wichtigste ist und in der grössten Menge darin auftritt, so geht daraus hervor, dass eine quantitative Bestimmung dieses Alkaloids den einzigen sicheren Massstab für die Beurtheilung der Güte des Opiums abgeben kann, dass der raedicinische Werth des letzteren von dem Gehalte an Morphin ab- hängig ist. zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 9 Das Morphin wurde im Jahre 1804 von Sertürner entdeckt, jedoch erst im Jahre 1816 (nicht aber 1830, wie Einige angeben) beschrieb er seine Bereitungsweise und erkannte die basische Natur desselben. Wenn auch DerosnC; Apotheker in Paris,, sich schon 1803 mit Unter- suchungen des Opiums beschäftigte, das Narcotin abschied und rein darstellte, so gelang es ihm doch nicht, das Morphin zu erkennen, obgleich er dasselbe mit Narcotin zusammen durch ein Alkali gefällt und die alkalische Reaction des Morphins durch die grüne Farbe des Veil- chensyrups beobachtet hatte. Um so sicherer erkannte dagegen unser Landsmann Sertürner durch seine scharf- sinnigen Beobachtungen nicht allein das Morphin als eine salzfähige Grundlage, die sich, wie er bestimmt aussprach, dem Ammoniak zunächst anschliesse, sondern er entdeckte auch die dem Opium allein eigene Pflanzensäure, die Meconsäure. Die übrigen im Opium enthaltenen Basen sind von weniger grossem Interesse^ obgleich sie die Wirkung des Opiums theilweise bedingen vmd so modificiren, dass sie von der des reinen Morphins in mancher Beziehung ab- weicht. Sehr lehrreich sind die Untersuchungen von Ber- nard*) hinsichtlich der Wirkungen und Giftigkeit der einzelnen Opiumalkaloide. Am giftigsten ist das Thebain, dann folgen der Reihe nach Codein, Papaverin, Narcein, Morphin und Narcotin. Sämmtliche Opiumbasen, mit Ausnahme des Narceins, welchem die schlafmachende Wirkung des Opiums vorzugsweise zuzuschreiben ist, wirken ki'ampfei'regend, eine Eigenschaft, die wiederum dem Thebain im höchsten Grade zukommt, dem sich dann in der Reihenfolge Papaverin, Narcotin, Codein und Morphin anschliessen. Aus dem Umstände, dass in letzter Instanz der Werth des Opiums von dem Procentgehalte an IMorphin abhängt. Compt. rend. LIX. 406. 1864. 10 L. Schachtnipp, Anwendung des Amylalkohols aus der Thatsache, dass kein unverfälschtes Opium in den europäischen Handel kommt, geht zur Genüge hervor, nur solches Opium für den mediciiiischen Gebrauch in Apotheken zuzulassen, dessen Gehalt an Älorphin durch quantitative Bestimmung genau festgestellt ist und der pharmakognostischen Prüfung dieser Drogue nur einen untergeordneten Werth beizumessen. Es sind daher im Laufe der Zeit viele Vorschriften zur Gewichtsbestimmung des Morphins im Opium gegeben, von denen indess nur wenige ein allgemeines Interesse erregten und für die pharmaceutische Praxis geeignet waren, indem ihnen entweder die nöthige analytische Schärfe fehlte, oder das vorgeschriebene Verfahren zu umständlich und zeitraubend für eine schnelle und präcise Ausführung war. Bevor ich zu der von mir gefundenen Methode der quantitativen Bestimmung des Morphins übergehe, sei es mir erlaubt, einige der wichtigsten Vorschriften dieser Art anzuführen, um sie einer Vergleichung und Prüfung zu unterziehen. Nach dem von Merk angegebenen Verfahren operirt man in folgender Weise: 1 Th. zerschnittenes Opium wird mit 16 Th. Branntwein gekocht, filtrirt, und der Rückstand auf gleiche Weise nochmals mit 8 Th. Brannt- wein eben so behandelt. Man setzt den vereinigten und filtrirten Auszügen ^2 Th. kohlensaures Natron zu, ver- dampft auf dem Wasserbade zur Trockne, weicht die Masse mit kaltem Wasser auf, lässt in einem cylindrischen Gefässe absitzen, decantirt, giesst etwas Wasser auf den Rückstand, rührt um, lässt wieder absitzen und übergiesst nun den Rückstand mit iTh. Weingeist von 0,85 spec. Gew. Nachdem letzterer ungefähr 1 Stunde eingewirkt hat, wird der Niederschlag auf einem Filter gesammelt, mit etwas Weingeist abgewaschen und getrocknet. Man bringt den getrockneten Niederschlag so vollständig als möglich vom Filter, löst ihn in einem Gemische von 1 Th. destillirtera Essig und Wasser, filtrirt durch dasselbe Filter und wäscht zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 1 1 mit 1 Theil desselben Gemisches von Essig und Wasser nach. Das Filtrat enthält das Morphin als essigsaures Salz; es wird mit Ammoniak im geringen Ueberschuss versetzt, und das Ausscheiden des Morphins durch Reiben der Gefasswände mit einem Glasstabe unterstützt. Das Morphin scheidet sich als nur wenig gefärbtes, schmutzig weisses Pulver ab, welches nach 12 stündigem Stehen auf einem Filter gesammelt, getrocknet und gewogen wird. Die von Mohr*) angegebene Methode beruht auf der Löslichkeit des Morphins und der Unlöslichkeit des Narcotins in überschüssigem Kalkwasser und der Fällung des ersteren aus der alkalischen Flüssigkeit durch Salmiak. Das Opium wird drei Mal durch Auskochen mit Wasser erschöpft, die Auszüge werden eingedampft und in eine kochende Kalkmilch gegossen, welche ungefähr ^,'4 des angewandten Opiums an Kalkerdehydrat enthält. Das anfangs gefällte Morphin wird durch den Ueberschuss des Kalkes wieder gelöst, während das Narcotin ungelöst zurückbleibt, zugleich scheidet sich säramtliche Mecon- säure als unlösliches Kalksalz ab. Man giesst die Masse, nachdem sie einige Minuten gekocht hat, durch ein leinenes Colatorium, wäscht mit kochendem Wasser ab und presst aus. Die ablaufende weingelbe Flüssigkeit wird so lange eingedampft, bis ihr Gewicht das Doppelte von dem in Arbeit genommenen Opium beträgt, und nun noch heiss filtrirt, weil sie sich beim Verdampfen wieder trübt. Das Filtrat wird rasch bis zum Kochen ei'hitzt und mit i/jg des Gewichtes des Opiums an Salmiak versetzt, wodurch das Morphin sich in krystallinischem Zustande ausscheidet. Es wird auf einem Filter gesammelt, etwas abgewaschen, in Salzsäure gelöst, mit Thierkohle entfärbt und wieder mit Ammoniak gefällt. Das so erhaltene^ schön reine Morphin kann nach dem Trocknen gewogen werden. Wir finden in der pharmaceutischen Literatur mehre Methoden der quantitativen Bestimmung des Morphins, *) Annal. der Chem. und Pharm. XXXV, 119. 12 L. Schachti'^tppf Anwendung des Amylalkohols welche die Trennung dieses Alkaloids vom Narcotin auf anderem Wege zu bewerkstelligen suchen, sich aber ver- schiedener Mittel zur Erreichung ihres Zweckes bedienen. Eine durch Säuren (z. B. Salz- oder Schwefelsäure) be- wirkte Lösung der genannten Basen mit einer Lösung von doppelt - kohlensaurem Kali oder Natron versetzt, bringt sofort einen Niederschlag von Narcotin hervor, während Morphin als doppelt- kohlensaures Salz in Lösung bleibt. Filtrirt man den entstandenen Niederschlag rasch ab, so scheidet sich aus dem Filtrate nach längerem Stehen das Morphin krystallinisch ab. Auf dieses beob- achtete Verhalten hin haben mehre Forscher versucht, Gewichtsbestimmungen des Morphins im Opium auszu- führen^ und man ist, sobald man jene allgemeine That- sache im Auge behält, leicht im Stande, mehre Methoden unter einem gemeinsamen Gesichtspuncte zusammen zu fassen. So lässt z.B. Duflos den wässerigen Opiumauszug mit einer Lösung von doppelt- kohlensaurem Kali fällen und aus dem Filtrate durch Erhitzen das Morphin ab- scheiden. Statt des doppelt- kohlensauren Kalis hat Rump*) zuerst das Amman, carh. der Officinen in Vorschlag ge- bracht und darauf eine Bereitungsmethode des Morphins begründet^ welche von der Hannoverschen Pharmakopoe zur Prüfung des Opiums in wenig veränderter Weise vor- geschrieben ist. Nach der genannten Pharmakopoe wird 1 Th. Opium mit 4 Th. Spirit. vini rectißcati Übergossen und so lange digerirt, bis das Opium völlig aufgeschlossen ist, dann wird filtrirt, und der Rückstand mit 1 Th. desselben Spiritus nachgewaschen. Das Filtrat wird mit einer Lösung von anderthalb kohlensaurem Ammoniumoxyd so lange ver- setzt, als dadurch ein Niederschlag entsteht, dieser wird so schnell wie möglich abfiltrirt, und die ablaufende Flüssig- *) Preis -Courant von Rump. Mai, 1854. zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 13 keit bei Seite gestellt. Nach mehrtägigem Stehen schei- det sich das Morphin krystallinisch ab; es wird auf einem P'ilter gesammelt, getrocknet und gewogen. Nach Guillermond*) werden 15 Th. Opium mit 60 Th. Weingeist von 70 Proc. ausgezogen, der Auszug filtrirt, und der Rückstand mit demselben Weingeist noch einige Male extrahirt. Sämmtliche filtrirte Auszüge werden mit Ammoniak versetzt, und nach 12 stündigem Stehen sollen dann die weissen Prismen von Narcotin von den schweren, fest am Glase haftenden Krystallen von Morphin durch Abschlämmen getrennt, letztere auf einem Filter gesammelt und, nach dem Auswaschen von dem mit ge- fällten meconsauren Ammoniumoxyd, gewogen werden. Das Princip der von J. Schacht**) angegebenen Methode, welche nicht nur für Smyrnaisches Opium, son- dern auch für jede andere Opiumsorte anwendbar ist, beruht darauf, dass eine bestimmte Menge Opiumpulver durch Wasser völlig extrahirt wird. Der in Wasser unlösliche Rückstand, auf einem Filter gesammelt und nach dem Austrocknen gewogen, darf bei gutem Opium nicht mehr wie 40 Proc. betragen. Der wässerige Aus- zug wird nach dem Eindampfen mit Thierkohle entfärbt, dann abfiltrirt, mit Ammoniak in geringem Ueberschuss versetzt, und der Niederschlag, wenn die Flüssigkeit nicht mehr nach Ammoniak riecht, auf einem Filter gesammelt. Bei gutem Opium muss der Niederschlag, welcher aus Morphin, Narcotin und meconsaurera Kalke besteht, min- destens 14 Proc. betragen. Durch Aether wird das Narcotin entfernt, durch Weingeist (von 0,810 sp. Gew.) das Morphin gelöst. Beim Verdunsten der weingeistigen Lösung wird das letztere rein erhalten. Wenn ich die vor Kurzem von Hager ***) angegebene Methode zur quantitativen Bestimmung des Morphins über- *) Journ. pharmac. XVI, 17. Jahresber. von Liebig und Kopp. 1849. S. 607. **) Archiv der Pharm, Bd. 164. 2. Heft. ***) Pharmaceutische Centralhalle. Jahrg. V. No. 24 und 27. 1-i L. kSchac/Urupp, Anwendung des Amylalkohols gehe, so geschieht das nur aus dem Grunde, weil dieselbe, selbst in der vom Autor verbesserten Form, häufig un- genaue Resultate liefert, sehr umständlich und nicht für jede üpiumsorte anzuwenden ist. Nach den von mir ausgeführten Versuchen Avar das nach der Merk'schen Methode erhaltene Morphin allerdings von Farbstoflfen fast völlig frei, aber das Alkaloid enthielt bei genauer Prüfung stets geringe Beimengungen von Narcotin. Als ich dasselbe mit reinem Chloroform be- handelte und den Auszug verdunstete, blieb ein Rück- stand, der bei der Untersuchung aus Narcotin bestand, und gleichfalls konnte letzteres durch Benzin dem Morphin entzogen werden. Wenn der Werth einer Bestimmungsmethode dieser Art allerdings vorzugsweise nach den erhaltenen Resul- taten beurtheilt werden muss, so ist doch, meiner Ansicht nach, nicht zu bestreiten, dass ein grosser Vorzug darin liegt, ob eine Methode viele oder wenige Operationen zu ihrer Ausführung verlangt. In dieser Beziehung zeichnet sich die Mohr'sche Vorschrift sehr vortheilhaft vor der Merk'schen aus, sie liefert sehr gute Resultate bei grös- serer Einfachheit in der Ausführung. In noch höherem Grade gebührt dieses Lob der Rump- schen Methode, welche indess wieder den Nachtheil vor den beiden ersteren hat, dass sie, da die Abscheidung des Morphins ein mehrtägiges Stehen in Anspruch nimmt, nicht so rasch zum Ziele führt; aber gerade bei solchen Bestimmungen liegt für die Praxis ein grosser Vortheil in der raschen Beendigung der begonnenen Arbeit. Wenn die Hannoversche Pharmakopoe den weingeisti- gen Opiumauszvig mit einer Lösung von Aiumon. carhon. versetzen lässt, so ist das nicht zweckmässig, ja es kann dadurch sogar das Resultat der Bestimmung verändert werden. Da das reine Morphin, wenn auch nur in gerin- ger Menge, in Wasser und noch mehr in weingeisthaltigen Flüssigkeiten löslich ist, so muss jede unnöthige Verdün- nung sorgfältig vermieden werden; es ist im Gegentheil zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 15 ein Vortheil der Methode, wenn das Alkaloid aus mög- lichst concentrirter Lösung gefällt wird. Man beob- achte deshalb den Handgriff, das Ammoniaksalz nicht in Lösung^ sondern fein gerieben in Substanz und im Ueber- schusse dem Opiumauszuge zuzufügen, unter häufigem Umschwenken zur Beförderung der Lösung 10 Minuten lang einwirken zu lassen und nun rasch durch ein Falten- filter abzufiltriren. So manipulirt wird das Narcotin frei sein von Morphin. Es ist ferner zweckmässig, vor dem Zusätze des Amraoniaksalzes die Flüssigkeit mit einigen Tropfen concentrirter Essigsäure zu versetzen, damit sich etwas doppelt-kohlensaures Aramoniumoxyd bilden kann, wodurch die sofortige Ausscheidung von Morphin um so mehr verhindert wird. Das auf diese Weise erhaltene krystallinische Morphin hat eine dunkle Farbe, kann indess ohne weiteres zur quantitativen Bestimmung benutzt werden. Nach der von Guillermond angegebenen Methode in ihrer alten Gestalt, wie ich sie kurz angeführt habe, dürfte wohl schwerlich noch gearbeitet werden, weil sie, wie ein Blick zeigt, durch die Trennung des Narcotins vom Morphin nur zu approximativen Schätzungen, nicht aber zu exacten Bestimmungen dienen kann. Abgesehen davon, dass die mechanische Trennung der beiden Alkaloide durch Abschlämmen nur unvollständig geschehen kann und häufig gar nicht ausführbar ist, leidet die Methode noch an den Fehlern, dass sie einerseits schon nach 12 stündigem Stehen des mit Ammoniak versetzten Aus- zuges das Morphin trennen lässt, aber in so kurzer Zeit noch keine vollständige Abscheidung erfolgt sein kann, andererseits die zum Ausziehen benutzte Alkoholmenge das Opium nicht völlig aufschliesst. Von de Vry*) hat die Guillermond'sche Methode eine Verbesserung erfahren, die dahin geht. Morphin und Narcotin durch Behandeln mit einer Lösung von schwefel- *) Journ. de Pharm, et de Chim. XVII, 439. IG L. Schachtrujip, Anwendung des Amylalkohols saurem Kupferoxyd zu trennen. Das Morphin geht als schwefelsaures Salz in Lösung, indem sich basisch schwefel- saures Kupferoxyd ausscheidet, Narcotin (und mecon- saurer Kalk) bleiben ungelöst, und aus dem Filtrat wird das Morphin, nachdem durch Behandeln mit Schwefel- wasserstoff das überschüssige Kupfersalz zersetzt und dadurch die Farbstoffe mit dem Schwefelkupfer entfernt sind, mit Ammoniak wieder gefällt. Die Resultate nach diesem de Vry'schen Verfahren sind nicht immer günstig, sondern in vielen Fällen erhält man nur eine sehr geringe Ausbeute an Morphin. Ich werde nun die von mir gefundene Methode in der Weise folgen lassen, dass ich zuerst ihren Werth zur quantitativen Bestimmung des Morphingehaltes im Opium darzulegen und zu beweisen suche, indem ich sie durch analytische Belege mit den beiden vorhin erwähn- ten Methoden von Merk und Rump vergleiche, sodann werde ich über ihre Anwendung als Bereitungsmethode des Morphins später einige Worte beifügen. Im Allgemeinen gründet sich diese Methode auf die vollständige Unlöslichkeit des Morphins in Benzin und die Löslichkeit desselben in Fuselöl. Ich will hier be- merken, dass man sich statt des reinen Benzins, dessen Siedepunct bei 800 (J, liegt, auch der rohen Handels- waare bedienen kann. Wird die letztere ein- oder zwei- mal rectificirt, eine Arbeit, die leicht ausführbar ist, so erhält man ein farbloses Product, dessen Siedepunct aller- dings viel höher ist, als der des reinen Benzins, welches indess zu dem vorliegenden Zwecke brauchbar und viel billiger ist. Die mit verschiedenen Benzinsorten angestellten Ver- suche zeigten, dass das Morphin sowohl in dem reinen wie auch in dem rohen (rectificirten) Benzin unlöslich ist und dienten damit zur Bestätigung der schon von Rodgers angegebenen Eigenschaft dieses Alkalo'ids. Das Narcotin dagegen löst sich leicht in Benzin, so dass ein Gemisch von Narcotin und Morphin sich mit grösster zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 17 Sicherheit und Schärfe durch Benzin trennen lässt. Mit Benutzung dieser Thatsachen lässt sich die quantitative Bestimmung des Morphins im Opium in folgender Weise ausführen : Eine bestimmte Menge des abgewogenen Opiums wird in einer Porcellanschale auf dem Wasserbade mit einer Lösung von kohlensaurem Natron übergössen. Das Opium zergeht in der alkalischen Flüssigkeit sehr leicht und bildet, wenn die richtige Menge der Sodalösung angewandt ist, nach dem Zergehen eine dünne breiige Masse, welche dann, nachdem man sich durch Lackmus- papier überzeugt hat, dass das Alkali im Ueberschuss vor- handen ist, bis zur vollständigen Trockne gebracht wird. Diese Masse wird nun heiss mit Benzin behandelt, um das Narcotin zu entfernen. Zu diesem Zwecke bringt man das trockene Pulver in eine völlig trockene Koch- flasche, übergiesst dasselbe mit so viel Benzin, dass es davon bedeckt ist, erwärmt nun auf dem Wasserbade unter häufigem Bewegen eine Zeit lang und filtrirt mit der Vorsicht ab, dass möglichst wenig von dem festen Inhalte der Kochflasche mit auf das Filter kommt. Der Rückstand Avird in derselben Weise noch 2 — 3 mal mit erneuerten Mengen von Benzin erschöpft. Das Filter, durch welches die Benzinlösung filtrirt ist, wird getrock- net und mit sammt dem Inhalte dem Rückstande zu- gefügt. Um denselben von den letzten Resten des anhaf- tenden Benzins zu befreien, schüttet man ihn in eine Porcellanschale und lässt unter Umrühren kurze Zeit auf dem Wasserbade stehen, bis er völlig trocken geworden ist. Nun wird der Rückstand zweckmässig in derselben Kochflasche, welche zum Ausziehen des Benzins diente, mit Amylalkohol (1320 Siedepunct) übergössen, auf freiem Feuer (über der Weingeist- oder Gasflamme) unter stetem Bewegen bis zum Sieden erhitzt und heiss abfiltrirt. In gleicher Weise zieht man noch 2 Mal mit neuen Mengen von Fuselöl aus und stellt die vereinigten Aus- züge einige Stunden bei Seite. Ein grosser Theil des Arch. d. Pharm. CLXXXII. Bds. 1. u. 2. Hft. 2 18 L. Schachtrupj)} Anwendung des Amylalkohols Morphins scheidet sich nach kurzer Zeit aus dieser Lösung in kleinen mehr oder weniger gefärbten Krystallen ab, die rund herum die Gefiisswände mit einer dünnen, fest anhaftenden Kruste bedecken, zum Theil auch lose am Boden liegen. Das Fuselöl wird von den Krystallen in eine kleine trockene Retorte abgegossen, bis auf ungefähr 1/3 seines ursprünglichen Volumens abdestillirt, der Rück- stand noch heiss auf warmes mit Salzsäure angesäuertes Wasser gegossen und anhaltend damit geschüttelt. Das säurehaltige Wasser entzieht dem Amylalkohol das Alka- loid, indem letzteres als salzsaures Salz in Lösung geht. Mittelst einer Pipette wird das mehr oder weniger stark braun gefärbte, auf der Flüssigkeit schwimmende Fuselöl abgenommen, nochmals mit warmem, säurehaltigen Wasser ausgeschüttelt, wieder abpipettirt und dann zu einer ge- legentlichen Reinigung durch Rectification bei Seite gestellt. Die aus dem Amylalkohole abgeschiedenen Krystalle werden in den vereinigten wässerigen salzsauren Lösungen ebenfalls gelöst, die Flüssigkeit auf dem Wasserbade so stark eingedampft, dass ihr Gewicht doppelt so gross ist, als das des angewandten Opiums und filtrirt. Zu dem Filtrate setzt man Ammoniak im geringen Ueberschuss und lässt dasselbe, mit Fliesspapier lose bedeckt, 24 Stun- den stehen. Das Morphin scheidet sich anfangs als voluminöser Niederschlag ab, der aber nach einigem Stehen krystalli- nisch wird. Er wird auf einem Filter gesammelt, einige Male mit destillirtem Wasser abgewaschen, getrocknet und gewogen. Das so dargestellte Morphin ist noch mehr oder weniger gefärbt, kann indess als hinlänglich rein für die quantitative Bestimmung betrachtet werden. Wollte man indess eine Reinigung vornehmen, so rathe ich, einfach so zu verfahren, dass man den getrock- neten Niederschlag in einem Becherglase mit sammt dem Filter mit einem Gemische von gleichen Theilen Wasser und destillirten Essig anrührt, so dass das Ganze einen dünnen Brei bildet, und kurze Zeit unter zeitweiligem zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 19 Umrühren ohne jede Anwendung von Wärme maceriren lässt. Es wird filtrirt, mit kaltem Wasser, dem einige Tropfen Essigsäure zugesetzt sind, ausgewaschen und durch Ammoniak gefällt. Jetzt scheidet sich das Morphin viel reiner als gelbliches Pulver ab. Auf diese einfache Weise lässt sich das Morphin stets von dem grössten Theile der mitgefällten Farbstoffe, Harze etc. trennen, wenn man nur darauf achtet, jede Erwärmung bei der Einwirkung der verdünnten Essig- säure zu vermeiden, das noch unreine Morphin vorher zu trocknen und beim Nachwaschen nur immer kleine Mengen von Flüssigkeiten nach dem vollständigen Ab- laufen der vorher aufgegossenen anzuwenden, damit aus der Lösung, ohne sie durch Eindampfen zu concentriren (denn dadurch färbt sie sich stets dunkler), durch Am- moniak das Alkaloid gefällt werden kann. Wendet man statt der schwachen Essigsäure eine stärkere Säure z. B. Salzsäure an, so geht ein grosser Theil der Verunreinigungen wieder in Lösung, die ab- laufende Flüssigkeit ist noch immer stark gefärbt; wird der Niederschlag noch feucht angewandt, werden die Ver- unreinigungen gleichfalls nicht so vollständig zurück- gehalten. Es ist meiner Ansicht nach zweckmässig, die Anwendung der Kohle bei so werthvollen Substanzen, vor allen aber bei der Ausführung quantitativer Bestimmungen so viel wie möglich zu beschränken; denn die Kohle hält stets etwas von dem Alkalo'ide so hartnäckig zurück, dass es ihr praktisch auf keine Weise wieder zu entziehen ist. Der Vortheil dieser so eben beschriebenen Methode liegt zunächst in der Schnelligkeit, mit welcher sich die- selbe ausführen lässt, sodann in den zu erzielenden genauen Resultaten und schliesslich \\\ der Leichtigkeit, mit welcher die dabei angewandten Extractionsmittel, Benzin und Fuselöl, in völliger Reinheit wieder gewonnen werden können. Ich habe oben schon hervorgehoben, dass der Amyl- alkohol durch Destillation zum grössten Theile wieder 2* 20 L. Schachtnqypj Anwendung des Amylalkohols erhalten und dann, wie sich von selbst versteht, ohne weiteres zur nächsten Bestimmung verwandt werden kann ; hinzufügen will ich nur noch, dass man mit Benzin in gleicher Weise verfährt. Will man das in demselben gelöste Narcotin nicht gewinnen, so wird aus einer Retorte über gelindem Kohlen- feuer das Benzin bis auf einen geringen Rückstand ab- destillirt und letzterer weggeworfen 5 im anderen Falle giesst man ihn auf heisses mit Salzsäure angesäuertes Wasser, schüttelt mehre Male tüchtig durch und bringt das Ganze auf ein gut durchnässtes Filter. Es läuft eine schön rothe Flüssigkeit vollkommen klar durch, während das Benzin als schmutzig zähe Masse zurückbleibt und erst durch das Filter geht, nachdem die wässerige Nar- cotinlösung abgelaufen ist. Man fällt das Narcotin durch Ammoniak, sammelt es auf einem Filter, wäscht es ab und behandelt es nach dem Austrocknen mit siedendem Alkohol, aus welchem man nach dem Erkalten schöne Krystalle erhält, die durch Abwaschen mit kaltem Alkohol und, wenn sie noch nicht weiss genug sein sollten, durch Wiederauflösen in verdünnter Salzsäure und Behandeln mit Thierkohle rein erhalten werden. Eine lange Reihe von Versuchen, das Morphin quan- titativ nach dieser so eben beschriebenen Methode zu be- stimmen, haben mir bei Vergleichung mit anderen Vor- schriften dieser Art, namentlich mit den Methoden von Merk und der Hannoverschen Pharmakopoe (Rump) den Beweis von der Brauchbarkeit und Genauigkeit derselben geliefert. Zwei Smyrnaische Opiumkuchen, welche innen von sehr feuchter Beschaffenheit waren, wurden in der Weise untersucht, dass ich von jedem Stücke drei quantitative Analysen ausführte, die das folgende Resultat gaben: 1. Analyse. xr nV. M t Nach der Hann. Nach meiner JNacb Merk Pharmakopoe Methode 8,29 Proc. 4,81 Proc. 8,302 Proc. Narcotinhaltig. zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 21 2. Analyse. Nach Merk Nach der Hann. Nach meiner Pharmakopoe Methode 8,01 Proc. 4,25 Proc. 7,959 Proc. Narcotinhaltig. Ich will noch anführen, dass ein anderes Stück Opium, sehr feucht und stark mit Lakritzen verfälscht, mir die beiden folgenden Zahlen gab: 1. Analyse. 2. Analyse. 5,5 Proc. 5,216 Proc. Aus den ersten sechs quantitativen Bestimmungen wird zur Genüge das Verhältniss der erhaltenen Morphium- mengen nach den verschiedenen Bestimmungsmethoden hervorgehen. Da die Ausführung der Analysen auch bei dem mit Lakritzen versetzten Opium mit gleicher Leich- tigkeit von Statten ging, so darf daraus der Schluss ge- zogen werden, dass meine Methode sich bei allen Opium- sorten mit Vortheil anwenden lässt. Es kann nicht auffallen, dass die von der Hannover- schen Pharmakopoe aufgenommene Rump'sche Methode stets geringere Ausbeute gibt, wenn man nur berück- sichtigt, dass das Morphin sich aus einer alkoholischen Lösung, deren Gewicht das Fünffache von dem angewandten Opium beträgt, abscheiden muss. Bevor ich die verschiedenen Methoden der quantita- tiven Bestimmung des Morphins verlasse, um einen Blick auf die wichtigsten Bereituugsmethoden dieses Alkaloids zu werfen, will ich noch anführen, dass bei der Wichtig- keit dieses Gegenstandes für die pharmaceutische Praxis, der Wunsch nach einem raschen und dabei doch exacten Verfahren sehr nahe lag. Auf keine Weise würde diesem berechtigten Verlangen mehr entsprochen sein, als durch das Auffinden einer allen Anforderungen genügenden mass- analytischen Methode-, denn diese haben, wenn sie ihrem Zwecke entsprechen, für das praktische Leben durch die Schnelligkeit, mit welcher sie ausführbar sind, einen grossen Vorzug vor allen gewichtsanalytischen Bestim- mungen. 22 L. Schaclitrupp, Anwendung das Amylalkohols In der That ist ein Verfahren dieser Art von Ki eff er *) angegeben, und zwar gründet sich dasselbe auf die Zer- setzung einer alkoholischen Morphinlüsung durch Ferrid- cyankaliuni und auf das Zurücktitriren des überschüssigen rothen Blutlaugensalzes durch Jod und unterschwefligsaures Natron. Aber leider ist diese Methode deshalb unbrauch- bar, weil sich nicht, wie der Verfasser annimmt, gleiche Aequivalente des Ferridcyankaliums und Morphins zer- setzen_, obgleich andererseits die Beobachtung, dass eine Zersetzung beider Substanzen beim Zusammentreffen augen- blicklich vor sich geht, richtig ist. Damit wende ich mich jetzt zu einer kurzen Betrach- tung der Vorschriften zur Darstellung des Morphins, an welchen die Literatur reicher ist, als an Methoden für die quantitative Bestimmung dieses Alkaloids. Es kann indess hier nur eine kurze Betrachtung der wichtigsten Vorschriften dieser Art ausgeführt werden, denn viele, namentlich der älteren Bereitungsweisen, können mehr wie historisches Interesse nicht beanspruchen. Zu diesen letzteren würde vorzugsweise die erste Darstellungs- methode des Morphins gehören, welche von dem Ent- decker desselben, Sertürner, gegeben ist, indess ist hier eine Ausnahme gewiss erlaubt und bedarf wohl keiner Rechtfertigung. Nach Sertürner**) sollte das trockene, zerschnit- tene Opium so lange mit heissem Wasser ausgezogen werden, als dasselbe noch gefärbt war. Die vereinigten Auszüge wurden alsdann concentrirt und mit Ammoniak versetzt. Den ei'haltenen Niederschlag, vorzugsweise aus Morphin und Narcotin bestehend, liess er nach dem Ab- waschen mit kaltem Wasser durch wiederholtes Auflösen in heissem Weingeist und Krystallisiren reinigen, oder er löste den Niederschlag in verdünnter Schwefelsäure, *) Aiinal. der Chem. und Pharm. Bd. 103. **) Trommsdorff's Journal der Pharmacie. 13. 1. zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 23 fällte wieder durch Ammoniak, zog ihn dann mit ver- dünntem Ammoniak und schliesslich mit kaltem Wein- geist aus. So oft auch das Umkrystallisiren und Wiederfällen vorgenommen werden mochte, so blieb doch das Mor- phin narcotinhaltig. Sertürner liess später das Opium mit verdünnter Essigsäure ausziehen und suchte die Rei- nigung des Morphins durch Aviederholtes Binden an Säu- ren und Fällen mittelst Ammoniak zu bewerkstelligen. In ähnlicher Weise wie Sertürner hat Seguin*) seinen Zweck zu erreichen gesucht, indem er ebenfalls das durch Wasser extrahirte Opium mit einer der stär- keren Basen, Kali, Natron oder Ammoniak fällte und das unreine Morphin durch Umkrystallisiren aus heissem Alkohol, so wie durch abermaliges Fällen reinigte. Anstatt die Alkalien resp. das Ammoniak zum Ab- scheiden des Morphins anzuwenden, bediente sich Robi- q u e t **) der Magnesia als Fällungsmittel. Nach ihm wird eine wässerige concentrirte Opiumabkochung mit Bitter- erde versetzt, der entstandene Niederschlag auf einem Filter gesammelt, gut abgewaschen und durch Krystalli- siren aus wasserfreiem Alkohol gereinigt. Diese drei Methoden stimmen im Princip völlig über- ein, liefern aber ohne sehr erhebliche Verluste kein rei- nes Morphin, weil keine directe Trennung des Narcotins vorgenommen wird. Aehnliche Vorschriften sind noch mehre vorhanden, z.B. von Thomson, Hottot, Ani- chini u. s. w., die aber an dem gemeinschaftlichen Feh- ler leiden, dass die Trennung des Morphins vom Narco- tin auf dem Wege des Umkrystallisirens aus Alkohol und der wiederholten Fällungen erreicht werden soll, was nie- mals ohne bedeutende Einbusse an Morphin möglich ist. Es ist deshalb die Methode von R o b i n e t ***) als *) Ebendaselbst. 2. 117. **) Gilbert's Annalen. 57. ***) Gmelin's Handbuch. II. S. 936. 24 L. Schachtrupp, Anioendung des Amylalkohols ein Fortschritt zu betrachten, weil derselbe durch An- wendung einer concentrirten Kochsalzlösung zum Extra- hiren des Opiums das Narcotin, welches in concentrirten Salzlösungen unlöslich ist, trennt. Das Opium wird mit der sechsfachen Menge einer Kochsalzlösung von 1,1155 spec. Gew. einige Male ausgezogen, die vereinigten Aus- züge werden eingedampft und das sich ausscheidende salzsaure Morphin, welches sich durch Zersetzung des Kochsalzes mit dem raeconsauren Morphin gebildet hat, durch Urakrystallisircn aus siedendem Alkohol und Fäl- len mit Ammoniak gereinigt. Nach dieser Methode erhält man ein reines^ narcotin- freies Präparat. Es schliesst sich an diese Bereitungsweise des Mor- phins die von Wittstock*) gegebene, von der 4. Aus- gabe der Preussischen Pharmakopoe adoptirte Vorschrift, die ebenfalls Kochsalz zur Abscheidung des Narcotins benutzt. Schon bei Betrachtung der wenigen hier angeführten Methoden der Morphinbereitung ergiebt sich, dass die einzige und grosse Schwierigkeit bei der Darstellung in der Trennung des Alkaloids von mitgefällten Farbstoffen, harzigen Substanzen etc., vor allem aber in der völligen Abscheidung des Narcotins besteht. Die verschiedenen Methoden geben mannigfaltige Mit- tel zur Erreichung dieses Zweckes an die Hand; für die Praxis wird indess nur die Methode sich Geltung ver- schaffen können, welche mit Einfachheit in der Ausfüh- rung zugleich die Vortheile verbindet, ein reines Präpa- rat in der möglichst grössten Menge darzustellen. Indem ich viele Bereitungs Vorschriften übergehe, werde ich nur noch diejenigen hervorheben, welche den so eben ausgesprochenen Anforderungen genügen oder doch ein grösseres Interesse in Anspruch nehmen. Das Princip der Duflos'schen Methode ist bereits *) Wittstock, Berzelius Lehrbuch. 3. 246. zur Darstellung w. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 25 früher (bei der quantitativen Bestimmung des Morphins) angeführt. Merk hat zwei Methoden angegeben, von denen die erstere ir.it der auf S. 12 angegebenen, kleine Abände- rungen ausgenommen, so übereinstimmt, dass auf das dort Gesagte verwiesen werden kann. Nach der zweiten verbesserten Vorschrift von Merk*) wird 1 Th. Opium mit 0,38 Th. Essigsäure und mit Wasser ausgezogen, dies nochmals mit halb so viel derselben Flüssigkeit wie- derholt, das Filtrat mit Ammoniak übersättigt, der Nie- derschlag mit Wasser, dann mit Weingeist gewaschen, 2 Mal in heissem Alkohol, dann in Essigsäure gelöst, abgedampft und das essigsaure Morphin mit Wasser, unter Zurückbleiben von Narcotin, ausgezogen. Während also Merk das Narcotin durch Behandeln der gemischten Alkaloide mittelst verdünnter Essigsäure vom Morphin zu trennen sucht und durch Umkrystalli- siren aus Weingeist den letzten Rest der Verunreinigun- gen beseitigt, liegt, wie ich schon früher bemerkte, dem Duflos'schen Verfahren das Verhalten der doppelt kohlen- sauren Alkalien gegen Narcotin und Morphin zum Grunde. Ich sagte schon damals, dass Rump zuerst das Ammon. carhonic. in Vorschlag gebracht habe, welches gleichsam als Stellvertreter der fixen doppelt kohlensauren Alkalien betrachtet werden kann, und jetzt will ich die Rurap- sche Methode nochmals als Bereitungsweise für Morphin erwähnen. Bei der Ausführung verfährt man genau so, wie es S. 14 angegeben ist. Für die Gewichtsbestim- mung genügte es, das abgeschiedene, gefärbte Morphin ohne weitere Reinigung zu gebrauchen, indess bei der Bereitung des Alkaloids und seiner Salze ist die voll- ständige Entfernung der Farbstoffe ein wesentliches Er- forderniss. Rump**) sucht die Reindarstellung des rohen Mor- phins durch Auflösen desselben in Salzsäure, Krystalli- *) Gmelin's Lehrbuch der theoret. Chemie. 11. 933. **) Preis-Courant von Rump, Mai 1854. 2G L. kSchachtriipp, Amvendung des Amylalkohols siren des salzsauren Salzes und endliches Fällen auszu- zuführcn. Man erreicht dies, nach meiner Beobachtung, leichter und ohne Verlust, wenn man das auf" einem Fil- ter gesammelte Morphin mit kaltem Wasser abwäscht, in einer reichlichen Menge salzsäurehaltigem Wasser löst, eine Lösung von essigsaurem Bleioxyd (oder schwefel- saurem Kupferoxyd) hinzusetzt und so lange Schwefel- wasserstoftgas hindurchleitet, bis die Flüssigkeit stark darnach riecht. Nach dem Abtiltriren des Schwefelbleies erwärmt man bis zum Verschwinden des Schwefelwasser- stoffgeruchs und fällt mit Ammoniak. Es ist schwer, eine für alle Fälle zweckentsprechende Reinigungsmethode des Morphins anzugeben ; denn je nach Beschaffenheit des Opiums führt das eine oder an- dere Verfahren rascher zum Ziele. Am schwierigsten gelingt, nach meinen Erfahrungen, die Reinigung eines mit Lakritzen versetzten Opiums. Die Rump'sche Methode kann sehr empfohlen wer- den ; sie liefert eine genügende Ausbeute, fordert wenig Manipulationen, was viele Methoden für die Praxis so schwerfällig macht, gibt bei richtiger Ausführung ein reines Präparat und hat als Bereitungsvorschrift weniger durch den Vorwurf zu leiden, dass sie 5 — Ttagiges Ste- hen zum Abscheiden des Morphins verlangt, Avie solches bei der Gewichtsbestimmung hervorgehoben wurde. Ich werde jetzt noch eine Bereitungsweise des Mor- phins besprechen, die unter allen bislang aufgefundenen Methoden mit Recht die erste Stelle einnimmt; es ist die Methode von Mohr. Dieselbe ist schon früher ausführ- lich mitgetheilt; es soll hier nur noch bemerkt werden, dass bei der Darstellung im Grossen ebenso, wie dort beschrieben ist, verfahren wird, nur mit der Ausnahme, dass man das in Salzsäure gelöste und mit Thierkohle entfärbte Morphin zur Darstellung des salzsauren Salzes direct zur Krystallisation abdampfen kann. zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 27 Herzog *) gibt an, dass durch die Bildung von kohlensaurem Kalk aus dem Aetzkalk, in welchem das Morphin gelöst ist, leicht ein Verlust durch Ausschei- dung des Alkaloids entstehen könnte und schlägt deshalb vor, das Morphin zum zweiten Male in kalter, verdünn- ter Aetzkalilauge zu lösen, die Lösung durch Thierkohle zu entfärben, nach dem Filtriren auszuwaschen und das zum Sieden erhitzte Filtrat mit Salmiaklösung zu ver- setzen. Es scheidet sich alsdann das Morphin in farb- losen, schönen Krystallen ab. Zum Schlüsse komme ich noch einmal auf die von mir gefundene Methode der quantitativen Bestimmung zurück, um über ihren Werth zur Darstellung des Mor- phins einige Worte hinzuzufügen und die Modificationen anzugeben, welche man zu diesem Zwecke einschlagen muss. Es leuchtet ein, dass die Methode auch ohne jede ^^eränderung zur Bereitung des Morphins dienen könnte; aber bei der Verarbeitung grosser Opiummengen ist das Manipuliren mit Fuselöl eine lästige, unangenehme Arbeit. Indess eignet sich die Methode mit folgender einfacher Abänderung sehr gut auch für die Darstellung des Mor- phins. Das Opium wird ebenfalls mit einer Sodalösung auf dem Wasserbade zur völligen Trockne gebracht und mit Benzin zur Entfernung des Narcotins behandelt. Das letztere wird, wie ich oben angegeben habe, durch De- stillation wieder gewonnen. Das Ausziehen des Narco- tins mit Benzin verursacht nicht die geringste Unannehm- lichkeit, ist auch bei grossen Mengen durchaus nicht gefährlich, weil nur auf dem Wasserbade erwärmt wird. Der mit Benzin erschöpfte Rückstand wird durch kurzes Erwärmen in einem flachen Gefässe auf dem Wasser- bade von den anhaftenden letzten Resten des Benzins befreit, eine Arbeit, die zweckmässig unter einem Schorn- *) Archiv der Pharmacie. 28 L. kichachtrupp, Anicendxing des Amylalkohols steine vorgenommen wird. Man übergiesst nun den Rück- stand mit Wasser, setzt concentrirte Essigsäure bis zur sauren Reaction hinzu, lässt unter häufigem Umrühren mehre Stunden an einem warmen Orte stehen, giesst dann das Ganze auf ein Colatorium und presst aus. Den Pressrückstand behandelt man nochmals in gleicher Weise, benutzt dazu wieder dieselben Gefässe, dasselbe Cola- torium, um Verluste zu vermeiden. Die vereinigten Flüs- sigkeiten, welche, um sicher zu sein, dass alles Morphin gelöst ist, von überschüssiger Essigsäure sauer reagiren müssen, werden unter stetem Umrühren so weit einge- dampft, dass ihr Gewicht das Doppelte des in Arbeit genommenen Opiums beträgt. Je weniger Flüssigkeit von vornherein angewandt wurde, desto rascher wird dieses Ziel erreicht, um so mehr wird jeder störende Einfluss beim Eindampfen vermindert. Man versetzt nun die Flüssigkeit mit Ammoniak in geringem Ueberschuss und lässt sie, lose bedeckt, mehre Tage stehen. Es hat sich alsdann das Morphin in Krystallen abgesetzt, die überall an den Wänden des Gefässes sitzen, so dass die Flüssigkeit nebst den übrigen mitgefällten Stoffen fast vollständig abgegossen werden kann, was um so ange- nehmer ist, als in den meisten Fällen eine Filtration der- selben praktisch wegen der schleimigen Beschaffenheit unmöglich ist. Die auf einem Filter gesammelten Kry- stalle werden etwas abgewaschen, gut getrocknet und in einem Gemische von gleichen Theilen destillirtem Essig und Wasser in der Kälte aufgenommen. Man filtrirt, wäscht mit essigsäurehaltigem Wasser einige Male nach und fällt aus dem Filtrate durch Ammoniak das Morphin. Dasselbe scheidet sich jetzt viel reiner als gelblich-weis- ses Pulver ab. Nach dem Trocknen löst man dasselbe unter Erwärmen in Fuselöl, filtrirt heiss und stellt zum Krystallisiren an einen kühlen Ort. Das Morphin schei- det sich in schönen weissen Krystallen ab, über welchen eine gesättigte Lösung des Alkaloids in Amylalkohol steht. Die Krystalle können als reines Morphin aufbewahrt zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 29 werden, während das Fuselöl zum grössten Theile ab- destillirt und der Rückstand durch die Säure ausgeschüt- telt werden kann, deren Morphinsalz man darstellen will. Ich mache hier noch besonders auf die grossen Vor- züge des Amylalkohols vor dem gewöhnlichen Alkohol aufmerksam und empfehle ihn für die Reinigung der meisten krystallisirbaren Alkaloide, vorzugsweise für Mor- phin. Das Fuselöl löst bei weitem nicht in dem Masse, wie der Aethylalkohol, die stets vorhandenen Verunreini- gungen, macht dadurch in vielen Fällen den Gebrauch der Thierkohle überflüssig und ist speciell für Morphin aus dem Grunde sehr brauchbar, weil es für dasselbe in der Hitze ein bedeutend grösseres Löslichkeitsvermögen besitzt, wie in der Kälte, so dass ein grosser Theil des Alkaloids beim Erkalten abgeschieden wird. n. Stryehnin. Ein Alkaloid, welches von jeher die Aufmerksamkeit der Naturforscher in fast noch grösserem Masse als das Morphin auf sich gezogen hat, ist das Stryehnin. Dasselbe findet sich wahrscheinlich in allen Strychneen, die eine in Ostindien einheimische Pflanzenfamilie ausmachen, wird aber nur aus den beiden bei uns ofticinellen Droguen, den Krähenaugen und Ignatiusbohnen, dargestellt. Die erste- ren stammen von Strychnos Nux vomica L. und sind die reifen Samen dieser Pflanze, von denen 3 — 5 in der Frucht, einer grossen, gelbrothen Beere, enthalten sind. Das Aeussere der Samen ist höchst charakteristisch und lässt sie nicht leicht mit irgend einer andern Drogue verwechseln. Sie sind kreisi'und, platt und, was sie so- fort erkennen lässt, auf der Oberfläche mit angedrückten, weichen Haaren bedeckt, wodurch sie ein seidenglänzen- des Ansehen bekommen. Die Ignatiusbohnen sind die reifen Samen von Ignatia amara L., die bis zu 20 in der Frucht dieses Baumes stecken, unregelmässig gestal- 30 L. Schaclitrupi}y Amcendung des Amylalkohols tet, aussen braun und mit feinem Filze bedeckt, inn"^»! von vei'schiedener Farbe (weisslich bis braun), hart unrt hornartig sind. Es gehören diese Droguen nicht allein zu den gif- tigsten Arzneimitteln, sondern man kann sagen, zu den giftigsten Körpern des ganzen Pflanzenreichs, und zwar verdanken sie ihre Giftigkeit und medicinische Bedeu- tung dem Gehalte an Strychnin und Brucin. Diese bei- den organischen Basen kommen in den genannten Pflan- zenstoffen stets gleichzeitig, aber in verschiedener Menge vor. Die Ignatiusbohnen enthalten 1,2 — 1,5 Proc. Strych- nin, dagegen nur sehr wenig Brucin, während in den Nuces vomicae etwas mehr Brucin wie Strychnin vor- kommt und durchschnittlich von letzterem 0,4 — 0,5 Proc. Diese beiden Basen zeigen in ihrem chemischen Ver- halten und toxikologischen Eigenschaften, vor allen in der speciHschen Wirkung auf das Rückenmark und den dadurch bewirkten Tetanus, die grösste Aehnlichkeit. Als Medicament hat nur das Strychnin Anwendung gefunden und wird deshalb auch vielfach zu diesen und andern Zwecken dargestellt; das Brucin ist für die Praxis von keiner Bedeutung, sondern kann mehr wie wissenschaft- liches Interesse bislang nicht in Anspruch nehmen. Obgleich die Literatur über das Strychnin nicht so umfangreich ist, wie die des Morphins, so sind doch sehr viele Vorschriften über die Darstellung desselben in den wissenschaftlichen Journalen gegeben worden, von denen ich die wichtigsten hier kurz anführe und die von mir gefundene Methode zum Schlüsse folgen lasse. Fast Scämmtliche bislang bekannte und beliebte Be- reitungsmethoden des Strychnins erfordern sehr umständ- liche, mannigfaltige und langwierige Operationen. Zu- nächst muss jeder Darstellung des Alkaloids die Zerklei- nerung der Strychninsaraen oder Ignatiusbohnen voran- gehen. Die ersteren namentlich sind äusserst hart und zähe, deshalb nur sehr schwierig und am besten auf die Weise zu zerkleinern, dass sie entweder einige Zeit mit zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Moryhins etc. 3 1 Wasser gekocht und dann zerschnitten werden, ein Ver- fahren, was sich im Kleinen anwenden iässt, oder nach scharfem Austrocknen auf den Kaffeemühlen ähnlichen Apparaten in ein grobes Pulver verwandelt werden. Wei- tere Schwierigkeiten liegen in der vollständigen Tren- nung des Strychnins vom Brucin, die in dem vielfach analogen Verhalten beider Körper gegen Lösungsmittel ihren Grund haben, sodann in der Entfernung der hart- näckig anhaftenden Farbstoffe. Die verschiedenen Me- thoden suchen auf mannigfaltigen Wegen ihr Ziel zu erreichen und es machen sich bei der Vergleichung der- selben besonders zwei entgegengesetzte Richtungen gel- tend. Da die beiden Alkaloide in den betreffenden Pflanzen an Säure (Milchsäure?) gebunden enthalten sind, so pflegt man sie entweder dadurch auszuziehen, dass man Alkohol zur Lösung der Salze anwendet, Aveil dieser dieselben leicht und vollständig aufnimmt, oder man behandelt die Pflanzenstoffe mit stärkeren Säuren, welche die ursprüngliche schwächere Säure abscheiden und mit denen die Alkaloide leicht lösliche Salze bilden. Pelletier und Caventou, welche 1818 das Strych- nin entdeckten, stellten dasselbe aus den Ignatiusbohnen in der Weise dar, dass sie die geraspelten Samen so lange mit Aether auszogen, bis derselbe kein Fett mehr aufnahm, dann einige Male mit Alkohol auskochten, letz- teren durch Destillation und Abdampfen entfernten, den Rückstand mit Wasser aufnahmen und die Basen durch Kochen mit Magnesia oder durch Versetzen mit Kali- lauge abschieden. Dem gesammelten, abgewaschenen und getrockneten Niederschlage wurde durch Auskochen mit absolutem Alkohol das Strychnin entzogen, welches aus dem Filtrat auf Zusatz von wenig Wasser auskry- stallisirte. In ähnlicher Weise stellen die genannten Che- miker das Strychnin aus den Krähenaugen dar, nur wurde hier ein Entfärben der Flüssigkeit nöthig, welches von ihnen durch essigsaures Bleioxyd und Entfernen des Blei- salzes mittelst Schwefelwasserstoff ausgeführt wurde. 32 L. Öchac/Urupp, Anwendung des Amylalkohols Die von der 6ten Ausgabe der preuss. Pharmakopoe adoptirte Darstellungsraethode verfolgt ebenfalls das Prin- cip der weingeistigen Extraction der beiden Alkaloide aus den Nnces vomicae. Die Brechnüsse werden mit Weingeist von 0,90 spec. Gewicht dreimal ausgekocht. Von den vereinigten Auszügen wird der Weingeist ab- destillirt, der Rückstand zur Extractconsistenz eingedampft, das Extract in Wasser gelöst und von dem Ungelösten abfiltrirt. Aus dem Filtrate fällt man nach dem Ein- dampfen durch Magnesia die Alkaloide und bringt die- selben durch Auskochen des getrockneten Niederschlages mittelst Weingeistes wieder in Lösung. Nach dem Ab- destilliren des letzteren scheidet sich das Strjchnin zuerst in Krystallen aus. Das Duflos'sche Verfahren reiht sich im Princip den beiden eben erwähnten Methoden an. Zum Ausziehen der Nuc. vomic. w^ird ein mit I/256 Schwefelsäure ange- säuerter Weingeist von 88 Proc. angewandt und die Aus- züge werden durch Knochenkohle entfärbt. Um die har- zigen Stoffe zu entfernen, lässt Duflos mit einer gesät- tigten Lösung von doppelt kohlensaurem Kali fällen und aus dem Filtrat durch Kalilauge die Alkaloide abschei- den. Das Brucin vs^ird dem Niederschlage durch Aus- kochen mit Wasser entzogen, das zurückbleibende Strych- nin durch Umkrystallisiren aus Alkohol gereinigt. Ich übergehe hier die minder wichtigen Methoden von Ferrari, Corriol, Robiquet, Henry und An- dern und wende mich, nachdem ich als Muster für die Darstellung des Strychuins mittelst Alkohols mehre Me- thoden angeführt habe, zu den Bereitungsweisen dieses Alkaloids, welche als Typus für die Darstellung mit ver- dünnten Säuren angesehen werden können. Um die höchst zeitraubende und mühsame Arbeit der Zerkleinerung der Strychninsamen rascher und leich- ter zu bewerkstelligen, kocht Merk dieselben mit schwe- felsäurehaltigem Wasser 1 — l^j^ Tage in einem kupfer- nen Kessel, um dann die erweichten Samen zwischen zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 33 steinernen Walzen zu zerquetschen. Der Brei wird noch- mals mit Wasser ausgekocht und gepresst. Aus den vereinigten Flüssigkeiten werden Strychnin und Brucin durch Aetzkalk gefällt. Dem ausgepressten Niederschlage entzieht man durch Auskochen mittelst Weingeists von 0,85 spec. Gew. die Alkaloide, destiilirt den Weingeist ab, entfernt von dem erkalteten Niederschlage so viel wie möglich durch Decantiren die überstehende Flüssigkeit und wäscht ihn so lange mit kaltem Weingeist, als der- selbe noch gefärbt abläuft. Um den Niederschlag von den letzten Resten des Farbstoffes zu befreien, wird der- selbe mit einer hinreichenden Menge von Weingeist und Thierkohle gekocht und heiss filtrirt. Beim Erkalten scheidet sich ein grosser Theil des Strychnins ab, aus der Mutterlauge werden Strychnin und Brucin durch Ammoniak und Kali gefällt und der Niederschlag so lange mit Wasser ausgekocht, als noch Brucin beim Erkalten sich ausscheidet. Der nun bleibende Rückstand ist noch Strychnin. Auf andere Weise, aber mit Zugrundelegung des- selben Princips, nämlich des Ausziehens der Alkaloide mit verdünnten Säuren, hat Horsley*) seinen Zweck zu erreichen gesucht. Derselbe vermischt das Krähen- augenpulver mit der gleichen Gewichtsmenge käuflicher Essigsäure (eine solche Essigsäuremenge ist überflüssig, der unnöthige Verbrauch schwerlich zu rechtfertigen), verdünnt die breiförmige Masse mit der vier- bis sechs- fachen Wassermenge und digerirt sie dann einige Tage. Nachdem die Flüssigkeit auf einem Seihtuche abgelaufen ist, wird der Rückstand durch Digeriren mit Wasser nochmals ausgezogen, beide werden gemischt, zum Ab- setzen einige Zeit bei Seite gestellt, vom Bodensatze abgegossen und bis zur Syrupsconsistenz eingedampft. Nach dem Erkalten wird der Rückstand mit der gleichen Gewichtsmenge Wasser verdünnt, mit Ammoniak im Ueber- *) Canstatt's Jahresbericht. 1856. S. 127— 129. Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds. 1. u. 2. Hft. 34 L. SchacJitrupp, Anwendung des Amylalkohols schuss versetzt und einige Tage zum Abscheiden der Alkaloide hingestellt. Man sammelt den Niederschlag auf einem Filter, um ihn auf dem Wasserbade zu trock- nen. Durch Behandeln mit verdünnter Essigsäure wer- den die Alkaloide von der durch Ammoniak mitgefällten harzigen Substanz gereinigt. Die so gewonnene Lösung der essigsauren Alkaloide wird mit chromsaurem Kali versetzt, wodurch sogleich reines chromsaures Strychnin abgeschieden wird, während bei massigem Ueberschusse an Essigsäure das leichter lösliche chromsaure Brucin in der Flüssigkeit gelöst bleibt, aus welcher es durch ein Alkali gefällt werden kann. Um aus dem chromsauren Salze reines Strychnin darzustellen, wird dasselbe, nach dem Auswaschen, mit Ammoniakliquor digerirt, das chrom- saure Ammoniumoxyd abfiltrirt und das reine Strychnin gewaschen und getrocknet. Nach dieser Methode will Horsley 0,88 Procent Strychnin erhalten haben, eine Quantität, die bislang auf keine Weise erreicht werden konnte. Wenn es schon seit langer Zeit in der pharmaceu- tischen Praxis zur Regel geworden ist, das Strychnin nicht selbst zu bereiten, sondern aus Fabriken zu bezie- hen, so findet dieser Umstand darin seine Rechtfertigung, dass die bislang für die Darstellung dieses Alkaloids ge- gebenen Vorschriften viel zu umständlich und zeitrau- bend, vor allem aber zu kostspielig waren, als dass die in den Apotheken verbrauchten kleinen Mengen dieses Präparats sich mit Vortheil hätten darstellen lassen. Es zeigt dies z. B. leicht ein Blick auf die von der preussi- schen Pharmakopoe gegebene Vorschrift, nach welcher man — kleine unwesentliche Abänderungen vielleicht ab- gerechnet — stets zu arbeiten pflegte, wo noch eine Selbstbereitung in dem pharmaceutischen Laboratorium statt fand. Die von Merk angegebene, im Allgemeinen durch grössere Einfachheit sich auszeichnende Methode ist, wie leicht einzusehen, nur für den Fabrikbetrieb geeignet, weil sie grössere Apparate (steinerne Walzen) voraussetzt. zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Mor'pMns etc. 35 Die von mir gefundene Methode zeichnet sich vor- zugsweise durch die grösste Einfachheit in der Ausfüh- rung aus, sie erfordert nur wenig Arbeit, führt rasch zum Ziele, liefert ein reines Präparat mit sehr geringem Kostenaufwande und ist auch für die Darstellung im Kleinen sehr geeignet. Man operirt in folgender Weise: Die Nuces vomicae, von denen man — auch selbst bei Bereitung der kleinsten Menge Strychnin — nie unter 1 Pfund nehmen sollte, werden entweder als grobes Pul- ver, welches im Handel billig zu beziehen ist (jedoch, was zu beachten ist, häufig verfälscht wird) angewandt, oder auf die Weise selbst zerkleinert, dass man sie mit Wasser übergiesst, ungefähr eine halbe Stunde kochen lässt und nach dem Erkalten sogleich mit einem schar- fen Messer zerscheidet. Die Samen sind nun sehr weich, das Zerschneiden geht rasch, so dass, wenn nur 1 bis 2 Pfund in Arbeit genommen werden, diese Methode leicht ausführbar ist. Die zerkleinerten Samen über- giesst man mit Wasser, setzt verdünnte Schwefelsäure (1 : 5) bis zur sauren Reaction hinzu, vermeidet jedoch einen grösseren Ueberschuss derselben sorgfältig. (Für den Fall, dass das Zerkleinern der Samen auf die zu- letzt bezeichnete Weise ausgeführt ist, benutzt man zu- erst das zum Erweichen derselben angewandte Wasser.) Die Flüssigkeit wird nun unter Umrühren zum Sieden erhitzt, wobei man zuweilen prüft, ob sie noch sauer rea- girt und, wenn das nicht der Fall sein sollte, setzt man noch einige Tropfen Schwefelsäure zu. Hat die Flüssig- keit 10 Minuten gekocht, lässt man sie noch kurze Zeit zum Abkühlen stehen und dann auf einem Seihetuche ablaufen, kocht den Rückstand noch zweimal unter Säure- zusatz auf dieselbe Weise aus und wiederholt dann zum vierten Male die Abkochung, jedoch dieses Mal ohne Hinzufügung von verdünnter Schwefelsäure. Die ver- einigten Abkochungen werden zum Absetzen 24 Stunden bei Seite gestellt, darauf von dem Bodensatze so voll- ständig als möglich abgegossen oder abgehebert. Die 3* 36 L. Schachtnipp, Amrendung des Amylalkohols ziemlich klare, meistens schwach gelblich oder bräunlich gefärbte Flüssigkeit wird nun so weit eingedampft, bis ihr Gewicht doppelt so gross ist, wie das der in Arbeit genommenen Strychninsamen, noch warm in ein cylin- drisches Gefäss gegossen und mit Ammoniak im geringen üeberschusse versetzt. jMan lässt nun 5 bis 7 Tage zum Absetzen der gefällten Alkaloide stehen, welche sich voll- ständig und in krystallinischer Beschaffenheit zu Boden setzen. Die über dem Niederschlage stehende Flüssig- keit abzufiltriren, ist nicht zu empfehlen, weil die Filtra- tion äusserst langsam vor sich geht und auch bei der vollkommenen Abscheidung der Alkaloide zwecklos sein würde. Deshalb giesst oder hebert man dieselbe so viel wie möglich von dem Niederschlage ab, bringt diesen auf ein Filter, lässt die noch anhängende Flüssigkeit ab- laufen, wäscht den Rückstand einige Male mit Wasser ab und trocknet ihn gut aus. Der Inhalt des Filters wird in ein möglichst kleines Kochfläschchen gebracht, das Filter selbst zerschnitten, dem Inhalte hinzugefügt, das Ganze mit einer kleinen Menge Fuselöl übergössen und einige Zeit auf dem Wasserbade erwärmt. Die Lö- sung der Alkaloide in Fuselöl wird noch warm durch ein kleines mit Fuselöl befeuchtetes Filter in eine kleine Retorte filtrirt, der Rückstand noch zweimal in derselben Weise mit dem Amylalkohol behandelt und von den ver- einigten Auszügen der letztere bis ungefähr zu 23 sei- nes ursprünglichen Volumens abdestillirt. Der Rückstand in der Retorte stellt eine heiss gesättigte Lösung der Alkaloide in Fuselöl dar, die man sogleich in eine Schale giesst und bedeckt zum Auskrystallisiren bei Seite stellt. Die Alkaloide schiessen in schönen, weissen Krystallen an, werden unter Beobachtung der nöthigen Vorsichts- massregeln in verdünnter Salpetersäure gelöst und durch Krystallisation von einander getrennt. Man erhält nach dieser Vorschrift stets viel weniger Bruein wie Strych- nin. Der Durchschnitt vieler Versuche gab mir 0,4816 bis 0,57 Proc. Strychnin. Um reines Strychnin aus dem zur Darstellung u. qiiantit. Bestimmung des Jlorphijis etc. 37 salpetersauren Salze darzustellen, hat man nur nöthig, letzteres durch Ammoniak wieder zu zersetzen und das gefällte Alkaloid aus Aethjlalkohol oder Fuselöl krystal- lisiren zu lassen. Die Bereitung des Strychnins nach dieser Methode ist eine so einfache Operation, dass sie auch da ausge- führt werden kann, wo nur geringe Mengen desselben verbraucht werden. Eine Reinigung der gefällten Basen ist überflüssige weil das Fuselöl nicht, wie der Weingeist, die mitgelall- ten Farbstoffe so wie andere organische Massen löst, son- dern man wird bemerken, dass der zum Ausziehen an- gewandte Amylalkohol eine nur schwach gelbliche Farbe bat, dass die aus der Lösung desselben krystallisirenden Alkaloide, noch mehr aber ihre salpetersauren Salze, so farblos und rein sind, wie sie nur nach irgend einer an- dern Methode erhalten werden. Sind die von Horsley gemachten Angaben richtig, so hat derselbe allerdings einen höheren Procentgehalt erzielt; aber man darf in dieser Beziehung nicht über- sehen, wie viel umständlicher, kostspieliger und zeitrau- bender diese Methode ist und wie in noch höherem Grade dieser Vorwurf die übrigen angeführten Bereitungswei- sen trifft. Ich habe Versuche gemacht, die Bereitung des Strych- nins dadurch noch mehr zu vereinfachen, dass ich mir einen Apparat construiren Hess, in welchem die zerschnit- tenen, mit Ammoniakliquor durchfeuchteten und wieder getrockneten Krähenaugen direct mit Amylalkohol extra- hirt werden konnten. Der Apparat bestand aus zwei schachteiförmig in einander verschiebbaren Cylindem, von denen der äussere nach unten, der innere nach oben in eine enge Röhre auslief. Durch das mehr oder weniger tiefe Einschieben der Cylinder Hess sich der Apparat nach Belieben vergrössern oder verkleinern, je nach den zu den Versuchen in Arbeit genommenen Mengen Nuces vomicae. Das Fuselöl wurde aus einem Kolben_, der 38 L. SchacJitrupp, Anwendung des Amylalkohols durch eine zweiscbenkclig gebogene Glasröhre mit dem Apparate verbunden war, heiss auf die Krähenaugen de- stillirt, das unten ablaufende, Strychnin enthaltende De- stillat zum zweiten Male in derselben Weise bis auf einen kleinen Rückstand abdestillirt und gewöhnlich diese Ope- ration zum dritten Male wiederholt, um die Nuc. vomic. mit ein und derselben Quantität Fuselöl so vollständig als möglich zu extrahiren. Schliesslich pflegte ich, um den von den Samen eingesogenen Amylalkohol zu ver- drängen, Wasserdämpfe durch den Apparat streichen zu lassen, so lange noch das unten abfliessende Wasser Fuselöl mit sich führte. Der vereinigte Amylalkohol wurde ebenso behandelt, wie ich bei Beschreibung der vorhergehenden Methode auseinandergesetzt habe. Die auf diese Weise erhaltenen Resultate waren in- sofern unbefriedigend, weil nur eine geringe Menge Strych- nin erhalten wurde; aber ich glaube, dass, wenn der Apparat zweckentsprechend verbessert, namentlich die zu rasche Condensation des Fuselöls verhindert wird^ dieses Verfahren (besonders für den Fabrikbetrieb) noch eine Zukunft haben dürfte. Bei dieser Gelegenheit will ich bemerken, dass von mir auch die Anwendung des Fuselöls auf die Darstel- lung des Atropins und Theins ausgedehnt worden ist. Die Resultate, welche bei der Bereitung des Atropins erhalten wurden, waren nicht günstiger, wie nach den bislang bekannten Vorschriften, was seinen Grund theils in dem schwankenden Procentgehalte der Belladonna an dieser Base hat, theils in der leichten, schon bei niedri- ger Temperatur statt findenden Zersetzung des Alkaloids. Dagegen kann das The'in mit Fuselöl viel leichter als nach andern Methoden und in ausgezeichneter Schön- heit erhalten werden. Bislang hatte ich noch nicht Zeit, die Vorschrift zur Bereitung dieses letzteren Alkaloids zu fixiren und ich behalte mir vor, in nächster Zeit das Resultat meiner weiteren Untersuchungen über Atropin und The'in mit- zutheilen. zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 39 III. Methoden für die Nachweisung der Alkaloide, besonders des Strychnin^ und Morphins, bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen. So wichtig Morphin und Strychnin nicht nur an und für sich, sondern auch ihre Muttersubstanzen und die aus denselben bereiteten Arzneimittel für die Medicin sind, so grosse Bedeutung haben die beiden Alkaloide und die sie enthaltenden Droguen und Präparate auch vom toxikologischen Standpuncte aus. Ein lebhaftes Interesse haben sie auch deshalb stets in Anspruch genommen, weil sie wegen ihrer grossen Giftigkeit, die in dem Strychnin den höchsten Grad erreicht, oft zu verbrecherischen Zwecken benutzt und deshalb öfters Gegenstand der Untersuchung für Gerichts- chemiker gewesen sind. Es leuchtet ein, dass es für die zuletzt erwähnten Zwecke von grossem Werthe war, Methoden aufzufinden, die den Nachweis der kleinsten Mengen von Morphin und Strychnin möglich machten d. h., einerseits Vorschriften zum Abscheiden der Alkaloide aus organischen Massen, als auch andererseits Reactionen zur sicheren Erkennung derselben anzugeben. Zuerst war es Stas*), welcher eine Methode zum Auffinden giftiger Alkaloide bei Gegenwart vegetabilischer oder animalischer Massen angab und auf folgende Erfah- rungen gründete: 1) Die sauren, weinsauren und Oxal- säuren Salze der organischen Basen sind in Wasser und Weingeist löslich und werden durch Digeriren bei 70 — 75^ C. ausgezogen, Uebergiesst man daher organische Massen (z. B. Eingeweide, Magen, Speisen etc.) mit Alkohol, dem Weinsäure oder Oxalsäure zugesetzt ist, digerirt damit bei der angegebenen Temperatur und colirt oder filtrirt dann, so ist in dem Filtrate das Alkaloid enthalten. Das ^) Jahresber. für praktische Pharm. XXIV, 313. 40 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols Filtrat soll bei 35<^ verdunstet werden, was unter der Glocke der Luftpumpe oder in einem Luftstrome geschieht, um auch die flüchtigen Alkaloide zu gewinnen. 2) Die Alkaloide, auch die in Aether schwer löslichen, werden von demselben aufgenommen, wenn ihre wässerige Lösung durch kohlensaure oder fixe Alkalien gefällt und mit Aether anhaltend geschüttelt wird. 3) Umgekehrt sind dagegen die Salze der Alkaloide in Aether unlöslich. Schüttelt man daher die ätherische Lösung eines Alkaloids mit säurehaltigem Wasser, so wird dem Aether die Base entzogen und in die wässerige Lösung übergeführt. Das Stas'sche Verfahren hat mit Recht in neuerer Zeit viele Verbesserungen erlitten. Für die Nachweisung des Morphins genügt es nicht, weil diese Base in Aether fast völlig unlöslich ist^ ferner ist die Voraussetzung unter 1) nicht unbedingt richtig, denn Brucin z. B. ist als saures weinsaures und oxalsaures Salz, nach Dragendorff's Angaben, in Alkohol nur schwer löslich. Wollte man nach der Stas'schen Methode eine quantitative Bestimmung der Alkaloide (die indess nur selten möglich ist) ausführen, so würden keine befriedigende Resultate zu erwarten sein, weil, abgesehen von der Schwerlöslichkeit des Morphins^ auch die übrigen Alkaloide nicht leicht von dem Aether aufgenommen werden. Um dies Verfahren auch für die Nachweisung des Morphins geeignet zu machen, hat Otto*) dasselbe dahin verbessert, dass er das Morphin durch überschüssige Natron- lauge löst, und, nach dem Verdunsten des in der Flüssig- keit gelösten Aethers, das Alkaloid durch eine concen- trirte Lösung von Salmiak fällt. Das Morphin scheidet sich, während das Ammoniak entweicht, in kleinen Kry- stallen aus. Graham und Hoffmann**) haben Tbierkohle dazu angewandt, um Strychnin aus Lösungen abzuscheiden, *) Annal. der Chem. und Pharm. 100. 44. **) Annal. der Chem. und Pharm. 83. 39. zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 41 indem sie die Kohle 12—24 Stunden mit der betreffenden Flüssigkeit unter häufigem Um schütteln in Berührung Hessen, abfiltrirten, mit Wasser auswuschen und zuletzt der Kohle durch Auskochen mit 80 — 90procentigem Weingeist das Alkaloid wieder entzogen. Nachdem der Weingeist abdestillirt war, wurde das Strychnin mit Kalilauge gefällt, durch Schütteln mit Aether ausgezogen und meistens so i'ein erhalten, dass die Reactionen damit angestellt werden konnten. Dieses einfache Verfahren kann auch zur Auffindung anderer Alkaloide benutzt werden, ist indess in so fern nicht ohne Mangel, dass der Erfolg der Arbeit von der Güte der Thierkohle abhängig gemacht wird, ein Umstand, der um so mehr zu berücksichtigen ist, als die Kohle in ihren Eigenschaften je nach der Zubereitung, Aufbewah- rung und dem Material, aus welchem sie dargestellt wurde, sehr variirt. Im Allgemeinen bleibt die Graham- Hofimann'sche Methode in der Zuverlässigkeit bei weitem hinter den Erwartungen zurück. Weil das Strychnin schon so oft zu gerichtlich-chemi- schen Untersuchungen Veranlassung gegeben hat, sind mehre Methoden zur Nachweisung dieser Base gegeben worden, die auf der Löslichkeit des reinen Alkaloids in Chloroform beruhen. Nach Prollius*) kocht man mit Weingeist unter Zusatz von Weinsäure die zu untersuchende Substanz aus, verdampft in gelinder Wärme, filtrirt die saure Lösung durch ein angenässtes Filter, setzt Ammoniak im geringen Ueberschuss, dann 20 — 25 Gran Chloroform hinzu und schüttelt. Man giesst die über dem Chloroform stehende Flüssigkeit ab, schüttelt das Chloroform mit etwas Wasser, um es von anhängender Lauge zu befreien, setzt 3 Th, Weingeist hinzu und lässt verdunsten. In ähnlicher Weise verfährt Thomas **), um Morphin *) Chem. Centralblatt. 1857. 231. **) Zeitschr. für analytische Chemie. 1. 517. 42 L. iSchachtruppj Anwendung des Amylalkohols und Strychnin abzuscheiden und zu trennen. Er lässt mit essigsäurehaltigem Wasser digerirend ausziehen, aus der filtrirten Flüssigkeit mit Kalilauge im Ueberschuss Strychnin fällen und in Chloroform durch Schütteln lösen, während das im Ueberschuss des Alkalis gelöste Morphin durch Zusatz von Salmiak gefällt werden kann. Auch von Rodgers und Girdwood*) ist ein den beiden zuletzt erwähnten ähnliches Verfahren angegeben worden. Wir besitzen demnach in dem Stas'schen Verfahren eine Methode zur Nachweisung aller auch der flüchtigen Alkaloide (Morphin ausgenommen), während die übrigen Vorschriften nur auf einzelne Basen Rücksicht nehmen. In neuester Zeit ist mit Recht die Aufmerksamkeit auf ein neues Verfahren gelenkt worden, welches im Princip mit dem von Stas angegebenen übereinstimmt, sich indess in vieler Beziehung sehr vortheilhaft von diesem unter- scheidet und sämmtliche Alkaloide in das Bereich ihrer Untersuchung zieht. Dies ist die Methode von Erdmann und V. Uslar**). Was Stas mit Aether zu erreichen sucht, wird hier mit Amylalkohol (Siedepunct 1320) er- reicht. Die organischen Massen werden, wenn es nöthig ist, mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt, mit Salz- säure angesäuert und, wenn sie nicht schleimig sind, aus- gekocht, im anderen Falle auf dem Wasserbade 1 bis 2 Stunden digerirt, dann auf ein mit Wasser angefeuchtetes Colatorium gebracht. Der Rückstand wird auf gleiche Weise nochmals mit salzsäurehaltigem Wasser ausgezogen, und die vereinigten Auszüge werden anfangs auf freiem Feuer, zuletzt, wenn sie schleimig geworden, auf dem Wasserbade unter Zusatz von reinem Quarzsande und zuletzt unter Hinzufügen von Ammoniak zur Trockne gebracht. Die völlig trockene, alkalisch reagirende Masse *) Jahresb. von Liebig und Kopp. 1857. 603. **) Annal. der Chem. und Pharm. 120. S. 121 — 122. S, 360. zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 43 bringt man in eine reine, trockne Kochflasche, um sie unter Erwärmen auf dem Wasserbade wiederholt mit Fuselöl zu extrahiren. Das Letztere wird durch ein mit Amylalkohol benetztes Filter filtrirt; es enthält ausser dem Alkaloide noch Fette und Farbstoffe gelöst. Um es hiervon zu befreien^ schüttelt man dasselbe in einem cylindrischen Gefässe mit Salzsäure- oder Phosphorsäure- haltigem heissen Wasser, welches dem Fuselöl das Al- kaloid entzieht, während Fett- und Farbstoffe in dem auf dem Wasser schwimmenden Amylalkohol gelöst bleiben. Man nimmt letzteren mit einer Kautschukpipette ab, schüttelt die saure Flüssigkeit wiederholt mit neuen Men- gen Fuselöl, bis dieselbe möglichst entfärbt und entfettet ist und den zuerst abgenommenen Amylalkohol mit einer neuen Menge des angesäuerten Wassers, um ihm alles Alkaloid sicher zu entziehen^ und vereinigt beide wässe- rige Lösungen. Diese werden nun auf dem Wasserbade concentrirt, mit Ammoniak im geringen Ueberschuss ver- setzt und wiederholt mit Fuselöl geschüttelt. Die Lösung des Alkalo'ids in Fuselöl wird abpipettirt, die Flüssigkeit noch einmal mit Amylalkohol geschüttelt und letzterer auf dem Wasserbade verdunstet, wobei das Alkaloid in den meisten Fällen schon in völliger Reinheit zurückbleibt. Sollte dasselbe indess noch gefärbt sein, so wird es aber- mals mit säurehaltigem Wasser aufgenommen, die Lösung mit Amylalkohol geschüttelt und nach dem Uebersättigen mit Ammoniak nochmals mit Amylalkohol das Alkaloid aufgenommen. Im vorigen Jahre hat Dragendorff *) die so eben angeführte Methode von Erdmann und v. Uslar einer genauen Prüfung unterworfen und ist dabei zu Resultaten gekommen, die mit den von mir gesammelten Erfahrun- gen nicht völlig übereinstimmen. Er gibt allerdings zu, dass der Amylalkohol zur Lösung der Alkaloide beson- ders zu empfehlen sei, glaubt indess in dem hohen Siede- *) Pharmac. Zeitschr. für Russland. 44 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols puncte und in der Möglichkeit einer Zersetzung desselben in nicht flüchtige Stoffe Nachthcilc für das Fuselöl zu finden, die das Aufsuchen eines anderen Lösungsmittels für diese Zwecke wünschenswerth machten. Man soll ferner bei der Anwendung des Amylalkohols darauf achten, dass während der Operation die umgebende Atmosphäre rein sei von flüchtigen, fremdartigen Stoffen, Dragendorff findet alsdann in dem Benzin einen Körper, welcher bei der Nachweisung von Strychnin und Brucin das Fuselöl zweckmässig ersetzt, und ändert das Verfahren von Erdmann und v. Uslar dahin ab, dass für Amylalkohol Benzin substituirt wird. Die Bedenken, welche Dragendorff gegen das Fuselöl vorbringt, sind, meiner Ansicht nach, nicht stich haltig. Der hohe Siedepunct könnte den Amylalkohol für die Nachweisung flüchtiger Alkaloide, vom theoretischen Standpuncte aus betrachtet, wenig geeignet machen, und auch Fresenius sagt in seiner qualitativen Analyse, dass in solchen Fällen das Verfahren von Stas den Vor- zug verdiene; aber directe Versuche haben gezeigt, dass auch unter diesen Umständen Resultate erhalten werden, die in jeder Beziehung Vertrauen verdienen. Die beiden hier in Betracht kommenden Alkaloide, Coniin und Nicotin, deren Siedepunct bei 1630 und circa 250^0. liegt, sind in der kleinsten Menge nachgewiesen ; denn das Fuselöl verdampft in der gelinden Wärme des Wasserbades ziem- lich schnell, wenn auch, wie sich von selbst versteht, langsamer als Benzin und Aether. Wenn Ein Tropfen jener Basen in einer 1 Pfd. und mehr betragenden Menge eines künstlichen Speisebreies mit grösster Sicherheit nach- gewiesen wird, dann genügt das Verfahren auch für alle Fälle des praktischen Lebens, da niemals weniger wie diese Menge bei einer gerichtlich- chemischen Analyse in Betracht kommen kann. Selbst wenn man zu ängst- lich sein sollte, die zuletzt erhaltene reine Lösung des flüchtigen Alkaloids in Fuselöl mit diesem in gelinder Wärme zu verdunsten, so hat man nur nöthig, mit säure- zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 45 haltigem Wasser das Alkaloid nochmals auszuziehen, die reine, wässerige Lösung desselben direct einzudampfen und mit dem Rückstande die nöthigen Reactionen anzu- stellen. Man wird aber bis zu dieser letzten Operation den Amylalkohol nicht gern entbehren; weil er besser wie Benzin, Aether und alle anderen Mittel die Lösungen von Fett, ExtractivstofFen etc. reinigt, sich sehr leicht aus der damit geschüttelten Flüssigkeit abscheidet und v.on ihr trennen lässt und das reine, gefällte Alkaloid voll- ständig aus der Flüssigkeit aufnimmt. Es muss den gesammelten Erfahrungen des Einzelnen anheimgestellt werden, ob er bei flüchtigen Alkaloiden dieser oder der Stas'schen Methode den Vorzug geben will; handelt es sich aber um die Nach Weisung nicht flüchtiger Alkalo'ide, so steht in keiner Weise der An- wendung dieser Methode ein Hinderniss im Wege. Wenn Dragendorff solche Hindernisse in einer möglicherweise statt findenden Zersetzung des Fuselöls findet und nament- lich sehr besorgt vor störenden Einflüssen der umgeben- den Atmosphäre ist, so muss ich dazu bemerken, dass solche Hindernisse hierbei nicht in Betracht kommen, in den meisten Fällen gar nicht existiren, und eine der- artige Besorgniss vollständig unbegründet ist. Seit vielen Jahren ist im hiesigen Laboratorium nach der Erdmann- und v. Uslar'schen Methode gearbeitet, und sie hat sich stets vorzüglich und tadellos bewiesen. Ich selbst habe aus grossen Speisemassen die kleinsten Mengen der Al- kalo'ide in ausgezeichneter Reinheit erhalten, habe nie Zersetzungsproducte des Fuselöls bemerken können, die irgend welchen störenden Einfluss auf die Reactionen der abgeschiedenen Alkaloide gehabt hätten. Um nun einen Gegenbeweis gegen die von Dragendorff besonders betonten Atmosphäreneinflüsse beizubringen, brauche ich wohl nur zu bemerken, dass bei der Ausführung der zahlreichen gerichtlich -chemischen Analysen hieselbst ein solcher Einfluss niemals hat beobachtet werden können. Wo so viele Praktikanten wie in dem hiesigen grossen 46 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols und stark besuchten akademischen Laboratorium arbeiten, ist die Luft leider oft im höchsten Grade mit schädlichen Gasen und Dämpfen erfüllt; aber nie hat dieser Umstand eine nachtheilige Wirkung auf die Resultate der Analyse oder der Reactionen ausgeübt, und es ist mir in der That auch unklar, worin ein solcher störender Einfluss bestehen, und welche Verbindungen denselben ausüben sollten. Dagegen lässt sich gegen die Anwendung des Benzins, so vorzüglich seine Lösungsfähigkeit für viele Alkaloide auch ist, vom praktischen Standpuncte aus betrachtet, Manches einwenden. Wird der mit Säuren bereitete Aus- zug aus organischen Massen, welcher stets mehr oder weniger färbende, extractartige Materien gelöst enthält, mit Benzin geschüttelt, entweder um der Flüssigkeit nach Zusatz von Ammoniak das Alkaloid zu entziehen, oder um dieselbe von den gelösten organischen Massen so viel wie möglich zu befreien, so erhält man in vielen Fällen ein so zähes, schleimiges Magma, dass man rathlos hin- sichtlich der weiteren Verarbeitung dasteht. Mir ist es vorgekommen, dass die ganze Flüssigkeit durch das Benzin zu einer Emulsion geworden war, die sich nach mehren Stunden nicht klären wollte. Was soll man da nun an- fangen? Dragendorff macht auf diesen Uebelstand selbst aufmerksam und räth, unter solchen Umständen das Gemisch einer Temperatur von -f- 50 bis 600 C. aus- zusetzen oder, wenn diese Manipulation fehlschlagen sollte, die Klärung durch einige Tropfen Alkohol zu bewirken; doch führen auch diese Hülfsmittel nicht immer sicher zum Ziele. Einen zweiten Nachtheil hat die Anwendung des Benzins dadurch, dass es sich schwer von dem damit geschüttelten Wasser trennen lässt, dass letzteres oft in kleinen Tröpfchen hartnäckig gleichsam in dem Benzin vertheilt sitzt. Man soll in solchen Fällen bei grösseren Flüssigkeitsmengen zu einem Scheidetrichter, bei kleineren zu einer Bürette seine Zuflucht nehmen und die letzten Wassermengen durch ein angenässtes Filter von dem Benzin trennen. zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 47 Bei dem Gebrauche des Fuselöls umgeht man diese Klippen. Tritt bei dem Schütteln einer Flüssigkeit mit demselben nicht sofort die Trennung ein, so ge- nügt ein sehr kurzes Erwärmen auf dem Wasserbade, um die Scheidung sofort herbeizuführen, und diese ist dann stets so vollständig, dass bei einiger Uebung der Amylalkohol bis auf den letzten Tropfen mit einer Kautschukpipette abgenommen werden kann. Es hat ferner viel für sich, wenn man bei so subtilen Unter- suchungen, wie es die Nachweisungen der Alkaloide sind, mit der Benutzung vieler Gefässe, so wie auch mit der Anwendung der Filtrationen so sparsam als möglich ist; denn in solchen Fällen muss der kleinste Verlust mit der grössten Aengstlichkeit vermieden werden, was um so mehr geschieht, in je einfacherer Weise die Opera- tionen ausgeführt werden. Ich will bei dieser Gelegenheit noch einen Gegen- stand zur Sprache bringen. Bei gerichtlich -chemischen Untersuchungen fehlt es selten an bestimmten Anhaltspuncten hinsichtlich der zur Vergiftung angewandten Substanz, so dass dem Gerichts- chemiker in den meisten Fällen Fingerzeige von Seiten des Gerichtes oder des Arztes gegeben werden können. Um so nöthiger ist dies, wenn es sich um die Auffindung von Alkaloiden handelt. Der Sectionsbefund hat in die- sen Fällen eine ganz besonders grosse Wichtigkeit, weil er häufig sichere Schlüsse auf das vorhandene Alkaloid gestattet. Es wäre jedoch auch möglich, dass dem Gerichts- chemiker bei einer Vergiftung mit Alkaloiden gar kein Anhaltspunct gegeben werden könnte; und in einem sol- chen Falle würde eine Methode, die gleichzeitig den Nachweis aller hierher gehörender Alkaloide gestattete, von doppelt grossem Werthe sein. Die Stas'sche Methode ist nicht anwendbar, weil Morphin dadurch übersehen und jede mögliche quantita- tive Bestimmung problematisch würde; die Methode von Graham und Hoffmann dürfte noch nicht die Probe 48 L. Schachtrujjp, Anwendung des Amylalkohols für eine solche Erweiterung in ihrer Anwendung bestan- den haben; dagegen würde man nach dem Erdmann- Uslar'schen Verfahren bei genauem Arbeiten nie Gefahr laufen, irgend ein Alkaloid zu übersehen, während in einem solchen Falle das Benzin allein nicht zum Ziele führt, weil Morphin von demselben gleichfalls nicht gelöst wird. Es ist von Dragendorff die grössere Löslichkeit des Strychnins in Benzin bewiesen und hervorgehoben, 100 Th, Benzin lösen 0,G07 Th. Strychnin, eben so viel Fuselöl löst 0,55 Th. desselben. Jedenfalls liegt darin kein Vorwurf; denn die Abweichung in der Löslichkeit ist sehr gering und kann nicht in Betracht kommen. Der Amylalkohol besitzt durchschnittlich eine so grosse Lö- sungsfähigkeit für Alkaloide, dass dadurch sein Werth für gerichtlich-chemische Untersuchungen noch besonders erhöht wird. Nach den von M. Kubly*) über die Alka- loide des Opiums bei forensisch -chemischen Untersuchun- gen mitgetheilten Beobachtungen, ist dem Benzin, wenn es sich um die Isolirung von Narcotin, Papaverin und Thebain handelt, der Vorzug vor dem Fuselöl zu geben, weil letzteres die genannten Körper in geringerem Grade löst; dagegen wird der Amylalkohol zu dem Nachweise von Morphin wiederum empfohlen, und zugleich sein grös- seres Löslichkeitsvermögen für Codein hervorgehoben. Bei einer Vergiftung mit Opium ist der Beweis, dass das Verbrechen mit dieser Substanz ausgeführt ist, meiner Ansicht nach dadurch am schlagendsten geführt, wenn neben Morphin und Narcotin das Vorhandensein der Mecon- säure nachgewiesen ist. Sollte man Substanz genug haben, um bei solchen Analysen auch die Gegenwart der übrigen im Opium enthaltenen Basen zu beweisen, so würde, nach M. Kubly, das Erdmann -Uslar'sche Verfahren dahin abzuändern sein, dass die von organischen Materien und Farbstoffen befreite wässerige Lösung der Alkaloide *) Pbarmaceutische Zeitschrift für Russland. zur Darstellung ii. quantif. Bestimmung des Morphins etc. 49 auf Zusatz von Ammoniak zuerst mit Benzin und dann mit Fuselöl behandelt würde. Das erstere enthält dann Narcotin, Papaverin, Thebain und Codein gelöst, in dem letzteren ist das Morphin enthalten. Behandelt man nach Entfernung des Benzins den Rückstand mit Fuselöl in der Kälte, so wird das Codein gelöst. Von den drei rückständigen Basen Narcotin, Papaverin und Thebain wird ersteres durch Behandeln mit essigsäurehaltigem Wasser getrennt, in welchem Narcotin unlöslich ist, The- bain und Papaverin können durch Versetzen einer schwe- felsäurehaltigen Lösung mit Jodwismuth -Jodkalium ge- trennt werden, durch welches Thebain gefällt und Papa- verin gelöst bleibt. Kubly gibt alsdann für die zuletzt genannten Alkaloide die Specialreactionen an. Ich lasse mich hier auf diese weiteren Details nicht ein, sondern erlaube mir, aus der nüchternen Praxis noch einige Be- merkungen einschalten zu dürfen. Es ist die interessante und schöne Arbeit von Kubly allerdings in so fern von grossem Werthe, als der Ver- fasser über die Trennungen und beweisenden Reactionen der Alkaloide Papaverin, Thebain und Narcein Licht ver- breitet; aber schwerlich glaube ich, dass bei der prak- tischen Ausführung der über Opiumvergiftung angestellten Analysen der betreffende Gerichtschemiker in allen Fällen Material genug hat, um die Trennung dieser im Opium nur in geringer Menge vorkommenden Basen ausführen und ihr Vorhandensein sicher bestätigen zu können. Wenn man in einer grösseren Menge Speisebrei 5 Gran Opium hat, so ist man zufrieden, Morphin, Narcotin und Mecon- säure mit Sicherheit nachgewiesen zu haben, und hat man diese Verbindungen gefunden, so sinkt damit der etwaige Nachweis der übrigen Körper im Opium zu einem Beweise von nur secundärem Werthe herab. Es ist ein grosser Unterschied, ob man die reinen Basen mit künstlichem Speisebrei mischt, um sie aus demselben wieder abzuscheiden, oder ob man einige Grane Opium zu solchen Versuchen nimmt, oder ob gar Leichentheile Arch.d. Pharm. CLXXXII.Bds. l.u.2.Hft. 4 50 L. Schac?itrupp, Anwendung des Amylalkohols zu prüfen sind, die vielleicht nicht mehr wie einige Grane noch unzersetzten Opiums enthalten. Sollte ich eine Untersuchung auf Opium machen müssen, so würde ich, gestützt auf die Lehren der Wissen- schaft, das Vorhandensein des Opiums vor dem Gerichte angeben, wenn ich den bestimmten Nachweis der oben angeführten Verbindungen beizubringen im Stande wäre, auch wenn es mir nicht möglich sein sollte, Narcein, Thebai'n, Code'in und Papaverin aufzufinden. Hinsichtlich der bestätigenden Reactionen für Morphin legt Kubly viel Werth auf die von Husemann ange- gebene Reaction, die durch Erhitzen des Morphins auf 100 — 1500 und nach dem Erkalten durch Hinzufügen von Salpetersäure ausgeführt wird. Es tritt anfangs car- raoisin- oder blau violette Färbung ein, welche allmälig durch Blutroth in Dunkelorange übergeht. So empfindlich diese Reaction auch ist, so lege ich doch das grösste Gewicht auf das Verhalten der Eisenoxydsalze gegen Morphin und würde nie das Vorhandensein desselben für bewiesen halten, wenn diese Reaction nicht in völliger Deutlichkeit auftreten sollte. Wenn Kubly anführt, dass sie nur bei einem ho- hen Grade von Reinheit und nur in concentrirter Lösung des Morphins erfolge, so muss ich das erstere zugeben, das zweite indess nach meinen Beobachtungen bezweifeln. Auch eine verdünnte Lösung von Morphin gibt die be- wusste Reaction sehr schön und deutlich, wenn man einen Tropfen einer möglichst neutralen Lösung von Eisenchlorid in die Flüssigkeit fallen lässt. Viel schöner beobachtet man im Allgemeinen diese so wie alle Reactionen der AlkaloVde in einem sauberen, recht weissen Porcellanschälchen, als auf Uhrgläschen. Eben so vortheilhaft wie die Erdmann- Uslar'sche Methode bei gerichtlich- chemischen Untersuchungen über- haupt, als auch speciell bei dem Auffinden des Morphins ist, so sichere Resultate liefert sie bei dem Nachweise des Strychnins. Ein einfacher Versuch, den ich hier noch zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 51 anführen will, bestätigt dies wiederum. Man nehme un- gefähr den dritten oder vierten Theil eines einzigen Strychninsamens, durchfeuchte denselben mit Amraoniak- liquor und lasse ihn an der Luft oder in gelinder Wärme austrocknen. Bringt man das kleine Stück in ein Pro- bierröhrchen, giesst etwas Fuselöl darauf und erhitzt über der Gasflamme einige Augenblicke, so geben schon wenige Tropfen des verdunsteten Amylalkohols mit Schwefelsäure und saurem chromsauren Kali die prachtvolle Reaction auf Strychnin. Letheby will gefunden haben, dass Ferridcyankaliüm und das von Otto empfohlene zweifach chromsaure Kali weniger sicher zur Erkennung des Strychnins seien, als Braunstein, Bleihyperoxyd und der galvanische Strom. Ich habe nie irgend welchen erheblichen Unterschied zwischen dem Braunstein, Bleihyperoxyd und dem Chrom- säure-Salze bemerkt; wo das letztere kein Strychnin anzeigt, ist auch kein Strychnin vorhanden. Was diese letzteren Reactionen (mit den Hyperoxyden von Mangan und Blei, so wie mit saurem chromsauren Kali und Ferridcyankaliüm) anbetrifft, so verdient her- vorgehoben zu werden, dass nach Dragendorff's Beob- achtungen auch das Curarin völlig gleiche Reactionen gibt. Es bleiben alsdann für Strychnin noch die durch Kalium- Quecksilberjodid, Gerbsäure, Platinchlorid, Goldchlorid und Chlorwasser charakteristischen Fällungen als Erken- nungsmittel übrig, welche^ wenn sie gleichzeitig mit den oben bemerkten Reactionen auftreten, die Gegenwart des Strychnins und Abwesenheit des Curarins beweisen. Ka- lium - Quecksilberjodid gibt in einer von Alkohol, Essig- säure und Ammoniak freien Lösung des schwefelsauren Strychnins einen amorphen gelben, Gerbsäure und Chlor- wasser bewirken einen weissen, Platinchlorid und Gold- chlorid einen grauen Niederschlag. Da das Curarin aus wässeriger Lösung nicht in Benzin übergeht, so kann es dadurch leicht vom Strychnin getrennt werden, welches sich leicht in Benzin löst. 52 L. Schachtrupp, Amoendung des Amylalkohols Es kann mir schwerlich ein Vorwurf darüber gemacht werden, dass ich viele der früher empfohlenen und in jüngster Zeit noch aufgefundenen Methoden zur Abschei- dung der Alkaloide für gerichtlich -chemische Analysen unberücksichtigt gelassen habe; denn bei dem grossen Umfange der Literatur über diesen Gegenstand würde selbst eine kurze Uebersicht und Beschreibung aller in dieses Gebiet schlagenden Arbeiten eine besondere und umfangreiche Arbeit für sich ausmachen und mich weit über die Grenzen des mir gestellten Themas hinausführen. Ich will nur hervorheben, dass die von Sonnen- schein angegebene Methode, welche der Stas'schen an Zuverlässigkeit völlig gleich zu stellen ist und auf der Fällung der Alkaloide durch Phosphormolybdänsäure be- ruht, nach dem Bekanntwerden des Erdmann-Uslar'schen Verfahrens von dem Autor selbst aufgegeben ist, indem er die Vorzüge des letzteren bereitwillig und oflfen an- erkannte. Zum Schlüsse mag es mir erlaubt sein^ noch einen Punct in Bezug auf den Nachweis der Alkaloide hervor- zuheben. Cloetta hat vor einiger Zeit eine Arbeit über das Auffinden des Strychnins in organischen Massen publi- cirt, welche von C. Neubauer in Fresenius' Zeitschrift für analytische Chemie mitgetheilt ist. Ohne mich auf die Beschreibung der von Cloetta angewandten Methode und der sonstigen hierauf bezüglichen Bemerkungen ein- zulassen, will ich nur die von demselben gefundene That- sache hervorheben, dass Morphin und Strychnin, in den lebenden thierischen Organismus gebracht, einer gänzlichen Zersetzung zu unterliegen scheinen, indem Cloetta in keinem Theile des Thierkörpers die genannten Alkaloide aufzufinden im Stande war. Im Widerspruch mit diesen Angaben stehen die Untersuchungen des Pharmaceuten Masing in Dorpat*), welcher Strychnin in mehren Fällen im Blute, in beträcht- *) Pharmac. Zeitschr. für Russland. zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 53 lieber Menge in der Leber, in geringerer Menge in den Nieren, der Milz und Pancreasdrüse, im Duodenum und der oberen Hälfte des Dünndarmes, so wie aucb stellen- weise im Harne nachgewiesen hat, während er das Gift im Herzen, in der Lunge, der unteren Hälfte des Dünndar- mes, den Faeces, dem Gehirne, den vom Blute entleerten grösseren Gefässen nicht aufzufinden im Stande war. An diese Angaben schliesst sich ein von mir beob- achteter und untersuchter Fall an. Eine Katze hatte im Verlaufe von 24 Stunden 15 Gran Morphin bekommen; das Gift schien keine Wirkung auf sie auszuüben. Sie wurde 4 bis 5 Stunden nach der letzten Darreichung des Giftes ge- tödtet. Der Magen war fast leer. Es wurden Herz, Lun- gen, Magen, Gedärme mit Faeces und der Harn, welcher die Harnblase fast ganz anfüllte, untersucht, zum Theil nach der Sonnenschein'schen, zum Theil nach der Erd- mann-Uslar'schen Methode. Trotz des genauesten Arbeitens konnte in keinem der angeführten Körpei'theile auch nur eine Spur Morphin nachgewiesen werden. Deber Ereosotgas; von L. Ramdohr, techn. Dirigeut der Mineralöl - und Paraffin - Fabrik Georghütte bei Aschersleben. L Bei der Verarbeitung des Braunkohlentheers auf Mineralöle (Photogen, Solaröl) und Paraffin werden die in den Rohproducten enthaltenen und in denselben lös- lichen, der Carbolsäure-Reihe angehörigen Stoffe (welche in der Technik aus naheliegenden und bekannten Gründen überall kurzweg als Kreosot bezeichnet werden, und für welche in nachstehenden Zeilen der Kürze halber ebenfalls nur dieser Ausdruck benutzt werden wird) durch concentrirte Aetznatron- lauge ausgeschieden. Das Kreosot-Natron ist in den Mineralölen etc. unlöslich und scheidet sich nach erfogter 54 L. Ramdohr, Mischung der Rohöle mit der Natronlauge am Boden des Mischgefässes als eine tiefschwarze, schwere, in der Wärme ziemlich leichtflüssige Schicht ab, von welcher das kreosot- freie Oel zur weiteren Behandlung mit Schwefelsäure u. s. w. abgehoben wird. Die Ausgabe für Aetznatron repräsentirt in allen den- jenigen Fabriken, welche Braunkohlentheer verarbeiten, eine ganz respectable Zahl ; man rechnet im grossen Durch- schnitt auf 1 Ctr. Theer für 10 Sgr. bis 13 1/2 Sgr. Aetz- natron. Nimmt man an, dass in der Provinz Sachsen im Jahre 1865 etwa 450,000 Ctr. Braunkohlentheer auf Mineral- öle und Paraffin verarbeitet worden sind und rechnet man auf 1 Ctr. Theer nur das Minimum von 10 Sgr. für Aetznatron, so beläuft sich die Ausgabe für diesen Artikel schon auf 150,000 Thlr. Trotzdem hat man bis- her wenig Glück mit einer Verwerthung des Kreosot- natron gehabt, welche auch nur etwas] über die Hälfte der Kosten für das Alkali gedeckt hätte. Einige der grösseren Fabriken verwenden noch jetzt das Kreosotnatron zum Imprägniren der zum Ausbau der Schächte und Strecken benutzten Hölzer oder verkaufen es zu gleichem Zwecke für den Preis von 1 bis höchstens 1^/4 Thlr. pro Centner. Wenn man nun in 100 Pfd. Kreosot- natron etwa 50 Pfd. Kreosot und 20 Pfd. käufliches Aetz- natron in Form von 50 Pfd. Lauge, den Werth von 1 Ctr. Kreosot aber zu 25 Sgr. annimmt, so werden die in 100 Pfd. Kreosotnatron enthaltenen 20 Pfd. Aetznatron im günstigten Falle zu 15 Sgr., 100 Pfd. des Natrons mithin zu 21/2 Thlr. verwerthet, was etwa 30 Proc. vom Selbstkostenpreise ausmacht. Diese Benutzung des Kreosot- natrons ist, namentlich mit Rücksicht darauf, dass das Kreosot für sich allein nicht stets gut zu verwerthen ist, immerhin noch vortheilhafter, als die hier und da übliche Trennung des Kreosots aus seiner Verbindung mit dem Natron unter Bildung von Glaubersalz. Zu diesem ßehufe wird nämlich das Kreosotnatron mit der zur Reinigung der Rohöle benutzten Schwefelsäure gemischt 5 dabei schei- det sich obenauf das rohe Kreosot als tiefschwarze Flüs- über Kreosotgas. 55 sigkeit aus, während das Glaubersalz sich in wässeriger Lösung im unteren Theile des Gefässes vorfindet. Die so gewonnene rohe Carbolsäure wird häufig auch für sich allein zum Imprägniren der Grubenhölzer verwendet. Dies Verfahren dürfte, wie schon erwähnt, fast überall zu verwerfen sein; jedenfalls ist es nur in dem gewiss äusserst seltenen Falle gerechtfertigt, wo die gebrauchte Schwefelsäure als werthloses, dagegen Kreosot und Glauber- salz als gut bezahlte Producte zu betrachten sind. Hierbei mag nicht unerwähnt bleiben, dass der Mineralöl-Fabrikant es fast immer in der Hand hat, seine bereits gebrauchte Schwefelsäure zu verhältnissmässig gutem Preise zu ver- werthen. Diese Säure eignet sich nämlich ganz vorzüg- lich zum Aufschliessen der Knochenmehle oder des Bein- schwarzes behufs Darstellung des sogenannten sauren phosphorsauren Kalkes; sie lässt sich in diesem Pralle — vorausgesetzt, dass man die Fabrikation dieses Dünge- mittels selbst betreibt — mit mindestens 1 1/4 Thlr. pro Centner verwerthen, andern Falls ist sie an nahegelegene Düngerfabriken mit 20 bis 15 Sgr. abzusetzen. Für vortheilhafter habe ich die folgende Verarbeitungs- weise gehalten, welche ich seit etwa sechs Jahren auf der Mineralöl- und Paraffinfabrik Georghütte bei Aschers- leben angewandt habe. Das Kreosotnatron wird in einem den bei hüttenmännischen Processen gebräuchlichen Flamm- öfen nicht unähnlichen Ofen zur Entzündung gebracht. Die Sohle (den Heerd) dieses Ofens bildet eine starke gusseiserne Pfanne von circa 8 Fuss Länge, 4 Fuss Breite und 9 Zoll Tiefe. Die Ränder dieser Pfanne sind durch Chamotte-Uebermauerung gegen die directe Einwirkung der Flamme geschützt. Die Entzündung des Kreosots erfolgt durch die von einem 2^/2 Quadratfuss grossen Roste herkommende, durch Verbrennung von erdiger Braun- kohle erzeugte, über die in der Pfanne befindliche Flüssig- keit hinwegstreichende Flamme sehr leicht und an der ganzen Fläche. Die Verbrennungsproducte werden unter der auf einem 10 Zoll starken ChamottegewÖlbe ruhenden Pfanne zurück und sodann seitwärts einem etwa 50 Fuss 56 L. Ramdohr, hohen, 2 Fuss im Lichten weiten Schornsteine zugeführt. Während an der einen schmalen Seite des Ofens sich der Rost für die Feuerung befindet, ist an der entgegen- gesetzten Seite eine Arbeitsöffnung zum Durchkrücken des brennenden Pfannen-Inhalts, ausserdem aber an einer der Breitseiten eine zweite Oeffnung zum Entleeren der Pfanne angebracht. Selbstverständlich sind beide Arbeits- öffnungen durch Thüren verschliessbar. Der Gang des Betriebes ist nun einfach folgender. Das in dem Kreosot- natron enthaltene Wasser verdampft, das Kreosot verbrennt unter Ausscheidung eines kohlenstoffreichen porösen Coks, welcher mit dem unverbrennlichen, resp. nicht flüchtigen Natron gemengt, in der Pfanne als glühende Masse zurück- bleibt, welche durch die zweite Arbeitsöffnung ausgezogen und behufs der Abkühlung in geeignete eiserne Gefässe geworfen wird. Ein grosser Theil der durch Verbrennung des Kreosots erzeugten Kohlensäure geht selbstverständ- lich an das Natron. Mittelst einer solchen Pfanne lassen sich in 10 Arbeits- stunden bequem 20 bis 25 Centner Kreosotnatron auf- arbeiten und es resultiren daraus 30 bis 33 Proc. natron- haltiger Cok, kurzweg als „Natroncok" bezeichnet. Nehmen wir in 100 Pfd. Kreosotnatron 20 Pfd. käufli- ches Aetznatronhydrat (caust. Soda) an, so beträgt nach Abrechnung der vom Natron aufgenommenen Kohlensäure die Quantität des aus dem Kreosot ausgeschiedenen Kohlen- stoffs etwa 10 Pfd., also circa 20 Pi'oc. von dem Gewichte der in jenen 100 Pfd. Kreosotnatron enthaltenen Kreosots selbst. Ausserdem entweicht noch ein Theil unverbrannten Kohlenstoffs aus dem Schornstein. Es ist einleuchtend, dass der in der Pfanne zurück- bleibende Cok das gesammte, zur Ausscheidung des Kreo- sots aus den Mineralölen etc. benutzt gewesene Aetznatron in der Form von kohlensaurem Natron enthalten muss; eben so einleuchtend ist es, dass das kohlensaure Natron ein viel leichter zu verwendender und werthvollerer Stoff ist, als das bei Zersetzung des Kreosotnatrons mittelst Schwefelsäure erhaltene Glaubersalz — mit einem Worte, über Kreosotgas. 57 dass diese Art der Nutzbarmachung des Kreosotnatrons gewinnbringender sein wird, als die beiden zuvor mit- getheilten Verwerthungsmethoden. Die Arbeitslöhne sind nicht bedeutend und eine etwas erhebliche Abnutzung tindet nur bei der gusseisernen Pfanne statt. Die Natroncoks wurden anfänglich an eine chemische Fabrik verkauft, welche jedenfalls das Katron daraus wiedergewonnen haben wird-, späterhin habe ich sie selbst auf Aetznati'onlauge zur sofortigen directen Wiederver- wendung in der Mineralöl -Fabrikation verarbeitet. Trotz der unleugbaren Vorzüge dieser Methode zur Verwerthung des Kreosotnatrons genügte mir dieselbe nicht, wenn ich daran dachte, dass das Kreosot gänzlich verloren ginge, höchstens als Brennmaterial etwas nützend, und so kam ich schon vor einigen Jahren auf den Gedanken, dass das Kreosot auch auf Leuchtgas zu ver- arbeiten sein müsste. Mehrfache, diese Vermuthung befestigende Betrachtungen veranlassten mich schon vor etwa zwei Jahren, von einem Freunde Vergasungsversuche mit dem carbolsauren Natron vornehmen zu lassen; obwohl diese Versuche nur als ganz primitive zu bezeichnen waren, insofern die eigenthümliche Consistenz des zu unter- suchenden Körpers und die hauptsächlich beabsichtigte Darstellung eines möglichst reinen kohlensauren Natrons als Retorten - Rückstand ganz besondere, zu einem vor- läufigen Versuche nicht gut herstellbare Vorrichtungen erforderlich gemacht haben vnirde, so zeigte sich doch schon damals, dass meine Voraussetzungen an sich richtig waren : das Gas wurde mir als ein vorzüglich hell leuch- tendes und mit Leichtigkeit zu entwickelndes bezeichnet. Messungen hinsichtlich der Leuchtkraft und der Quantität fanden bei diesen flüchtigen Versuchen nicht statt; es hätte dies damals auch wenig Werth gehabt, insofern zur Verdickung der Masse Sägespäne angewandt werden mussten und diese auf Qualität und Quantität des Gases nicht ohne Einfluss gewesen sein mochten. Späterhin — es war gegen Ende des Jahres 1865 — Avürde ein zweiter, aber auch nur roher^ Versuch in der Weise ausgeführt; 58 L. Bamdohr, dass in der Holzgas- Anstalt zu Sondershausen das Kreosot- natron, nicht gemengt mit Sägespänen oder dergl., mittelst Schaufeln auf das bereits ausgegaste Holz geworfen wurde. Auch hier resultirte ein sehr schön leuchtendes Gas in erheblicher Menge. Specielle Messungen konnten leider auch hier nicht vorgenommen werden. Indess war doch die Möglichkeit einer vortheilhaften Vergasung der Car- bolsäure zur Evidenz nachgewiesen, und es handelte sich, bevor zur praktischen Nutzbarmachung der Idee geschritten wurde, nur noch um Feststellung der Qualität und Quan- tität des erzeugten Leuchtgases. Zu einem derartigen letzten Versuche hatten die mir befreundeten Besitzer eines technischen Etablissements die Güte, die Hand zu bieten. Dieselben erzeugen zur Beleuchtung ihrer Fabrik in einer Chamotteretorte Steinkohlengas. Der Gasbehälter war möglichst leer gemacht und die Reinigungskästen mit frischem Kalk beschickt worden. Eine mehrtägige Vergasung von dem aus der Mineralöl- und Paraffinfabrik Georghütte stammenden Kreosotnatron ergab nun im Wesentlichen folgendes Resultat: 1) 100 Pfd. Kreosotnatron ergaben circa 550 Cubikfuss Leuchtgas. (Wenn in 100 Pfd. des Kreosotnatrons 50 Pfd. Kreosot enthalten sind, so beträgt dies auf 100 Pfd. der letzteren eine Ausbeute von 1100 Cubikfuss Gas.) 2) Das Kreosotgas, aus einem gewöhnlichen Stein- kohlengas-Schnittbrenner, welcher pro Stunde 5 Cubikfuss Gas verbraucht, gebrannt, zeigte eine Lichtstärke von 38 Wachskerzen (6 auf ein Pfund bei 10 Zoll Länge), 3) Desgl. aus einem 4 Cubikfuss Schnittbrenner von 28 Wachskerzen. 4) Desgl. aus einem 3 Cubikfuss Schnittbrenner von 19 Wachskerzen. 5) Trotzdem ein Theil der erzeugten Kohlensäure an das in der Retorte zurückbleibende Natron gegangen war, so fanden sich im Gase doch noch erhebliche Quantitäten freier Kohlensäure vor. über Kreosotgas. 59 6) Die Chamotte- Retorte hatte nur bei der ersten Beschickung mit Kreosotnatron Gas durchgelassen; später war sie dicht geblieben. Obwohl die vorstehenden Zahlenangaben auf absolute Genauigkeit Anspruch nicht machen dürfen (es würde dazu eine längere Experimentirzeit gehören), so erschien doch auf Grund der erfolgten Beobachtungen die Verwend- barkeit des Kreosotnatrons zu Leuchtgas vollkommen ge- sichert, und zwar um so mehr, als das eigentlich wich- tigere Product — nämlich die mit kohlensaurem Natron imprägnirten Coks — in der bequemsten Weise nebenbei gewonnen werden. Es wurde deshalb die Einrichtung einer Kreosotgas -Anstalt für die Georghütte beschlossen und es dürfte deren Benutzung im October dieses Jahres erfolgen. Bei der Bestimmung über die Einrichtung der Retorten- öfen schwebten mir ursprünglich folgende Ideen vor: 1) Man hätte jeden Ofen mit zwei Retorten (A- und B-Retorte), welche durch ein etwa fünfzölliges Rohr unter einander hätten verbunden werden müssen, versehen kön- nen. In Retorte A würde eine einfache Verdampfung des Wassers und des Kreosots, in der mit Coksstücken u. s. w. gefüllten Retorte B die Vergasung der aus A herübertretenden Kreosotdämpfe statt zu finden haben. Voraussichtlich hätte man beide Retorten durch ein einziges Feuer heizen können, welches zuerst die Retorte B und dann erst die Verdampfungs- Retorte A hätte berühren müssen. Jedenfalls hätte indess die Leuchtgas - Fabrikation bei Anwendung dieses Systems einige Schwierigkeiten insofern mit sich gebracht, als es nicht gerade leicht sein möchte, die Rostfläche^ die passende Grösse und das ge- eignete Material der beiden Retorten ohne vorhergegangene längere Versuche, so zu sagen lediglich nach dem Gefühl, zu bestimmen. Bei der nicht immer gleichmässig guten Beschaffenheit des Heizmaterials, namentlich wenn dasselbe Braunkohle ist, würde der Betrieb eines solchen Doppel- ofens sogar grosse Schwierigkeiten haben, wenn man 60 L. liamdohr, bedenkt, dass Retorte A eben nur eine solche Temperatur erhalten darf, wie sie zur Verdampfung des Kreosots erforderlich ist, während Retorte B unter allen Umständen die nöthige Vergasungstemperatur erhalten muss. Ausser- dem würde, da für jeden Fall ein Reserveofen hätte vor- handen sein müssen, die Ofenanlage gerade nicht billig geworden sein. Mit Rücksicht auf alle diese mit Be- stimmtheit vorauszusehenden Mängel wurde von der An- lage eines solchen Doppel -Retortensystems abgesehen, trotzdem dasselbe im Princip jedenfalls richtig ist. 2) Eine andere Art der Verarbeitung des Kreosot- natrons würde darin bestehen, dass man diesen Körper mit Sägespänen, gebrauchter Lohe, Braunkohlencok, oder ähnlichen Stoffen zu einem steifen Brei gemengt, schaufel- weise in eine ganz gewöhnliche Gasretorte einträgt und zur Vergasung bringt. Der Uebelstand indess, dass einer- seits es nicht unbedeutende Quantität irgend eines der erstgenannten Körper erforderlich und deren Beschaffung noch mit besonderen Kosten verknüpft sein würde, während andererseits dadurch das Volumen der natronhaltigen Coks nicht nur wesentlich vergrössert, sondern die letzteren noch mit einen unnützen, für ihre Verarbeitung auf Natron- lauge jedenfalls nachtheiligen Ballast beladen werden würden, Hess mich auch von dieser Art der Vergasung des Kreosotnatrons absehen. 3) Aus ähnlichen Gründen musste davon abgesehen werden, die Vergasung des Kreosots in einer Retorte aus- zuführen, welche ähnlich den bei der Harzgasfabrikation angewandten mit Coks oder Ziegelstücken etc. gefüllt ist; der natronhaltige Cok würde massenhaft mit fremd- artigen Körpern, welche von ihm incrustirt sein würden, vermengt sein und vielleicht hätte fast Stunde um Stunde eine Entleerung des Retorter-Inhalts statt finden müssen. In Berücksichtigung dieser und ähnlicher Umstände wird eine einfache Retorte angewendet und derselben das geschmolzene Kreosotnatron in einem continuirlichen Strahle zugeführt werden. Dass dies so ganz ohne Weiteres über Kreosotgas. 61 nicht geht, sondern dass gewisse Vorkehrungen erforderlich sind, welche durch die eigenthümliche Beschaifenheit des Rohmaterials, so wie durch die beabsichtigte Darstellung des später in besonderer Weise zu verarbeitenden Natron- cok bedingt werden, liegt auf der Hand. Seiner Zeit werde ich nicht unterlassen, auf die in dieser Beziehung gemachten Beobachtungen und gesammelten Erfahrungen zurückzukommen. Schliesslich weise ich nur noch darauf hin, wie es wissenschaftlich interessant sein wird, einerseits die flüssi- gen Nebenproducte bei dieser Gasbereitungsweise kennen zu lernen, andererseits aber auch festzustellen, wie weit die Gegenwart des Aetznatrons durch seine prädisponirende Verwandtschaft zu der aus dem Kreosot in der Glühhitze sich bildenden Kohlensäure die Vollständigkeit der Zer- setzung zu Leuchtgas bedingt. Dies wird aus einem — demnächst auszuführenden — Versuche erhellen, bei wel- chem das aus der Verbindung mit dem Natron abgeschie- dene Kreosot für sich allein der nämlichen Glühhitze aus- gesetzt wird. Die Resultate dieses Parallelversuches hinsichtlich des Gasquantums, der Leuchtkraft des Gases und der Art der Nebenproducte hotfe ich demnächst mittheilen zu könhen. IL Im Anschluss an die 1866 bereits gemachten Mitthei- lungen gebe ich im Folgenden einige Notizen über die bei meiner Kreosotgas- Anstalt erlangten Betriebsresultate, nachdem ich zuvor in einfachen Umrissen die vorhandenen Betriebs-Einrichtungen beschrieben haben werde. A. ßetriehs- Einrichtungen. 1) Retortenhaus. Es sind zwei Oefen mit je einer Retorte von 6 Fuss rheinl. Länge und 15 Zoll Durch- messer vorhanden, von denen einer für den Betrieb, der andere als Reserve dient. In die auf den Oefen liegende, zur Hälfte mit Wasser etc. gefüllte Vorlage von 12 Zoll 62 L. Ramdohr, Durchmesser und 6 Fuss Länge münden die 5 Zoll weiten Steigrohre mit einem Eintauchen von 1^/2 Zoll ein. Zur Speisung der Retorten mit dem zu verarbeitenden Kreosot- natron findet sich auf jedem Ofen ein zum Theil in das Mauerwerk versenktes Bassin, welches im Stande ist, circa 15 Ctr. Kreosotnatron aufzunehmen. Die Grösse dieser Bassins habe ich so gewählt, dass jeder Zoll Höhe der Flüssigkeitssäule einem Gewichte von 50 Pfd. entspricht, so dass die der Retorte zufliessende Gewichtsquantität stets mit Leichtigkeit durch Messung festgestellt werden kann. Um nun selbst geringe Mengen des Rohmaterials mit hinreichender Genauigkeit messen zu können, habe ich mir folgende sehr einfache Vorrichtung construirt. Von einem im Kreosotnatron -Bassin befindlichen Schwim- mer führt eine Schnur über eine an der Balkenlage befestigte Rolle in annähernd horizontaler Richtung nach einer Rolle von 1 Zoll Durchmesser, an deren Achse und fast mit derselben verbunden eine zweite Rolle von 4 Zoll Durchmesser sich befindet, auf welcher letzteren gleichfalls, aber in entgegengesetzter Richtung ziehend, eine »Schnur aufgewickelt ist, an deren Ende ein Zeiger- gewicht hängt. Beide Rollen laufen in einem kleinen Gestelle, welches an dem oberen Ende eines 12 Fuss langen, 3 Zoll breiten, in vertikaler Stellung an der nächsten Wand befestigten Scalenbrettes angebracht ist. Bei dem Steigen oder Sinken des Schwimmers im Kreosotnatron- Bassin durchläuft das Zeigergewicht vor der Scala (und zwar im entgegengesetzten Sinne) eine vierfach grössere Länge, resp. Höhe, als der Schwimmer selbst. Dem ent- sprechend zeigt die Eintheilung der Scala die im Verhältniss der Rollenperipherien wie 4:1 vergrösser- ten Zolle mit ihren Unterabtheilungen an. Sonach ist ein vergrösserter Zoll (selbstverständlich nur bei genauer Ausführung der Rollen, auf deren Umfange durch ein- geschnittenes Schraubengewinde die Aufwickelungslinie der Schnur vorgeschrieben ist) 4 Zoll rheinl. lang, mithin gross genug, um selbst i/,6 Zoll Niveauunterschied im über Kreosotgas. 63 Kreosot-Bassin — einem Gewichte von S^/g Pfd. Kreosot- natron entsprechend — mit grosser Leichtigkeit ablesen zu können; ja bei einiger Üebung lässt sich sogar eine Abnahme des Vorraths im Bassin um 1 Pfd. ziemlich genau an der vergrösserten Scala ablesen und man könnte erforderlichen Falls durch weitere Vergrösserung des Durchmessers der zweiten Rolle die Genauigkeit der Gewichtsmessungen noch steigern. Die Heizung des Ofens erfolgt durch die bei der Mineralöl- und Paraffinfabrikation als Nebenproduct ge- wonnenen Theercoks — kohlenstofFreiche, in den Theer- blasen verbleibende Rückstände — welche die Steinkohlen- coks im Heizeflfect um ein nicht Unbedeutendes übertreffen. Im Retortenhause ist ferner ein Brett mit 5 Manometern angebracht: No. 1 communicirt mit den beiden Steig- röhren und mit dem die Vorlage mit dem Condensator verbindenden 4 Zoll weiten Rohre. Durch eingeschaltete Hähne kann die Communication mit dem einen oder dem andern dieser Theile hergestellt werden. No, 2 giebt den Druck unmittelbar hinter dem Condensator, Nr, 3 den Druck hinter der Waschmaschine, No, 4 den Druck hinter dem Kalkreiniger, No. 5 den Druck in den Fort- leitungsröhren, also hinter dem Druckregulirungs-Ventil, an. Ausserdem enthält das Retortenhaus noch eine aus dem zwischen Wechselhahn und Gasbehälter liegenden Rohre gespeiste, fortwährend brennende Experimentir- flarame, deren Wichtigkeit gerade bei der Kreosotgas- Fabrikation sehr in die Augen springt. 2) Der Reinigungsraum. Derselbe enthält zu- nächst an Stelle des Scrubbers einen Röhren -Condensator mit äusserer Wasserkühlung, wie ich ihn aus der Mineralöl- fabrik zufällig disponibel hatte. Dieser Condensator ver- braucht bei circa 60 Quadratfuss Kühlfläche stündlich circa 12 Cubikfuss Kühlwasser. Von dem Condensator aus gelangt das Gas in die Waschmaschine, ein würfelförmiges Gefäss mit eingelegtem Siebboden, welcher etwa 4^/3 Zoll tief unter dem Wasser- 64 L. Eamdohr, niveau liegt. Die sonstige Einrichtung der Waschmaschine darf als bekannt vorausgesetzt werden. Sodann gelangt das Gas in den Wechselhahn, welcher gestattet, dasselbe entweder dem einen der beiden Reini- gungskästen oder aber direct dem Gasbehälter zuzuführen. Da aus dem ungereinigten Gase vorzugsweise nur Kohlen- säure zu entfernen ist, so wird zur Füllung der Reinigungs- kästen nur zu Staub gelöschter Kalk angewandt. Die Kalkreiniger, von einer früher auf Holzgas arbeitenden Anstalt angekauft, sind excl. Tasse im Lichten 5 Fuss 7 Zoll lang und 2 Fuss 3 1/2 Zoll breit, nach unten sich verjüngend und in der Mitte durch eine Scheidewand in zwei o-leich grosse Räume getheilt, von denen der eine den auf- der andere den absteigenden Gasstrom durch- lässt. In jeder Abtheilung des Reinigers liegen drei aus Holz rostartig construirte Horden von je 27,5 X «^3 Zoll; 27,5 X 32 Zoll; 26,25 X 31,5 Zoll — resp. 6,3; 6,1; 5,75 Quadratfuss Fläche (incl. Rahmen) und 55; 53,3 und 51,6 Quadratzoll freiem Durchgange zwischen den Stäben. Die gesaramte Hordenfläche in einem jeden Kalkreiniger beträgt also 36^/3 Quadratfuss rheinl. Zur Füllung eines Reinigers sind erforderlich 100 Pfd. gebrannter Kalk = 150 Pfd. Staubkalk; mithin kommen auf 1 Quadratfuss Hordenfläche durchschnittlich 4,13 Pfd. Staubkalk zu liegen. 3) Der Gasbehälter weicht in seiner Construction nicht von den üblichen derartigen Vorrichtungen ab. Das aus Mauersteinen und Cement aufgeführte Bassin ist 12 Fuss 6 Zoll tief bei 16 Fuss lichtem Durchmesser. An der dem Reinigungsraume am nächsten liegenden Stelle seines Umfanges befindet sich der Schacht für die Wassertöpfe des Eingangs- und Ausgangsrohres. Die Gasbehälterglocke hat 2000 Cubikfuss nutzbaren Inhalt; sie ist 12 Fuss hoch bei 15 Fuss Durchmesser und aus •/jg Zoll starkem Eisenblech hergestellt worden. Durch vier an dem oberen und vier an dem unteren, unter Wasser bleibenden Ende angebrachte Rollen wird die Geradführung der Glocke bewirkt. An einem der Führungsböcke befindet sich über Kreosotgas. 65 eine auf 10 zu 10 Cubikfuss rheinl. eingetheilte Scala befestigt, für Avelche der Zeiger an der Oberkante der Glocke fest angebracht worden ist. Der von der Gasbehälterglocke ausgeübte Druck be- trägt genau 4 Zoll rheinl. 4) Sonstige Einrichtungen. Das von dem Gas- behälter abgehende Ableitungsrohr ist in den Reinigungs- raum zurückgeführt und hier mit einem gewöhnlichen Kegelventil verbunden worden, an welches die Erdrohr- leitung sich anschliesst. Hierbei mag zuletzt bemerkt sein, dass der grössere Theil der circa 70 Ruthen langen Erdleitung aus gut getheerten schmiedeeisernen Röhren hergestallt worden und bis jetzt vorzüglich dicht geblie- ben ist. Eine Gasuhr ist nicht vorhanden, da nur für den eigenen Bedarf gearbeitet wird und das producirte Gas- quantum mit genügender Genauigkeit an der neben dem Gasbehälter befindlichen Scala abgelesen werden kann. Eben so hielt ich einen Druckregulator für überflüssig, da, wenn erst sämmtliche Flammen angezündet sind und der Druck am Ventil danach regulirt ist, erhebliche Schwankungen im Druck nicht weiter erfolgen können, insofern die Flammenzahl während der Nacht Avenigen oder gar keinen Veränderungen unterliegt. B. Betriebs- Resultate. Die Heizung des Ofens erfolgt, wie bereits bemerkt, durch Theercoks, von denen auf jeden Centner des ver- gasten Kreosotnatrons 90 — 100 Pfd. verbraucht werden. Der Verkaufspreis für diese Coks schwankt auf den ver- schiedenen Paraffinfabriken zwischen 7 1/2 — 10 Sgr. pro Centner; die Georghütte erzielte in früheren Jahren — â–  bevor die hiesige Stadt-Gasanstalt mit ihren Gascoks con- currirend auftrat — sogar einen Preis von 12 1/2 — 15 Sgr. pro Centner. Sollte die eigene Production an Theercok nicht ausreichen oder der letztere zeitweise zu höherem Preise sich verwerthen lassen, so werde ich nicht anstehen, Arch. d. Pharm. CLXXXII. Bds. 1. u. 2. Hft. r 66 L. Ramdohr, den billigeren Steinkohlengascok als Heizmaterial für die Gasretorte anzukaufen. Die Heizung des Ofens lässt sich jedenfalls auch mit gewöhnlichen Braunkohlen durchführen und vorzugsweise nur der Umstand, dass ich den nach dem Schornstein führenden Fuchs unter höchst ungünstigen Verhältnissen anlegen musste, welche eine Reinigung desselben von Flugasche äusserst schwierig und namentlich zeitraubend machen würde, hat mich von der Anwendung einer Braun- kohlen-Feuerung zurückgehalten. Eine jede Charge verarbeitet 150 Pfd. Kreosotnatron in einem Zeitraum von 4 — 41/2 Stunden. Auf Entleeren der Retorte und ähnliche Nebenarbeiten werden 10 Minuten gerechnet, so dass täglich im Durchschnitt 5 Chargen gemacht werden, welche sich indess, wenn es auf forcirte Production ankommt, auch auf sechs würden bringen lassen. Ursprünglich war ein continuirlicher Zufluss des Kreosot- natrons beabsichtigt ; aus mehrfachen Gründen bin ich indess dahin gelangt, es für vortheilhafter zu halten, die Flüssig- keit in einzelnen Rationen der Retorte zuzuführen. Anfangs arbeiten in Folge der lebhaften Entwickelung von Wasser- dämpfen bei etwas heruntergekommener Temperatur der Retorte sämmtliche Manometer, namentlich das mit dem Steigrohr direct communicirende, sehr unruhig und bei diesem letzteren habe ich schon einen Druck von 9 — 11 Zoll beobachtet. Sehr bald beruhigt sich Alles und das zuletzt erwähnte Manometer bleibt auf etwa 7 Zoll Druck ruhig stehen. Der normale Druck an den übrigen Manometern beträgt für No. 2 = 5 1/2 Zoll; No. 3 = 5 Zoll; No. 4 = 41/2 Zoll. Die Beendigung des Vergasungsprocesses wird an der Experiraentirflamme erkannt, welche in diesem Falle einen blauen Kern zeigt und an den Kanten roth umflort erscheint (Kohlenoxyd, Sumpfgas?). Bei frischer Be- schickung findet das Schwanken der Manometer 1 — 4 etwa 3 — 5 Minuten lang statt, nach deren Verlauf die normale ilher Kreosotgas. 67 Gasbildung, unter gleichzeitiger Entbindung von Wasser- dämpfen, ausserordentlich rapide statt findet. Bei der Vergasung von Steinkohlen vergehen bekanntlich vom Augenblicke der frischen Beschickung bis zur normalen Gasbildung in der Regel 25 — 30 Minuten: ein Zeichen, um wie viel leichter die Vergasung des Kreosots erfolgt, trotzdem bei jeder Füllung von 150 Pfd. Kreosotnatron nebenbei circa 30 Pfd. Wasser verdampft werden müssen. Die Frage, ob eine theilweise Zersetzung des Wassers statt finde, muss ich für jetzt noch unbeant- wortet lassen; jedenfalls scheint mir diese Zersetzung, wenn sie überhaupt erfolgt, nicht sehr bedeutend zu sein. Die Menge der flüssigen Nebenproducte festzustellen, ist aus Mangel an Zeit mir bis jetzt nicht möglich gewesen. Dieselben bestehen aus Wasser und fast unzersetzt über- destillirtem Kreosot. Die Quantität des letzteren ist eine überaus geringe und kaum in Rechnung zu bringende. Das aus der Vorlage abfliessende Wasser ist milchig trübe, reagirt weder merklich sau^r, noch alkalisch und besitzt ein spec. Gew. von 1,0025 - 1,003 bei 14» R. — Seine Bestandtheile festzustellen^ ist bis jetzt noch nicht gelun- gen; mehrfache Reagentien geben zwar zum Theil sehr voluminöse Niederschläge, dieselben sind aber nicht deut- lich genug charakterisirt, um auf irgend einen bestimmten Bestandtheil (Schwefel, Ammoniak etc.) schliessen zu kön- nen. Es wird vielmehr eine specielle Untersuchung der Niederschläge statt finden müssen. (Sollte vielleicht irgend eine bis jetzt unbekannte organische Verbindung in dem Wasser gelöst sein?) DerThatsache, dass vorzugsweise nur Wasser, theerige u. s. w. Producte dagegen so gut wie gar nicht, überdestil- liren, dürfte die Annehmlichkeit zuzuschreiben sein, dass die von dem Retortenkopfe ausgehenden Steigrohre sich nie verstopfen, also einer Reinigung auch nie bedürfen. Eben so wird eine Verstopfung in dem Fortleitungs-Rohr- system durch Naphtalin oder ähnliche Körper niemals zu befürchten sein. 68 L. Ramdohr, Der Rückstand in der Retorte ist ein lockerer, ver- hältnissmässig sehr leichter, reichlich mit dem an das Kreosot gebunden gewesenen Natron imprägnirter Cok, welcher in seiner schwammigen^ aufgeblähten Form die Retorte etwa zu zwei Drittel anfüllt. Das Mittel aus einer Reihe von Wägungen ergiebt 45 Pfd. Natroncok aus 150 Pfd. Kreosotnatron. Selbstverständlich ist der grössere Theil der Kohlensäure, deren Entstehung nicht zu vermeiden ist, an das Natron gebunden; ein nicht ge- ringer Theil des Natrons ist jedoch als Aetznatron vor- handen. Es ist dies eigentlich etwas Auffälliges und nur dadurch zu erklären, dass ursprünglich fast sämmt- liches Natron in der Form, in welcher es im Kreosot- natron enthalten war, also als Aetznatron, frei wird und nur an den äusseren, mit der Kohlensäure in directe Be- rührung tretenden Theilen mit dieser Säure bis in eine gewisse Tiefe in Verbindung tritt, während ein innerer Kern durch diese Hülle von kohlensaurem Natron vor weiterer Berührung mit der Kohlensäure geschützt wird. Es wird das Interessante an dieser Thatsache durch die Beobachtung erhöht, dass Alles in Allem noch circa 1,6 Proc. Kohlensäure aus dem Kreosot weniger erzeugt werden, als zur Bildung von einfach kohlensaurem Natron aus dem vorhandenen Natron erforderlich sind. In den Coks finden sich nämlich circa 32 Proc. NaO vor, welche circa 23 Proc. CO^ zur Bildung von NaO, CO^ erfordern. Die gesammte Kohlensäure ist aber weiter unten auf 6,42 Proc. vom Gewichte des Kreosotnatrons, mithin auf circa 21,4 Proc. vom Gewichte der Coks berechnet worden, so dass, wenn sämmtliches NaO in NaO, CO^ umgewandelt werden sollte, noch circa 23 minus 21,4 = 1,6 Proc. C02 dazu fehlen würden. Mehrfache Untersuchungen des Natroncoks ergaben an löslichen Bestandtheilen überhaupt 56 — 60 Proc; diese bestehen aus: 37 — 38 Proc. kohlensaurem Natron (NaO, C02) entspr. 21-22 Proc. NaO. über Kreosotgas. 69 13 — 14 Proc. Aetznatron (NaO, HO), entspr. 10 bis 11 Proc. NaO. 6—8 Proc. fremde Salze (NaO, S 03; Na Gl etc.), welche aus der käuflichen caustischen Soda in das Aetz- natron mit übergegangen sind. An NaO sind überhaupt vorhanden 31 — 33 Proc, an C02 = 15—16 Proc. Der sofort nach dem Umschalten aus dem Reinigungs- kasten entnommene Kalk zeigte im Durchschnitt einen durch den Gewichtsverlust bei Behandlung mit Salzsäure (im Geissler'schen Apparat) ermittelten Kohlensäuregehalt von 29,8 Proc, von welchen bei der vorzüglichen Be- schaffenheit des angewandten gebrannten Kalks 27 — 28 Procent auf Rechnung der aus dem Kreosot erzeugten Kohlensäure gesetzt werden mögen, während die Differenz von circa 2 — 3 Proc. auf Rechnung der im gebrannten Kalk etwa noch vorhanden gewesenen Kohlensäure, so wie der in der Reinigungsmasse enthaltenen Spuren von Schwe- felwasserstoff und sonstigen Gasen gebracht werden mag. Jene 29,8 = rund 30 Proc. Kohlensäure bedeuten so viel als circa 45 Pfd. in dem angewandten Staubkalk, dessen ursprüngliches Gewicht von 150 Pfd. eben durch Aufnahme der Kohlensäure auf durchschnittlich 195 Pfd. — ganz in Uebereinstimmung mit dem durch die Analyse gefundenen Procentsatze — sich erhöht hat. Da wir nun nur 27 — 28 Proc. = circa 40 Pfd. auf Rechnung der aus dem Kreosot erzeugten Kohlensäure gesetzt haben und zur Erzeugung dieser Quantität circa 2250 Pfd. Kreosotnatron haben vergast werden müssen, so machen diese 40 Pfd. Kohlensäure = 1,77 Proc. des angewandten Kreosotnatrons aus. Die in dem Cok enthaltene Kohlensäure beträgt, wie oben angegeben, circa 15,5 Proc. vom Gewichte des Coks = 15 5 30 ^— j- = 4,65 Proc vom Gewichte des Kreosotnatrons, so dass die aus letzterem überhaupt erzeugte Kohlensäure auf 1,77 -|- 4,65 = 6,42 Proc veranschlagt werden darf, 70 L. Ramdohr, , , , 6,12.100 ^ T^ ^ . , , welche als --r = 21,4 Jrroc. vom (gewichte der oO Coks in letzterer an Natron gebunden sein könnten. Die Verwerthung der aus der Retorte gezogenen Coks ist nach Vorstehendem eine eben so leichte und einfache, als lohnende Arbeit. Die Coks werden möglichst erschöpfend ausgelaugt, die Lauge durch Absetzenlassen geklärt und sodann entweder gänzlich auf Aetznatron allein oder auf kohlensaures Natron und auf das als solches bereits vorhandene Aetznatron verarbeitet. Der Werth dieser Coks dürfte hiernach mit 2 Thlr. pro Centner immerhin sehr massig veranschlagt sein. Die Gasausbeute ist eine erhebliche, wenn auch nicht so hohe, als auf Grund der im Octoberhefte des Journ. für Chem. und Pharm, beschriebenen, ganz rohen und auf Genauigkeit Anspruch nicht machenden Vorver- suche angenommen werden durfte. In der That liefern im fabrikmässigen Betriebe 100 Pfd. Kreosot- natron ^= 450 bis 460 Cubikfuss preuss. gereinig- tes Leuchtgas von sehr grosser Lichtstärke. Die Flamme dieses Gases ist selbst im Tageslichte fast weiss zu nennen. Als Durchschnitt aus einer langen Reihe von Versuchen kann ich Folgendes hinstellen : 1) Ein kleiner Schnittbrenner bei 2 Cubikfuss preuss. Verbrauch = 6 Wachskerzen; 2) ein grösserer Schnittbrenner bei 3 Cubikfuss Ver- brauch = 11,2 Wachskerzen; 3) ein Zweiloch - Brenner bei 5 Cubikfuss stündlichem Verbrauch =3 23,5 Wachskerzen. Die Wachskerzen sind aus ganz reinem Wachs in solcher Grösse hergestellt, dass bei 10 Zoll rheinl. Länge davon 6 Stück auf 1 Pfd. Zollgewicht gehen. Sämmt- liche Beobachtungen sind zu den verschiedensten Zeiten (namentlich auch bei fast gänzlich ausgenutzter, bei halb ausgenutzter und bei ganz frischer Reinigungsmasse) und stets bei 5 Linien Druck unmittelbar hinter dem Druck- regulirungsventil^ entsprechend 4^/2 Linien Druck in der über Kreosotgas. 71 Photometerkammer, welche circa 300 Fuss von der Anstalt entfernt liegt, angestellt worden. Sonach beträgt die Leuchtkraft des Kreosot- gases etwa das Doppelte von derjenigen, welche bei Contracten gewöhnlich für das Steinkohlen- gas beansprucht wird. Uebrigens lässt sich durch Erhöhung der Vergasungs- teraperatur zwar nicht die Quantität, wohl aber die Qualität des Kreosotgases nicht unerheblich steigern. In Folge dieser grossen Leuchtkraft konnten die ein- zelnen Theile des gesammten Rohrsystems in verhältniss- mässig kleineren Dimensionen ausgeführt werden, als dies bei Steinkohlengas erforderlich gewesen sein würde. Na- mentlich tritt dies bei der Grösse der Brenner sehr deut- lich hervor. Von den überhaupt vorhandenen 104 Stück Brennern sind 89 Schnittbrenner der kleinsten Sorte, welche pro Stunde circa 2'/^ Cubikfuss verbrauchen; 4 Stück sind Schnittbrenner mit circa 3^/2 Cubikfuss Consum und 8 Stück Zweilochbrenner (Hof-Laternen), welche durch die betreffenden Regulirhähne auf circa 51/2 Cubikfuss gebracht worden sind; ausserdem sind noch 3 Argandbrenner vorhanden. Hier dürfte der geeignete Platz sein, anzugeben, dass das Gas die ganze Nacht hindurch niemals mit mehr als höchstens 5 Linien Druck in das Kohrsystem ge- lassen wird ; Regel ist, dass nur 4 Linien gegeben werden. Was nun — um zunächst die Mittheilungen über die erlangten Betriebsresultate zu beschliessen — die Reini- gung des Gases anlangt, so erfolgt dieselbe, so weit sie auf chemischen Einwirkungen beruht, lediglich durch zu Pulver gelöschten Kalk. Weiter vorn ist bereits angedeutet worden, dass zur Füllung eines Reinigungskastens 150 Pfund Staubkalk, welche aus 100 Pfd. gebranntem Kalk dargestellt wurden, erforderlich sind und dass im Durch- schnitt auf 1 Quadratfuss Hordenfläche = 4,13 Pfd. Staub- kalk liegen. Nach Verlauf von reichlich drei Tagen ist der Kalk mit Kohlensäure gesättigt, sein Gewicht ist von 72 L. Ramdohr, 150 auf 195 Pfd., mithin um 30 Proc. gestiegen, was mit dem durch die Analyse nachgewiesenen Kohlensäuregehalt (29,82 Proc.) genau übereinstimmt. Jede Füllung eines Kastens reinigt durchschnittlich das Gas von 15 Chargen h 150 Pfd. Kreosotnatron, mit- hin wurden zu je 1 Charge = 10 Pfd., und auf 100 Pfd. Kreosotnatron = 6^/3 Pfd. Staubkalk verbraucht. Jene 15 Chargen produciren rund 10,000 Cubikfuss gereinigtes Gas-, mithin erfordern 1000 Cubikfuss = 15 Pfd. Staub- kalk zur Reinigung. Bei einer Jahresproduction von 1 Million Cubikfuss sind demnach erforderlich = 15,000 Pfund Staubkalk = 10,000 Pfd. = 125 Scheffel ä 80 Pfd. gebrannter Kalk. Zum Schluss noch einige "Worte über die Leistungs- fähigkeit, die Anlagekosten und die Rentabilität der auf der Georghütte vorhandenen Anlage. Die durchschnittliche Leistungsfähigkeit beträgt bei Benutzung einer Retorte (von den vorn angegebenen ge- ringen Dimensionen) täglich 5 Chargen ä 150 Pfd. Kreosot- natron = 3375 bis 3400 Cubikfuss Gas; mithin bei 350 Arbeitstagen = 1,181,250 bis 1,190,000 Cubikfuss Gas, wofür in runder Summe nur 1 Million Cubikfuss ange- nommen werden mögen. Zu deren Erzeugung sind in runder Summe erforderlich =: 2300 Ctr, Kreosotnatron, welche 690 Ctr, Natroncok liefern. Die Anlagekosten werden Alles in Allem (incl. eines Reserveofens mit Retorte) auf circa 2500 bis 2700 Thlr. sich belaufen. Die Rentabilität der Anlage stellt sich im Vergleich zu einigen anderen Methoden der bisherigen Verwerthung des Kreosotnatrons als sehr günstig heraus. Ich lasse die betreffenden Berechnungen hier folgen und bemerke nur im Voraus, dass ich überall Zinsen der Anlage mit 5 Proc. Amortisation (Abschreibungen) aber nicht mit in Rechnung gestellt habe. Den folgenden drei Berech- nungen ist überall die gleiche Quantität von zu verarbei- über Kreosotgas. 73 tendem Kreosotnatron (2300 Center jährlich) zu Grunde gelegt worden. I. Verarbeitung des Kreosotnatrons auf Glaubersalz und rohes Kreosot. Die Kosten einer hierzu erforderlichen Anlage habe ich, und zwar gewiss sehr niedrig, auf 800 Thlr. ange- nommen. Sodann bin ich von der Voraussetzung ausge- gangen, dass die Zerlegung des Kreosotnatrons durch die bei der Reinigung der Rohöle angewandte Schwefelsäure erfolgt, da die letztere auf allen Paraffinfabriken in ge- nügender Menge vorhanden ist und es ohnehin kaum Jemand in den Sinn kommen dürfte, für diesen Zweck etwa frische Schwefelsäure zu verwenden. Nach meinen Beobachtungen kann man voraussetzen, dass 100 Th. Kreosotnatron zur Zersetzung 50 Th, gebrauchter Schwefelsäure erfordern und circa 75 Th. des wasserhal- tigen Glaubersalzes nebst 70 Th. rohen Kreosots geben. In das letztere sind, wie man schon aus der erheblichen Quantität schliessen wird, sämmtliche durch die Schwefel- säure aus den Rohölen ausgeschieden gewesenen harzigen u. s. w. Substanzen mit übergegangen. Einnahme. 2300 Ctr. Kreosotnatron ergeben: 1725 Ctr. rohes Glaubersalz ä Ctr. 71/2 «f. - . 431 4 7sf6d) 1615 „ „ Kreosot ä Ctr. höchstens 15s§F 805 „ -„ -„ in Summa 1236 «^7sf 6^ Ausgabe. 1150 Ctr. gebrauchte Schwefel- säure ä 10 sf 4 383. 10. — . Löhne, 1 Mann 3 60 Tage ä 15sf „ 180. — . — . Zinsen der Anlage von 800 «^ ä 5 Proc „ 40. — . — . Brennmaterial zum Eindampfen der Laugen „ 220. — . — . Reparaturen an den Pfannen etc. „ 50. — . — . Diverses und zur Abrundung „ 12. 27. 6. Summa 886 4 7 sfGd) bleibt Gewinn . . . 350 ^ -sf -d) 74 L. Ramdohr, Sonach verwerthet sich 1 Ctr. Kreosotnatron auf ^^^ = -^4,,rC,8%. //. Verarbeitung des Kreosotnatrons im Flammofen durch Verbrennung des Kreosots behufs Gewinnung natron- haltiger Coks. Es ist dies das mehrere Jahre lang auf der Georg- hütte angewandte oben beschriebene Verfahren. Einnahme. 2300 Ctr. Kreosotnatron geben 690 Ctr. Natroncok ä II/4 4 862 ^ 15 sf —d) S. p. s. Ausgabe. Lohn für 1 Arbeiter auf circa 130 Tage ä 15 sf 4> 65. —. — . 1 neue Pfanne nebst Ein- mauerung ^ 80. — . — . Zinsen der Anlage von 200 ^ ä 5 Proc „ 10. — . — . Verbrauchte Feuerkohlen „ 20. — . — . Diverses und zur Abrundung. ^ 7. 15. — . Summa Ausgabe 182,^15sf — ^ bleibt Gewinn 680 4>—sf—h Demnach verwerthet sich 1 Ctr. Kreosotnatron auf J^4 = -4 8sr 10,5^. Wenn vorstehend die producirten Natroncoks mit 11/^4 pi'O Ctr. in Ansatz gebracht worden sind und dies im Vergleich zu dem Preise der bei der Kreosot -Ver- gasung gewonnenen Coks zu niedrig erscheinen möchte, so bemerke ich zur Erläuterung dieser Differenz, dass obiger Ansatz von 1 ',4 4 noch etwas höher als der inner- halb eines Zeitraumes von etwa 5 Jahren thatsächlich erzielte Durchschnittspreis ist, während andererseits ein über Kreosotgas. 75 Preis von 2 *^ für die Gasnatroncoks als ein verhältniss- raässig sehr geringer erscheinen muss, in so fern letztere ausser einfach kohlensaurem Natron noch circa 13 Proc. Aetznatronhydrat enthalten, während die Flammofencoks Aetznatron gar nicht, dagegen eine bedeutend grössere Quantität Kohlensäure enthielten, als zum Vorhandensein von Na 0,002 erforderlich war, so dass die Verarbeitung der älteren Coks schon aus diesem Grunde weit weniger lohnend war. ///. Verarbeitung des Kreosotnatrons auf Leuchtgas und Natroncok. 100 Pfd. Kreosotnatron geben: 30 Pfd. Cok mit 37 — 38 Proc. NaO, C02 und 13—14 Proc. NaO, HO; 450 — 460 Cubikfuss rheinl. Leuchtgas. In 350 Arbeitstagen wurden in runder Summe ver- arbeitet 2300 Ctr. Kreosotnatron; diese ergeben: 1,000,000 Cubikfuss Leuchtgas; 690 Ctr. Natroncoks. Unter Berücksichtigung der bedeutenden Lichtstärke der Kreosotgasflamme, welche sich zu der des guten Steinkohlengases wie 2 : 1 verhält, erscheint es angemessen, den Werth von 1000 rheinl. Cubikfuss Kreosotgas = 4 «^ zu setzen, oder mit anderen Worten einen Stein- kohlengaspreis von 2 4 —sf — ^ für 1000 Cubikfuss rheinl. oder 1^ 25 s^ — ^ für 1000 Cubikfuss engl, der Werthbestimmung für Kreosotgas zu Grunde zu legen. Eben so ist der für die Natroncoks angenommene Preis von 2 ^ thatsächlich ein überaus geringer. Einnahme. Für 1,000,000 Cubikf. Gas ä lOOOCubikf. 4,| 4000^ -sf -^ „ 690 Ctr. Natroncok ä Ctr. 2 ^ 1380 „ - „ - „ Summa. . . 5380»f -sjf -^ 76 L. Ramdohr, Ausgabe. Löhne, 2 Mann auf je .3G0 Tage â– A If) sf 360. — , — . Zinsen der Anlage von 2600 «f ä 5 Proc 130. — . — . Zur Heizung der Retorte, 2300 Ctr. Cok, a Ctr. 10 sf 766. 20. — . 51/4 Wispel gebrannter Kalk ä6,^ 31.15. — . Ersatz an Retorten, Chamottestei- nen, Maurerarbeitslöhnen, Di- verses und zur Abrundung . . 211. 25. — . Summa Ausgabe 1500«^ — sf — ^ bleibt Gewinn 3880^— sf—-^ Sonach verwerthet sich 1 Ctr. Kreosotnatron auf -i|?^^ = 14 20 5f 7,3^. Bei dieser Gelegenheit möge es mir gestattet sein^ eine Stelle des oben mitgetheilten Aufsatzes über Kreo- sotgas, so weit dieselbe zu Missverständnissen Veranlas- sung geben könnte, hier specieller zu erörtern. Ziemlich am Anfange des fraglichen Artikels ist gesagt worden, dass einige der grösseren (Paraffin-) Fa- briken noch jetzt das Kreosotnatron zum Imprägniren der zum Ausbau der Schächte und Strecken benutzten Hölzer verwenden, oder es zu gleichem Zwecke für einen Preis von 1 bis 1^/4 Thlr. verkaufen. Hiernach könnte es scheinen, als ob ein grosser Theil des überhaupt pro- ducirten Kreosotnatrons zu diesem ziemlich hohen Preise verkäuflich und somit kaum das Bedürfniss zu einer möglichst hohen anderweiten Verwerthung dieses Kör- pers vorhanden gewesen sei. Diese Auffassung hat aber nicht in meinem Sinne gelegen, obgleich ich nicht Anstand nehme zu bekennen, dass ich selbst durch die Fassung jener Worte Veranlassung gegeben habe, um aus jenen über Kreosotgas. 77 Zeilen etwas Derartiges herauslesen zu können. — Die zum Imprägniren der Grubenhölzer verwandte Quan- tität ist in der That eine im Verhältniss zur gesammten Production verschwindend kleine; ausserdem ist jener Preis in so fern ein imaginärer, als die betreffenden Paraffinfabriken denselben nur ihren eigenen Kohlen- gruben, also sich selbst, in jener Höhe angerechnet, aus- wärtige Käufer dazu aber so gut wie gar nicht gehabt haben. Auch ist inzwischen in Folge eines bedeutenden, durch das Kreosotiren der Grubenhölzer verursachten Grubenbrandes in der Nähe von Zeitz Seitens der königl. preuss. Bergbehörde die Benutzung von Kreosot und ähn- lichen feuergefährlichen Stoffen zum Conserviren der Grubenhölzer untersagt worden, so dass diese Art der Verwendung überhaupt aufgehört hat. Ferner möchte die Kreosotiruug der Grubenhölzer von zweifelhaftem Nutzen sein, da das Kreosotnatron in jedem Verhältniss im Wasser löslich ist und durch die Grubenfeuchtigkeit sehr bald aus den Hölzern wieder entfernt werden dürfte. Die Aus- führung der Kreosotirung ist ferner mit erheblichen Kosten verbunden, da, wenn sie einigermassen hinreichend werden soll, dieselben Maschinen und Apparate erforderlich sind, wie bei dem Imprägniren von Eisenbahnschwellen, Tele- graphenstangen etc. mit Kupfervitriollösung und dergl. Das von Dr. H. Vohl (DinglJourn. Bd. 144. S. 449) empfohlene Verfahren, die Hölzer nach dem Tränken mit Kreosotnatron noch in gleicher Weise mit verdünnter Eisenvitriollösung zu imprägniren, wodurch das Kreosot frei werden und mit der Holzfasersubstanz sich verbinden soll, während das erzeugte Glaubersalz in Folge der zu- tretenden Feuchtigkeit nach und nach entfernt wird, ver- doppelt nicht nur die Kosten der Imprägnirung, sondern scheint auch in der Praxis keinen Eingang gefunden zu haben. 78 J. Philipp, neber die Rhodanverbindungen des Quecksilbers; von J. IMiilipi) *). Durch Rhodankalium entsteht in einer Lösung von salpersaurem Quecksilberoxyd ein weisser Niederschlag, der in einem Uebermass beider Salze auflöslich und Quecksilberrhodanid ist. HgC2N2S2 gefunden a. b. Hg = 200 = 63,29 63,24 62,47 2 C 24 7,60 2 N 28 8,86 2 S 64 20,25 19,68 20,03 316 100. Es ist dies das in neuerer Zeit als „Pharaoschlange" allgemeiner bekannt gewordene Salz, dessen Verhalten in der Hitze schon längst durch Wo hier bekannt war. Am Licht erleidet es eine partielle Zersetzung und scheint dann etwas Quecksilberrhodanür zu enthalten. Aus kochen- dem Wasser krystallisirt es in perlrautterglänzenden Blätt- chen, ebenso, wenn man Quecksilberoxyd mit Rhodan- wasserstoffsäure kocht. Kaliumquecksilberrhodanid entsteht, wenn man salpetersaures Quecksilberoxyd so lange zu Rhodankalium fügt, bis sich der anfangs entstehende weisse Niederschlag in eine gelbliche, krystallinische Masse verwandelt, das Ganze erwärmt und die entstandene Auflösung erkalten lässt. Man erhält es auch direct durch Auflösen von Quecksilberrhodanid in Rhodankalium. ^) Aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaf- ten in Berlin als Separatabdruck von Hrn. Prof. Dr. Ram- melsberg übergeben. KHg(CN S)3 ge K = 39 = 9,44 a. 9,33 Hg = 200 48,43 48,96 3 C = 36 8,72 3 N = 42 10,17 3 S = 96 23,24 22,49 über die Rhodanverhindungen des Quecksilbers. 79 gefunden b. 48,81 22,66 413 100. Dieses Doppelsalz ist in warmem Wasser ziemlich leicht löslich; von grösseren Mengen kalten Wassers wird es zersetzt^ indem ein Theil Quecksilberrhodanid sich abscheidet. In der Hitze hinterlässt es Rhodankalium und Schwefelkalium. Quecksilbercyanid-Rhodankalium erhält man direct, wobei concentrirte Auflösungen zu einem Brei feiner Krystalle gestehen. K (CNS), Hg (CN)2 _|- 2 H20 gefunden a. K = 39 = 10,13 10,28 Hg- 200 51,95 52,40 3 C 36 9,35 3 N 42 10,91 S 32 8,31 8,99 2H20 36 9,35 8,98 385 100. Es lässt sich aus Wasser umkrystallisiren *). Quecksilberjodid-Rhodankalium. Ersteres löst sich leicht in letzterem auf; die gesättigte Auflösung giebt mit Wasser einen gelben Niederschlag von Quecksilber- jodid, der beim Stehen, Schütteln oder Erhitzen roth wird; in der Flüssigkeit bleibt wenig Quecksilber auf- gelöst. Die gesättigte Lösung giebt beim Verdunsten ein gelblich gefärbtes Doppelsalz, welches an der Luft zerfliesst *") Dieses und einige ähnliche Doppelsalze hat schon Böckmann beschrieben. 80 ./. Philipp, 2K(CNS),HgJ2 -f 2H20 gefunden 2 K = : 78 = = 11,40 11,10 Hg 2 J 200 254 29,24) üiM ''â– '' "'"' 2 C 24 3,52 2 N 28 4,09 2 S 64 9,36 9,22 2H20 36 5,26 684 100. Enthält die Auflösung des Quecksilberjodids einen Ueberschuss von Rliodankalium, so wird sie von Wasser nicht gefällt. Verhalten von Quecksilberbromid und -Chlorid zu Rliodankalium. Aus der gemeinsamen Lösung beider Salze krystallisirt Brorakalium oder Chlorkalium, später das Doppelsalz von Quecksilberrhodanid und Rhodan- kalium. Aus concentirten Lösungen von Quecksilber- chlorid und Rhodankalium scheidet sich sogar unter Trü- bung allmälig Quecksilberrhodanid ab. Umgekehrt ent- steht aber auch Quecksilberchlorid, wenn Quecksilber- rhodanid auf Chlorkalium wirkt. Aus diesen Untersuchungen folgt, dass die Oxysalze des Quecksilbers sich mit Rhodankalium umsetzen, das Cyanid und Jodid aber sich direct mit letzterem verbin- den, während das Chlorid und Bromid gleichsam den Uebergang bilden. Das Quecksilberfluorid verhält sich analog den Oxysalzen, nicht bloss wegen seines Ver- haltens zu Wasser, sondern auch zu Rhodankalium. Als basisches Quecksilberrhodanid beschrieb Claus den gelben Niederschlag, welchen Ammoniak in Kalium- quecksilberrhodanid hervorbringt. Der Körper detonirt beim Erhitzen. Seinem Verhalten und den Zahlen der Analysen zufolge ist er ein Analogen bekannter Chlor- und Jodverbindungen, nämlich Mercuramraoniumoxyrhodanid. über die Rhodanverhindungen des Quecksilbers. 81 ^iHg' . CNS, Hg a. 0. gefunden b. c 2 Hg = 400 = 81,64 82,74 80,99 2 H = 2 0,41 C 12 2,45 2 N 28 5,71 6,86 6,44 S 32 6,53 6,94 6,86 7, 16 3,26 d. 6,80 26 490 100. Am Licht wird die Verbindung in kurzer Zeit grau. Durch Jodkalium verwandelt sie sich in die von Ram- melsberg beschriebene braune Jodverbindung. Auch durch Erwärmen von Quecksilberrhodanid in Ammoniak entsteht ein gelber in der Hitze sich ähnlich verhaltender Körper. Quecksilberrhodanür. Hermes hat in einer kürzlich publicirten Arbeit behauptet, dass diese Verbin- dung, ähnlich dem Cyanür, nicht existire. Dies ist jedoch ein Irrthum, um so mehr, als das Salz schon von Claus untersucht worden ist. Allein die Neigung des Queck- silberrhodanids, mit Rhodankalium sich zu verbinden, ist die Ursache, dass sich jenes neben metallischem Queck- silber ausscheidet, wenn man salpetersaures Quecksilber- oxydul anwendet. Man muss letzteres in verdünnter saurer Lösung, jedoch in grossem Ueberschuss nehmen. Das Rhodanür ist weiss, in Wasser unlöslich^ wird von Alkalien geschwärzt, von kochender Chlorwasserstoffsäure gleich wie von Rhodankalium unter Abscheidung von Quecksilber aufgelöst, und verhält sieh in der Hitze ähnlich dem Rhodanid, ohne jedoch in gleichem Masse aufzuschwellen. Hg2 (CNS)2 gefunden a. b. 2 Hg =z 400 =r 77,52 76,24 77,13 2 C = 24 4,66 2 N —.28 5,42 2 S — 64 12,40 12,15 12,39 516 TÖÖ. Arch. d. Pharm. CLXXXII.Bd.s. 1. u. 2. Hft. 6 82 C. Eammelsberg, Bei der Darstellung dieses Salzes scheint sich anfangs stets Quecksilberrhodanid und metallisches Quecksilber zu bilden. Ist die Flüssigkeit hinreichend sauer, so wird der graue oder schwarze Niederschlag durch längeres Stehen weiss, was darauf beruht, dass Quecksilberrhodanid und salpetersaures Quecksilberoxydul sich in unlösliches Rhodanür und salpetersaures Quecksilberoxyd umsetzen: Hg(CNS)2 4- Hg2N2 06 = Hg2(CNS)2 4- HgN2 06. Analyse der Glimmer von Utö nnd Easton und Bemerkungen über die Zusammensetzung der Kaliglimmer überhaupt; von C. Rammelsberg in Berlin*). Keine der grossen und wichtigen Mineralgruppen bietet in krystallographischer, optischer und chemischer Hinsicht so viel Eigenthümliches und zum Theil Unerklär- bares, wie die Glimmer. Ihre Structur und ihre meist wenig messbaren Krystalle Hessen sie lange für sechs- gliedrig halten; eine gut krystallisirte Abänderung (vom Vesuv) wurde als zwei- und eingliedrig erkannt, später für zweigliedrig-partialflächig erklärt, bis sich zeigte, dass ihre Form geometrisch in aller Strenge eben so wohl sechsgliedrig, als zweigliedrig oder zwei- und eingliedrig gelten könne. Uebrigens ist neuerlich die angebliche zweigliedrige Partialflächigkeit durch vollständigere Beobachtungen wi- derlegt (Hessenberg). In optischer Beziehung unterschied man lange ein- und zweiaxige Glimmer. Allein man nimmt jetzt gewöhn- lich an, dass die anscheinend einaxigen solche sind, deren beide Axen einen sehr kleinen Winkel machen, da man *) Als Abdruck aus der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, Jahrg. 1866, vom Herrn Verfasser übergeben. Analyse der Glimmer von Utö und Easton etc. 83 gefunden hat,, dass optisch zweiaxige Blättchen, in einer um 900 gekreuzten Stellung auf einander gelegt, so dass die Ebenen ihrer optischen Axeu sich gleicher Art schnei- den, die Erscheinungen optisch einaxiger Krystalle zeigen. Aber nicht allein ist der Winkel der optischen Axen bei den Glimmern ein äusserst veränderlicher, von 0^ bis 77O gehend, obwohl die Mittellinie immer senkrecht zur Spaltungsfläche steht und negativ ist, sondern die Ebene der optischen Axen ist bei manchen Glimmern senkrecht gegen diejenige anderer. Die Untersuchungen lassen erkennen, dass solche verschiedene Glimmer, ver- schieden in der Grösse des Winkels und in der Lage der Ebene der optischen Axen, an einem Fundorte vor- kommen (Warwick). Unwillkürlich erinnern diese Verhältnisse der Glimmer an die von Scacchi zur Sprache gebrachten Fälle von Polysymmetrie. Das zweigliedrige, optisch zweiaxige schwefelsaure Kali ist geometrisch gleich dem schwefel- sauren Kalinatron, welches sechsgliedrig und optisch ein- axig ist. Wenn dies beweist, dass die künstlichen Ab- theilungen, welche wir den Symmetriegesetzen der Kry- stalle anpassen — unsere Krystallsysteme — , dem Keich- thume der Erscheinungen nicht Genüge leisten, so müssen die Glimmer besonders zu einem weiteren Studium an- regen, und es wäre wohl denkbar, dass es unter ihnen auch wahre optisch einaxige gäbe. Die chemische Unterscheidung der Glimmer erfolgt vorläufig am besten nach der Natur der sogenannten starken Basen, welche die Analyse aus ihnen darstellt. Denn finden wir auch manche derselben in allen Glimmern wieder, so tritt doch eine in der Regel bei einer ganzen Abtheilung als herrschend hervor. Alkali glimm er nenne ich daher solche, welche durch ein Alkali charakterisirt sind. Unter ihnen sind die wichtigsten die Kaliglimmer von heller Farbe, 46 — 50 Proc. Kieselsäure und im Mittel 10 Proc. Kali gebend, neben ihm nur wenig Magnesia und höchstens 6* 84 C. Rammelsberg^ 8 Proc. Eisenoxyd. Viele scheinen nur Spuren von Natron, einige bis 5 Proc. desselben zu enthalten. Fluor ist wohl, wenn auch nur in kleiner Menge, doch wahrscheinlich in allen enthalten und vom Wasser, glaube ich, gilt das- selbe. Der Winkel ihrer optischen Axen ist gross. Die Natrongliramer (Paragonit), feinschuppige, helle Glimmer, sind bis jetzt wenig bekannt. Ausser Natron, dem stets Kali beigesellt ist, sind kaum andere starke Basen darin enthalten. Die Lithionglimmer, optisch den Kaliglimmern gleich, enthalten neben vorherrschendem Kali auch Lithion und Natron und sind durch ihren hohen Fluorgehalt und ihre Schmelzbarkeit ausgezeichnet. Theils eisenfrei (Lepi- dolith), theils eisenhaltig, entbehren sie aller anderen starken Basen fast ganz. Vor Kurzem habe ich zwei Kaliglimmer untersucht, den goldgelben von Utö, den H. Rose vor 50 Jahren in Berzelius' Laboratorium analysirte bei Gelegenheit der Arbeit, welche ihn zur Entdeckung des Fluors in den Glimmern führte. Ich wünschte zu wissen, in wie weit die Fortschritte der Mineralanalyse bei einer Wieder- holung Aenderungen des früheren Resultats bewirken kön- nen, was insbesondere für Fluor, Wasser und die Alkalien in Frage kommt. Der zweite ist hellbräunlicher, in dünnen Blättchen farbloser Glimmer, der, von Orthoklas und Quarz begleitet, in grossen sechsseitigen Prismen zu Easton in Pensyl- vanien vorkommt. Das Volumengewicht des Glimmers von Utö ist = 2,836, das von Easton = 2,904, und das Resultat der Analysen, wobei ich H. Rose 's beifüge, ist: Utö Easton H. Rose Wasser 2,30 2,50 3,36 ,. Fluor 0,96 1,32 1,05 Kieselsäure 47,50 45,75 46,74 Thonerde 37,20 35,48 35,10 Analyse der Glimmer von Utö und Easton etc. 85 Eisenoxvd 3,20 1,86 4,00 Eisenoxydul — — 1,53 Manganoxydul | 0,90 0,52 — Magnesia ) — 0,42 0,80 Kali 9,60 10,36 9,63 Natron — 1,58 Spur 101,66 99,79 102,21. Der Glimmer von Utö enthält so wenig Eisen, dass eine besondere Prüfung auf die Oxyde desselben nicht nöthig ist. Was zunächst den Glimmer von Utö betrifft, so stimmen H. Rose 's und meine Analyse in dem Ver- hältnisse der Kieselsäure und Thonerde sehr genau überein. Es ist nämlich AP : Si = 1 : 2,18 At. bei H. Rose, = 1 : 2,20 At. bei mir. Auch wenn das sämmtliche Eisen als Eisenoxyd vor- ausgesetzt und sein Aequivalent dem AP hinzugerechnet wird, bleibt das Verhältniss ziemlich unverändert, trotz- dem H. Rose fast doppelt so viel Eisen (2,24 Proc.) fand als ich (1,3 Proc); es wird nämlich: (A12, Fe2) : Si = 1 : 2,07 H. R. = 1 : 2,13 Rg. Anders aber gestaltet sich das Verhältniss des Kaliums zu jenen beiden Elementen. Denn jenes ist bei H. Rose = 7,97, bei mir aber, mit Zurechnung des Natriumäqui- valentes, = 10,60, d. h. ich habe ^\^msX so viel gefunden als H. Ro s e. Auch wird diese Differenz nicht ausgegli- chen durch die kleinen Mengen Mangan und Magnesium, welche bei mir = 1;39, bei H. Rose nur = 0,9 sind. Daher kommt es, dass das Atoraenverhältniss K (Na, Mg, Mn) : A12 oder Si in beiden Analysen nicht unerheblich differirt. Es ist nämlich: K : A12,(Fe2) = i : 1,70 K : Si = 1 : 3,5 H. R. = 1 : 1,16 = 1 : 2,5 Rg. Wird das Eisen als Oxydul berechnet oder, richtiger gesagt, als zweiwerthig dem Mangan und Magnesium 86 C. Rammeisher g, zugetheilt, so ist nach seiner Verwandlung in das Kalium- äquivalent: K(Fe) : A12 =r 1 : 1,18 K (Fe) : Si = 1 : 2,6 H. R. = 1 : 2,5 = 1 : 5,5 Rg. In der früheren Art in Sauerstofiverhältnissen aus- gedrückt, würden diese Berechnungen geben: Sauerstoff von RO R203 RO RO,R2 03 also: (H. Rose) R203 = 1 Si02 = 1 Si02 = 1 Si02 = 1 (Rammeisberg) : 9,6 1 7,0 : 1,38 1 1,42 : 13,2 1 10 : 1,25 1 1,24 ''^ '113,3 1 7 . UO ^ • M,9 RO : R203: 8102= 1:9,6 Oder, wenn das Eisen lediglich als Oxydul berechnet wird: RO A12 03 RO RO,A12 03 also: (H. Rose) A12 03 = 1 Si02 = 1 Si02 = 1 Si02 =r 1 (Rammeisberg) RO : A1203: Si02 = 1:7 7 1,45 10 1,27 . UO • 1 10,15 5,9 1,5 8,65 1,26 1:5,9 |8,65 )8,85 Bei diesen Berechnungen ist aber auf das Wasser keine Rücksicht genommen. H. Rose hatte bereits das Wasser als chemisch gebundenes bezeichnet, und ich habe mich überzeugt, dass die Glimmer, nachdem sie bei einer dem Glühen nahen Temperatur erhalten worden, in starker Hitze oft eine bedeutende Menge Wasser liefern, welches von Fluorkiesel oder vielmehr Kieselsäure und Kiesel- fluorwasserstoffsäure begleitet ist. Bei dem Glimmer von Utö betrug dieser Verlust 4,3 Proc. *). Rechnet man die *) Die Angaben älterer Analysen lassen sich schwer corrigiren. H.Rose fand im Glimmer von Utö 0,53 Proc. Flusssäure und 2,63 Wasser. Diese Zahlen wären in 0,96 und 2,3 zu ver- wandeln. Analyse der Glimmer von ütö und Easton etc. 87 dem gefundenen Fluorgehalte entsprechende Menge Fluor- kiesel ab, so bleiben 2,3 Proc. Wasser. Den neueren Ansichten zufolge ist der Wasserstoff des Wassers ein Vertreter des gleich ihm einwerthigen Kaliums; er muss folglich bei der Berechnung diesem zugefügt werden. Thut man dies bei den beiden von mir untersuchten Glimmern, so werden die Atomverhältnisse viel einfacher wie sonst. Atoraverhältnisse von H : K : A12 : Si H,K : AI2 : Si ütö.. . = 0,79*) : 0,86 : 1 : 2,13 = 1,65 : 1 : 2,13 Easton = 1,0*) : 0,8 : 1 : 2,12 = 1,8 : 1 : 2,12. Mit einer kleinen Correction für die am schwersten genau bestimmbaren Elemente H und K sind also nicht allein beide Glimmer gleich, sondern auch höchst einfach zusammengesetzt, denn das Atomverhältniss 2:1:2 giebt, wenn H = K, ^^2 O^ entsprechend 2 H^ Si O^. Si2) Mit der Analyse der Glimmer von Aschaffenburg und von Gossen beschäftigt, hoffe ich später über die chemische Constitution der Kaliglimmer mehr sagen zu können, will aber schon jetzt bemerken^ dass die Glimmer von Utö und Easton mit der Mehrzahl aller anderen 1 Atom AP (Fe2) gegen 2 Atome Si, eine Minderzahl 1 : 3 Atome enthalten, und dass in jener ersten Abtheilung auf 1 Atom AI2 (Fe2) stets 2 Atome der einwerthigen Elemente, K und H, kommen. Verwandelt man in der eben entwickelten Formel die 2 Atome einwerthiger Elemente (K und H) in ihr Aequivalent, d. h. in 1 Atom eines zweiwerthigen, z. B. Magnesium, so erhält man MgA12Si2 08. Beide Formeln drücken die Zusammensetzung von Singulosilikaten aus. ^) Diese Zahlen sind in der Wirklichkeit sicher grösser, weil der geglühte Glimmer nicht alles Fluor vei'loren hat. 88 E. Eeickardt, Nun habe ich längst zu zeigen gesucht *), dass die Magnesiaglimmer Singulosilikate sind. Die vorhergehen- den Betrachtungen lehren, dass auch die untersuchten und noch viele andere (vielleicht alle) Kaliglimmer Singulo- silikate sind. Es ist meines Wissens dies der erste auf factischen Grundlagen ruhende Schritt, die Analogie der Zusammensetzung für beide Glimmerarten zu erweisen. Zur Methode der Aschenanalyse; von Prof. Dr. E. Reichaidt, iu Jena **). Die Ermittelung der anorganischen Bestandtheile in pflanzlichen oder thierischen Substanzen ist schon seit lange der vielfachsten Erörterungen theilhaftig geworden. Die Wichtigkeit dieser Stoffe für den pflanzlichen oder thierischen Organismus, für die Erhaltung des Lebens, wie für den Aufbau der einzelnen Theile ist sicher nicht zu unterschätzen, wie es früher lange Zeit geschehen war. Die kleinsten Mengen einzelner Aschenbestandtheile treten so constant auf, dass dadurch schon allein ihre Unentbehr- lichkeit genügend erwiesen wird. Dies die Veranlassung einer besonderen Besprechung der Ausführung der Aschen- analysen, um gleichzeitig mit Vereinfachung die möglichste Genauigkeit der Methode zu bieten. Die Darstellung einer Asche durch Verbrennung der verbrennbaren Theile bietet um so mehr Schwierigkeiten, je mehr von phosphorsauren Salzen oder von Kieselerde, auch Thonerde, in den organischen Substanzen vorhanden ist und besonders auch, je mehr stickstoffhaltige organische Verbindungen zugegen sind. Mannigfache Vorschläge *) Handbuch der Mineral -Chemie, S. 669. **) Als Separatabdruck aus der Jenaischen Zeitschrift für Medicin und Naturwiss. IV. Bd. 1867 von Hrn. Verfasser erhalten. D. Ked. zur Methode der Aschenanalyse. 89 einer geeigneteren Verbrennungsweise für solche Substan- zen sind gegeben worden, vorzüglich Empfehlungen von Zusätzen, welche die Verbrennung erleichtern sollen, z. B. von Gy ps, essigsaurem Kalk, Sand, Eisenoxjd etc., allein alle diese Zusätze erschweren nicht unbedeutend das ganze Verfahren. Unter den grösseren Arbeiten, welche auf die Analyse der Aschen eingehen, sind diejenigen von H. Rose*), H. Wackenroder **), Knop***) und Staffel f) hervor- zuheben, obgleich noch viele andere namhafte Autoren, wie Erdmann, Mitscherlich, Fresenius u. s. w. sich gleichfalls damit beschäftigt haben. Auch ich habe schon früher eine derartige ausführliche Arbeit {Arch. d. Pharm. Bd. 73. p. 257) veröffentlicht und mag sich diese Abhandlung der ersteren anreihen. Als Aufgabe bei der Gewinnung von Asche ist natür- lich die möglichst vollständige Erhaltung der vorhandenen anorganischen Bestandtheile auszusprechen, jedoch ist schon diese ganze Unterscheidung eine vollständig will- kürliche, eigentlich nur durch unsere, bis jetzt als pas- send erachtete Scheidung und Methode der Analyse her- vorgerufen. Die Pflanze, als Ganzes betrachtet, besteht eben aus den sie zusammensetzenden Theilen, welche s-ich, so weit wirkliche Verbindungen unter einander ent- standen sind, alle in sogenannter organischer Vereinigung befinden. Durch den Glüh- und Verbrennungsprocess treten so gewaltige Aenderungen in der früheren Mischung ein, dass kein anderer Zusammenhang mit den rückbleibenden Aschen vorliegt, als dass es frühere Bestandtheile der Pflanzen waren, deren Anordnung in der Pflanze, Ver- einigung mit anderen Stoffen, durch ganz andere, physio- logisch-chemische Versuche erst ermittelt werden kann. *) Poggendorff's Annal. Bd. 70. p. 449. **) Arch. der Pharm, Bd. 53. p. 1 u. Bd. 57, p. 17. ***) Journ. für prakt. Chemie. Bd. 38. S. 16. t) Arch. der Pharm. Bd. 64. p. 1 u. p. 129. 90 E. Reichardt, Handelt es sich daher um weitergehende Gesichts- puncte, so sind diese jedenfalls nicht allein durch die Darstellung und Untersuchung der Aschen zu erledigen, sondern verlangen völlig entsprechende, weitergreifende Untersuchungen, auch namentlich bezüglich der zu wäh- lenden Methoden. Die sorgfältigste Darstellung und Analyse einer Asche kann z. B. nicht die Frage des Gesammtgehaltcs der Pflanze oder des thierischen Bestandtheiles an Schwefel oder Phosphor erledigen, wenn nicht eben speciell für diese hervorgehobene P^rage der Lauf der ganzen Unter- suchung geändert wird. Wie in anderen Zweigen der analytischen Chemie längst üblich, sind auch hier für solche specielle Fragen besondere Untersuchungsweisen einzuführen und dienen dazu iih reichlichsten Masse die bekannten und so genau durchdachten Methoden, welche besonders bei der Analyse organischer Körper Anwendung finden. Dass hierbei gleichzeitig die Resultate der Aschenanalysen mit in Ver- gleich gezogen werden und wichtige Aufschlüsse zu geben im Stande sind, braucht nur erwähnt zu werden Diese angedeuteten Aenderungen in dem analytischen Gange liegen darin begründet, dass bei dem Verbrennungs- processe mannigfache Verluste unvermeidlich sind, über- haupt nur diejenigen Bestandtheile hinterbleiben, welche unter den gegebenen Verhältnissen feuerbeständig sind oder derartige Verbindungen erzeugen. Wollte man diese bei jeder Veraschung unvermeidlichen Uebelstände sämmt- lich beseitigen, so würde wohl eine sehr lästige Steigerung der Arbeit bei der Darstellung eintreten, als durch Zu- sätze die Hebung des einen Uebels leicht mit der Ein- führung eines anderen verbunden sein. Ein gleiches Verlangen, besondere, nur dem einen Zweck dienende Untersuchungen anzustellen, muss für diejenigen anorganischen Bestandtheile in Anspruch ge- nommen werden, welche sich in sehr kleiner Menge oder nur in einzelnen Fällen vorfinden. Eine Ausdehnung der zur Methode der A$chenanalyse. 91 gewöhnlichen Analyse auf diese Theile würde nur erschwe- rend wirken für die Untersuchung, wie für die Genauig- keit der Resultate. Diese Scheidung ist übrigens auch längst üblich. Die Darstellung der Asche durch Verbrennung ist jedoch von derartigen Verlusten begleitet, dass von einer directen Verbrennung der Pflanzen oder thierischer Sub- stanzen unter lebhaftem Luftzutritt überhaupt Abstand genommen werden muss, sobald die Untersuchung auf die nothwendige Exactität Anspruch machen soll. Die Chloride der Alkalien werden leicht mit verflüchtigt und führen so doppelte, nicht immer geringe Verluste herbei. Die zahlreichen Versuche, welche ich für diese Zwecke ausführen liess, erwiesen den Verlust an Chloriden selbst dann, wenn die leicht verbrennlichsten Pflanzentheile gewählt und nur ein ganz langsamer, regelmässiger Luft- oder Sauerstoffgasstrom angewendet wurde. Man kann sich davon sehr leicht überzeugen, wenn man in einer Glasröhre, nach Art der Elementaranalyse, die verkohlte Substanz durch einen Sauerstoffstrom zu verbrennen sucht, legt man bei den Verbrennungsproducten ein mit ange- säuerter Silberlösung versehenes Gefäss vor, so dass die Gase durchstreichen müssen, so tritt auch bei vorsichtigster Leitung des Experimentes dennoch bald die Reaction von Chlor hervor. Bei schwer und langsam verbrennenden Substanzen ist dieser Vei'lust um so beträchtlicher. Rose, Wackenroder, Staffel und Andere haben daher mit Recht eine vorhergehende Verkohlung der Sub- stanz vorgeschrieben, dann ein Auslaugen der Kohle und hierauf erst die Verbrennung der letzteren. Rose unter- schied sogar noch verschiedene Grade des Widerstandes, Avelchen Kohlen bei der Ueberführung der damit verbun- denen löslichen Substanzen den Lösungsmitteln leisten. Die Auszüge von der Kohle wie Asche mussten besonders untersucht werden, und so entstand allmälig eine Com- bination von Erfahrungen und Ansichten, welche die Untersuchung der Aschen mindestens zu einer sehr lang- 92 E. lieichardtj weiligen oder langwierigen mächten, ohne gerade die Genauigkeit zu verstärken. Das Ziel der Bestimmung der sogenannten anorga- nischen Stoffe kann nur darin liegen, dieselbe ohne Ver- lust zu erhalten und muss sich demnach vor Allem auf die Sorgfalt bei der Isolirung dieser Theile richten. Die weitere Analyse ist durchaus nicht complicirter, als die gewöhnlichen Untersuchungen von Gemischen überhaupt, und betrifft eigentlich nur die Bestimmung von Kali, Natron, Kalk, Talkerde, Eisenoxyd, Thonerde, Mangan- oxydoxydul und von Kohlensäure, Chlor, Schwefelsäure und Phosphorsäure, Stoffe, welche zu den häufigsten in den gewöhnlichen Gemengen gehören. So interessant eine weitere Untersuchung des Ver- haltens der Kohle oder so gewonnener Kohlen hinsichtlich der darin enthaltenen Stoffe sein kann, so hat diese Art der Auffassung mit der eigentlichen Aschenanalyse nichts zu thun und ist ganz für sich zu verwerthen, kann eben so wohl auf der Verschiedenheit der Pflanze, wie den leicht wechselnden Graden der Verkohlung beruhen. Dem Gehalte an Kohlensäure wurde gleichfalls in mehrfacher Beziehung eine besondere Bedeutung zugelegt, einmal, um sämmtliche Bestandtheile der Asche überhaupt zu bestimmen und eine Controle zu erleichtern, sodann aber auch als Repräsentant der durch keine anderen Säuren gebundenen Basen, welche vorher vielleicht mit Pflanzensäuren gesättigt waren. Lieb ig wollte sogar ein gewisses Verhältniss zwischen der Quantität der orga- nischen und anorganischen Basen in einer Pflanze erken- nen. Bei ruhiger Ueberlegung lassen sich auf jeder Seite gewichtige Einwände erheben. Zuerst ist die Menge der Kohlensäure in den Aschen sehr abhängig von der Darstellung derselben bei höherer oder niederer Gluth, lebhaftem oder minder lebhaftem Luftzutritt und von den Eigenthümlichkeiten der verbren- nenden Substanz selbst und der Kohle derselben. Des- halb ist vorgeschlagen, die Asche vor der Ermittelung zur Methode der Aschenanalyse. 93 der Kohlensäure nochmals mit kohlensaurem Ammoniak zu glühen, aber auch dann erhält man natürlich bei Talk- erde nur das Oxyd. Unter allen Umständen muss die Bestimmung der Kohlensäure als ein besonderer, mit ge- wissen Vorsichtsraassregeln begleiteter Versuch bezeich- net und den angeregten Einwendungen Rechnung getra- gen werden. Genau entsprechend dieser Behandlung der Kohlen und Aschen wurde von Rose, auch Wackenroder, eine Theilung der Lösungen empfohlen; es wurden für sich die wässerigen Auszüge der Kohle, der Asche, die sauren Lösungen untersucht und aus einer Analyse drei bis vier verschiedene, die Arbeit vermehrende. Diese mehrfachen Analysen hatten mit geringen Ausnahmen immer ganz dieselben Bestandtheile zu ermitteln und können demnach füglich vereint werden. Wird man ein- wenden, dass durch diese Theilung in wässerigen Aus- zug und saure Lösung ein Einblick in die vorhandenen Salze geboten würde, so ist dagegen zu wiederholen, dass diese Salze, wie sie die Asche wirklich enthält, keinerlei Bedeutung haben können für den Versuch der Uebertragung auf die frühere Pflanze. Die Nachweisung der einzelnen Bestandtheile ist das Wichtigste und die Berechnung auf Salze nur als nothwendige Controle der Analyse anzu- sehen, wobei uns thatsächlich gleichgültig ist, ob die Schwefelsäure an Kalk, Kali oder Natron gebunden wird. Oder liegen vielleicht wichtige Anzeigen, durch die Menge eines Stoffes gegeben, vor, so gehört die Verfolgung der- selben wiederum zu den sogenannten besonderen Analysen, wobei oft auf die ursprünglichen Substanzen zurückgegan- gen werden muss. Möge diese Besprechung dazu dienen, den Beweis zu liefern, dass es sich bei der Bestimmung der anorga- nischen Bestandtheile weniger um die Bereitung einer guten Asche handelt, als um die Erhaltung und Gewin- nung aller dieser Stoffe ohne Verlust, die Scheidung der- selben kann dann unmittelbar aus einer Lösung und in 94 E. Reichardtj einer Reihenfolge vorgenommen werden. Der nachfolgende (Jang der Analyse basirt sich deingemäss auf diese An- schauung und richtet sich in erster Linie auf die sorg- fältige Gewinnung der Stoffe, I. Bestimmung des Aschengehalts und der Kohlensäure. 1 — 10 Grm. der Substanz, je nach dem ungefähr bekannten Aschengehalte, werden möglichst vorsichtig verbrannt, bis zur Gewinnung der reinen Asche; nach dem Erkalten befeuchtet man den Rückstand mit einer concentrirten Lösung von kohlensaurem Ammoniak, trock- net und glüht nochmals schwach. Die Wägung ergiebt die Aschenmenge. Kohlensäure. Die so gewonnene Asche kann un- mittelbar zur Bestimmung der Kohlensäure durch Aus- treiben u. s. w. benutzt werden. Mit der P]rmittelung des Aschengehaltes verbindet man vorher die Bestimmung des Wassergehaltes durch Trocknen. Bei dieser Veraschung treten stets Verluste, namentlich an Chloriden, ein. II. Bestimmung der anorganischen Bestandtheile. Je nach dem bekannten Aschengehalte nimmt man so viel Substanz, dass darin 1 — 2 Grm. Asche enthalten sind und glüht diese in einem locker bedeckten Tiegel bei angehender Rothglühhitze bis zur Verkohlung, d. h. bis keine brennbaren Gase mehr entweichen. Stärkere Erhitzung ist nicht nothwendig und könnte nachtheilig werden. Die Kohle wird zerrieben und drei bis vier Mal mit Wasser ausgekocht, wobei man die Kohle in dem Gefässe möglichst zurückhält und die Filtrate vereint, sodann fügt man zu der Kohle wiederum Wasser und etwas Salpeter- säure bis zum deutlichen Vorwalten der Säure, erwärmt nur ein paar Minuten und filtrirt die nunmehr saure Lösung zu der ersten wässerigen, welche, wie sogleich anzugeben, vorher mit Silberlösung versetzt worden war. zur Methode der Aschenanalyse. 95 Die Kohle giebt man mit auf das Filter, wäscht gut aus, trocknet und verascht. Die Asche wird sodann abermals mit Wasser zwei bis drei Mal ausgekocht, um etwa noch vorhandene Alkali- salze, besonders Chloride, in Lösung zu bringen, sodann mit ziemlich starker Salpetersäure erwärmt und sämmt- liche Filtrate dem ersten zugegeben. Die in Salpeter- säure unlöslichen Theile der Asche werden nach unten folgender Angabe noch mit ChlorwasserstofFsäure behandelt. Schwefel und Chlor. Die wässerigen Auszüge der Kohle und Asche werden sogleich mit salpetersaurem Silberoxyd versetzt im Uebermass, gewöhnlich deutet dies die dunkle Färbung des mitfallenden Silberoxydes und kohlensauren Silberoxydes an. Zu dieser Flüssigkeit giebt man sodann die salpetersauren Lösungen von Kohle und iVsche und säuert, wenn nicht schon an und für sich erlangt, mit Salpetersäure an. a) Der sich abscheidende Niederschlag kann aus AgS und AgCl bestehen, ersteres aus den bei dem Glü- hen der Kohle vielleicht entstandenen Sulfiden herrührend; er wird auf gewogenem Filter gesammelt und das Filtrat nach b weiter behandelt. AgCl und AgS werden aber noch frisch auf dem Filter mit etwas verdünntem Aetz- ammoniak übergössen, bis sich nichts mehr löst und die durchlaufende Flüssigkeit nicht mehr durch Salpetersäure getrübt wird. Auf dem Filter hinterbleibt AgS, welches nach dem Trocknen bei 100^ C. gewogen und auf SO^ berechnet wird. Das Filtrat von AgS säuert man mit Salpetersäure an und sammelt das sich abscheidende AgCl nur bei sehr kleinen Mengen auf gewogenem Filter, sonst wie gewöhnlich. b) Der oben bei der Behandlung der Asche mit Sal- petersäure hinterbliebene Rückstand enthält namentlich noch Eisen, auch Kieselsäure, und wird sofort mit concen- trirter Chlorwasserstoffsäure erwärmt, dann verdünnt, noch- mals erwärmt, hierauf filtrirt und das Filtrat unmittelbar zu dem von der ersten Scheidung des AgS und AgCl 96 E. Reichardt, erhaltenen gegeben, um hier zugleich das im Uebermass zugefügte Silberoxyd zu entfernen ; man wäscht nach und fügt, wenn nöthig, noch so viel Salzsäure zu, dass sämmt- liches Silberoxyd entfernt wird. Das andere vom abge- schiedenen AgCl erhaltene Filtrat wird zur Scheidung der Kieselsäure im Dampf bade zum Trocknen verdunstet. Rückstand. Sollte bei der letzten Behandlung der Asche mit Salzsäure noch ein Rückstand bleiben, welcher nicht verbrennlich ist, demnach aus Sandkörnchen besteht, so muss derselbe nochmals auf Kieselsäure gemäss den Silicaten geprüft werden. Kieselsäure. Der Rückstand der zur staubigen Trockne verdunsteten F'lüssigkeit wird mit Salzsäure Übergossen, ^/^ — 1/2 Stunde der Ruhe überlassen, dann mit Wasser verdünnt, wenig erwärmt und filtrirt; auf dem Filter, hinterbleibt Kieselsäure, welche nach dem Glühen gewogen wird. Das Filtrat von der Kieselsäure theilt man in zwei Theile und benutzt den einen zur Bestimmung der Schwefel- säure und Alkalien, den anderen zur Bestimmung der übrigen Bestandtheile. A. Schwefelsäure und Alkalien. In dem bestimmten Theile wird durch BaCl die Schwefelsäure gefällt und ermittelt, das Filtrat vom schwe- felsauren Baryt aber zur Trockne verdunstet. Der Trockenrückstand wird mit Barytwasser im star- ken Uebermass versetzt, erwärmt und filtrirt mit Ver- meidung jedes Wassers. Das Filtrat darf von Barytwasser nicht mehr getrübt werden, der Rückstand wird mit Barytwasser mehrmals gewaschen. Das Filtrat versetzt man mit kohlensaurem Ammoniak bis kein Niederschlag mehr entsteht, erwärmt, filtrirt abermals und verdunstet das nunmehrige Filtrat wieder zur Trockne. Der Trocken- rückstand wird mit wenig Salzsäure angesäuert in einen Platintiegel gebracht, wieder verdunstet und schwach zur Methode der Aschenanalyse. 97 geglüht. Es hinterbleiben die Chloride von Kalium und Natrium, welche, wenn nöthig, durch Platinchlorid geschie- den werden und spectralanalytisch auf Rubidium und Cäsium untersucht. B. Eisenoxyd, Thonerde etc. Der zweite Theil der salzsauren Lösung wird stark mit Wasser verdünnt zum Sieden erhitzt, mit Natron neutralisirt, bis ein Niederschlag erscheint, welcher sofort in wenigen Tropfen Salzsäure wieder gelöst wird, man entfernt die kochende Flüssigkeit vom Feuer und fügt sogleich einige Krystalle von essigsaurem Natron zu — entsprechend der im Uebermass zugefügten Salzsäure — rührt dabei fortwährend um, wodurch Eisenoxyd und Thonerde, wenn Phosphorsäure vorhanden, als phosphor- saure Salze gefällt und noch heiss sogleich abliltrirt werden. Das Filtrat behandelt man augenblicklich nach b weiter, den Niederschlag nach a. a) Fe2 03undA12 03.. Ist der Niederschlag gelblich- weiss, so hat man bei den Aschen die phosphorsauren Verbindungen, welche den Formeln Fe^ O^, PO^ und A12 03, P05 entsprechen; man löst sofort in wenig Salz- säure wieder auf und kocht mit einem üeberschuss von Natronlauge, wodurch Fe^O^ geschieden, noch heiss ab- filtrirt und mit heissem Wasser sehr gut gewaschen wird. Das Filtrat säuei't man mit Salzsäure wieder an und fällt durch kohlensam*es Ammoniak die Thonerde als A1203,P05. 100 Theile dieser phosphorsauren Thonerde bestehen aus 41,843 Th. Thonerde und 58,157 Th. Phosphorsäure. 100 Th. des abgeschiedenen Eisenoxydes entsprechen 89,110 Th. Phosphorsäure. Gewöhnlich sind nur Spuren von Thonerde vorhanden und würde bei Erden oder sonstigen Gemischen das Eisen- oxyd vorwalten, durch die Farbe leicht kennbar, so muss dann in dem Thonerde haltenden alkalischen Filtrate die Phosphorsäure bestimmt werden. Arch.d. Pharm. CLXXXII.Bds. l.u.2.Hft. 7 98 E. Raichardt, Ueber diese Scheidung bei sehr phosphorhaltigen Geraischen siehe übrigens den Nachtrag. h) Mn O, Das essigsaure Filtrat von der ersten Schei- dung des Fe^QS und der APO'^ wird abermals zum Kochen erhitzt und vom Feuer entfernt, sofort etwas unterchlorig- saures Natron *) zugefügt. Ist Mangan zugegen, so ent- steht eine bleibende Trübung; man fügt dann mehr unter- chlorigsaures Natron zu unter stetem Umrühren und prüft nach wenigen Secunden, ob die Flüssigkeit noch sauer reagire — sonst niuss noch etwas Essigsäure zugefügt werden — und sehr bald die P^ntfärbung des Reagens- papieres eintrete, wodurch das Ueberniass des unter- chlorigsauren Natrons angezeigt wird und der Beweis ge- geben, dass sämmtliches Mangan als Hyperoxyd gefällt ist. Man filtrirt, wäscht den Niederschlag gut aus und glüht; es hinterbleibt Mn'^O''. CaO. Das Filtrat vom Mangan wird sofort noch warm mit oxalsaurem Ammoniak im Uebermass versetzt, nach mehren Stunden Ruhe der Oxalsäure Kalk geschie- den und wie gewöhnlich bestimmt. Mo-O und P05. Das Filtrat vom Kalk theilt man in zwei Theile: MgO. In dem einen Theile fällt man durch phos- phorsaures Natron und Ammoniak die Talkerde. Fü^. Zu dem zweiten Theile giebt man eine klare Mischung von Chlormagnium, Chlorammonium und Am- moniak und fällt so die Phosphorsäure. Es versteht sich von selbst, dass die wiederholte Theilung bei der Berechnung gehörig berücksichtigt werde. Wie schon oben angedeutet, richtet sich bei dieser Methode der Aschenanalyse die grösste Aufmerksamkeit *) Das unterchlorigsaure Natron bereite ich durch Behandlung von Chlorkalk mit wässerigem kohlensauren Natron im schwa- chen Uebermass, d. h. das Filtrat darf durch kohlensaures Natron nicht mehr gefällt werden. zur Methode der Aschenanalyse. 99 auf die Gewinnung der anorganischen Bestandtheile der Pflanzen- oder Thiersubstanzen, weshalb in dieser Hin- sicht Verkohlung und allmälige Behandlung der Kohle wie Asche mit Wasser und Säuren vorgeschrieben ist. Indem jedoch die Kohle nicht nur mit Wasser, sondern auch verdünnter Salpetersäure behandelt wird, lösen sich stets die meisten Stoffe schon hier auf und wird dadurch die Verbrennung, namentlich bei schwerer verbrennbaren, viel phosphorsaure Salze oder Kieselsäure haltenden, Kohlen sehr erleichtert. Mit concentrirter Salpetersäure oder überhaupt einem zu starken Ueberraass darf man chlorhaltige Substanzen nicht längere Zeit erwärmen, da sonst stets Verluste an Chlorwasserstoffsäure eintreten. Man erhält zwar durch das wiederholte Auslaugen und Behandeln der Kohle wie Asche eine ziemlich be- deutende Menge Flüssigkeit, allein schon nach der ersten Scheidung des Chlors wird dieselbe zur Bestimmung der Kieselsäure eingedichtet und so dieser Uebelstand voll- ständig beseitigt. Soll eine vorhandene Asche direct der Untersuchung unterworfen werden, so nimmt man circa 1 — 2 Grm. der- selben und behandelt dieselbe nur mit Wasser und Salpeter- säure u. s. w., lässt demnach das über die Auslaugung der Kohle gegebene weg. Sollte hierbei AgS erhalten werden, so rührt der Schwefel von S-O'-^ her, welche sich bei längerem Liegen der Asche aus den vorhandenen Schwefel- alkalien gebildet hat. Das erhaltene AgS muss demnach 2 SO^ entsprechen, da man es regelmässig auf diese Säure berechnet, welche doch schliesslich der Ursprung war. Fast regelmässig finden sich nur Spuren von Sulfiden überhaupt. Bei der Untersuchung einer an phosphorsauren Sal- zen reichen Asche, des Fleisches, der Knochen, auch einiger Früchte, ist es sehr geeignet, bei der Fällung von Eisenoxyd und Thonerde durch essigsaures Natron gleich- zeitig etwas Essigsäure noch zuzufügen, um so die etwaige 7* 100 Blutendes Brod. Abscheidung von phosphorsaurem Kalk zu verhindern. Der Fehler wird übrigens sofort bei der folgenden Be- handlung des phosphorsauren Eisenoxydes und der phos- phorsauren Thonerde mit Natron erkannt, wobei dann das Eisenoxyd nicht rothbraun hervortritt, sondern noch vermengt mit phosphorsaurem Kalk. Nochmaliges Losen in Salzsäure und F.ällen durch essigsaures Natron hebt diesen Fehler sehr leicht auf. In einem solchen Falle ist es überhaupt geeignet, vor dem Zusätze von essigsaurem Nati'on eine grössere Menge der Lösung von Chlornatrium zuzufügen, wodurch die Abscheidung von phosphorsaurem Kalk leicht völlig gehindert werden kann. Blutendes Brod. Im Jahre 1819 machte dieses Phänomen zu Legnaro bei Padua eine grosse Aufregung unter dem Volke; es gelang damals aber einer Untersuchungs-Commission, vor- zugsweise dem späteren Medicinalrathe Dr. Sette in Venedig, diese Erscheinung als einen Vegetationsprocess zu erkennen, welchen er als eine neue Pilzart {Zooga- lactina imetropha) erklärte. 1848 zeigte jedoch Ehren- berg, dass die Erscheinung eine tbierische, belebte sei, deren kleinstes Wesen er Monas i^rodigiosa nannte. Das diesjährige Auftreten hat mir, berichtet Dr. v. Erdmann, Gelegenheit gegeben, den chemischen Charakter des Phä- nomens und den Zusammenhang zu entdecken, welcher zwischen dem Roth- und Blauwerden der Speisen be- steht. Letztere häufiger auf Milch sich zeigende Far- benbildung ist 1841 von Fuchs und 1852 von Haube- ner untersucht worden. Die Resultate meiner Unter- suchungen, sagt Dr. V. Erdmann, sind folgende: Der rothe und blaue FarbestofF der Speisen wird durch Ver- mittelung von Vibrionen erzeugt. Das Material, aus wel- chem sich beide FarbenstofFe entwickeln, bilden die stick- stoffhaltige Substanz sehr verschiedener Speisen, wie z. B. Blutendes Brod. 101 aller Arten gekochten und gebratenen Fleisches, Roggen- und Weizenbrod, Eiweiss, Reis, Kartoffeln u. s. w. Durch die chemischen Reactionen unterscheiden sich die gebil- deten Farbenstoffe von allen bisher bekannten, mit Aus- nahme der sogenannten Anilinfarben. Diesen sind sie in Bezug auf Schönheit der Lösungen, tingireude Kraft und durch ihr chemisches Verhalten so ähnlich, dass sich der Farbestoff blauer Speisen durch keine Reaction von dem Anilinblau unterscheidet, welches man nach den Unter- suchungen des Professors A, W. Hoff mann als Tri- phenylrosanilin betrachten muss, während die Farbe ro- ther Speisen alle Eigenschaften des Rosanilins zeigt und nur in seinem Verhalten zu concentrirter Salzsäure ab- weicht, welche ihn nicht verschwinden lässt. Das Roth- und Blauwerden der Speisen ist mithin ein Fäulniss- stadium der Proteinstoffe, in welchem eine durch Vibrio- nen vermittelte natürliche Bildung derjenigen Farbestofte statt findet, welche durch ihre Schönheit und Abstam- mung als unzweifelhafte Kinder der Wissenschaft in der Neuzeit so grosses Interesse erregt haben. Die gebilde- ten Farbestoffe sind nach der Meinung des Dr. v. Erd- mann Producte der Vibrionen in dem Sinne, wie Kohl- säure, Glycerin, Bernsteinsäure, Alkohol, Producte der Hefe in gährenden Flüssigkeiten. Die bei der Bildung des rothen und blauen Pigments thätigen Wesen schei- nen ein und dieselben zu sein, wenigstens hat derselbe nicht ein einziges Unterschiedsmerkmal aufzufinden ver- mocht. Vielmehr glaubt er, dass sie zu derselben Gat- tung wie jene Vibrionen gehören, welche Pasteur als das Ferment der Buttersäuregährung bezeichnet und die man bei der Zersetzung vieler Substanzen organischen Ursprungs findet. Je nach dem Substrate und den ein- wirkenden Agentien mögen die Producte dieser Vibrio- nen andere werden, auch letztere selbst in einer Weise entwickeln, welche auf die zu bildenden Producte bestim- mend einwirkt. Dies sind die Resultate und die Vor- stellungen, zu denen mich meine bisherigen Untersuchun- 102 Ueber Desinfectionsmittel. gen geführt haben und die ich durch fortgesetzte Ver- suche zu prüfen beabsichtige. {Berlin, akadem. Monats- hemcht, 1866. — Ausland, 19. Mai 1867.) Dr. Löhr. Ueber Desinfectionsmittel. (Vortrag des Dr. Marquart in Bonn.) Ueber die in neuerer Zeit von allen Seiten empfoh- lenen Desinfectionsmittel glaubt Dr. Marquart um so mehr zu einer Kritik berufen zu sein, als nicht Jeder im Stande sei, den Werth derselben zu prüfen und die Industrie leider das Auftreten der Cholera zur pecuniären Ausbeutung des Publicums zu benutzen scheine. Namentlich erwähnte derselbe der langen Listen von Desinfectionsmitteln, welche von Berlin aus verbreitet würden. Dr. Marquart glaubt diese Mittel in solche eintheilen zu können, welche nur die Gase der Aborte zu absorbiren im Stande wären, wie Eisenvitriol, Eisenchlorür und Manganchlorür. Die Wirkung dieser chemischen Producte sei unzweifelhaft, da die aus den Excrementen sich entwickelnden Gase gebunden und dem Geruchssinn entzogen Avürden. Die Frage, ob diese Oxydulsalze auch im Stande seien, die Gährung oder Zersetzung der frischen Excremente zu verhindern^ hält Dr. Marquart für eine offene, welche, theoretisch betrachtet, verneint werden müsse. Die zweite Classe von Desinfectionsmitteln wurde als oxydirende be- zeichnet. Hierher gehören Eisenoxydsalze, übermangan- saures Kali oder Natron, Chlor u. s. w. Nach der Ansicht des Vortragenden liesse sich an der Wirksamkeit dieser Mittel kaum zweifeln, er bedaure aber, dass man eine Lösung eines Oxydsalzes, wel- ches kaum nennenswerthe Spuren von Uebermangan- säure enthalte, unter dem fingirten Namen „präparirtes Chamäleon" zu Preisen in den Handel bringe, welche den reellen Werth um das Zwei- bis Dreifache überstei- gen. Die wirksamsten Desinfectionsmittel werden immer- Ueber Dssinfectionsmittel. 103 hin die überaiangansauren Salze bilden, wobei diesen aber der allgemeinen Anwendung ihr hober Preis ent- gegenstehe. Das Pfund krystallisirtes übermangansaures Kali komme zu 5 Thlr. im Handel vor und die Berliner Industrie verkaufe eine Flüssigkeit unter dem Namen „übermangansaures Natron" zum Preise von 10 Thlr. pro 100 Pfund. Dieser scheinbar billige Preis sei aber ein unmässig hoher, da nach der Untersuchung von Dr. Mar- quart nur 1 Procent übermangansaures Salz darin vor- handen sei und demnach das Pfund desselben mit 10 Thlr. bezahlt werden müsse. Eine dritte Abtheilung der Des- infectionsmittel umfasse die antiseptischen oder fäulniss- widrigen, wie Carbolsäure, carbolsauren Kalk, Holzessig u. s. w. Der Vortragende glaubte, dass wenn wirklich nur die in Zersetzung begrifienen und nicht die frischen Ex- cremente die Träger des Ansteckungsstoffes der Cholera seien, eben diese antiseptischen Mittel eine besondere Berücksichtigung zu verdienen schienen ; es stände aber der Anwendung der Carbolsäure in Wohnhäusern der durchdringende unangenehme Geruch derselben entgegen^ dieser unangenehme Geruch sei aber weniger dem Holz- essig eigen. Ueber die Frage, welches Mittel demnach vom wis- senschaftlichen Standpuncte aus zu . empfehlen sei, ent- spann sich eine Debatte, an welcher sich auch Professor Landolt betheiligte, welche damit endete, dass eine Anwendung von Zinksalzen, welche bekanntlich auf orga- nische Körper und namentlich stickstoffhaltige, specifisch einwirken, in Verbindung mit Eisenoxydulsalzen oder einer Auflösung von Zinkeisenchlorür empfohlen zu wer- den verdiene. ( Verhandl. des naturhisfor. Vereins für Rliein- land w. Westphalen. IL Ahth. 1866. Sitzung shericht pag. 75.) Dr. L ö h r. 104 II. Matiir^escliiclite luid Phariiia- ko^iiosie* Pharmakologische Notizen; von Dr. X. Land er er in Athen. Des Gebrauches der Meerzwiebeln in Griechenland und im Oriente gegen verschiedene Leiden der Brust- organe, gegen Phthysis habe ich schon manchmal er- wähnt. Diese Pflanze, deren Wurzel oder Zwiebel man Hundszwiebel nennt, lindet sich überall, nicht allein am Meeresstrande, weshalb sie Scylla maritima genannt wird, sondern auch weit im Innern sehr häufig auf Hügeln und Vorbergen. In Griechenland gelangt die Wurzel zu einer bedeutenden Grösse und eine grosse Meerzwiebel kann ein Gewicht von 6 bis 8 Unzen errei- chen. Einer meiner früheren Schüler, der sich im Klo- ster zu Jerusalem als Apotheker befindet und den ich um Mittheilungen über die daselbst im Gebrauche sich findenden Volksheilmittel ersuchte, theilte mir mit, dass diese Meerzwiebelpflanze dort in solcher Menge vorkomme, dass man ganze Schiffsladungen davon nach Europa sen- den könne. Unter diesen Meerzwiebeln, welche die Ara- ber ebenfalls Skylla nennen, finden sich Zwiebeln von der Grösse eines Kinderkopfes und einer Schwere von 1 bis l'/o Okka, d.i. 21/4 bis 3 Pfund, weshalb man ge- nöthigt sei, Gruben zu graben, um sie aus der Erde her- auszunehmen. Auch die Araber und Türken betrachten diese Zwiebel als ein Heilmittel gegen Lungenleiden, ja gegen Lungensucht, wenn sie auch schon im sehr vor- gerückten Stadium sei. Zu diesem Zv/ecke wird die Landerer, über Marriibium. 105 Zwiebel, nachdem sie von den Wurzelt'asern und Schup- pen gereinigt ist, mit Wasser sehr fleissig gewaschen, bis sie keinen bittei'n Geschmack mehr besitzt, sodann ge- kocht und die Pulpa durch ein Sieb getrieben, um einen Peltes, d. h. eine Conserve-Pulpa, zu erzielen, denen man sodann Hyssopum zusetzt. Diese Latwerge, Mantsun ge- nannt, ist im ganzen heiligen Lande gegen die Phthysis und andere Leiden der Lunge im allgemeinen Gebrauch und durch dieselbe werden Wunderkuren erzielt, so dass Leute, die von allen Aerzten aufgegeben waren und sich im letzten Stadium der Phthysis befanden, durch den längeren Gebrauch dieser Skylla- Mantsun cum Hyssopo geheilt wurden. Aus alten Schriftstellern ist zu ersehen, dass schon Pythagoras und Epimenides ihren Gebrauch als Arzneimittel kannten. Dem Hyssopiis officin.., einer Pflanze, die in Griechen- land nicht bekannt ist, schreiben die Araber ebenfalls grosse Heilkräfte zu und bei allen von Erkältung her- rührenden Krankheiten nehmen die Leute ihre Zuflucht zu dieser Pflanze. Die Araber nennen dieselbe Hyschop auch Assoff welcher Name aus dem Arabischen stammt; Esoh bedeutet ein heiliges Kraut, mithin ist der Gebrauch dieser Pflanze leicht erklärlich. .•ws>a< s » üeber Marrubium; von De iij s e I b e n. In die Kategorie der Pflanzen, die nach der Meinung des Volkes und auch der noch aus alten Zeiten stam- menden Chirurgen und empirischen Aerzte ausgezeich- nete Heilkräfte besitzen und gegen eine Menge von Krankheiten mit gutem Erfolge angewandt werden, ge- hört Alarriibiuvi vulgare. In den meisten Theilen des Landes, im nördlichen Attika, findet sich M. creticum, auf den Feldern der feuchteren Niederimgen M. vidgare 106 Landerer, und auf trocknen Ebenen und Hügeln von Ostgrieolien- land bis zu einer Hohe von 2000 Fuss Marruhium pseu- dodictamus, falscher Diptam. Theophrast und Dioscori- des nannten diese Pflanze Prasion und schon in den ältesten Zeiten war Prasion eine bedeutende Heilpflanze. Der Name Marrubiurn soll nach Wittstein aus dem hebräischen Mar, bitter, und Pob, viel, stammen, mithin eine viel bitter schmeckende Pflanze bedeuten. Linne leitet den Namen, jedoch irrig, von Maria und Urhs, Sumpfstadt, einer Stadt im ehemaligen Latium am See Fucinus, wo die Pflanze häufig vorkommen soll, ab. In Betreff" der Heilkräfte dieser Pflanze ergiebt sich aus den alten Schriftstellern, dass dieselbe gegen Krank- heiten der Lungen im Rufe stand und dass die Salben- bereiter (Ungiientarii) sich ihrer bedienten. Das Volk nennt die Pflanze Hundskraut, Skylocliorton, von Chorton, Kraut, und Skylos, Hund, weil die Hunde, wenn sie sich krank fühlen, dieselbe aufsuchen und fressen. Dieses Prasion wird im ganzen Oriente innerlich und äusserlich angewandt. Besonders sind es die beiden im ganzen Oriente so gefürchteten Krankheiten, die Scropheln, Choi- rades genannt, die man für ansteckend hält, und die Phymatosis, Tuberculose (cpu[j.a, Tvherculum), Lungensucht, gegen welche man die Pflanze anwendet. Gegen Scro- pheln wird sie in Form von Kataplasmen gebraucht, die sich das Volk jedoch auf andere Weise bereitet. Die frischen Pflanzen werden zwischen zwei Steinen zerquetscht und die Masse in statu quo auf die Geschwülste gelegt. Um dieselbe noch wirksamer zu machen, wird etwas Raky, d. i. schlechter Branntwein, darauf gespritzt und man fährt mit der Anwendung fort, bis die Geschwülste sich zertheilen oder in Suppuration übergehen, die man jedoch nicht mit Lanzetten oder andern schneidenden Instrumenten öffnen darf, sondern mittelst einer goldenen Nadel oder einer Fischgräte etc. Gegen die Tubercu- lose wird unser Skylocliorton in Form von Mantsuns, Electuarien, nur in sehr starken, kräftigen, concentrirten über den Maulbeej-hnim. 107 Abkochungen gegeben. Jedenfalls ist Marruhiiim eine sehr kräftige Heilpflanze und der Aufmerksamkeit der Aerzte nicht unwerth. Notizen über den Maulbeerbaum; von Demselben. Die Wichtigkeit des Maulbeerbaums durch seine Blätter für die Seidenzucht ist allgemein bekannt. Der Peloponnes erhielt von dem Namen des Baumes Morea den Namen Morea. Die Hellenen nannten den Baum Sykaminos. Betreffs der Anwendung in der Medicin ist bekannt der Syrupus Mororum, der im Oriente dieselbe Rolle spielt wie bei uns Syv. Buhi Idaei, den man hier gar nicht kennt, indem der Strauch sich nicht findet und auch cultivirt nicht gedeiht. Die Remanentia ex Syrwp, werden im Oriente zur Destillation eines Wassers ver- wendet, welches die Leute Moroneron nennen und das als ein grosses Heilmittel bei Kinderkrankheiten gilt. Aus den Schriften des Galenus {in lihro de alimentis facidt. Cap. 11.) ist zu ersehen, dass derselbe schon des Maul- beerbaumes erwähnt und Archigenes empfiehlt gegen Zahnschmerz den milchigen Saft des Maulbeerbaumes. Alle diese Anwendungen aus den ältesten hellenischen Zeiten haben sich auf die heutigen Griechen vererbt. Bei Zahnschmerzen nimmt das Landvolk seine Zuflucht zu dem Safte der Maulbeerblätter, jedoch nicht der Mo- nis albus oder nigra, sondern zu der Varietät mit grossen, schwarzen, sehr saftigen Früchten, aus denen der Syrup. Mororuvi bereitet wird. Diese saftigen Früchte sind so färbend, dass man es bereut^ diese so gut schmeckenden kühlenden Früchte gegessen zu haben, indem Hände und Lippen so stark gefärbt werden, dass man den Farbestoff nicht mit den gewöhnlichen Waschmitteln entfernen kann. Die Reinigung der schwarzroth tingirten Organe geschieht im Oriente mit den Blättern desselben Baumes. Man 108 Landerer, zerquetscht einige Blätter und reibt mit dem Safte die gefärbten Organe, welche im Augenblick dadurch gerei- nigt werden. Das Holz des Maulbeerbaumes ist ein gutes Färbe- mittel, um wollene und baumwollene Stoflfe damit gelb zu färben und die Rinde von den Zweigen ist in vielen Fällen auch ein Medicament gegen den Bandwurm, Notizen über Höhlen in Griechenland; von Demselben. In Griechenland finden sich wunderschöne Höhlen, die zu den grossartigsten Europas zu zählen sind und sich durch die Zierde ihrer Stalaktiten, die oft 5 bis 10 Ellen lang von der Decke herabhängen, auszeichnen. Eine solche wunderschöne Höhle ist auf Antiparos, einer kleinen Insel des griechischen Archipels, und Hunderte von Fremden besuchen diese nur von Hirten und einigen armen Familien bewohnte Insel dieser Höhle wegen. Um diese Stalaktiten zu erhalten, werden dieselben von den Hirten, die den EVemden zu Wegweisern dienen, ver- brecherischer Weise abgeschossen und bilden für diese •gewissenlosen Menschen einen Handelsartikel, indem sie nach Smyrna, Konstantinopel und Alexandrien versendet und auf den Bazars als Stalaktiten von Antiparos ver- kauft werden. In kurzer Zeit wird diese prachtvolle Höhle aller ihrer Zierden beraubt sein. Eine zweite schöne Höhle befindet sich auf der Insel Thermia, welche man Katafiki nennt, von dem Worte Katafigion, d. i. Zufluchtsort, indem die Leute zu der Zeit, als die Inseln des griechischen Archipels von See- räubern beherrscht waren, ihre werthvollen Sachen darin zu verbergen im Stande waren. Die Phantasie des Men- schen bildete aus den Stalaktiten Ambosse mit dem Schmiede, Sessel, Vorhänge, Giebel etc. Diese Hohle ist in der That wunderschön und gut erhalten; indem sie über ein eisenhaltiges Miner ahcasser. 109 in der Nähe der Stadt Thermia liegt und unter Aufsicht steht, um diese Naturschätze zu bewahren. Eine dritte Höhle ist die am Fusse des Parnass ge- legene Korykische Höhle, voll von Stalaktiten, eine vierte auf der Insel Makronison. Durch einen Zufall fand sich auf der Insel Tinos in der Nähe des Dorfes Exomenia eine der schönsten Höhlen vielleicht ganz Europas. In diesen Gegenden wird nämlich Marmor gebrochen und indem man sich mit dem Sprengen desselben beschäf- tigte, entstand mit einem Male eine Oeffnung, durch welche die Leute durchkriechen konnten. Sie befanden sich in einer mit den schönsten Stalaktiten verzierten Höhle, und es ist eine Pracht, diese im unveränderten Zustande zu sehen und die Natur darin zu bewundern. Ueber ein eisenhaltiges Mineralwasser; von Demselben. Auf der Insel Thermia, auch Kythnos genannt, fin- det sich eine ausgezeichnete Stahlquelle, welche Kakkaho genannt wird und eine Wärme von 42^ R. zeigt. Diese Quelle zeigt von ihrem Ursprünge bis wo sie sich in das Meer ergiesst, ihren Eisengehalt durch den Absatz des Eisenoxyds an allen Steinen und Gegenständen, die man in das Rinnsal des Wassers legt, deutlich an. Verliert jedoch die Quelle ihre Wärme, so ist mit einem Male auch das Eisen verschwunden und das Eisenoxydul wird als Eisenoxyd abgesetzt, so dass das Wasser in ein sali- nisches umgewandelt ist und der Patient statt eines stahl- haltigen ein salinisches Wasser gebraucht. Dass diese Erscheinung auf dem Verluste von Kohlensäure beruht, worin sich das Eisenoxydul aufgelöst findet, welches sich im nämlichen Augenblicke in Eisenoxyduloxyd umwan- delt, ist hinreichend bekannt. Wozu nützen jedoch solche Stahlquellen, solche Chalybothermen? diese wichtige Frage drängt sich mir auf, denn es handelt sich um das Wohl von Tausenden von Patienten, die nach Kythnos gehen, um auf den Rath der Aerzte die Stahlquelle des Kak- kaho zu gebrauchen, jedoch in Folge der angegebenen Erscheinung in Wirklichkeit eine salinische benutzen und mithin eine andere Wirkung sehen, wie voraus- gesetzt und erwartet wurde. 110 III. Jfloiiatslierielit« Dännes Eisenblech. Seiner Zeit ei-regte ein von Pittsburg abgesandter Brief grosses Aufsehen, der auf dünnes Eisenblech ge- schrieben war. Dieses Blech war so dünn, dass man 1000 Blätter brauchte, um 1 Zoll Dicke zu erhalten. Seit jener Zeit sind in England Bleche von noch viel grösserer Dünne erzeugt worden : 1. Auf den Marshfield- Eisenwerken ein Blatt von 110 Quadratzoll Oberfläche, 89 Grains schwer. 2. Daselbst ein eben so grosses Blatt nur 23 '/2 Gr. schwer, 2950 Blatt auf 1 Zoll. 3. Pontardawe walzte ein Blech, von dem man 3799 Stück zu einem Zoll Dicke brauchte. 4. Endlich gelang es dem Werkführer von Hallam & Comp, ein Eisenblatt zu erzeugen, von dem man zu 1 Zoll 4800 Stück braucht. {Berggeist.) B. Gusseisen. Gemische von altem und neuem Gusseisen in einem zur Hervorbringung grosser Widerstandsfähigkeit geeig- neten Verhältnisse erlangen eine noch höhere Festigkeit durch Hinzufügen einer geringen Menge^ bis 2 Proc, AVolfrara, durch grössere Mengen Wolfram wird das Eisen nur härter; die so erlangten Vortheile gehen durch Um- schmelzen des Eisens nicht wieder verloren. Das deutsche Wolframerz vom Zinnvvakle (wolfrarasaures Eisenoxydul- Manganoxydul [FeO, MnO] WO^) wirkt kräftiger als das französische, welches durch Rösten zunächst von Schwefel und Arsen gereinigt werden muss. Es genügt dann, das Erzpulver mit dem Eisen zu mengen, da die Reduction durch den Kohlenstoff des letzteren erfolgt. {Amial. de Chim. et de Phys.) Dr. Reich. Einfliiss des Wolframs anf Gasseisen. Einige schrieben die grössere E^estigkeit, welche in früheren Versuchen das mit Wolfram geschmolzene Roh- Nutzharmachung der WeissblechschnitzeJ . 111 eisen erhielt, auf Rechnung einer grösseren Reinigung, welche der Wolfram durch Entfernung von Schwefel und Phosphor bewerkstelligt haben sollte. Le Guen {Compt. rend. T. 59.) ist auf Grund nachstehend beschriebener Versuche der Ansicht, dass der Wolfram an und für sich eine grössere Zcähigkeit des Eisens herbeiführe und aller- dings vorzugsweise die grösste, wenn das mit ihm ge- schmolzene Roheisen an sich uni-ein war. Die Versuche wurden mit Holzkohleneisen angestellt von vortrefflicher Qualität aus der Giesserei von Nevers und Ruelle. ]\Ian schmolz l'/o, 2 bis 21/2 Proc. Wolfram ein und goss aus etwa 80 Kilogrm. Cy linder unter ganz gleichen Bedingungen des Versuchs. In allen Fällen erhielt man ein Gussstück, welches in den Sprengproben eine viel grössere Widerstandsfähigkeit besass, als das beste Kanoneneisen. In der Vermuthung, dass der Wolfram vielleicht in der partiellen Kohlenentziehung seine Kraft habe, stellte man ein bia an die Grenze des Vortheilhaften gehendes v/eisses, halbirtes Eisen dar; aber dieses besass nie die Wiederstandsfähigkeit des mit Wolfram geschmol- zenen. Dass in dem letzteren das Wolframmetall anwesend sei, haben directe Analysen gezeigt. Die Zähigkeit wuchs in dem Gusseisen von Raveau um Vg und in dem von Ruelle um '/y, {Jonrn. für prakt. Chemie, ßd. 95. 5.) B. NutzbarmachuDg der Wcissblechschnitzel. Die in den Klempnerwerkstätten, Knopffabriken und bei andern Gewerben abfallenden Wcissblechschnitzel Avurden bis jetzt als werthlos betrachtet, da die bisher vorgeschlagenen Methoden zur Nutzbarmachung derselben theils in der Praxis grosse Schwierigkeiten boten, theils jede Rentabilität in Frage stellten. Es ist nun kürzlich J. Fuchs die Auffindung eines praktischen Verfahrens gelungen, welches allen billigen Ansprüchen genügen dürfte. Das betreffende Verfahren gründet sich auf die Eigenschaft des metallischen Eisens, bei Gegenwart von Zinn mit Salzsäure behandelt nicht eher angegriffen zu Averden, als bis alles Zinn aufgelöst ist, so Avie als End- resultat auf die Verwerthung des durch Zink aus der Lösung niedergeschlagenen Zinnes und des zurückblei- benden Seh warz blech s. Die zur Lösung zu verAven- dende rohe Salzsäure ist A'^orher, unter Zusatz von circa 6 Proc. Salpetersäure, mit dem gleichen Quantum Wasser zu mischen. Mehrfach angestellte Versuche haben im 112 Ungeio'öhnliche Entstehungsart von Eisenoxydoxydul. Durchschnitt einen Gewinn von 1 ',4 Thh'. pro Centner Weissblechabfälle ergeben, {ßl. für Hdl. und Gew. 2866.) B. Methode zum Verkupfern des Gusseisens. Dem von Weil beschriebenen Verfahren zum Ver- kupfern gusseiserner Gegenstände stellt Payen das Zeug- niss unbedingter Brauchbarkeit aus. Zur Prüfung dessel- ben wurden in einem aus Steinzeug bestehenden Gefässe 750 Grm. Seignettesalz in 4 Liter Wasser gelöst und 400 Grm. käufliches Aetznatron zusetzt. Hiermit ver- mischte man eine Lösung von 175 Grm. Kupfervitriol in 1 Liter Wasser und erhielt so ein alkalisches Kupfer- bad, welches 20^ am Beaume'schen Aräometer zeigte. Die zu verkupfernden Gegenstände wurden folgender- massen präparirt. P^iltrirtes Seinewasser wurde mit eben so viel Schwefelsäure versetzt, dass die Flüssigkeit 2" ß. zeigte. Die Gegenstände wurden dann 10 Minuten bis 1/2 Stunde dai'in liegen gelassen, hierauf in eine schwache Aetznatronlauge (von 1^ B.) gelegt, am anderen Tage aus letzterer entfernt, mit einer Kratzbürste aus Eisen- draht gebürstet, mit dünnem Zinkdrahte umwickelt und mittelst desselben im alkalischen Kupferbade aufgehängt. Nach 1, 2 und besser nach 3tägiger Eintauchung waren die Gegenstände schön verkupfert. Mit Wasser abgespült lind mit einer Kratzbürste aus Messingdraht sehr stark gebürstet, löste sich auch nicht das geringste Kupfer- plättchen ab. (Bidl. dela SOG. del'encour. — Chem. Centrhl. 1866. 32.) B. Eine ungewöhnliche Entstehungsart von Eisen- oxydoxydul. Beim Reinigen eines zur Wasserheizung dienenden Systems schmiedeeiserner Röhren, resp. beim Ab- lassen des in diesen Röhren circulirenden Wassers wurde eine nicht unbeträchtliche Menge ziemlich dicker, stein- artiger schwarzer Krusten vorgefunden, die sich von den inneren Wandungen jener Röhren abgelöst hatten. Eine damit angestellte Analyse ergab als Resultat, dass diese Krusten lediglich aus Eisenoxydoxydul bestanden; sie wurden nämlich von einem vStahlmagnet kräftig angezogen und zeigten sich hierauf sehr polarisch. Von Salzsäure wurden sie in der Wärme mit Leichtigkeit ohne Wasser- Verfahren, zur volumetrischen Bestimmung des Eisens. 113 stotfgasentwickelung gelöst (Beweis von der Abwesenheit metallischen Eisens); die Lösung reagirte sowohl auf Ferridcyankalium, wie auf Rhodankalium. Ueber die räthselhafte Entstehung dieser intermediären Oxydations- stufe des Eisens in luftfreien, fortAvährend mit einem und demselben Quantum Wasser völlig angefüllten Eisenröhren, wird man sicherlich dann erst entscheiden können, wenn fragliche Köhren einer speciellen Prüfung unterworfen, wenn sie dem directen Feuer ausgesetzt worden sind. Jedenfalls mahnt eine solche Corrosion schmiedeeiserner, zu Wasser- heizungen dienenden Röhren, in welchen das circulirende Wasser nicht selten eine ausserordentlich hohe Temperatur annimmt, folglich einen gewaltigen Druck auf die Wände dieser Röhren ausübt, zu grösster Vorsicht. (Böttgers polyt. Notizhl. 1866. 12.) B.' Verfahren zur yolumetrischen Bestimmung des Eisens, von Clemens ^V i n k 1 e r. In neuerer Zeit ist man vielfach bemüht gewesen, ein Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Eisens aufzufinden, welches sich auf die Ueberführung von Eisen- oxyd in Eisenoxydul gründet, also auf dem entgegen- gesetzten Principe beruhen würde, wie die früheren Me- thoden zur Bestimmung dieses Metalles, welche die Gegen- wart desselben im Zustande des Oxyduls voraussetzen. Die bis jetzt zur Erreichung dieses Zweckes in Anwen- dung gekommenen Reductionsmittel sind Zinnchlorür und Jodkalium. Die Anwendungsweisen derselben lassen aber manches noch zu wünschen übrig und trotz der torzüg- lichen Resultate, welche sie geben, haben sie sich schwierig Eingang in technische Laboratorien verschafft. Ein dem Zinnchlorür analog wirkendes, aber weit kräftigeres Reductionsmittel für Eisenoxydsaize ist nach Clemens Winkler das Kupferchlorür. Während Zinnchlorür die Reduction des Eisenchlorids in der Kälte nur theilweise hervorzurufen im Stande ist, bewerkstelligt Kupferchlorür dieselbe sofort in den niedrigsten Tem- peraturen und bei jeder Verdünnung mit theoretischer Genauigkeit. Es ist deshalb für die Volumetrie des Eisens ganz geeignet. Zur Ausführung der in Rede stehenden Titrirmethode ist nun nach Clemens Wink 1er Folgendes nöthig. 1. Eine Auflösung von Kupferchlorür. Man stellt sich durch Auflösen von Kupferblech in Salpeter- Arch. d. Pharm. CLXXXII.Bds. l.u.2.Hft. 8 114 Verfahren ztir volumetri sehen Bestimmung des Eisens. säure eine Kupferoxydlösung dar, dampft ab, und nimmt den Rückstand in salzsäurehaltigcm Wasser auf. Diese Auflösung bringt man in einen Kolben, fügt ein dem Gewicht des trocknen Kupferchlorürs ungefähr gleiches Quantum Kochsalz zu, um bei der nachherigen Reduction die Ausscheidung festen Kupferchlorürs zu vermeiden, stellt einige Streifen Kupferblech in den Kolben und erhitzt sodann zum Kochen, so lange bis der Inhalt des Kolbens fast farblos geworden ist und somit alles Kupferchlorid sich in Chlorür verwandelt hat. Hierauf wird der Kolben verkorkt, erkalten gelassen und die erhaltene Flüssigkeit mit salzsäurehaltigem Wasser so weit verdünnt, dass ein Cubikcentimeter desselben ungefähr 6 Mgrm. Eisen ent- spricht. Um den also dargestellten Titer ohne Zersetzung zum ferneren Gebrauch aufzubewahren, füllt man ihn in eine Flasche mit dicht schliessendem Stöpsel und stellt in diese eine, vom Boden bis beinahe zum Halse derselben reichende Spirale von starkem Kupferdraht zum Schutze des Kupfer- chlorürs vor erheblicher Oxydation. Eine solche frisch bereitete Kupferchlorürlösung reducirte z. B. pro Cubik- centimeter 6 Mgrm. Eisen von Oxyd zu Oxydul; jetzt, nach 4 Monaten ist ihre Reductionsfähigkeit, geringe Schwankungen von 0,1 bis 0,2 Mgrm. Fe ausgenommen, noch immer dieselbe, obgleich die Flasche unausgesetzt im Gebrauche gewesen und sehr oft geöffnet worden ist. Zum currenten Gebrauche empfiehlt der Verfasser jedoch eine kleinere Flasche mit der aus der grossen Flasche entnommenen Titerflüssigkeit zu benutzen, welche, wenn sie thfeilweise geleert ist, damit wieder gefüllt wird. Durch Einwirkung der Luft und der Salzsäure auf die Kupfer- spirale wird natürlich der Titer eher reicher an Kupfer- chlorür als ärmer, doch lässt er sich dann durch Zufügung von wenig Wasser leicht auf den alten Wirkungsgrad zurückführen. Mit gutem Erfolge anwendbar ist auch ohne Zweifel für diesen Fall das Verfahren von Frese- nius, welches dieser bei Aufbewahrung von Zinnchlorür- lösung in Anwendung brachte und welches in einer Ab- sperrung der oxydablen Flüssigkeit durch alkalisches pyrogallussaures Kali besteht. Die als Titer benutzte Kupferchlorürlösung darf selbst redend nicht von Tag zu Tag in der Bürette stehen bleiben. Am zweckmässigsten und richtigsten wird es für alle Fälle sein, den Wirkungs- werth des Titers zeitweilig zu bestimmen. Man hält sich deshalb Verfahren zur vohimetrischen Bestimmung des Eisens. 115 2) Eine Eisenchloridlösung von bekanntem Gehalte vorräthig, welche man nach Fresenius durch Auflösen von 10,03 Grm. Clavierdraht_, entsprechend 10,00 Grra. reinem Eisen in Salzsäure und chlorsaurem Kali und Verdünnen auf 1 Liter darstellt. Zu jeder Titer- bestimmung misst man 10 CG. dieser Normallösung ab, welche 100 Mgrm. Eisen entsprechen. 3) Um die Beendigung der Reduction mit Schärfe beobachten zu können, bedient man sich einer Auflösung von Schwefelcyankalium in Wasser, von welcher man der zu untersuchenden Flüssigkeit wenige Tropfen zufügt und ihr dadurch die bekannte blutrothe Farbe ertheilt. Winkler verwendet gewöhnlich zu dem der Aufgabe entsprechenden Zwecke eine zehnprocentige Schwefel- cyankaliumlösung, die Gegenwart von zu viel Schwefel- cyankalium lässt die Erscheinungen undeutlicher hervor- treten. Bei der Ausführung der volumetrischen Eisenbestim- mung mittelst Kupferchlorür selbst sind nur wenige Re- geln zu beobachten. Zunächst ist es anzurathen, die zu titrirende Eisenlösung gehörig angesäuert und in stark verdünntem Zustande unter die Bürette zu bringen. Eine Lösung, weiche 100 — 200 Milligrm. Eisen enthält, ver- dünne man auf 500 und mehr Cubikcentimeter. Es ist dies zwar zum Gelingen der Operation nicht unbedingt nöthig, aber die Erscheinungen verlaufen weit klarer und deutlicher, als bei Anwendung concentrirter Flüssigkeiten. Beim Zusetzen der Schwefelcyankaliumlösung muss eben- falls eine gewisse Vorsicht beobachtet werden. Es ist vollkommen hinreichend_, wenn man 4 — 5 Tropfen der obengenannten Schwefelcyankaliumlösung zur Eisenlösung setzt; beim Zutröpfeln des Kupferchlorürs erfolgt dann das Verbleichen der rothen Farbe mit seltener Schärfe und erst, wenn alles Eisen zu Oxydul geworden ist, be- wirkt die nächste Tropfung eine bleibende, sanfte Trü^ bung. Es lag im Interesse der Wissenschaft, die durch Kupferchlorür zu Oxydul reducirte Eisenlösung mittelst Zusatz titrirten Chamäleons wieder in Oxyd überzufüh- ren, um auf diese Weise eine Controlanalyse zu erhalten. Dieses ist jedoch nicht ausfühi'bar, da die vorhandene Rhodanwasserstoffsäure durch das übermangansaure Kali in Cyanwasserstoff und Schwefelsäure übergeführt und dadurch ein bedeutender Mehrverbrauch an Chamäleon veranlasst wird. Ebenso wirkt die in der Flüssigkeit 8* 116 Verfahren zur volumetrischeu Bestimmung des Eisens. anwesende ei'hebliche Menge ChlorwasserstofTsäure zer- setzend auf das übermangansaure Kali, weshalb man nicht minder talsciie Resultate erhält, wenn man der Eisenchloridlösung, statt Schwefelcyankalium, Jodkalium zusetzt, um die nach erfolgter Reduction auftretende Aus- scheidung von Kupferjodür als Indicator zu benutzen. Beim Zurücktitrircn mittelst Chamäleon macht sich dann ein deutlicher Chlorgeruch bemerkbar und man erhält viel zu hohe Gehalte. Die Gegenwart gefärbter Metallverbindungen, z. B. der Salze des Kobalts, Nickels, Kupfers u. s. w., hindert durchaus nicht die sichtbare Wahrnehmung der End- erscheinung, wenn die Flüssigkeit hinreichend verdünnt ist. Eben so wenig stört die Anwesenheit von Arsen- säure, da diese nicht durch Kupferchlorür reducirt wird. Hieraus ist ersichtlich, dass diese Methode für den Hüt- tenmann von Wichtigkeit ist, um auf die vorgeschrie- bene Weise in kurzer Zeit den Eisengehalt eines Steines, einer Speise oder eines andern Productes schnell und richtig zu erfahren. Belege. 1) Je 10 C.C. einer Eisenchloridlösung, entsprechend 0,098 Grm. Fe, wurden mit viel concentrirter Kobalt- oder Nickelchlorürlösung versetzt und dadurch stark ge- färbt. Dieselben Versuche wurden unter Anwendung von viel Arsensäure gemacht. 1 C.C. Kupferchlorür entsprach 6,0 Milligrm. Fe. Angewendet Verbraucht Gefunden Differenz Grm. Grm. a) 0,098 Fe viel CoCl = 16,3 C.C. 0,0978 Fe 0,0002 b) 0,098 „ „ NiCl =16,4 „ 0,0984 „ 0,0004 c) 0,098 „ „ CoCl u. As05 = 16,3 „ 0,0978 „ 0,0002 d) 0,098 „ „ NiCl u. As05 = 16,3 „ 0,0978 „ 0,0002 2) 1 Grm. kobalt- und nickelhaltige Speise wurde gelöst, die Lösung verdünnt und titrirt. 1 C.C. Kupferchlorür entsprach 5,9 Mgrra. Fe. Es wurden verbraucht: a) 15,6 C.C.J ^ n 204 Proc. Fe. b) 15,6 „ / Die Bestimmung durch Gewichtsanalyse ergab = 9,210 Proc. Fe. Diese Ergebnisse geben zu ihrer Verwendung nicht allein in der Technik, sondern auch bei Wissenschaft- Haltbarkeit einer sauren Lösung der arsenigen ISäure. 117 liehen Untersuchungen, die beste Hoffnung. {Journ. für prakt. Chemie. Bd. 95. 7.) B. Tellar findet sich in Südamerika im Staate Bolivia auf dem Berge Illampu, 15,000 Fuss über dem Meere, zu ö Proc. in einem Wismutherze. Dieses wird bergmännisch ge- wonnen, so dass auch das Tellur, ein bis jetzt höchst seltenes Metall, jetzt allgemeiner zugänglich werden wird. {PJiilos. Mag.) In geringer Menge finden sich Tellurerze zu Ofi*en- banya, Salathna, Nagyag in Siebenbürgen, zu Schemnitz in Ungarn, auf der Sawodinsky- Grube am Altai, zu Spott- sylvania in Virginien vor. Aber auf der Stanislaus-Grube in Californien sind diese Erze so massenhaft, dass ein eigener Schmelzprocess darauf betrieben werden kann. Nach dem Berichte von Mathewson finden sich etwa 24 Stunden von St. Franzisco in dem Calaveras-Gebiete, zwischen dem Stanislaus Kiver und dem Albany Hill, auf 3 Meilen Länge und 1 Meile Breite, eine grosse An- zahl Erzgänge und Lager in metamorphosirtem Schiefer. Dieser ist von mächtigen Serpentinmassen durchsetzt, welche fast alle die Mineralien enthalten, welche am Fusse des Nevada Range vorkommen. Die wichtigste Erzablagerung wird durch die Stanislaus-Mine abgebaut, wo die Erze der Hauptsache nach aus Tellurgold und Tellursilber bestehen, begleitet von goldreichem Schwe- felkies und Spuren von Bleiglanz und Kupferkies. Nach Stetefeldt enthält das Erz der Grube hauptsächlich Sylvanit oder Schrifttellur, bestehend aus 59,6 Tellur, 25,5 Gold, 13,9 Silber, ferner geringe Mengen Tellurblei neben gediegen Gold. Bei dem grossen Werth der Erze und der Gefährlichkeit der Tellurdämpfe hat man hier mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das Amalga- mationsverfahren kann man nicht anwenden, weil das Gold meistentheils durch Tellur vererzt ist und der Ge- halt an Tellurblei störend wirkt. Dr. Reich. Grosse Haltbarkeit einer sauren Lösung der arseni- nigen Säure. Eine im Jahre 1857 von Wittstein bereitete salz- saure Lösung der arsenigen Säure (1 Liter), welche in einer mit Korkstöpsel verschlossenen Flasche aufbewahrt 118 Verhalten des Kupfers u. Silbers zu Säure- Auflösungen. Aviirde, zur Prüfung des Chlorkalks auf seine Bleiclikraft nach Gay-Lussac, erwies sich nach der Prüfung im September 186.5, also nach einer Dauer von 8 Jahren, noch unverändert in seinem Gehalte an arseniger Säure. Die Prüfung geschah auf folgende Weise. Der dritte Theil des Restes der Lösung wurde mit schwefelsaurer Magnesia und Salmiak versetzt, mit Ammoniak übersät- tigt und mit einem Glasstabe fleissig umgerührt, es trat aber selbst binnen mehren Stunden nicht die mindeste Trübung ein. Am folgenden Morgen hatten sich zwar einige leichte Flocken abgesetzt 5 diese waren aber keine arsensaure Ammoniak-Magnesia, sondern Magnesiahydrat, denn sie lösten sich in Salmiaklösung vollständig auf. Die salzsaure Lösung der arsenigen Säure gehört mithin zu denjenigen Titrir- Flüssigkeiten, welche ihre ursprüngliche Beschaffenheit auf lange Zeit, vielleicht auf immer beibehalten — eine für die Massanalyse nicht un- wichtige Thatsache. ( Wittst. Vierteljahrsschr. Bd. 15. 1.) B. Heber das Verhalten des Kupfers und Silbers zu den Auflösungen der arsenigen^ selenigen uu^ oö" t^ o cd t^ t^ oT ö" crT r, 'S '" s a O a5 0'*iocot^»n(>a!MO?acO(Mcr.criT-(aiOi~(M'iro''0 crT-siTt^rco 'o'cn i--'~co't— "c^"io r-r.o't--''co'tc~0(McoinO'*c-ja;i-H:oojeoc£>(M <>J(M#-<# (M(M'MCO(M(M(MCOCOCO c« t> a> ü 1— l•Tt(lO•rt^^l--Ooo^OlO'OlOcDGOt-lOâ– ^cocOrHlHO•«*'^- r^^â– ^J^^(^^^G^^-^c<^^co c^r-<^cr)_o -*^o co^T-H C^^ CO C^_^iO CO CO.t— CD CO CD_ cd"i>rarw Th'co~o s^co"co'"t>rcrrio co'~crrc^'co"c^"->^'o^'-H »-«'cd od '^■«^ICOCO-'^fC-CD'r-lTtlaiiO-rflC^t^t^iOCOCacOCOCD-^COOO ü OT â– ^l>-^t--_^T-4^CD^CO i-J_iO Ci ^^'-J'* 0\ CO CO -^ (N >0 t-^O-^^CO <7i O CO cd" -*" i-T â– rj'' o' -^^ CD*" o~ CD T-T c? t-' i-T cd co' cc" ic" o c-f co' cd" cc" -^jT r^' icT CDiOCOt^-^COCOCM-^iCOCOOiOOfMOOiOCOCOOlCOOfNCO CN (>j_oj_-rj<_io^cq^r- c^ 05^0^0 o c^o^o co c^ co^-^os â– ^^co -"^^co o Ji CO :(:3 CJ bD < o O^^COf-OC— (T^ItM — CO'*'tHOiOCOCOiO(MM'#(MCOCO»-iCD OrHc^coo-^icoi-HOOCD-^coGit^Cicoo-rHr-oocMioioeoi— I G^a5^ai^cN^co_^co^o -^ t-^io^co^co^co^^oo^co^T-i^co^o c t--^-*_^G^ -^^oo o_ •r^^ !>•" f-" i>-'~ o' t-h' r-T co" co' co" CO*" r^" co' cd"^ c^ rn" i-4~ cn" o^r - •" o (>I t^" co' -^" CMC73C0iO-*THCOT-HG0rHiOc0Ot'-^T-iO''*i'MC000C0CDC0'O OCT3T-ICMCO^CO-<^CNi:NOl~-GOC't^aiC^COLO-CCCOCMiOaiCDCOt-iO(MO(>J(MCOCn-^CO-*C>Q;r. -rtiOiCS â– ^ lO t^-^_iO_t-^ "O i--^t— ^co_^co_-^^ ^J^. ^l'^„^ ^1 '^'"^'^. CO in CD (>j i-T co' CO i>-~ -^ caT-i(Mco>ccot-a5 (^â– ^^^^:^l^l>^c^co_ci_t-_^co__o oi i-i co rn" t-h' rH~ 1-h' T-T !>r Cf jq' 3^f Cvf C^' CO' CO*" CCS Ot-H Ot-H CD l>^ coC5CDcDTtHi-(-*oocococo?acOi-H-*cDt^c^iOur5co-*co (Ma>cocoaicDco(>icDcococr3t~-co-*io-*ir5'^cDO^^co ic^c: •—^o irt_ co^^r- CD c^^o CD i~-; «-^^^^co co^co^co i— ( co co ;m o co'cm'co 3"- c£ th'öo'cTo'ö c^ as'ai-^'o-ro'cM'— J'th o ö^cT t- CM O Ci O c:^0 CDOOOCliOiO^fMCO'tl-rti-^l^.c^t^ iO_CO -*__-^__iO^-5J^_^-*_ X_CC_^aD_-^__in__iO,l--__l— ^-^lO lO >0 CD CD CO i>^ t-^ co' cd cd" o" ot' m' oT c^' o^' o' (>f c^f (>f c^' c(:r cd co" co" -rt^' tjT-^jT (M^C^CNC2 012. Um das Helleborin zu gewinnen, kocht man die zerkleinerten Wurzeln wiederholt mit Weingeist aus, engt die Auszüge durch Destillation auf ein kleines Volumen ein und schüttelt den Rückstand wiederholt mit beträcht- lichen Quantitäten kochenden Wassers, in welchem das Helleborin bei Gegenwart von Helleborein löslich ist. Nach starkem Concentriren und Erkaltenlassen scheidet sich dann das Helleborin aus und wird durch Umkrystalli- siren aus Weingeist gereinigt. Es bildet glänzend weisse, concentrisch gruppirte Nadeln, ist, im trockenen Zustande auf die Zunge gebracht, fast geschmacklos, aber seine weingeistige Lösung schmeckt ausserordentlich scharf und verursacht an den Lippen ein viele Stunden anhal- tendes Brennen. Es ist in kaltem Wasser unlöslich und löst sich nur wenig in Aether und fetten Oelen, aber gut in kochendem Weingeist und in Chloroform. Seine Zusam- mensetzung wird durch die Formel C'2JJ42012 ausgedrückt. Concentrirte Schwefelsäure färbt es prachtvoll hochroth; die Reaction ist ungleich intensiver und empfindlicher, als die lab Laserpitin. bekannte Salicinreaction. Wasser scheidet aus dieser Lösung einen harzartigen Körper, das Helleboresin, ab, welcher neben Zucker aus dem Helleborin entstanden ist. Am besten gelingt die Spaltung mit syrupartiger Chlorzinklösung. Das Helle- boresin von der Formel C^oppsOS stellt nach dem Trock- nen ein grauweisses, geschmackloses Pulver dar, welches sich nicht in Wasser, nur wenig in Aether, aber gut in kochendem Weingeist löst. Die physiologischen Wirkungen dieser Stoffe sind folgende : Von Helleborein genügten 300 Milligr. in den Magen einer ausgewachsenen Katze gebracht zur tödtlichen Vergiftung, bei subcutaner Application war eine kleinere Dose ausreichend. DasHelleboretin übt keine sichtliche Wir- kung auf den thierischen Organismus aus. Das Helleborin ist ein starkes Narcoticum, noch energischer als das Helle- borein. {Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXX V. 55 — 65.) G. Laserpitin. Das Laserpitin ist ein von A. Feld mann in der Wurzel von Laserintium latifolium L. aufgefundener Bitter- stoff, den man daraus durch Ausziehen mit Weingeist von 80 Proc. darstellen kann. Die reine Substanz kry- stallisirt leicht in vollkommen farblosen rhombischen Pris- men, ist geruch- und geschmacklos, in kaltem und kochen- dem Wasser unlöslich, leicht löslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Terpenthinöl, Benzin und fetten Oelen. Die alkoholische Lösung reagirt neutral und schmeckt bitter; die Substanz schmilzt bei 114^ zu farblosen, ölartigen Tropfen und erstarrt wieder zu einer amorphen Masse, die später wieder krystallinisch wird. Ueber seinen Schmelzpunct erhitzt, verflüchtigt sich das Laserpitin und sublimirt unzersetzt in öligen Tropfen; es ist unlöslich in Kali-, Natron- und Ammoniak- flüssigkeit, in concentrirter Salzsäure, Salpetersäure und Essigsäure; durch concentrirte Schwefelsäure wird es mit kirschrother Farbe gelöst. Beim Erhitzen mit Kalihydrat zerfällt das Laserpitin in Angelikasäure C'^H^ 04 und einen alkoholartigen Kör- per, vom Verfasser Laserol = C^^H^^O^, genannt. Das Laserpitin besitzt die Formel C^^H^GOi* und die Zersetzung in Angelikasäure und Laserol erklärt sich nach der Gleichung: C48H36014 -[.. 2H0 = C28H2208 -\- 2(C»"H804). Untersuchung der Aloe succotrina. 159 Das Laserpitin besitzt demnach denselben Kohlen- stoffgehalt wie Atharaantin, Peucedanin und das diesem identische Imperatorin, wie es denn überhaupt in seinen allgemeinen Eigenschaften mit diesen Stoffen überein- stimmt. Bemerkenswerth ist, dass diese Substanzen sämmt- lich von botanisch nahestehenden Pflanzen aus einer natür- lichen Familie abstammen. {Annal. der Chem. und Pharm. CXXXV. 236—247.) G. (Intersuchung der Aloe succotrina. Rochleder theilt in Folgendem die bis jetzt gewon- nenen Resultate in Kürze mit, welche 0. Czumpelik aus seiner Untersuchung der Aloe succotrina gezogen hat. Hiernach muss die Aloe succotrina als ein Gemenge von Substanzen angesehen werden, die in dem Safte der Aloeblätter enthalten sind, mit einer nicht geringen Quan- tität von Stoffen, die durch Zersetzung der ursprünglichen Bestandtheile entstanden sind, abgesehen von Sand, Holz- stücken und anderen Unreinigkeiten, die bald in grösserer, bald geringerer Menge zugegen sind. Zu den eigentlichen Bestandtheilen der Aloe gehört ein krystallisirbarer Stoff", der in allen seinen Eigenschaften von dem Aloin verschie- den ist. Er lässt sich aus erwärmtem, wässerigen Wein- geiste umkrystallisiren und auf diese Weise rein erhalten. Seine Natur zu erforschen muss jedoch weiteren Versuchen vorbehalten bleiben. Das x\loin ist ein zweiter Bestand- theil der Aloe, welcher bis jetzt aus der Aloe succotrina vergeblich darzustellen versucht wurde. Die Menge des Aloins ist nicht unbedeutend und beträgt circa 1 Loth auf l'/2 Pfd. Aloe. Czumpelik hat es in allen im Handel vor- kommenden Sorten von Aloe succotrina aufgefunden. Er halt auch das Bromaloin von Stenhouse daraus dargestellt, so dass an der Identität dieses Aioins mit dem aus Barbados- Aloe kein Zweifel ist. Durch Behandlung einer weingeistigen Aloin-Lösung mit Salzsäure wird das Alom zerlegt und giebt dabei ein gelbes krystallisirtesSpaltungsproduct, welches mit Alkalien dieselbe Reaction zeigt, wie die Chrysophansäure. Ein dritter Bestandtheil der Aloe ist ein schön gelbes, beim Betropfen mit Salzsäure sich blutroth färbendes Harz. Dieses wird durch Behandlung mit Alkalien in wässeriger Lösung bei erhöhter Temperatur zerlegt und giebt dabei, neben anderen, den farblosen in zolllangen Nadeln kry- stallisirten Stoff, den man erhält, wenn Aloe direct mit Aetznatronlösung gekocht, die Flüssigkeit mit Schwefel- 160 Verhalten der Aloe zur Thierkolile. säure gesättigt und mit Aether ausgezogen wird. Der vierte ßestandtheil endlich ist ein Gerbstoff, eine ad- stringirend schmeckende, lllisenoxydsalze schwärzende Sub- stanz, die nur in geringer Menge vorhanden ist und offenbar in Folge der leichten Veränderlichkeit zum grössten Theile im zersetzten Zustande sich unter den Stoffen befindet, welche die Aloebestandtheile begleiten. Diese Substan- zen bleiben ungelöst zurück, wenn die Aloe mit wenig mehr als der gleichen Gewichtsmenge von wasserfreiem Alkohol im gepulverten Zustande behandelt wird. Sie sind schwarz von Farbe und unmöglich als solche in dem Safte der Aloeblätter fertig gebildet vorhanden. Hieran schliesst Rochleder noch eine Bemerkung, welche das Aloin betrifft. Stenhouse hat für dieses purgirende Princip, das Smith in der Barbados- Aloe entdeckte, die Formel C34H"8 0i4 aufgestellt. Dieser Zusammensetzung nach ist das Alo'in nicht unwahrschein lieh ein Glykosid, das sich nach der Gleichung C'^'^H^^QH -}- 4 HO = C'-i2Hi0O6 -f C12H12012 spalten würde. Dieses C22H*0O6, welches Rochleder Aloetin nennen würde, wäre homolog mit der Chrysophansäure, dem pur- girenden Stoffe der Rhabarber und das dritte Glied der Reihe, die mit dem Purpurin des Krapps beginnt : C'8H6 06 = Purpurin, C20 HS 06 = Chrysophansäure, C22H10O6 = Aloetin. Für diese Vermuthung sprechen die Eigenschaften des von Czumpelik gefundenen Spaltungsproductes der Chry- sophansäure. (Sitz.-Ber. der k. k. Gesellsch. der Wissensch. — Chem. Centrbl. 1866. 2.) B. Terhalteu der Aloe zur Thierkohle. Bei Gelegenheit der Untersuchung des Daubitz'schen Kräuterliqueurs hat Jacobsen gefunden, dass die Aloe vollständig durch Thierkohle zurückgehalten wird, wenn man die Flüssigkeit einige Zeit unter öfterem Umrühren bei Seite gestellt hat. Das Filtrat ist farblos und schmeckt nicht mehr nach Aloe. Auf diese Weise lässt sich auch sehr gut der Zucker in dem genannten Liqueure nachweisen. 13eispielswcise hat Jacobsen 3 Di-achmen Aloetinctur und 1 Drchm. Zucker in 1 Drchm. Wasser gelöst, zusammengegos- sen, reine Thierkohle hinzugesetzt und wie oben behandelt. Das Filtrat war farblos, schmeckte nicht mehr nach Aloe und Aloetinsäure. — Chrysocyaminsäure. 161 gab nach dem Abdampfen auf dem Wasserbade genau die Drachme Zucker als weisses, süsses Pulver. {Böttgers polyt. Notizbl.) B. Die Aloetinsäure, ein Oxydationsproduct der Aloe mittelst Salpeter- säure, hat nach C. Finckh folgende Eigenschaften: Sie besteht aus einem sattgelben amorphen Pulver, welches bei 120^ unter Abgabe von 1 Aeq. HO sich bräunt, wenn sie aus der Lösung des Barytsalzes in der Kälte durch verdünnte Salpetersäure abgeschieden wird. War die Lösung des Barytsalzes heiss, so erscheint sie als braune, amorphe Masse. In kaltem Wasser ist sie wenig löslich, mehr in kochendem mit purpurrother Farbe, welche auf Zusatz von Säuren in Gelb übergeht und beim Neutralisiren mit Basen wieder roth wird. In Weingeist löst sie sich leicht mit rother Farbe; auf Platinblech erhitzt verpufft sie. Ihr Geschmack ist stark bitter und kratzend. Ihre Zusammensetzung wird durch die Formel C14H2N2O10 ausgedrückt, die sich von der Formel der Chrysaminsäure, Ci4H2N'-0'2, einem anderen Oxydationsproduct der Aloe mittelst Salpetersäure, nur durch ein Minus von 2 O unter- scheidet. Durch Kochen mit concentrirter Salpetersäure wird die Aloetinsäure auch in Chrysaminsäure übergeführt. Die Aloetinsäure ist eine ziemlich starke Säure und treibt die Kohlensäure aus ihren Salzen aus; mit den Alkalien und Erdalkalien bildet sie in Wasser mit Purpur- farbe lösliche Salze; schwer- und zum Theil unlöslich sind die Verbindungen mit den Oxyden schwerer Metalle. I^Annal. der Chem. und Pharm. CXXXIV. 236— 240.) G. Chrysocyaminsänre. Diese neue Säure erhielt C. Finckh beim Eintra- gen von Chrysaminsäure in eine erwärmte Lösung von Cyankalium. In reinem Zustande Hess sich die Säure nicht darstellen, aus der Analyse ihrer Salze aber ergab sich für dieselbe die Formel C18H3N3 012. Die Verbin- dungen der Chrysocyaminsäure mit Natron, Kali und Ammoniak sind leicht löslich und krystallisirbar, die meisten übrigen Metallsalze sind dunkelroth gefärbte kry- stallinische Niederschläge, welche zum Theil in reinem Wasser etwas löslich, meist jedoch vollkommen unlöslich Arch.d. Pharm. CLXXXII.Bds, l.u.2.Hft. H 162 Entioickelungsgeschichte des Farbstoffs in Pflanzenzellen. sind. Beim Erhitzen verpuffen sämmtliche Salze wie Sehiesspulver. [Eine geringe Menge des Kalisalzes in Wasser geworfen löst sich mit intensiver dunkelviolett- rother Farbe auf, {Annal. der Chem. und Pharm. CXXXIV. 229 — 236.) G. Chloranil. Behandelt man eine alkoholische Lösung von Capaloe mit Chlor, so trennt sich die Flüssigkeit in zwei Schich- ten, wovon die obere Producte der Einwirkung von Chlor auf Alkohol enthält, während die untere aus einem orange- gelben halbflüssigen Harze besteht, welches sich in kaltem Weingeist mit rothbrauner Farbe löst, unter Abscheidung von gelblich -weissen Krystallblättchen. Diese Kry stalle sind nach der Untersuchung von C. Finckh Chloranil = C»2C14 04 {Annal. der Chem. und Pharm. CXXXIV. 241—242.) G. Untersuchungen über die Ent^ickelungsgeschichte des Farbstofls in Pflanzenzellen hat Adolf Weiss (Prof. der Botanik an der Univer- sität Lemberg) veröffentlicht. Er stellte dieselben mit den Beeren von Lycium harharum L., Solanum Dulcamara L., Solanum capicastrum Lk., Solanum laciniatum Ait., Solanum pseudocajysicum L., den Zellen des gelben Ueber- zugs, der die Samen von Econymus europaeus L. beklei- det, den Beeren von Capsicum haccatum, Asparagus ver- ticillatus L. an, welche sämmtlich einen nicht gelöst auftretenden gelbrothen Farbstoff enthalten und fasst die Resultate seiner mitgetheilten und durch schöne colo- rirte Abbildungen erläuterten Beobachtungen in folgende allgemeinere Sätze zusammen: 1. Die Bildung des Farbstoffes erfolgt in einer und derselben Zelle fast immer auf zwei oder mehre von einander verschiedene Weisen. 2. Sie geschieht nicht in der Weise, dass etwa die Chlorophyllkörner zuerst verschwinden und durch Neubildung sich auf einer neuen Untei'lage neuer Farb- stoff erzeugt, sondern indem die Unterlage des früheren Chlorophyllkorns (wohl meist Amylum) bleibt und nur das grüne Pigment, welches sich unter Einwirkung des Lichtes darauf abgelagert hatte, succesive durch alle Ab- stufungen von Gelb hindurch in den schliesslich rothgelben Farbstoff verwandelt. Entwickelungsgesckichte des Farbstoffs in Pflanzenzellen. 163 3. Die Ursache dieser Farbenwandlung muss in einer durch die Vorgänge des Reifens der Beere veränderten Diffusion st hätigkeit der Zellen gesucht werden, ob- gleich sich derzeit über die zu Grunde liegenden chemi- schen Verhältnisse nichts angeben lässt. 4. Neben dieser bei weitem häufigsten Bildungsart kommt gewöhnlich eine zweite von ihr gänzlich verschie- dene vor, durch welche im Innern von Bläschen der Farbstoff direct aus dem Protoplasma oder richtiger aus der stickstoffhaltigen Materie im Innern derselben ent- steht. 5. Die fertigen Farbstoffgebilde erhalten später an ihren Enden meist farblose Schleimfäden^ welche zwei oder mehre derselben verbinden und möglicherweise das Product einer Umwandlung sein können, welche die Unterlage (Amylum) des Farbstoffs bei und nach der Reife erfährt. 6. Schliesslich zerfallen die Farbstoffgebilde, indem ihr Pigment allmälig immer blässer und blässer wird, in ihre einzelne Theile (Unterlage und Pigment). Weiss bedient sich in seiner Abhandlung des Aus- druckes Bläschen zur Bezeichnung eigenthümlicher Ge- bilde im Innern von Pflanzenzellen und er spricht sich über dieselben dahin aus: Es ist sicher, dass im Innern von Zellen eine Art von Elementarorganen, Bläschen, vorkommen, die aus einer Membran und einem von ihr scharf getrennten flüssigen Inhalte bestehen, in oder aus welchem sich im Verlaufe ihres Lebens Amylum, Chlorophyll und Farbstoffe bilden können, die demnach wie die Zellen selbst eine fortschreitende Entwickelung zeigen. Ihr Unter- schied von dem, was wir Zelle nennen, dürfte kaum darin bestehen, dass sie ohne Einwirkung eines Cytoblasten sich individualisiren, jedenfalls aber, dass wir an ihnen vor der Hand keine Cellulosehülle nachweisen kön- nen, ja dass sie dieselbe höchst wahrscheinlich durchaus nicht besitzen. Generisch sind sie von unseren Zellen sicher nicht verschieden. Was den Cytoblasten be- trifft, so wird ihm ebenfalls sicher die Zellennatur zu- gesprochen werden müssen. {Sitzungsber. der k. k. Akad. der Wissensch. Math.-naturio. Cl. 50. Bd. I. Heft. I. Abth. S. 6 — 35.) H. Ludioig. 11 164 Ueher das Chlorophyll. Heber das Chlorophyll. Durch frühere Untersuchungen hat E. Freniy ge- zeigt, dass man das Chlorophyll durch Einwirkung von Salzsäure und Aether in einen gelben Körper Phylloxanthin und in einen blauen Fhyllocyanin spalten kann. Ganz ähnlich wie Salzsäure wirken auch andere Säuren, selbst schwache, wie sich im weiteren Verlaufe seiner Unter- suchungen ergeben hat. Eine Reindarstellung der Spal- tungsproducte war aber auf diesem Wege nicht zu ermög- lichen. Fremy studirte darauf die Einwirkung der verschie- denen Basen auf das Chlorophyll und stellte Folgendes fest. Die Basen scheinen auf das Chlorophyll in dreifach verschiedener Weise zu wirken. 1) Die Hydrate gewisser Erdbasen, wie die Magnesia und namentlich Thonerdehydrat mit einer alkoholischen Lösung von rohem Chlorophyll geschüttelt, geben Lacke, indem sie sich mit der grünen Substanz verbinden, und lassen im Alkohol eine gelbe Substanz und namentlich auch Fett gelöst. 2) Alkoholisches Kali und Natron verhalten sich zum Chlorophyll in der Siedhitze wie die Säuren, verseifen aber gleichzeitig die Fettkörper, welche dasselbe verun- reinigen. Auf diese Weise erhält man eine grüne Flüssig- keit, in welcher man leicht die Gegenwart der beiden Spaltungsproducte nachweisen, diese Substanzen aber nur schwierig rein darstellen kann. 3) Die alkalischen Erden, wie Kalk, namentlich Baryt, verhalten sich am eigenthümlichsten gegen das Chloro- phyll. Kocht man durch Thonerde j.,ereinigtes Chloro- phyll eine Zeit lang mit Barythydrat, so schlägt sich das Phyloxanthin, gleichzeitig mit einem unlöslichen Baryt- salze nieder. Letzteres enthält einen zweiten Körper, den Fremy vorläufig Phyllocyaninsäure nennt. Das Chlorophyll verhält sich hiernach wie Fett, das neutrale Phylloxanthin entspricht dem Glycerin und die Phyllo- cyaninsäure würde als eine blaugrün gefärbte Fettsäure anzusehen sein. Nach Vollendung der Spaltung wird die Masse mit Alkohol behandelt; in diesem löst sich das Phylloxanthin und scheidet sich aus der Lösung nach seinem Verdun- sten wieder ab. Aus dem phyllocyaninsauren Baryt er- hält man durch Zersetzung mit Schwefelsäure die Phyllo- cyaninsäure. Das Phylloxanthin ist neutral, unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol und Aether, krystallisirt bald Die Farbstoffe der Blätter. 165 in gelben Blättchen, bald in röthlichen Prismen^ welche in ihrem Ansehen Aehnlichkeit mit zweifach chromsaurem Kali haben. Die Phyllocyaninsäure ist unlöslich in Wasser, lös- lich in Alkohol und Aether, und erhält in diesen letzteren Flüssigkeiten eine olivengrüne im reflectirten Licht braun- rothe oder violette Färbung. Alle ihre Salze sind braun oder grün; nur die Salze der Alkalien sind in Wasser löslich. Die Säure löst sich in Schwefelsäure oder Salz- säure je nach der Concentration mit grüner, röthlicher, violetter oder schön blauer Farbe, durch einen Ueber- schuss von Wasser wird die Phyllocyansäure wieder aus- geschieden. Die Existenz einer aus dem Chlorophyll ab- zuscheidenden Säure, welche durch die Einwirkung ge- wisser Agentien grüne, violette und blaue Färbung annimmt, gilt Freray als das beachtenswertheste Factum, welches diese Untersuchung zur Kenntniss gebracht hat. {Compt. rend. T. 61. — Chem. Centrhl.) B. lieber die Farbstoffe der Bltätter. Sowohl die Blüthen als auch andere schnell sich ent- wickelnde Pflanzenorgane enthalten nach Chatin und Filhol eine Substanz (A), die sehr begierig Sauerstoff aufnimmt, sich unter dessen Einfluss verändert und die Blätter im Herbst braun färbt. Das Chlorophyll wird durch die Wirkung des Lichtes und der Luft gelblich -braun und wird dann durch Salz- säure nicht wieder grün. Die gleichzeitige Einwirkung des Lichtes und der Luft auf das Chlorophyll wird, wie schon Fremy gezeigt hat, durch die Gegenwart von Basen begünstigt, durch Säuren dagegen erschwert; mehre derselben (Mineralsäuren) verändern es bekanntlich gänzlich. Es ist bekannt, dass Payen aus der Cuticula der Blätter mehre fettartige Substanzen ausgezogen hat. Cha- tin und Filhol haben gefunden, dass die Oberfläche der jungen Blätter (eben so der Blumenblätter) mit einer schützenden fettartigen Materie überzogen ist, welche sich vermindert, je näher die Periode des Gelbwerdens oder des Färbens der Blätter hervortritt. Als Chatin und Filhol grüne Blätter durch Ein- tauchen in reinen oder noch besser in ammoniakalischen Aether von der oberflächlichen Fettschicht befreiten und dann der Luft ansetzten, nahmen sie ziemlich rasch die Farbe abgestorbener Blätter an. Das Ammoniak begün- 166 Die Farbstoffe der Blätter. stigt eben so wie die anderen Alkalien die Umwandlung der Substanz A, welche der zersetzenden Wirkung der physikalisch-cliemischen Agentien nicht widerstehen kann, einmal weil sie nicht genügend durch die fettartige Firniss- schicht geschützt ist, dann aber ohne Zweifel auch, weil das Leben der Zellen durch den Aether alterirt wird. Der Sauerstoff der Luft wird dabei zu Kohlensäure. Die Blüthen erleiden dieselben Veränderungen. Die meisten weissgestreiften Blätter färben sich nach der Einwirkung des ammoniakalischen Aethers braun, nur sehr selten bleiben welche weiss {Acer Negundo) in Folge der ausnahmsweisen Abwesenheit der Substanz A. Die Blätter mehrer Pflanzen {Malus etc.) färben sich gegen das Ende des Sommers gelb, dann roth, aber niemals zuerst roth und dann gelb. Die gelb gewordenen Blätter Averden nach Behandlung mit ammoniakalischera Aether und nachherigem Auslegen an die Luft roth, indem sie Sauerstoff absorbiren. Schwefelige Säure und andere desoxydirende Mittel färben die roth gewordenen Blätter wieder gelb. Die gelben Blätter, welche später die rothe Färbung annehmen, scheinen demnach in dem ersten Grade der Oxydation der rothen Blätter zu stehen. Bei einigen Pflanzen, wie den Aprikosenbäumen {Arrneniaca), den Pappeln {Popidus) werden die Blätter übrigens nur gelb, niemals roth-, die Oxydation schreitet also bei diesen nicht so weit fort. Eben so verhält es sich mit den gelben Früchten von Ruhtis Idaeus, Prunus, Rihes etc., gegen- über den rothen Früchten, welche andere Varietäten der- selben Species hervorbringen. Das Cyanin in den Blät- tern von Pelargonium zonale und anderer Pflanzen färbt manche Blätter roth ; eine andere Substanz, welche sich durch ihre Nichtfärbung im zerstreuten Lichte auszeichnet, färbt die Berberisblätter roth. Aether entzieht den Nuss- blättern {Juglans) eine farblose Substanz, welche unter den Einflüssen des Ammoniaks und der Luft eine schön violette Farbe annimmt. Diese Substanz wird während der herbstlichen Färbung zerstört; sie findet sich noch nicht in den Blättern des Frühlings. In den Blättern und im Allgemeinen in allen kraut- artigen Theilen findet sich Quercitrin. Mit demselben kommt häufig Tannin, bisweilen Gallussäure vor, die beide mit den Eisensalzen eine Färbung geben. Neben dem Quercitrin oder auch bei dessen Abwesenheit findet man ferner das Quercetin und das Melin (Bolley, Stein). lieber einige Flechtensfoffe. 167 Diese Substanzen kommen in verschiedener Menge vor, das Quercetin ist die verbreiteste, das Tannin kommt viel weniger vor, die Gallussäure ist selten. {Compt. rend. T.57. — Journ.fürijrakt.Chrmie. Bd. 59. 6.) B. lieber einige Fiechtenstoffe. Zur Untersuchung verwendete H. Lamparter zwei verschiedene Sorten von Roccella fuciformis, der sonst zur Bereitung von Orseille dienenden Valparaisoflechte. Das aus der einen Flechte nach dem früher von Stenhouse angegebenen Verfahren dargestellte Chromo- gen hatte, obgleich in seinen äusseren Eigenschaften und sonstigem Verhalten dem gewöhnlichen aus diesen Flech- tenarten erhaltenen Erythrin ganz ähnlich, doch eine andere, von dem gewöhnlichen Erythrin um C^H^ sich unterscheidende Zusammensetzung C^H-'^O^O -\~ 2 HO. Dieser Körper, als Beta-Erythrin zu bezeichnen, schmilzt schon bei 115 — 116^ unter heftiger Eutwickelung von Kohlensäure, während das gewöhnliche Erythrin bei 1370 schmilzt und erst über 200^ erhitzt Kohlensäure entwickelt. Wird das Beta-Erythrin längere Zeit mit starkem Wein- geist gekocht, so entsteht neben Orsellinsäureäther ein neuer Körper, der wiederum in seiner chemischen Zusammensetzung von dem sonst bei dieser Behandlung erhaltenen Pikroerythrin verschieden ist und Beta- Pikroerythrin zu nennen ist. Dasselbe löst sich sehr leicht in Wasser und Alkohol, nur ganz wenig in Aether, hat eine schwach saure Reaction und giebt mit Chlorkalk eine rothe Färbung. Es hat die Formel C26H16012. Das Beta-Pikroerythrin lässt sich durch Kochen mit Baryt- wasser, ähnlich wie das gewöhnliche Pikroerythrin, in zwei weitere Körper spalten, wovon der eine wie Orcin in Aether löslich, der andere darin unlöslich ist. Diese sind das Betaorcin, Ci^HiOO^, und das Erythro- glycin, C^HiOOS. Das Betaorcin ist leicht löslich in Wasser, Weingeist und Aether und verhält sich gegen Salpetersäure, gegen chromsaures Kali und Schwefelsäure und gegen Brom ganz wie gewöhnliches Orcin. Mit Eisen- chiorid giebt es einen fast schwarzen Niederschlag, der beim Vermischen mit Wasser violett erscheint, während gewöhnliches Orcin mit Fe^CP einen dunkelrothen Nieder- schlag hervorbringt. Die andere Flechtensorte wurde auf dieselbe Weise behandelt, wie die erstere ; das erhaltene Chromogen ver- 168 Catechin. hielt sich aber wie gewöhnliches Erythrin, für wel- ches der Verfasser die Strecker' sehe Formel C'*0H22O20 annimmt. Das aus dem Erythrin gewonnene und durch Destillation gereinigte Orcin, C^^JJSO*, schmilzt in wasser- freien Zustande bei 86^, siedet zwischen 286 — 290^ und schiesst aus wässeriger Lösung in schönen regelmässigen Krystallen an. Mit Brom geht das Orcin zwei Verbin- dungen ein: Monobrom orcin, C'^H^BrO^, entsteht, wenn man zu einer wässerigen Lösung von Orcin so lange Bromwasser zusetzt, als noch kein oder ein gerin- ger Niederschlag entsteht und dann die Flüssigkeit zur Krystallisation eindampft. Es krystallisirt wasserfrei, schmilzt bei 1350 un(j fängt schon unter lOO" an zu sub- limiren. Tri bromorcin, C'^H^Br^O^, erhält man, wenn man zu einer concentrirten, wässerigen Lösung von Orcin so lange Brom zusetzt, als noch eine Einwirkung statt findet. Das Erythrogly ein (der Erythromannit) bildet sich neben Orcin beim Kochen von Erythrin mit Basen, nicht aber, wie Stenhouse behauptet, beim Kochen von Orsellinsäureäther mit Alkalien. Durch rauchende SaJpetersäure wird das Erythroglycin in eine neue Säure übergeführt, die Erythroglycinsäure, C^HSOiOj die nicht krystallisirbar ist und zu dem Erythroglycin in demselben Verhältnisse steht, wie die Glycerinsäure zum Glycerin. {Ann. der Chem. u Pharm. CXXXIV. 243—262.) G. lieber das Catechin. Behufs der Darstellung des Catechins behandelte P. Schützenberger gelbes Bombay-Catechu mit kaltem Wasser, um die Catechugerbsäure zu entfernen, löste so- dann den Rückstand in siedendem Wasser, worauf sich beim Erkalten aus der filtrirten Flüssigkeit gelbes Cate- chin abschied. Reines Catechin erhält man in Nadeln, wenn man das unreine Catechin in Wasser löst, mit Blei- zuckerlösung fällt, den Niederschlag durch Schwefelwasser- stoff zerlegt und wie gewöhnlich verfährt. Es schmilzt bei 2170. Schützenberger studirte die Derivate des- selben, da die einfache Analyse des bei 1400 getrockneten Catechins kein brauchbares Resultat ergab. Er gelangte hierbei zu Derivaten, welche Kraut und van Delden in ihrer Arbeit über das Catechin nicht erwähnt haben, aus deren Zusammensetzung aber ebenfalls keine bestimmte Kino. — Scoparin. — Ratanhiu. 169 Formel für das Catechin ableitbar ist. {Bull, ch la soc. ckim. — Journ. für prakt. Chem. Bd. 96. p. 266 — 268.) C. Bl. Kino. Da man in dieser Drogue Catechin gefunden hat, so musste man mit Wahrscheinlichkeit bei der Behandlung mit Kali auch Phloroglycin daraus erhalten. Dies ist in der That der Fall. Hlasiwetz erklärt, unter allen bisher bekannten, Phloroglycin liefernden Materien das Kino als das wohlfeilste Material. Er fand, dass 100 Grm. Kino 92 Grm. Phloroglycin gaben. (Nach früheren Angaben nur 12 Proc.) {Annal. der Chem. und Pharm. CXXXV. 122.) G. Heber das Scoparin. Der krystallisirte Farbstoff von iSpartium scoparium, mit dem uns zuerst Stenhouse bekannt machte, gehört in die Quercetingruppe. H. Hlasiwetz hat eine Probe der Substanz (4 Grm.) in derselben Weise mit Kali behandelt, wie es beim Quercitrin geschah und als Resultat der Zer- setzung Protocatechusüure und Phloroglycin er- halten, wie von diesem auch. Der Bildung dieser Ver- bindungen scheint die Entstehung eines Mittelgliedes nach Art der Quercetinsäure vorauszugehen. Die empirische Formel von Stenhouse zu Grunde gelegt, wäre das Endresultat des Vorgangs vielleicht: C42H22O20 _^ 10 = C12H606 -j- Scoparin Phloroglycin 2 Ci4H608-f 02 04+ 4HÖ Protocatechusäure. (Süz.-Ber. der Wien. Akad. Bd. 58. 1866.) B. lieber das Ratanhin. Der von Wittstein aus dem amerikanischen Ratan- hia-Extracte dargestellte und von ihm für Tyrosin gehal- tene farblose krystallinische Körper ist nach den Unter- suchungen von Emil Rüge nicht Tyrosin, sondern ein neuer Körper, das Ratanhin. Dasselbe wird erhalten, wenn man die Auflösung des Extractes mit Bleiessig fällt, das Filtrat mittelst Schwefelwasserstoff vom Blei befreit und bis auf ein kleines Volumen verdunstet. Nach zwölf- stündigem Stehen wird der entstandene Krystallbrei ge- 170 Ratanhin. presst und gewaschen, dann in Ammoniak und etwas kohlensaurem Ammoniak gelöst und nach dem Abfiltriren des ausgeschiedenen kohlensauren Kalks die Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen. Die entstehenden Krystallbüschel des Ratanhins sind denen des Tyrosins täuschend ähnlich. Man reinigt dieselben, indem man sie von der Mutterlauge durch Pressen und Waschen befreit, in heissem Wasser löst, etwas Bleiessig hinzu- fügt, liltrirt und mit dem durch Schwefelwasserstoff ge- fällten Schwefelblei kocht, bis der Geruch nach Schwe- felwasserstoff verschwunden ist, endlich siedendheiss fil- trirt und zur Krystallisation hinstellt. Man erhält nach einiger Zeit das Ratanhin in prächtigen Drusen, deren Krystallnadeln sich leicht verHlzen. Die grösste Aus- beute, welche Rüge erhielt, betrug 1,25 Proc. Die Ra- tanhiawurzel enthielt kein Ratanhin. Dasselbe ist also wahrscheinlich ein erst im Extract entstandenes Zersetzungs- product. Die Analyse führte zu der Formel: C^OHi^Nü^. Es unterscheidet sich das Ratanhin vom Tyrosin nur durch ein Mehr von C2H2. In seinem Verhalten gegen salpetersaures Quecksil- beroxyd unterscheidet sich das Ratanhin vom Tyrosin wesentlich. Eine bei lö^ gesättigte Ratanhinlösung giebt nach mehrtägigem Stehen nach dem Versetzen mit eini- gen Tropfen der Lösung des Quecksilbersalzes beim Er- hitzen eine hübsch rosenrothe Färbung ohne Trübung. Eine Trübung tritt erst im geringen Grade bei längerem Kochen ein, der nach dem Erkalten entstandene Boden- satz löst sich aber beim Wiedererhitzen und scheidet sich beim Ei'kalten nicht stärker ab. Neu hinzugefügte Quecksilbersalzlösung bringt braunrothe Flocken darin hervor. Ratanhin mit wenig Wasser angerieben, giebt, wenn man unter Umschütteln so viel verdünnte Salpetersäure hinzufügt, dass die Mischung noch dünnbreiförmig bleibt, beim Erwärmen eine Lösung, die beim Kochen aus einer rosenrothen in eine rubinrothe und endlich durchs Vio- lette in eine tief indigblaue Färbung übergeht. Die ver- dünnte Lösung zeigt im durchfallenden Lichte nach die- ser Manipulation eine blaue oder violette, im auffallenden Lichte eine undurchsichtige blutrothe Farbe. Ein Zusatz von concentrirter Schwefelsäure oder Salzsäure und schwa- ches Erwärmen steigert die Intensität der blauen Farbe, beim stärkeren Erhitzen tritt aber der Farbenton durch die oben genannten Nuancen wieder ins Rothe zurück. Anwendung der Ratanhia in der Färberei. 171 Das Ratanhin unterscheidet sich durch diese äus- serst empfindliche Reaction sehr charakteristisch vom Tyrosin. Rüge hat folgende Verbindungen des Ratanhins dar- gestellt und näher untersucht: 1. Barytverbindung = C20HiiBa2NO6. 2. Salzsaures Ratanhin = C20H13NO6, HCl. 3. Ratanhinschwefelsäure = HO, C20H12NO5, S206 (einbasische) und zweibasische = 2 HO, C20Hi2NO^ §206. (Journ. für prakt. Chem. Bd. 96. pag. 106 — 115.) C. B. Die Anwendung der Ratanhia in der Färberei. Neuere Versuche von Jul. Roth haben nach dem Bulletin indnstriel de 31ldhouse nachgewiesen, dass die Ratanhia auch als Farbstoff verwandt werden kann ; sie giebt ohne Beizen ziemlich solide Farben, färbt Wolle und Baumwolle und ertheilt der Seide sehr schöne und glänzende Nuancen, die man gewöhnlich mit einem Gemisch von Orseille und Krapp darstellt; die dunklen Farben auf Wolle kann man nur mit Beizen herstellen. Sehr verschiedene Färbungen erhält man namentlich, wenn man die ursprünglichen Nuancen mit verschiedenen Sal- zen oder Beizen behandelt, wie mit doppelt-chromsaurem Kali, salpetersaurem Kupferoxyd-Aminoniak, Zinnchlorid u. a. m. Da aber die meisten Metallsalze den Farbstoff aus seinen Lösungen fällen, so darf man sie nicht beim Färben in Anwendung bringen. Alle Versuche wurden von Roth mit Ratanhiawur- zeln und im luftleeren Räume dargestellten Ratanhia-Ex- tract ausgeführt ; die nach andern Methoden dargestellten Extracte liefern dasselbe Resultat, sind aber weniger rein und enthalten viel unlösliche Bestandtheile. Die Rinde liefert 1/3 ihres Gewichtes Extract und die Wurzel ^/g, doch erhält man im Handel die Wurzel stets mit der Rinde bedeckt. Für die Färberei kann man eine leichte Abkochung, besser aber einen Aufguss mit Wasser von 300 R. verwenden. Das Ratanhia- Extract löst sich lang- sam und nur zum Theil in kaltem Wasser, während er in kochendem Wasser und Alkohol vollständig löslich ist. Mineralsäuren fällen die Lösungen, Weinsäure, Citronen- und Essigsäure dagegen trüben dieselben nicht. (Deutsche Industr.- Zeitung.) B. 172 Dem AUzarin isomere Verbindung aus Naphthalin. Nachweisung der Krappverfälsehung. Nuch zahlreichen Versuchen, ein sicheres Mittel zu finden, Verfälschungen des Krapps nachzuweisen, empfeh- len Pimont, Müller und Ben n et folgendes Verfahren: 5 Grm. des zu untersuchenden Krapps werden mit 65 Grm. destillirten Wassers von 50<^ und mit .'55 Grm. Alkohol be- handelt; dasselbe geschieht gleichzeitig mit reinem Krapp. Nach einer Viertelstunde hltrirt man und taucht in das Filtrat Streifen von Filtrirpapier, die man nachher trock- nen lässt. Behandelt man diese Streifen mit verschie- denen Reagentien, so entstehen Färbungen, die je nach den Verfälschungen, welche der Krapp erlitten hat, ver- schieden sind. Man kann auf diese Weise alle fremden Farbstoffe nachweisen. Alle bis jetzt vorgekommenen Verfälschungen lassen sich durch folgende 5 Reactionen erkennen: 1) Essigsaures Kupferoxyd, erhalten durch 10 Grm. schwefelsaures Kupferoxyd, 10 Grm. essigsaures Bleioxyd, 100 Grm. Wasser; 2) Chlorzinn; 3) lOprocent. Lösung von salpetersaurem Silberoxyd; 4) „ „ „ Eisenvitriol; 5) „ „ „ krystallisirter Soda. Man bringt diese Reagentien auf die Papierstreifen mittelst einer Art Pinsel von feinem Leinen und lässt dann diö" Streifen, am besten gegen Luft geschützt, trock- nen. Zur Vergleichung stellt man sich Normalscalen dar, indem man reinen Krapp mit je 10 Proc. der verschie- denen Verfälschungsmittel versetzt und diese Mischung wie angegeben behandelt; eine Beschreibung der Nuan- cen, welche die verschiedenen Zusätze geben, theilen die Verf. nicht mit. {Deutsche Industr.-Ztg.) B. lieber eine dem Alizarin isomere Verbindung aus Naphthalin. Die von Wolff und Strecker ausgesprochene Ver- muthung, aus Naphthalin künstlich Alizarin bereiten zu können, hat sich nicht bestätigt, indem es Martins und Gries zwar gelang, aus dem Naphthalin eine Verbin- dung von der Zusammensetzung des Alizarins darzustel- len, die aber nur isomer und nicht identisch mit diesem Farbstoff ist. Diese neue Verbindung wurde als End- product einer Reihe von Umsetzungen des Dinitronaph- Morindon. — Behandlung des Opiums mit Terpenthinöl. 173 tylaikohols erhalten. Sie krystallisirt in gelben Nadeln oder Blättchen, welche sich sehr schwer in Wasser, leich- ter in Alkohol, sehr leicht in Aether lösen. Sie ist wie Alizarin sublimirbar. In ihrer amraoniakalischen Lösung entsteht durch Chlorbaryum keine Fällung, wodurch sie sich sofort vom Alizarin aufs Bestimmteste unterscheidet. Mit Thonerde gebeizte Baumwolle wird von der neuen Verbindung nicht, Wolle und Seide dagegen gelb gefärbt. Sie zeigt einen wohl ausgeprägten Säurecharakter und bildet mit Basen zum Theil schön krystallisirbare Salze. {Ännal. der Chem. u. Pharm. CXXXIV. 375 — 379.) G. Morindon identisch mit Alizarin. Th. Anderson erhielt im Jahre 1849 aus der Wur- zel von Morinda citrifolia, der AI -Wurzel der Hindus, welche auf Madras als Färbematerial benutzt wird, einen blassgelben, krystallinischen Körper, welchen er Morindin nannte. Durch trockne Destillation schied er daraus ein röthlich-gelbes Sublimat, welches er als Morindon bezeich- nete, ab. Röchle der erklärte später das Morindin als identisch mit der aus dem Krapp zu erhaltenden Rube- rythrinsäure und das Morindon als identisch mit deren Spaltungsproduct, dem Alizarin. Stenhouse hat nun {Journ. of the Chem. Soc. 11. 333) die Versuche Ander- son's wiederholt und die Identität des Morindons mi. dem Alizarin nachgewiesen. Beim Kochen der gepulver- ten Morinda -Wurzel mit verdünnter Schwefelsäure wird das darin enthaltene Morindin in Alizarin umgewandelt und lässt sich aus diesem IMaterial Letzteres weit leich- ter chemisch rein erhalten, als aus der Krappwurzel. {Der Apotheker.) B. Heber die Behandlung des Opiums mit Terpenthinöl. Erwärmt man, nach Gobley, Opium mit Terpen- thinöl und verdunstet die erhaltene Lösung, so erhält man voluminöse Krystalle von Narcotin. Durch diese Thatsache wird zugleich Pelletier's Ansicht bestätigt, dass das Narcotin frei im Opium enthalten ist. {Der Apotheker.) B. 174 Mikroskopische Untersuchung der Blutflecken. Schweinemilch. Th. V. Gohren untersuchte Milch von einer Sau, welche, 5 Jahre alt, 9 Ferkel im Gesammtgewichte von 22 '/2 Pfund geworfen hatte;. Die Milch 1., während des Geburtsactes entnommen, war dick und zähe, mit Colo- strumkügelchen, die Milch 2. wurde 6 Tage, die Milch 3. 19 Tage nach der Geburt gewonnen. Der Geschmack der Milch war nicht auffallend, die beiden letzten Pro- ben zeigten stark alkalische Reaction. Spec. Gew. von 2. war 1,0384, von 3. = 1,0298. Es enthielten: J.0O Th. Milch. 100 Th. Trockensubstanz. 1. 2. 3. 1. 2 3 Wasser 70.131 80,432 89,260 Trockensubstanz 29,8(59 19.568 10,740 Organ. Substanz 29,019 18,8.55 9,873 Proteinkörper . . . 15,562 12.889 5,681 52,133 65,872 52,894 Fett 9,529 3,138 2,821 31,973 16,063 26,256 Milchzucker 3,838 2,796 1,589 12,748 14,390 14,795 Asche 0,850 0,713 0,867 2,845 4,250 8,072. Besonders auffallend ist der hohe Gehalt an Prote'in- körpern ; im Verlaufe des Säugens wird die Milch abso- lut ärmer an Trockensubstanz, diese aber wird reicher an Zucker, Asche und dem Anschein nach auch an Pro- teinkörpern, aber ärmer an Fett. Das Schweinecolostrum ist im Vergleich zum Colostrum anderer Thiere sehr reich an Trockensubstanz (Colostrum der Kuh 16 — 24, das der Eselin und der Frau 17 Proc. Trockensubstanz) und wird nur von dem der Ziege mit 35,9 Proc. übertroffen. Aus dem Gewichte der Ferkel ergab sich, dass die Sau in 24 Stunden 23/^ Pfund Milch lieferte. Dabei kommen auf 1000 Grm. des Körpergewichts 12,2 Grm. Milch, während die Kuh auf dasselbe Gewicht 10,4, die Frau 22 Grm. Milch liefert. Dr. Reich. Mikroskopische llntersnchung der Blutflecken. Roussin wendet zu diesem Zweck eine Flüssigkeit von folgender Zusammensetzung an : Glycerin 3 Gewichts- theile, reine concentrirte Schwefelsäure 1 Theil, destillir- tes Wasser in solcher Menge, dass die Flüssigkeit die Dichtigkeit von 1,028 bei 15^ R. hat. Man lässt einen Tropfen dieser Flüssigkeit auf eine Glasplatte fallen, auf welche man ein Stückchen des blutbefleckten Zeuges gebracht hat und wartet nun etwa 3 Stunden. Die Flüs- sigkeit bringt man mehrmals auf den Objectivtisch unter Chemische Beschaffenheit der Gehirnsubstanz. 175 das Mikroskop. Enthält die Flüssigkeit rothe Blutzellen, so sind sie leicht zu erkennen und zu messen. Nach Roussin beträgt ihr Durchmesser beim Mann und Weib J/j,^ — 1/223 Millimeter, während er bei den meisten Säuge- thieren geringer ist; so beim Hunde 1/139 M.M., beim Hasen '/J42 M.M., beim Schweine i/jgg M. M., beim Och- sen i/,6g M.M., beim Pferde i/jg, M. M., beim Lamm 1/209 M.M. Diese Unterschiede sind indessen wenig be- trächtlich und wenn man mögliche Irrungen berücksich- tigt, muss man zugeben, dass wenn selbst der Experte in gerichtlichen Fällen die fraglichen Blutflecken als aus Blutzellen von genau Vi 26 J^I-^I- Durchmesser bestehend nachgCAviesen hätte, immer noch ein Zweifel erlaubt ist, ob es wirklich menschliche Blutkörperchen seien. Hätte jedoch das Mikroskop gezeigt, dass der verdächtige Flecken Blutzellen von elliptischer Form mit einem Kern im In- nern enthält, wie sie sich im Blut der Vögel, der Fische u. s. w. finden, so könnte der Experte mit Gewissheit behaupten, dass der Flecken von menschlichem Blute nicht herrühre. {Courr. med. — N. Jahrb. für Pharmac. Bd. 24. 2u.3.) ß. lieber die chemische Beschaffenheit der Gehirn- substanz. Die Untersuchungen von Oscar Liebreich über diesen Gegenstand haben zu dem Resultate geführt, dass alle diejenigen Körper, die man als Cerebrin, Cerebrin- säure, Lecithin u. s. w. und als phosphorhaltige Fette be- zeichnete, primär im Gehirn nicht existiren. Dafür hat er die Existenz einer bisher unbekannten Substanz nach- gewiesen, die er Protagon nennt und dieselbe auf folgende Weise darstellt. Das durch Perjection von Wasser von dem gröss- ten Theile des Blutes befreite Gehirn wird zerrieben und mit einem Gemenge von Wasser und Aether geschüttelt. Der Aether zieht Cholesterin aus, während die im Was- ser leicht löslichen Bestandtheile in das Wasser übergehen. Nach mehrmaliger Wiederholung dieser Procedur wird das rückständige Gehirn mit Weingeist von 85 Proc. bei 45O im Wasserbade behandelt und durch ein Wasser- badfilter filtrirt. Diese Lösung bringt man wieder auf eine Temperatur von OO5 es scheidet sich dann ein reich- licher flockiger Niederschlag ab, der auf einem Filter gesammelt und mit kaltem Aether so lange gewaschen 17(j Chemische Beschaffenheit der Gehirnsuhstanz. wird, bis sich im Filtrat kein Cholesterin mehr nachwei- sen lässt. Die unter der Luftpumpe über Schwefelsäure getrocknete Masse wird mit wenig Wasser befeuchtet und in Spiritus bei 450 Q gelöst. Lässt man diese Lo- sung nach nochmaliger Filtration in einem relativ gros- sen Wasserbade allmälig auf die mittlere Tagestempe- ratur abkühlen, so findet sich die Flüssigkeit durchsetzt von gleichartigen mikroskopischen Krystallen, die je nach der Menge des angewandten Spiritus ein verschiedenes Ansehen haben. Aus nicht zu concentrirten und nicht zu verdünnten Lösungen sieht man radiär gestellte feine Nadeln herauskrystallisiren ; in der zu concentrirten Lö- sung sind die Nadeln gebogen und unregelmässig, in verdünnten erscheinen sie als morgensternartige Krystalle. Man kann diese Krystalle abfiltriren und zur Reinigung beliebig oft umkrystallisiren. Das Protagon hat die complicirte Zusammensetzung C232H241N4044P und stellt, aus Alkohol krystallisirt und unter der Luftpumpe getrocknet, ein leichtes, flocki- ges Pulver dar. Die aus verdünntem Weingeist krystalli- sirte Masse nimmt, bevor sie ganz wasserfrei ist, ein wachsartiges Ansehen an; in kaltem Aether und kaltem Alkohol ist die Substanz schwer löslich, in warmem Alko- hol und Aether leichter. Das Protagon löst sich in ab- solutem Alkohol in höherer Temperatur als 550 C. nicht ohne Zersetzung auf und man sieht dann in der Flüssig- keit ölige Tropfen, die auf eine eingreifende Zersetzung hindeuten und diese Lösung, so langsam man sie auch erkalten lässt, zeigt neben den ursprünglichen Krystal- len Kügelchen. Behandelt man das Protagon mit Was- ser, so quillt es ungemein stark auf und stellt eine undurchsichtige kleisterartige Masse dar. Verdünnt man mit mehr Wasser, so erhält man eine zwar klare, aber doch opalisirende Lösung. Mit concentrirten Lösungen der Salze, wie Chlorcalcium, Chlornatrium u. s. w. gekocht coagulirt es. Schon unter 100^ zersetzt es sich, schmilzt bei stärkerem Erhitzen unter Bräunung und hinterlässt eine schwer zu verbrennende Kohle. Kocht man das Protagon 24 Stunden hindurch mit con- centrirtem Barytwasser, so zersetzt es sich in Glycerinphos- phorsäure und in eine bisher noch unbekannte Base, welche der Verfasser Neurin nennt. Letztere wird auf folgende Weise isolirt. Die durch Kohlensäure von dem über- schüssigen Baryt befreite Lösung wird mit Bleiessig ge- fallt, der Bleiniederschlag durch Schwefelwasserstoff zer- Pökeln des Fleisches. 177 setzt, das Filtrat nach dem zur Entfernung der Essig- säure nöthigen Zusätze von Oxalsäure zur Trockne ge- bracht und die Oxalsäure durch Digeriren mit kohlen- saurem Baryt aus dem in Wasser gelösten Rückstande fortgeschafft. Das Filtrat stellt eine stark alkalisch rea- girende Flüssigkeit dar, die unter genauer Neutralisation mit Chlorwasserstoff bis zur Syrupsconsistenz eingedampft imd dann mit Platinchlorid versetzt wird. Der hieraus durch Uebergiessen mit absolutem Alkohol erhaltene gelbe Niederschlag besteht aus Neurinplatinchlorid, C ' OH '^NPtCl^. Mit dem kohlensauren Baryt, der zur Entfernung der Oxalsäure zugesetzt wurde, bleibt ein anderer Theil der Zersetzungsproducte des Protagons, an Baryt gebunden, zurück. Dieses sind fette Säuren. Die Analysen zeig- ten, dass es Stearinsäure war, verunreinigt durch eine andere, nicht näher erkannte Säure. Der Verf. spricht schliesslich die Meinung aus, dass das Protagon wahrscheinlich ein im Organismus weit verbreiteter Körper sei. Ueberall, wo von früheren Auto- ren Gly cerinphosphorsäure, Oleophosphorsäure, Cerebrin u. s. w. gefunden wurden, scheint das Prota- gon im Spiele zu sein. Auch die von Virchow beob- achtete mikroskopische Formenbildung (sogen. Myelinfor- raen) dürfte sich auf die Zersetzung des Protagons zurück- führen lassen. Mit Wasser befeuchtet, giebt nämlich das reine Protagon für sich schon eine Andeutung von Mye- linformen; die in W^asser unlöslichen Zersetzungsproducte bilden ölige, stark lichtbrechende Tropfen, die sich scharf abgrenzen und deren Quellungsvermögen durch das auf- genommene Protagon zu den wunderbarsten Figuren Ver- anlassung giebt. Beneke's Behauptung, dass das Mye- lin als eine gallensaure Verbindung aufzufassen sei, ist demnach nicht richtig. {Ann. d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. 29 — 45.) ^ G. Beim Pökeln des Fleisches gehen viele nahrhafte Bestandtheile desselben in die Salzlauge über und sind dann in der Regel verloren, weil diese Flüssigkeit wegen ihres hohen Gehaltes an Salz ungeniessbar ist. Nach einem früheren Vorschlage sollte man die Lauge eindampfen und die grösste Menge des Salzes herauskrystallisiren lassen; viel besser erreicht man nach A. Whitelau die Abscheidung des Salzes durch Dialyse. Man bringt die Lauge in poröse Thon- Arch.d. Pharm. CLXXXII.Bds. l.u.2.Hft. 12 17ö ConserviTung von liauchßeich etc. gefasse oder in beliebige Gefässe mit einera Böden aus Pergamentpapier oder thierischer Blase und hängt diese Getasse in Bottiche, deren Wasser mehrmals erneuert wird. Nur die krystallisationsfähigen Salze treten durch diese poröse Scheidewand, während alle schleimigen, ei- weissartigen Substanzen zurückbleiben. Nach wenigen Tagen ist die Pükellauge salzfrei und kann auf Suppen- tafeln, Fleischbiscuits oder Eiweiss verarbeitet werden. Bringt man mit der Lauge zugleich das Fleisch in die porösen Gefässe, so wird dies ebenfalls von Salz befreit, verliert aber nichts von Nahrungswerth, sondern wird vielmehr durch das Wiederaufquellen der Fasern leich- ter verdaulich. Dr. Reich. Pökeln des Fleisches mit Zucker. Das polytechnische Centralblatt empfiehlt zu obigem Zwecke folgende Vorschrift der allgemeinen Beachtung. Man bestreicht das Fleisch zuerst mit etwas Salpe- ter und streut dann ^/^ Zoll hoch Zuckerpulver darauf; nach 5 Tagen reibt man das Fleisch mit Zucker ab und streut darauf etwas von einer Mischung aus 1 Th. Sal- peter, 3 Th. Zucker und 1 Th. Salz, nach 7 Tagen reibt man das Fleisch wieder ab, streut dasselbe Gemisch wie zuletzt und nach weiteren 7 Tagen giebt man guten in- dischen Syrup auf das Fleisch, so viel es aufnimmt. Auf 15 Pfd. Fleisch reichen 1 Pfd. Zucker, V2 ^ ftl. Salz und 4 Loth Salpeter aus. Leichtere Verdaulichkeit und fei- nerer Geschmack, besonders des Fettes, w^erden als Vor- züge dieses Verfahrens gerühmt. {Oesterreich. Ztschr. des Apoth.- Vereins. 1866.) ß. Heber €onser?irung von Rauchfleisch und Beseitigung bereits eingetretener Fäuluiss desselben. A. Eckstein in Wien von einem Freunde aufge- fordert, ihm Mittel und Rathschläge an die Hand zu geben, um mehre von ihm zur heissesten Sommer- zeit von der serbischen Grenze aus nach Oberöster- reich versandte Fässer mit Schinken, welche sämmt- lich verdorben schienen, indem bei OefFnung der Fäs- ser ein unausstehlicher fauliger Geruch sich verbreitete, wieder in geniessbaren Zustand herzustellen, verfolgte hierzu folgende Procedur, Er Hess die Schinken aus- packen, jedes Stück einzeln in frischem Wasser gut Werth des Fleischextracts. |_179 abwaschen, in rohen Holzessig eintauchen, darauf die- selben in einen hölzernen Bottich mit Zwischenlagen von Holzstückchen einschichten und so viel Holzessig aufgiessen, bis die obere Schicht ungefähr 1 Zoll hoch von der Flüssigkeit überragt war; so wurden mehre Bottiche gefüllt und gut zugedeckt. Nach 8 Tagen wur- den die Schinken aus dem Bottiche herausgenommen, jedes Stück einzeln wieder mit frischem Wasser abge- waschen und an der Luft im Schatten getrocknet. Der Erfolg war ein überaus günstiger, das Fleisch hatte sein angenehmes Aroma wieder und war beim Anschnitt ganz rosenroth und sehr saftig. Zur Verhütung ähnlicher Calamitäten schlägt Eck- stein den damit handeltreibenden Personen vor, im heis- sen Sommer das zur Versendung bestimmte Rauchfleisch in Fergamentpapir, welches 1 Stunde lang in heissem Holzessig eingelegt worden, einzuwickeln und dann erst zu verpacken. {Stamm's iUusti\ Zeitschr.) B. Ueber den Werth des Fleischextracts, J. V. Liebig legt in einem Schreiben an den Her- ausgeber der Londoner medicinischen Zeitschrift „The Lancef^ seine Ansichten über den Werth des Fleisch- extracts als Nahrungsmittel dar und stellt in Kürze die Ergebnisse seiner Untersuchungen des Fleisches, so weit sie das Fleischextract betreffen, zusammen. Das Fleisch enthält zweierlei Gruppen von Stoffen. Die erste Gruppe wird von den sogen. Eiweisskörpern und den leimgeben- den Geweben gebildet und von diesen haben Fibrin und Albumin einen höheren Nährwerth, jedoch nur in Ver- bindung mit Kreatin, Kreatinin, Sarkin, welche ausschliess- lich im Fleische vorkommen, begleitet von organischen, nicht krystallisirbaren Stoffen und von Salzen (phosphor- saurem Kali und Chlorkalium). Diese Bestandtheile der zweiten Gruppe heissen „ Extractivstoffe des Fleisches"; ihnen verdankt die Fleischbrühe ihren Geschmack und ihre Wirksamkeit. Das Fleischextract ist nun in der That nichts Anderes, als feste Fleischbrühe, d. h. Fleich- brühe, deren Wasser durch Abdampfen entfernt wurde. Ausser den genannten Stoffen führt das Fleisch Fett mit sich. In dem Fleischextracte ist nun aber weder Fibrin noch Albumin, eben so wenig Leim und Fett ent- halten. Die dem Fleischextracte fehlenden Eiweisskör- per können ersetzt werden durch Eiweisskörper von iden- 12* 180 Kinwirkung von sil'petriyer Säure auf Kreatinin. tischer Zusammensetzung aus dem Pflanzenreiche, deren Preis um Vieles niedriger ist. Für die Extractivstofl'e des Fleisches aber giebt es keinen Ersatz. Entzieht man sie dem Fleische und verbindet sie mit Eiweisskörpern vegetabilischen Ursprungs, so erhält man den vollen Nähr- werth des Fleisches. Diesen Extractivstoffen verdankt also das Fleischextract seinen Werth als Nahrungsmittel für die Bevölkerung Europas, vorausgesetzt, dass es in grossen Mengen und mit geringen Kosten in Ländern erzeugt wird, in denen das Fleisch keinen Werth hat. {Buchn. n. Repert. Bd. 15. 1866.) B. Das Fleischextract von Gibert in Fray-Bentos enthält nach Fuchs: Was- ser 10, Asche 15,5 Proc; davon Phosphorsäure 2,76 und Stickstoff 9,507 Proc. {Buchn. n. Repert. Bd. 14. 10.) Dr. Reich. Einwirkung ?on salpetriger Säure auf Kreatinin. Bei Behandlung von Kreatinin mit salpetriger Säure erhielt M. Mark er zwei isomere Basen von der Formel CSH^N^Ü*, die in ihren Eigenschaften wesentlich ver- schieden sind. Base a bildet ein blendend Aveisses, rauh anzufühlendes Pulver, das unter dem Mikroskop als ein Conglomerat feiner Nadeln erscheint und löst sich in kal- tem Wasser sehr schwer, in heissem leichter, in Wein- geist noch weniger als in kaltem Wasser und in Aether gar nicht. Base [3 krystallisirt aus der wässerigen Lösung in schwach gelb gefärbten kugelförmigen Warzen, die in nicht zu starkem Weingeist leicht, in Aether aber nicht löslich sind. Die in Wasser unlösliche Base a schmilzt unter heftiger Reaction und bedeutender Gasentwicke- lung bei 2100 momentan zu einer farblosen Flüssigkeit, die beim Erkalten sofort erstarrt und sich durch Salz- säure leicht in zwei Tlieile trennen lässt, in einen lös- lichen mit basischen Eigenschaften von der Formel C^^Hi^N'^C* und einen unlöslichen amorphen braunen Körper. Die isomere Base ß zeigt diese Eigenschaften nicht. Zum Kreatin stehen beide Basen in sehr ein- facher Beziehung, indem sie 1 At. H weniger und 1 At. N mehr als dasselbe enthalten. {Ann. der Chem. u. Pharm. CXXXIIl. 305—316.) G. ^ Chininähnliche Svh&tanz im ihierischen Gewehe. 181 Heber das Vorhandensein einer dem Chinin sehr ähn- lichen fluorescirenden Substanz in dem thierischen Gewebe,* von Bence Jones. Bei Thieren, welchen man Chinin eingegeben, lässt sich dasselbe schon nach wenigen Minuten in allen Orga- nen des Körpers nachweisen und zwar in der Art, dass man die einzelnen Theile mit verdünnter Schwefelsäure wiederholt auskocht, filtrirt, mit Aetznatron neutralisirt und die Flüssigkeit mehrmals mit einem gleichen Volum Aether schüttelt. Der nach dem Verdunsten des Aethers bleibende Rückstand wird wieder in verdünnter Schwe- felsäure aufgenommen und die Menge des Chinins in der Lösung durch Vergleichung ihrer Fluorescenz mit einer Chininlösung von bestimmtem Gehalt ermittelt. Bei derarti- gen Versuchen mit Meerschweinchen erhielt Jones, als er zur Vergleichung auch die Organe eines Thieres in der- selben Weise behandelte, das kein Chinin erhalten hatte, ganz ähnliche Resultate, wie bei einem andern, dem er davon gegeben. Er bekam aus der Linse, aus der Leber, den Nieren, dem Herzen u. s. w. durch Behandlung mit verdünnter Schwefelsäure BUüssigkeiten, die sich hinsicht- lich ihrer Fluorescenz nur insofern von Chininlösungen unterschieden, dass das Licht der fraglichen Substanz etwas mehr grünlich war als das des Chinins und dass ihre Wirkung auf das Spectrum etwas früher eintrat, aber an derselben Stelle zu Ende ging, wie bei diesem. Alle Reactionen, die den Alkaloiden eigentliümlich sind, mit jodhaltigem Jodkalium, mit Jodquecksilber-Jodkalium, mit Phosphormolybdänsäure, Platinchlorid und Goldchlorid traten auch mit dieser Substanz ein, so dass an dem Vor- handensein eines Alkaloids nicht mehr zu zweifeln war. Jones nennt dasselbe animalisches Chinoidin. Er hat die Menge dieses Alkaloids in verschiedenen Theilen beim Menschen und Meerschweinchen durch Vergleichung mit Chininlösungen von bestimmtem Gehalte ermittelt. Wahrscheinlich ist das animalische Chinoidin ein Zersetzuugsproduct des Albumins und in steter Bildung aus diesem in nachfolgender Oxydation begriifen. Bei dem Gebrauch von Chinin, welches sich, wie die Ver- suche beweisen, schon nach kurzer Zeit durch den gan- zen Organismus verbreitet und nach längerem Zeitraum wieder verschwindet, trägt sich vielleicht die Oxydation auf dieses über und darauf mag die Heilwirkung dessel- ben beruhen. {Pharmac. Journ. and Transact. Jul. 1866. IL Ser. Vol. VIII. No. 1. pag. 32.) Wp. 182 Pancreatin. — Flüssiger Leim. Pancreatin. Unter diesem Namen wird von englischen Aerzten die Pancreasflüssigkeit von jüngst geschlachteten Thie- ren, mit verschiedenen fetten Gelen zur Emulsion ver- arbeitet, bei Auszehrung empfohlen. {Pharm, .lourn. and Transact. IL Ser. Vol. VIL No. 8. Fehr. 1866. p. 405.) W'p. Flüssiger Leim. Nach dem „Gewerbeblatte für das Grossh. Hessen" erhält man einen vorzüglichen flüssigen Leim, indem man 3 Theile französischen Leim in Wasser aufweicht, danach das übrig bleibende Wasser von dem gequolle- nen Leime abgiesst und denselben mit 1 Theil zugesetz- tem Wasser schmilzt. Der flüssigen Masse fügt man dann noch unter Umrühren ^/^ Theil gereinigten Holz- essig zu und lässt sie erkalten. {Bl. für Hand. u.Gwbe. 1866. 7.) B. Weisser flüssiger Leim. Flüssigen Leim, welcher ganz vorzüglich zum Lei- men aller nur denkbaren Gegenstände, selbst von Por- cellan, Glas, Perlmutter, angewendet werden kann, stellt L. Kraf ft, da der mit Essig oder Salpetersäure erzeugte weniger tauglich sei, auf folgende Weise dar: 3 Theile Leim, in Stücke zerschnitten, werden mit 8 Theilen Was- ser Übergossen und einige Stunden stehen gelassen, so- dann '/2 Theil Salzsäure und ^l^ Theile Zinkvitriol zu- gesetzt und 10 — 12 Stunden lang einer Temperatur von 650 — 700 R. ausgesetzt. Der Leim gelatinirt dann nicht mehr, wird durch Absetzenlassen, wenn nöthig, weiter gereinigt und ist zu allen Zwecken vorzüglich gut ver- wendbar. {Polyt. Notizhl. 1866. No. 17.) B. Heber den Xanthingehalt der Leber. Von A. Almen, Professor in Upsala, wurden behufs der Darstellung des Xanthins 5 Kilogrm. gehackte und mit Glaspulver fein zerriebene Ochsenleber mit dem glei- chen Gewicht Weingeist zu einem dünnen Brei ange- rührt und einige Zeit auf dem Wasserbade gelinde er- wärmt. Darauf wurde die Flüssigkeit abgepresst und der KüpJpstand noch einmal mit Wasser von etwa 80^ extraÜirt. Von den vereinigten Flüssigkeiten, die durch Xavthin im Harn. J83 Destillation vom Weingeist befreit waren, wurde nach dem Coliren ein Niederschlag mittelst Bleizucker Ijer- gestellt. Derselbe hatte eine so schleimige Natur, dass er nicht abtiltrirt werden konnte; beim Erwärmen ging er in eine zähe, fest am Boden haftende Masse zusam- men. Er enthielt weder Xanthin noch Hypoxanthin. Die darüber stehende, klar abgegossene Flüssigkeit setzte beim Erhitzen auf etwa 500 C, und allmäliges Concen- triren eine von Xanthin freie, dunkle, hu minartige Sub- stanz ab. Das Filtrat wurde mit Bleiessig bis zur stark alkalischen Reaction versetzt, der reichliche Niederschlag nach 22stündigem Stehen auf einem Filtrum gesammelt und gewaschen. Waschllüssigkeit und Filtrat wurden sodann mit so viel essigsaurem Quecksilberoxyd ver- mischt, dass noch eine schwach alkalische Reaction in der Flüssigkeit vorhanden blieb. Nach zwölfstündigem Stehen wurde der Niederschlag auf einem Filtrum ge- waschen. In dem nunmehr erhaltenen Filtrat konnte kein Xanthin oder Hypoxanthin mehr nachgewiesen werden. Der Blei- und Quecksilberniederschlag Avurden jeder für sich in Wasser suspendirt, durch Schwefelwasserstoff zer- setzt, die Schwefelmetallniederschläge abfiltrirt und noch- mals getrennt mit Wasser ausgekocht und von Neuem abfiltrirt. Aus beiden Filtraten schied sich beim Ein- dampfen das Xanthin in Krusten ab. Aus dem Blei- niederschlage wurden auf diese Weise 0,.598 Grm., aus dem Quecksilberniederschlage 0,403 Grm. Xanthin erhal- ten. Aus 26 Kilogrm. Ochsenleber konnte Almen nach diesem Verfahren G,24 Grm. Xanthin darstellen, dessen Gewicht nach dem vollkommenen Reinigen = 6,0 Grm. betrug. {Jotam. für prakf. Cham. Bd. 96. pag. 98 — 105.) " C. Bl. Xanthin im Harn. E. Dürr hat im Harne, der von ihm und Andern nach Benutzung der Schwefelbäder zu Limmer bei Han- nover gelassen worden, wiederholt Xanthin gefunden; in einem Falle auch in dem Harne eines Kranken, der mit einer starken Schwefelsalbe behandelt worden war. Die Methode zur Auffindung des Xanthins im Harne ist folgende: Man fällt den Harn mit Barytlösung aus, neutralisirt das Filtrat genau und tröpfelt Sublimatlösung zu. Entsteht sogleich ein weisser flockiger Niederschlag, so zeigt dies die Anwesenheit von Xanthin an. Nur muss man sich beim Neutralisiren vor einem Ueberschuss 184 Chloroform als Reactionsmiüel auf zuckerhalt. Harn. von Säure hüten, da der weisse Niederschlag schon in ziemlich verdünnten Säuren löslich ist. Der Zusatz von Sublimatlösung ohne vorgängige Ausfällung mit Baryt- wasser kann über die Gegenwart von Xanthin nicht ent- scheiden, da auch die Harnsäure einen ähnlichen Nieder- schlag mit Sublimat bildet. In fast jedem normalen Harn erfolgt nach längerem Stehen durch Sublimatzusatz eine weissliche Trübung und ein geringer Niederschlag. {Ann. der Chem. ic. Pharm. CXXXIV. 45 — 62.) G. Heber Chloroform als Reactionsmittel auf zncker- haltigen Harn, A. CaiUiau versetzte 30 Grm. eines zuckerhaltigen Harns mit 15 Grm. Chloroform und schüttelte das Ge- raisch heftig. Nach einiger Zeit wurde die Flüssigkeit milchig und trennte sich in zwei Schichten. Die obere war klar und beinahe farblos, die untere weiss, dicklich und gelatinös. Nach einiger Zeit wurde die obere Schicht abgehoben und in einer Porcellanschale sich selbst über- lassen. Nach Verdunstung der Flüssigkeit wurde der Inhalt der Schale syrupartig und nach einigen Tagen hat- ten sich an den Wänden kleine warzenförmige Krystalle abgesetzt, die, wie bestimmt erkannt wurde, aus Zucker bestanden und welcher in reinerem Zustande erschien, als der auf andere Weise erhaltene. {Journ. de chim. med.) ß. Yerdeckung des unangcnehinen Geruchs der Sehwefel- kaliuiupräparate. Ein amerikanischer Arzt, Dr. Ruschenberger, em- pfiehlt zu diesem Zweck einen geringen Zusatz von Ol. Anisi. Schon 1 Drachme des Aniswassers genüge, um den Geruch einer Lösung von 10 Gr. des Sulfurets in 1 Unze Wasser vollständig zu verdecken. In noch viel höherem Grade zeigte das reine Ol. Anisi diese Wirkuncr. Auch Schwefelkaliumsalben verlieren, mit etwas Ol. Anisi vermischt, fast ganz ihren unangenehmen Geruch. Vee bestätigt die Richtigkeit dieser Beobachtung. {Bidl. de Therapie.) ß. 185 IV* liiteratur imd Kritik« Anleitung zur Darstellung und Prüfung chemischer und pharmaceutischer Präparate. Ein auf eigene Erfah- rungen gegründetes, insbesondere den Apothekern gewidmetes praktisches Hülfsbuch von Dr. G. C. Wittstein. Vierte vermehrte und verbesserte Auf- lage. München 1867, Verlag von Jul. Grubert. Dieses zuerst im Jalu-e 1844 erschienene Werk hat sich einer gün- stigen Aufnahme mit Recht zu erfreuen gehabt, so dass im Jahre 1850 die zweite, 1856 die dritte und 1867 die vierte Auflage erschei- nen konnte. Die Anordnung ist wesentlich dieselbe geblieben. Auf der ersten Seite sind die Mischungsgewichte oder Aequivalente der einfachen Körper, welche bei den Berechnungen zu Grunde gelegt sind, abgedruckt. Die Anordnung ist alphabetisch. Die Vorschriften zu Acetonum, Acidum aceticum concentratura, Acid. acet. crystallisatum, A. arsenicicum, A. benzoicum und Acid. boracicum sind wesentlich die der früheren Ausgabe. Neu hinzu- gekommen ist Acidum butyricum; die Vorschrift ist wie anfangs bei Acidum lacticum, d. h. Sättigung saurer Molken, welchen auf 100 Th. ,5 Th. Milchzucker zugesetzt sind, mit krystallisirtem koh- lensauren Natron alle 1 — 2 Tage so lange, bis sich nach 4 — 5tägi- gem Stehen keine saure Reaction mehr zeigt, Zusetzen von Schwe- felsäure ohne Ueberschuss, Abdunsten auf 20 Theile und Destilla- tion unter Zersetzung mittelst concentrirter Schwefelsäure. Acidum carbazoticum, Kohlenstickstoffsäure, wie in früherer Auflage. Ebenso Acid. chromicum ; Acid. formicicum hat einige Abänderung erlitten. Acid. hydrochloricum hat jetzt Stelle vor A. hydrocyanicum und hydrofluoricum gefunden, welche beide Arti- kel unverändert geblieben sind, ebenso A. hydrojodicum und A. hydrothionicum. Acid. lacticum, A. meconicum, A. molybdaenicum hat einige Abänderung erlitten, A. nitricum keine. Acid. oxalicura ist mit Zusätzen vermehrt. Acid. phosphoricum und phosphoricum anhydricum wie früher. Acid. silicico-hydrofluoricum ist abgeän- dert. Acid. stibicum wie früher, ebenso A. succinicum, A. sulphu- ricum purum, A. sulphurosum, A. superchloricum, A. tannicum, A. tanningenicum, A. tantalicum, A. tartai'icum, A. titanicum. Es findet sich eine zweite Methode der Darstellung angegeben. Acid. uricum durch Zusatz vermehrt. Acid. valerianicum wie früher. Ebenso Acid. wolframicum. Aconitinum ist neu eingeschaltet. Die Bereitung soll aus der Wurzel von Aconitum Napellus geschehen. Aether purus wie frü- her. Aether purus alcoholatus, Aether (purus) alcoholato ferratus, Aeth. phosphoratus wie früher. Aeth. aceticus wie früher. Ebenso Aether muriaticus, Aether muriaticus alcoholatus, Aether nitrosus, Aether nitrosus alcoholatus. — Aldehydum, Alkarsinum. Alcohol 186 Literatur. purum unverändert. Aluminium oxydafum etwas verändert. Alu- minium oxydatum sulphuricum wie früher. Ainmoniacum caustieum aquosum, einige Veränderung ist er- sichtlich. Ammonium chloratum depuratum mit Abänderung. Am- monium chloratum ferratum wie früher, ebenso A. jodatum ohne Veränderung, A. oxydatum aceticum liquidum wie früher, A. oxy- datum carbonicum wie früher, A. oxydatum nitricum wie früher, ebenso A. oxydatum phosphoricum. Ammonium oxydatum succini- cum, A. oxydatum sulphuricum, A. sulphuratum liquidum, Amyg- dalinum, Amylum jodatum sämmtlich ohne wesentliche Verände- rung. Ebenso ist es bei den Vorschriften zu Anthrakokali simplex und Anthrokokali sulphuratum. Argentum purum. Argentum oxy- datum purum ist neu eingeschaltet. Argentum oxydatum aceticum wie frülicr. ebenso Arg. oxydat. nitricum, Arg. oxydat. sulphuricum, Asparaginum. Neu eingeschaltet ist Atherospermium, der wirksame Bestand- theil der liinde des Atherosperma moschatum. Atropinum eben- falls neu aufgenommen. Aurum purum. A. sesquichloratum war frü- her aufgeführt, die gegenwärtige Auflage enthält: Aurum sesqui- chlorat. natronat. Neu aufgenommen: Aurnin jodatum, Aur. oxy- datum hydraticum. — Baryum chloratum unverändert und die an- dern Baryt«alze. — Berberinum muriaticum, wie früher. Ebenso Beryllium oxydatum. Bismuthum oxydat. nitric. basicum, Bism. valerianicnm. Neu eingeschaltet: Bromum chloratum. Brucinum gegen früher etwas verändert. Cadmium oxydat. carbonicum. C. oxydat. sulphuric. und C. sul- phui'atum die alten Vorschriften. Calcium chloratum, Calc. oxydatum aceticum, Calc. oxydatum carbonicum, Calc. oxydat. sulphuric. und andere Kalksalze wie in der früheren Auflage. Neu aufgenommen ist Calc. oxydat. phos- phoricum. Cantharidum, Vorschrift wie früher. — Carbonicum sulphura- tum unverändert. Cerium oxydatum unverändert. — Chininum purum mit bemerkenswerthen Zusätzen versehen, worin die An- gabe der meisten Lehrbücher, dass das Chinin in GO Th. Aether, so wie die Angabe von Hesse, dass es in gleichen Theilen Aether löslich sei, als nicht richtig bezeichnet wird. Neu hinzugekommen ist: Chinin, aceticum, Ch. eitricum, Ch. ferro-cifricum. Chin. mu- riaticum die frühere Angabe. Chin. sulphuricum, die Prüfung ent- hält Abänderungen. Chin. tannicum. Chin. valerianicnm. die frü- here Methode. Chlornm aquosum wie in früherer Ausgabe. Chro- mium oxydat. unverändert. Ebenso Cobaltum oxydat. phosphoric. aluminatum. Eingeschaltet ist: Coffeinum. Zur Bereitung wird grüner und schwarzer Thee empfohlen, der 1,8 bis 2 Procent Aus- beute geben soll. Collodium. Bis auf einen kleinen Zusatz die frühere Vor- schrift. Neu eingeschaltet ist Corydalinum. Soll aus der Wurzel dargestellt werden. Cuprum biehloratum. C. bichlorat. ammoniatum liquidum. C. bicyanatum. C. oxydatum. C. oxydat. aceticum. C. oxydat. car- bonicum basicum. C. oxydat. nitricum. C. oxydat. sulphuricum. C. oxydat. sulphuric. ammoniatum. C. oxydulatum wie früher. Digitalinum wie früher. Dulcamarinum. Ergotinum officinale, frühere Vorschrift. Ferrum bromatum, F. chloratum, F. sesquichloratum, F. cyanat. et sesquicyanatum, F. jodatum, F. oxydat. hydraticum, F. oxydat. Literatur. 187 rubrum, F. oxydat. acetic. liquidum, F. oxydat. citric. ammouiatum, dieselben Vorschriften; neu eingeschaltet ist F. oxydat. citricum, F. oxydat. phosphoricum, F. oxydat. sulphuricum, F. oxydat. vale- rianicum, F. oxydulat. nigrum, F. oxydulat. carbonic. et saccharat., F. oxydulat. lacticum. Eingeschaltet ist: F. oxydulat. oxydat. arse- nicum. F. oxydulat. oxydat. phosphoricum. F. oxydulat. sulphuri- cum. F. sulphuratum. Sämmtliche Eisenpräparate sind bis auf geringe Zusätze unverändert aufgenommen, die als neu eingeschal- teten in praktischer Weise zu bereiten gelehrt. Formylum chloratum, F. jodatum die bewährten Vorschriften. Hydrargyrum purum, H. bromatum und bibromatum. H. chlo- ratum und bichloratum, H. bichlorat. ammoniatum, H. cyanatum, H. jodatum und bijodatum, H. oxydat. rubrum, H. oxydat. phospho- ricum, H. oxydat. sulphuricum, H. oxydulat. purum, H. oxydulat. aceticum, H. oxydulat. nitricum, H. oxydulat. phosphoricum, H. sul- phuratum nigrum, H. sulphurat. rubrum. — Inulinum. — Jodura bromatum. J. chloratum. — Kalium cyanatum, K. cyanat. fusum, K. cyanat. ferrat. rubrum, K. cyanat. sulphuratum, K. fluoratum K. fiuorat. silicatum, K. jodatum. Das letztere Präparat hat bei der Prüfung einen Zusatz erhalten. Kalium oxydat. hydraticum K. oxydat. aceticum. Eingeschaltet ist: Kalium oxydat. arsenicicum K. oxydat. carbonicum. K. oxydat. liicarbonicum, K. oxydat. chlo ricum, K. oxydat. chromicum neutrale, K. oxydat. nitric. depurat. K. oxydat. oxalicum neutrale, K. oxydat. silicic. solubile, K. oxydat, stibicum acidum et neutrale, K. oxydat. sulphuricum. K. oxydat sulpburie. acidum, K. oxydat. superchloricum, K. oxydat. tartaric acidum et neutrale et ammoniatum et boraxatum et fcrratum et natronatum et stibiatum, K. sulphuratum. Fast sämmtliche Kali salze sind unverändert beibehalten. Neu aufgenommen: Kussinum. Lacca e rad. Rubiae tinctorum wie früher. Lithium chloratum et carbonicum. Magnesium oxydatum purum. M. oxydatum citricum ist neu aufgenommen, ebenso M. oxydatum lacticum. — Manganum chloratum, M. oxydulat. carbonicum. Neu aufgenommen: Mangan, oxydulat. lacticum. — Morphinum purum et acetic. et muriaticum. — Natrium. Die Natronsalze sind meist kurz abgehandelt. Neu aufgenommen ist Natrium jodatum, N. nitro-cyanatum ferratum und N. oxydat. pyrophosphoric. ferratum liquidum. — Oxyacanthinum. — Palladium chloratum. — Picrotoxinum. — Piperinum. — Plati- num bichloratum et nigrum et oxydatum. — Plumbum chloratum, F. jodatum. P. oxydatum. P. oxydat. acetic. basicura, P. oxydat. nitricum, P. oxydat. oleinicum et palmitinicum s. Emplastrum Ce- russae et Lythargyri simplex, P. superoxydat. bruneum, P. oxydat. tannicum. — Resina Jalapae. — Salicinum. — Santoninum. — Stan- num chloratum liquidum, St. bichloratum, St. oxydatum. St. oxy- dulatum, St. bisulphuratum. — Stibium purum, Stib. chlorat. liqui- dum, Stib. oxydatum, Stib. sulphurat. aurantiacum, die ältesten Vor- schriften, Stib. sulphurat. rubeum mit Abänderungen. — Strontium chloratum, Str. oxydat. purum, Str. oxydat. carbonicum. — Strych- ninum purum et nitricum. — Sulphur jodatum, Sulph. praecipitatum. — Theobrominum. — Uranium oxydatum. — Ureum purum et ni- tricum. — Veratrinum. — Yttrium oxydatum. — Zincum purum, Z. chloratum, Z. cyanat. ferratum, Z. oxydatum, Z. oxydat. aceti- cum. Z. oxydat. sulphuricum, Z. valerianicum. — Zirconium oxy- datum. meist die alten bewährten Vorschriften. Der Herr Verfasser dieses praktischen Handbuches hat durch mancherlei vorstehend angezeigte Zusätze und Einschaltungen von 188 Literatur. neuen Präparaten die Brauchbarkeit seines Werkes noch vermehrt und die neue Auflage wird wie die frühere sich wieder neuen Bei- fall erwerben und seine Nützlichkeit bewähren. Dr. L. F. Bley. Die Chinarinden der pharmakognostischen Sammlung zu Berlin. Mit 10 Tafeln Abbildungen. Von Dr. Otto Berg, Professor an der Universität Berlin. Berlin, 1865. Verlag von Rudolph Gärtner. Bei dem allgemeinen Interesse, welches in neuester Zeit das Studium der Chinarinden gefunden hat, schien es dem Verfasser nicht unzweckmässig, die in seinen Atlanten gegebene gedrängte Bearbeitung mehr zu erweitern und für die praktische Unter- suchung umzuarbeiten. Das Material lieferte besonders die reiche Chinarindensammlung des pharmakognostischen Museums an der Universität, die im Handel vorkommenden Kinden und die von dem Hrn. Prof. Phöbus mitgetheilten anatomischen Präparate der Chinarinden von Delondre und Bouchardat. So heisst es in der Vorrede zu gedachtem Werke, welches 3 Tafeln mehr enthält als der Atlas. Sämmtliche Präparate sind in 65facher Vergrösse- rung gezeichnet. Der pharmakognostischen Sammlung der Berliner Universität lag die vom Prof. Dr. Theodor Martins in Erlangen gemachte Sammlung zu Grunde, war aber leider sehr ungünstig aufgestellt und erst durch die sorgfältigen Bemühungen des Prof. Geh. Medi- cinalraths Dr. C. G. Mitscher lieh neu geordnet und vermehrt worden. Die Droguen und chemischen Präparate befinden sich theils in 4 Wandspinden, theils in 14 aufrecht fi-eistehenden Schränken. Bei dieser neuen Anordnung wurden aus Martins' Sammlung nur die unechten Rinden beibehalten, die verschiedenen gebräuchlichen Handelsrinden in charakteristischen und schönen E.xemplaren von der Handlung Lampe, Kaufmann & Comp, bezogen und die- ser Sammlung die Sammlung aus dem Nachlasse des Conservators Klotsch zugefügt. Diese letztere besteht aus einersehr gut erhal- tenen Originalsammlung der Chinarinden von Pavon, einer sehr reichen Collection käuflicher Chinarinden von Howard mit eini- gen vonWeddell gesammelten Rinden und ferner Rinden aus den Sammlungen von Pöppig, Warszewicz und Moritz Karsten. Auch eine von Zimmer in Frankfurt a. M. erhaltene Sammlung von Rinden, deren Alkaloidgehalt bestimmt ist, ist vorhanden. Ueber das, was von älteren Pharmakognosten für die Kennt- niss der Chinarinden geschehen ist, spricht der Verf. sich sehr ungünstig aus. Eine bessere Belehrung datirt der Verf. von der Ergründung des anatomischen Baues der Droguen an. Die frühere Eintheilung der Rinden in graue oder braune, in gelbe und rothe verwirft Berg. §. 8. giebt ei-^e Anweisung zur Darstellung mikroskopischer Objecto. §. 9. beschäftigt sich mit der Histologie der Chinarinden. §.10. bespricht insonderheit die botanische Systematik. Weddel's Bestreben des Zusammenziehens in seiner Monographie wird geta- delt, doch wird eine Aufstellung der Arten nach Weddel's An- ordnung gegeben. Zu den darin enthaltenen echten Cinchonen Literatur. 189 fügt Berg noch die als Pavon'sche iu Ho ward 's Quinologie be- sehriebenen Arten. Im §. 11. wird Phöbus' Arbeit über die Delondre - Bouchar- dat'schen Chinarinden als vortrefflich bezeichnet und auf dieselbe näher eingegangen. §. 12. handelt von den Chinarinden Delon- dre's und Bouchardat's, von welchen die Berliner Sammlung keine Probe besitzt, welche aber durch Phöbus' Anfertigung ana- tomischer Präparate derselben gemeinnützlich gemacht sind. §. 13. zählt sodann auf: I. Echte Chinarinden von der Gat- tung Cinchona abstammend, wovon 38 Abiheilungen gemacht sind. §. 14. umfasst: II. Unechte Chinarinden von Arten aus der Tribus der Ciuchonaceen, mit Ausnahme der Gattung Cinchona, abstammend und giebt noch eine Tabelle zur mikroskopischen Be- stimmung der bedeckten echten Chinarinde. Sodann folgt ein Re- gister. Die beigegebenen 10 Tafeln anatomischer mikroskopischer Abbildungen enthalten : I. Cortex Ciuchonae Calisayae. II. 1. Cortex Cinchou. scrobiculatae, 2. und 3. Cort. Cinchon. lancifoliae. III. 1. Cortex Cinchon. lancifol. (Fortsetzung), 2. Cort. Cinchon. macrocalycis, 3. Cort. Cinchon. cordifoliae. IV. 1. Cortex Cinchon. Uritusingae, 2. Cort. Cinchon. hetero- phyllae, 3. Cort. Cinchon. ruber suberosus. V. 1. Cort. Cinch. Condamiueae, 2. Cort. Cinch. amygdalifoL, 3. Cort. Cinchon. micranthae. VI. 1. Cort. Cinchon. nitidae, 2. Cort. Cinchon. Chahuarguerae, 3. Cort. Cinchon. micranthae, VII. Cort. Chinae ruber durus, 1. Cort. Cinch. purpureae, 2. Cort. Cinch. Pulton, 3. Cort. Cinchon. luteae. Vni. 1. Cort. Cinchon. Pelletieranae, 2. Cort. Cinchon. umbellu- liferae, 3. Cort. Cinchon. ovatae. IX. 1. Cort. Cinchon. microphyllae, 2. Cort. Cinchon. lucumae- foliae, 3. Cort. Cinchon. Pelletiereanae. X. Cort. Ladenbergiae magnifoliae, 2. Cort. Naucleae Ciu- chonae. Das vorliegende Werk beweist dieselbe Sorgfalt und Umsicht, dasselbe Bestreben, der wissenschaftlichen Pharm acie zu nützen, welche alle literarischen Unternehmungen des zu früh verstorbenen Berg auszeichnet. Es wird ein Denkmal sein, seinen Namen der Nachwelt zu erhalten. Dr. L. F. Bley. Bibliographischer Anzeiger für Pharmaceuten. 1867. No. III. Actorum, novorum, academiae Caesareae Leopoldino-Carolinae germanicae naturae curiosorum. Tom. XXXII. Et s. t.: Ver- handlungen der kais. Leopoldin. -Carolin, deutschen Akademie der Naturforscher. 32. Bd. 2. Abth. Mit 35 Taf 4. Dres- den. Jena, Fr. Fromraann. n. 12 »^. Annales musei botanici Lugduno-Batavi. Edit. Dir. Prof. F. A. G. Miquel. Tom. III. Fase. 1 et 2. gr. Fol. Amstelodami. Leip- zig, F. Fleischer. In Mappe. 1 ^ 21 nf. 190 Bibliographischer Anzeiger. Archiv für Anthropologie. Zeitschrift für Naturgeschichte u. Ur- geschichte des Menschen. Ked. v. A. Ecker u. L. Lindenschmidt. 3. Heft. Mit eingedr. Holzst. gr. 4. (1. Bd. S. 285 — 403.) Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. IV2 •^• Arznei-Taxe für das Königreich Bayern. 8. (58 S.) München, Grubert. n. 14 n^r. Asm US, Dr. Ed., die trockne Destillation des Holzes und Verarbei- tung der durch dieselbe erhaltenen Rohproducte auf feinere, wie auf Essigsäure, Terpenthiuöl etc. Mit 22 Holzschn. gr. 8. Berlin, Springer's Verl. u. l'/2 •$• Becker, Chr. Aug., das Aceton (Acetonol), der geheime Wein- geist der Adepten, Spiritus viiii Lulliani s. philosophici, 2te Ausg. gr. 8. Mühlhausen. Heinrichshofen. n. 1/3 .f. Bei che, W. Ed., der kleine Botaniker. 8. (267 S.) Langensalze, Verlagscomptoir. 18 n^r. Bronn, P'rof. Dr. H. G., die Classen und Ordnungen des Thier- reiches. 5. Bd. Gliederfüssler. Von A. Gerstäcker. 3. Lief. Lex.-8. Mit eingedr. Holzschn. Leipzig, C. F. Winter, n. '/'i «^^ Correspoudenzblatt des geologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg. Red. v. Dr. Herrick - Schäffer. 21. Jahrg. 1867. gr. 8. Regensburg, Manz in Commiss. n. n. IV3 «f. Deutschlands Flora oder Abbild, u. Beschreibung der daselbst wildwachs. Pflanzen. 7. Aufl. 52—02. Lief, hoch 4. Leipzig, Baensch. ä n. '/s •$• Ebbinghaus, Dr. JuL, die Pilze und Schwämme Deutschlands. 2. Aufl. Mit 32 illum. Kpftaf. 1. Lief. 4. Leipzig, Baensch. Encyklopädie, allgemeine, der Physik. Herausg. v. G. Karsten. 19. Lief. 8. Leipzig, Voss. n. 22/3 4. Flückiger, Dr. F. A., Lehrbuch der Pharmakognosie des'Pflan- zenreiches. 4. Lief. gr. 8. Berlin, Gärtner, ä n. 2/3 4, Fuchs, Just., Breslau's Trinkwasser. Chemische Untersuchung des Brunnenwassers, gr. 8. (22 S.) Breslau, Morgenstern in Comm. 3 nqr. Garcke, Aug., Flora von Nord- und Mitteldeutschland. 8. Aufl. 8. Berlin, Wiegand & Hempel. n. 1 ^. Goullon, Geh. Med.-Rath Dr. H., Beschreibung der in der homöo- pathischen Pharmakopoe aufgenommenen Pflanzen. 34 — 37. Lief. 4. Leipzig, Baensch. k 1/3 ^â–  Graham-0 tto's ausführl. Lehrbuch der Chemie. Mit in den Text gedr. Holzst. 2. Bd. Anorgan. Chemie v. Fr. Jul. Otto. 4. Aufl. 1. Abth. 11 — 13. Lief. 8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. k Lief. u. Vs »^• Handatlas sämmtlicher medic. pharmac. Gewächse od. Abbild, u. Beschreibung der officin. Pflanzen. 4. Aufl. 2—5. Lief. gr. 8. Mit 32 col. Kpftf. Jena, .Mauke, ä n. 1/3 ^â–  Hildebrand, Frdr., die Geschlechter-Vertheilung bei den Pflan- zen und das Gesetz der vermiedenen u. unvortheilhafteu steti- gen Selbstbefruchtung. Mit 62 eingedr. Holzschn. gr. 8. Leip- zig, Engelmann. 27 '/^ "J""- Hof mann, Prof. A. W., Einleitung in die moderne Chemie. 3te Auflage, gr. 8. Mit eingedr. Holzschn. Braunschweig, Vie- weg & Sohn. n. IV3 4'- Husemann, Privatdoc. Dr. Th. und Dr. A. Husemann, Hand- buch der Toxikologie, gr. 8. Berlin, G. Reimer. 4V3 >$. Bihliogra'phischer Anzeiger. 191 Jacobsen, Dr. Emil, chemisch -technisches Repertorium. Ueber- sichtliche Mittheiluugeu der neuesten Erfindungen, Fortschritte und Verbesserungen auf dem Gebiete der techn. u. industr. Chemie. .5. Jahrg. 1866. 2. Halbjahr, gr. 8. Berlin, Gärt- ner. a, '/a .$. Jäger, Dr. G., die Wunder der unsichtbaren Welt, enthüllt durch das Mikroskop. Mit eingedr. Holzschn. 5 — 11. Lief. Lex.- 8. (S. 201 — 536.) Berlin, Hempel. ä n. '/4 ^. Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik. Herausg. v. Dr. N. Prings- heiui. 5. Bd. 3. u. 4. Heft. Mit 29 lith. Taf. Lex.- 8. Leip- zig. Engelmann. n. 5 ^. Jahresbericht über die Fortschritte der Pharmakognosie, Phar- macie u. Toxikologie. Herausg. v. Wiggers u. Th. Husemann. 8. (487 S.) Göttingeu, Vandenhoeck & Ruprecht's Verlag, u. 2 ^ 12 nf. Jahresberichte der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Dresden. 1865 — 1866. gr. 8. (140 S.) Dresden, am Ende, u. V2 4- Kuntze, Otto, Refoi-m deutscher Brombeeren. Beiträge zur Kennt- niss der Eigenschaften, der Arten u. Bastarde des Genus Ru- bus. 8. (128 S.) Leipzig, Engelmann. u. l'/s »$. Kützing, Prof. Dr. Frdr. Traug., Tabulae phycologicae od. Abbild, der Tange. 17. Bd. gr. 8. (50 öteinlaf. mit 16 S. Text.) Nord- hausen, Förstemanu. In Mappe ä Lief. 1 ^\ col. 2 «f. Laban, F. C, Gartenflora für Norddeutschland, gr. 8. (314 S.) Hamburg, 0. Meissner. 1^6 nc^r. Leopoldina. Amt!. Organ der kais. Leopold.- Carolin, deutschen Akademie der Naturforscher. Herausg. v. C. G. Carus. 6. Hft. 15 Nrn. gr. 4. Jena, Fr. Frommann. n. 1 ^. Löwe, W., die Handelspflanzen, Wurzel-, Knollen-, Küchengewächse u. essbaren .Schwämme. Mit 18 col. Kpftaf. 2. Aufl. 1. Lief. 4. Leipzig, Baensch. '/i '^• Miquel, F. A. G., Prolusio florae japonicae. Fase. V. Fol. Leip- zig, Fr. Fleischer, n. 1 ,^ 21 ??gr. Mulder, G. J., die Chemie der austrocknenden Oele, ihre Berei- tung u. ihi-e technische Anwendung in Künsten u. Gewerben. Bearb. v. J. Müller, gr. 8. Berlin, Springer's Verl. n. I2/3 ^. Müller, Dr. Ferd., das grosse illustr. Kräuterbuch. 2. Aufl. Mit 300 eingedr. Holzschn. 5. Heft. Lex.-8. Ulm, Ebner, a i/e 4- Muspratt's theoret., prakt. u. analyt. Chemie in Anwendung auf Künste n. Gewerbe. Bearb. von Dr. F. Stohmann. Mit 1500 in den Text eingedr. Holzschn. 2. Aufl. 3. Bd. 12 — 14. Lief, gr. 4. Braunschweig, Schwetschke u. Sohn, ä n. 12 ivjr. Otto, F. J., Anleitung zur Ausmittelung der Gifte u. zur Erken- nung der Blutflecken bei gerichtl. -chemischen Untersuchungen. 3. Aufl. gr. 8. Braunschweig, Vieweg «& Sohn. n. 2/3 Jp. Ramme Isberg, C. F., Leitfaden für die qualitative chemische Analyse. 5. Aufl. gr. 8. Berlin, Lüderitz's Verl. n. % ^. Reg nault- Streck er 's kurzes Lehrbuch der Chemie. 2. Bd. 1. Lief. 8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. -j^ <.^. Reichenbach, Dr. Frhr. v., die odiscbe Lohe uud einige Bewe- gungsertcheinungen als neu entdeckte Formen des odischen Princips in der Natur. 8. Wien, Braumüller, n, 26 v(jr. Retorte, die. Zeitung für prakt. Pharmacie. Herausg. Hensel. 1. Jahrg. 1867. 104 Nrn. (i/> Bog.) gr. 4. Berlin, Conrad. l/4Jährl. I2V2 wgr. 192 Bibliograjihischer Anzeiger. Rochleder, Dr, Frdr., über Quercitrin. Lex.- 8. (3 S.) Wieu, Gerold's Sohn, l'/a «Jf. Russovv, Edm., Beiträge zur Kenntniss der Torfmoose. Mit öTaf. gr. 8. (84 S.) Dorpat, Gläser, n. 2/3 ^. Schlickum, 0., der junge Chemiker. Gründliche Einführung in das Studium der (Chemie. 3. Aufl. 16. Neuwied, Heuser, n. 5/6 4' Schwarz, Dr. Ed., chemische Analyse des Mineralwassers in Möd- ling bei Wien. Lex.-8. Wien, Gerolds Sohn. 2 n^r. Stein, Prof. Dr. Fr., der Organismus der Infusionsthiere, nach eigenen Forschungen bearb. 2. Abth. Mit 16 Kupftaf. Fol. Leipzig, Eugehnann. n. 22 J^. Ule, Dr. ()., ausgewählte naturwissenschaftl. Schriften. 4. Bdchn. Skizzen aus dem Gebiete der organ. Chemie. 1. u. 2. Heft. 8. (IGü Ö.) Halle, Schwetschke. ä Heft 6 n^r. Verhandlungen der k. k. zoologisch- botanischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1866. 16. Bd. Mit 21 lith. Taf. 8. Leipzig, Brockhaus. n. 6'^/3 â– ^. Vogt, Carl, Lehrbuch der Geologie u. Petrefactenkunde. 3. Aufl. 1. Bd. 2. u. 3. Lief. gr. 8. Braunschweig, Vieweg u. Sohu. ä n. 1 »f. Wilbrand, Jul. u. Ferd. Wilbrand, Leitfaden für die ersten Uebungen im chemischen Laboratorium. 16. (36 S.) Neu- wied, Heuser, u. Ve *f- Wochenschrift, schweizerische, für Pharmacie. Herausg. von A. Grüner. Jahrg. 1867. 52 Nrn. Lex.-8. SchaflFhausen, Brodt- mann. 1 ,$ 21 «gr. Zeitschrift für analyt. Chemie. Herausg. v. C. Remigius Frese- nius. 6. Jahrg. 1867. 4 Hefte, gr. 8. Wiesbaden, Kreidel. 34. — für die gesammten Naturwissenschaften. Red. von C. Giebel u. M. Siewert. 27 — 30. Bd. 1867. gr. 8. Berlin, Wiegand. 52/3 4. E. Hofbnchdruckerei der Gebr. Ji(n«cke zu Hannover. ARCHIV DERJHAßlACIE. CLXXXII. Bandes drittes Heft. I« Bio^raphiisclies Deiikiiial. Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. JIjs war am 28. April 1866, Nachmittags, als sich in Dresden ohne das bei dergleichen Gelegenheiten sonst übliche Gepränge nach dem Eliaskirchhofe ein Trauerzug bewegte: man geleitete die Leiche des am 26. April Morgens im halb vollendeten 74sten Lebensjahre verstor- benen Apothekers Dr. med. Friedrich Meurer zu ihrer letzten Ruhestätte. „Lasst mich so einfach wie möglich begraben!" hatte der Verstorbene ausdrücklich gewünscht und diesem Wunsche gemäss war eben so einfach, wie sein Leben gewesen, auch sein Begräbniss. Eine Anzahl von Denen, die den Lebenden geliebt und geehrt hatten, erwiesen dem Todten die letzte Ehre und begleiteten ihn zum Grabe. So ruhst Du denn, mein lieber Freund, im kühlen Schooss der Erde, nach welchem Du, in den beiden letzten Jahren durch Krankheit gebeugt^ so manches Mal verlangt hattest: Du ruhest hier aus von einem langen thätigen Leben. Dein Geist hat sich, erlöst von den irdischen Fesseln, aufgeschwungen zu jenen lichten Räu- men, in denen wir uns, mit dieser festen Hoffnung bist Du von uns geschieden, dereinst wiederfinden werden. Friedrich Meurer ist den 18. October 1792 ge- boren und der älteste Sohn des als Königl. sächsischer Justizamtmann in Voigtsberg am 7. Juni 1836 verstorbe- nen Gottlob Friedrich Meurer, der damals, zur Zeit der Geburt seines Sohnes, in Fretzsch als Amtsactuarius lebte. Der Vater war ein Ehrenmann im vollsten Sinne des Arcb. a. Pharm. CLXXXII. Bds. 3. Hft. 13 194 J. Petzholdt, Wortes, welchen der Sohn mit unwandelbarer Liebe ver- ehrte und dem er nachzueifern durch sein ganzes Leben bemüht war. Und Die, welche Meurer näher gestan- den haben, wissen es, mit welchem Erfolge ! Jene Worte, welche der Diakonus Schenkel nach dem Tode des Va- ters sprach: „Ist irgend Einer als Mensch, Bürger und Christ das geworden, was er werden konnte, sollte und wollte, gewiss, so war es dieser im Herrn einst Lebende und nun in ihm selig Entschlafene I " hätten auch am Grabe des Sohnes wiederholt werden können. Meurer der Sohn war gleich seinem Vater durch und durch ein Ehrenmann: er war fromm, gegen alle seine Mitmenschen mild und wohlwol- lend, und wo er irgend Noth zu lindern sah, wohlthätig bis zu den äussersten Grenzen seiner Mittel; er war überall treu und zuverlässig und ein eben so unerschüt- terlicher Freund von Hecht und Wahrheit, wie entschie- dener Feind von Ungerechtigkeit und Lüge bis an sein Lebensende. Meurer 's Leben hat sich ziemlich seltsam gestaltet. Denn der Beruf, dem Meurer anfangs unfreiwillig und ohne Neigung, nur durch die Verhältnisse gezwungen, sich gewidmet hatte, ist schliesslich seine mit aller gei- stigen Kraft und Liebe gepflegte Lebensaufgabe gewor- den und bis zum Tode geblieben, während das Fach, welches er später aus freiem Willen und eigener Neigung sich erwählte, bald wieder in Folge zwingender Verhält- nisse von ihm aufgegeben werden musste. Meurer hatte nämlich anfangs wohl Lust und Neigung zu aka- demischen Studien gehabt, war aber, da der Vater bei einem nur höchst massigen Diensteinkommen gleichwohl für eine ziemlich starke Familie zu sorgen hatte und deshalb die zum akademischen Studium des ältesten Soh- nes erforderlichen Geldmittel nicht aufzuwenden vermochte, in Folge dessen gezwungen gewesen, in eine Apotheke als Lehrling einzutreten. Später war es ihm, wenn schon unter drückenden Verhältnissen, doch möglich geworden, die Universität zu beziehen und sich dem Studium der Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 195 Medicin zu widmen, er war auch als Doctor promotus ein paar Jahre praktisch thätig gewesen, hatte sich aber dann durch Gesundheitsrücksichten genöthigt gesehen, die ärztliche Praxis wieder aufzugeben und dafür dem pharmaceutischen Berufe sich wieder zuzuwenden. Und hierin muss man fast einen Fingerzeig der Vorsehung erkennen, von welcher Meurer auf das Gebiet der phar- maceutischen "Wissenschaft zurückverwiesen worden ist, auf dem er mit einer gewissen Genialität anerkannt Gros- ses, ja so Vorzügliches geleistet hat, wie er aller mög- lichen Berechnung nach auf dem Gebiete der Medicin wohl nimmer geleistet haben würde. Nachdem Meurer unter den Augen seiner braven Eltern und in lauterer Gottesfurcht bis zum vierzehnten Jahre eine sorgfältige Erziehung und, so gut eben die Mittel dazu in dem kleinen Städtchen Pretzsch geboten gewesen waren, den erforderlichen Schulunterricht erhal- ten hatte, verliess er 1806 das Vaterhaus, um in Leip- zig als Lehrling in die Salomonis-Apotheke einzutreten. Dort blieb er in angestrengter Thätigkeit bis zur Been- digung seiner Lehrzeit zu Ostern 1811, in welchem Jahre sein Vater von Pretzsch nach Wermsdorf als Justizarat- raann versetzt wurde. Es handelte sich jetzt für Meu- rer darum, sein weiteres Fortkommen in der Welt zu suchen. Da sich jedoch für den Augenblick keine pas- sende Gelegenheit dazu bot, so Hess sich der Lehrherr Hileurer's, Wilde, gern bereit finden, den seitherigen Lehrling, den er als einen strebsamen und tüchtigen jun- gen Mann kennen und achten gelernt hatte, auch ferner noch in seiner Apotheke als Gehülfen zu behalten. Diese Stellung dauerte bis Michaelis, wo Meurer Leipzig ver- liess und in die Officin des hochverdienten Apothekers Dörfurth zu Wittenberg als Gehülfe eintrat. Dort war indessen der Aufenthalt ein nur ziemlich kurzer; denn schon im April 1812 erhielt Meurer einen ihm erwünsch- ten Anlass, sich nach Dresden zu wenden und in die Marien-Apotheke — den Schauplatz seines späteren län- l'JÜ J. Fetzholdt, geren und ausgezeichneten Wirkens — als Gehülfe ein- zutreten. Hier war es, wo ihn der nach der Schlacht bei Leipzig von Seiten des interimistischen russischen Gouvernements des Königreichs Sachsen erlassene Auf- ruf zur Errichtung des „Banners der freiwilligen Sach- sen" traf. Hatte nun Meurer schon als Lehrling in sich die patriotische Regung gefühlt, gegen die Unterdrücker seines deutschen Vaterlandes, die Franzosen, mit in den Kampf zu ziehen und damals fast nur mit Gewalt davon zurückgehalten werden können, dieser seiner Regung zu folgen^ so war es ganz natürlich, dass in ihm der Auf- ruf zum Banner den freudigsten Anklang fand. Er ver- liess im December 1813 seine Stellung in der Marien- Apotheke und trat zu dem Banner. Obschon Meurer, von der damals so Vielen ge- meinsamen heiligsten Begeisterung ergriffen, nur mit dem ernsten Vorsatze zu den Waffen geeilt war, nicht eher zu ruhen, als bis er sein deutsches Vaterland von den verhassten Unterdrückern befreit sähe, so trat doch bald ein Umstand ein, der seinen Entschluss, mit dem Ban- ner ins Feld zu ziehen, wieder wankend machen musste. Es war nämlich damals gerade ein Freund seiner Fami- lie, der Apotheker in Pretsch, kinderlos gestorben und hatte seine Wittwe in ziemlich drückenden Verhältnissen und dazu noch die Apotheke ohne alles Personal hinter- lassen. An Meurer erging der Ruf, der Wittwe in ihrer Bedrängniss beizustehen und die verwaiste Apo- theke ganz zu übernehmen. Die Bedingungen, unter denen ihm die Uebernahme angeboten wurde, waren dem Anscheine nach äusserst günstige und vortheilhafte und Hessen ihn hoflen, dass er sich durch die Annahme des Anerbietens eine gesicherte Existenz für sein ganzes Le- ben würde schaffen können. Zudem durfte er auch er- warten, durch die Uebernahme der Apotheke die Noth, in der sich die Wittwe des Freundes seiner Familie befand, wesentlich zu lindern. Unter solchen Umständen trat an Meurer die ernste Frage heran, ob er seiner patrioti- Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 197 sehen Regung, die ihn zu dem Banner gerufen hatte, oder dem Rufe nach Pretzsch folgen solle. Der nüch- terne Verstand rieth ihm zu dem Letzteren. Mit wahr- haft schwerem Herzen entsagte Meurer seinem militai- rischen Entschlüsse und ging Anfang 1814 nach Pretzsch, nachdem er für sich einen Stellvertreter im Banner ge- funden und nur mit Schwierigkeit und unter nicht ganz unerheblichen Opfern seine militairische Entlassung er- langt hatte. In Pretzsch fand er nun die Noth zwar gross, sonst aber nicht alles so, wie es ihm geschildert worden war: insbesondere war unter den Bedingungen, die man ihm im Falle der gänzlichen Uebernahme der Apotheke stellen wollte, eine, durch deren Annahme er sich lebenslänglich gebunden haben würde und aufweiche er daher einzugehen sich weigerte. Dies wurde ent- scheidend dafür, dass der Entschluss, die Apotheke ganz zu übernehmen, aufgegeben werden musste. Meurer übernahm zwar die Verwaltung der Officin und arbei- tete mit rastloser Thätigkeit und mit sichtbarem Glücke an der Hebung des Geschäftes — aber als im darauf folgenden Jahre die Kunde kam^ dass Napoleon von Elba in Frankreich gelandet sei und in Folge dessen neue militairische Rüstungen von deutscher Seite veranstaltet wurden, gab Meurer seine Stellung in der Apotheke auf und trat, da inzwischen Pretzsch unter preussische Herrschaft gekommen war, in die preussische Landwehr ein. Als Lieutenant zog er unter dem Commando des Hauptmanns v. Eberhardt, seines späteren langjähri- gen Freundes, ins Feld. Es scheint indessen Meurer von dem Schicksale nicht bestimmt gewesen zu sein, dass er seine Waffen mit denen des verhassten Feindes messen sollte. Das Corps, dem Meurer angehörte, war kaum am Rheine angekommen, als die Nachricht von der Einnahme von Paris durch die Verbündeten und gleichzeitig mit dieser der Befehl zum Halt und zum Rückmarsch des Corps eintraf. Meurer marschirte mit zurück^ wurde bei seiner Nachhausekunft einstweilen be- 198 J. Petzholdf, iirlaubt und erhielt nach vollständig gesichertem Frieden seine ehrenvolle Entlassung vom Militairverbande. M eurer wurde nach seiner Rückkehr aus dem Felde nun wieder Apotheker. Nachdem er zunilchst in der Apo- theke zu Calau in der Niedcrlausitz ein Unterkoramen gefunden hatte, übernahm er dann im December 181 G die Verwaltung der Apotheke zum „weissen Adler" in Friedrichstadt -Dresden, deren Besitzer C. Fr. Grüner kurze Zeit zuvor mit Hinterlassung von einer Wittwe und vier unmündigen Söhnen gestorben war. Wie M eu- rer bis an sein Lebensende die Gewohnheit hatte, alles, was er unternahm, mit einem wahrhaft seltenen und aus- dauernden Eifer und einer fast peinlichen Gewissenhaf- tigkeit anzugreifen und zu verfolgen, so unterzog er sich der ihm durch die Verwaltung der Friedrichstädter Apo- theke auferlegten Verpflichtungen in einer so vorzüglichen Weise, dass ihm ob seines damaligen redlichen Eifers und seiner Treue die Gruner'schen Erben noch jetzt ein dankbares Andenken bewahren. Die Verwaltung der Apotheke endigte zu Michaelis 1817, wo dieselbe dem Apotheker üstfalk in Pacht gegeben wurde. Jetzt trat M eurer 's Leben scheinbar an einen sehr wichtigen Wendepunct, wo in ihm die Pharmacie einen ihrer tüchtigsten Pfleger für die Zukunft fast verloren liätte. Schon von Jugend auf hatte M eurer nämlich in sich den Drang nach höherer wissenschaftlicher Bildung gefühlt, war aber damals wegen der beschränkten Mittel, über welche sein Vater zu verfügen hatte, davon abge- halten gewesen, sich den akademischen Studien zu wid- men. Die Neigung dazu war inzwischen geblieben, und trat jetzt gerade in verstärktem Maasse wieder hervor. ]\I eurer fasste daher den Entschluss, dieser seiner Nei- gung doch noch zu folgen, und Medicin zu studiren. Per Vater gab dem Entschlüsse des Sohnes seine Bei- stimmung, obschon mit nur schwerem Herzen; denn wenn er auch damals eben aus Wermsdorf in die etwas einträglichere Stelle eines Justizamtmannes von Voigts- Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 199 berg versetzt worden war, so reichte das neue Dienst- einkommen gleichwohl noch keineswegs dazu aus, dass er dem Sohne mehr als eine nur geringe Beihülfe zu den Kosten auf der Universität hätte gewähren können. Meurer hatte sich aber bei seiner Entschliessung auf eine sehr wesentliche Beihülfe von Seiten seines Vaters auch gar nicht besondere Rechnung gemacht: er war gegen die Seinen viel zu rücksichtsvoll, als dass er dar- an gedacht hätte, auf eine reichliche Geldhülfe von Sei- ten seines Vaters, zum Nachtheile der gesammten übrigen Familie, Anspruch zu machen. Die Beschaffung der zum Universitätsstudium erforderlichen Geldmittel machte Meu- rer überdies bei weitem gei'ingere Sorge, als der Umstand, dass ihm die zu diesem Studium unentbehrliche wissenschaft- liche Vorbildung, namentlich in den Sprachen, mangelte Durch eisernen Fleiss brachte er es jedoch in kurzer Zeit dahin, dass er bereits 1818 auf der Universität Leipzig inscribirt werden konnte^ und hoffen durfte, seine dor- tigen Studien auch mit günstigem Erfolge betreiben zu können. Wenn schon Meurer das Glück gehabt hat, in Leip- zig so mancher Unterstützung — insbesondere von der Fa- milie Mangelsdorf, deren er auch nie in seinem ganzen Leben vergessen hat mit Liebe zu gedenken — theilhaftig zu werden, so verdankt er doch den eigenen Entbehrungen und Anstrengungen, an die er allerdings schon von frü- her Zeit an sich hatte gewöhnen müssen, gewiss das Meiste, dass sein Aufenthalt auf der Universität ein un- gestörter und ungefährdeter blieb. Mit männlichem Ernst und einem seinen Lehrern sehr bald bemerkbaren rühmlichen Eifer verfolgte er seine medicinischen Studien, so dass er 1822 das Baccalaureats-Examen mit Auszeich- nung bestehen konnte. Unter den Professoren waren es namentlich drei Männer, die Meurer mit wahrhaft vä- terlicher Zuneigung und Theilnahrae unterstützten, und welche daher auch für diesen stets und bis zu seinem letzten Athemzuge der Gegenstand der aufrichtigsten 200 J. Petzholdt, und dankbarstenVerehrung geblieben sind: es waren dies die Professoren Ernst Heinrich Weber, F. A. B. Puchelt und Fr, Ph. Ritterich, bei welchem Letzteren M eurer fast vier Jahre lang als Famulus fungirt hat. Eine kurz nach dem Baccalaureats- Examen eingetretene schwere Krankheit, ein Halsübel, welches M eurer fast dem Tode nahe brachte, und an dessen Folgen er noch sein ganzes Leben hindurch zu leiden gehabt hat, war Ur- sache davon, dass er seine akademischen Studien nicht so bald zum völligen Abschlüsse bringen konnte, als er gewünscht hätte. Erst im Januar 182G warMeurer im Stande sich dem Examen rigorosum zu unterziehen, er bestand dasselbe überall mit den ersten Censuren und wurde im darauf folgenden Monate, nach Vertheidigung seiner Dissertation „de vitandis in praescrihendo Mercurio suhlimato corrosivo vitiis," als „Digiiissinius" zum Doctor der Medicin und Chirurgie promovirt. Hiermit wäre denn endlich das Ziel erreicht gewesen, nach welchem M eu- rer mit aller Anstrengung gestrebt hatte. Allein — der Wechsel, dem M eurer 's Leben seit- her unterworfen gewesen, war noch nicht zu Ende. Jenes Halsleiden, welches Meurer nahe an den Rand des Grabes gebracht, hatte als traurige Folge eine merk- bare Behinderung der Sprachorgane hinterlassen und dieser Umstand gab Veranlassung dazu, dass Meurer, der sich nach seiner Promotion der medicinischen Praxis gewidmet hatte, im Verkehr mit seinen Kranken sehr wesentlich sich gestört sah. So zufriedenstellend die Resultate seines ärztlichen Wirkens auch sein mochten — gediegene Kenntnisse, praktische Uebung, die er sich schon vor seiner Promotion als Assistenzarzt des Professors Dr. Ritterich angeeignet hatte und ein warmes Mit- gefühl für die Leiden seiner Kranken machten ihn zu einem tüchtigen und treu sorgsamen Arzte — so kam er gleichwohl mehr und mehr zur Ueberzeugung, dass jene Störung im Verkehre mit den Kranken seine ärztliche Wirksamkeit in hohem Grade beeinträchtigen müsse. Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 201 Und in Betracht dessen fasste er, wenn schon mit recht schwerem Herzen, doch endlich den Entschluss, die ärzt- liche Praxis, die ihm ohnehin bei einer ihm eigenthüm- lichen grossen Weichheit des Gefühles in einzelnen Fällen beschwerlich zu werden drohte, ganz wieder aufzugeben und zur Pharmacie zurückzukehren. Dem zufolge verliess er Leipzig, und wendete sich nach Dresden, wo er zu Ostern 1830 die Verwaltung der seinem seitherigen Studiengenossen, Freunde und späteren Schwager Dr. Ch. F. Sartori US eigenthümlich zugehörigen Marien- Apotheke übernahm *). Hier in Dresden war es nun, wo Meurer endlich im 38sten Jahre seines Lebens eine bleibende Stätte und zugleich den Schauplatz eines langjährigen ausge- zeichneten pharmaceutischen Wirkens finden sollte. Na- türlich galt ihm zunächst die Verwaltung der Marien- Apotheke, die er über achtzehn Jahre lang bis zu Johannis 1848 geführt hat, als der hauptsächliche Gegenstand seiner Thätigkeit. Nächstdem waren es die Apotheken- Verhältnisse der Stadt überhaupt, in deren Interesse Meurer seine Kenntnisse und seine Arbeitskraft zu ver- werthen wusste. Hierbei ist er jedoch noch nicht stehen geblieben, sondern hat noch weit über die Grenzen der Stadt und seines sächsischen Vaterlandes hinaus einen Wirkungskreis für seine unermüdliche Strebsamkeit sich gesucht und gefunden. In den Aunalen der Pharmacie wird man dessen wohl eingedenk bleiben. Zur Zeit, wo Meurer die Verwaltung der Marien- Apotheke übernahm, waren die Verhältnisse derselben nichts weniger als glänzend, oder überhaupt nur annä- hernd zufriedenstellende. Seiner Energie und unermüd- lichen Thätigkeit gelang es indessen, die Apotheke bald wieder zu erneuerter Blüthe und namentlich durch seinen *) Das Folgende grösstentheils nach den mir gütigst von den Herren Apothekern Eder und Vogel in Dresden übergebe- nen Mittheilungen. 202 J. Petzholdt, Ruf, den er als wissenschaftlich hervorragender Apothe- ker genoss, zu einem Höhepuncte des Ansehens zu bringen, auf welchem sie vorher kaum jemals gewesen war. Die Apo- theke ward unter Meurer's ausgezeichneterVerwaltung eine vorzügliche und gern gesuchte Bildungsstätte vieler theo- retisch sowohl als praktisch gut unterrichteter und tüch- tiger Berufsgenossen, die, in alle Welt und bis in weite Ferne zerstreut, in Amt und Würden, noch lebhaft der für sie so segensreichen Zeit, in der sie unter Meurer's Obhut gestanden haben, mit dankbarem Sinn sich erin- nern. Als M eurer, um sich, im öGsten Lebensjahre und im Gefühle eines Nachlassens der körperlichen Kräfte, von der praktischen Thätigkeit zurückzuziehen und fer- ner meist ausschliesslich wissenschaftlichen Arbeiten zu pflegen, die Verwaltung der Apotheke seinem Schwager wieder übergab, durfte dieser sich wohl mit einigem Rechte sagen: „Eine Halde hatte ich ihm überliefert, und habe dafür eine Erzgrube von ihm zurückempfan- gen ". Was nun Meurer's Thätigkeit in Bezug auf die Dresdener Apothekenverhältnisse überhaupt betrifft, so hat er sich um diese, wie überall willig anerkannt ist, hauptsächlich durch Anregung collegialischen Zusammen- wirkens unter den Principalen, so wie durch Förderung wissenschaftlicher Tüchtigkeit unter den Gehülfen und Lehrlingen unbestreitbar grosse Vei'dienste erworben. Nicht lange nach seiner Niederlassung in Dresden gab er die Anregung dazu, dass unter den Dresdener Apothe- kern die Einrichtung monatlicher Zusammenkünfte zum Behufe collegialischer Besprechungen getroffen wurde. Bei diesen Zusammenkünften führte M eurer eine lange Reihe von Jahren hindurch den Vorsitz und that dies, nach dem ausdrücklichen Zeugnisse seiner Collegen, mit einer solchen Umsicht, Unpartheilichkeit und einem sol- chen Tacte, dass dadurch nicht nur das gute gegenseitige Einvernehmen und das erfolgreiche einmüthige Zusam- menwirken der Dresdener Apotheker in allen wichtigeren Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 203 Angelegenheiten herbeigeführt, befördert und erhalten wurde, sondern in Folge dessen auch die Collegen in wirklich aufrichtiger und dankbai'er Zuneigung und Hochachtung ihrem Vorsitzenden, der ihnen so gern und willig aus dem reichen Schatze seines Wissens und seiner Erfahrungen spendete und allen mit vorzüglichem Beispiele ächter Collegialität voranging, tief sich verpflich- tet fühlten. Der unter Meurer's Leitung 1856 reorga- nisirte Verein der Dresdener Apotheker erfreute sich auch dessen kräftiger Führung bis 1864, wo Meurer in Folge öfters wiederkehrenden und andauernden körper- lichen Leidens sich abgehalten sah, den Vereinsversamm- lungen ferner beizuwohnen. Der Verein ernannte ihn bei Niederlegung des Vorsitzes, in dankbarer Anerken- nung der vielfachen Verdienste seines seitherigen Vorstandes, zum Ehrensenior — eine Ehre, die IMeurer freilich nicht lange geniessen sollte, da ihn der Tod schon zwei Jahre darauf von seinem Posten abrief. War bei allen diesen Bestrebungen Äleurer's Thätigkeit zunächst und meist ausschliesslich auf die Förderung der Interessen der Prin- cipale selbst gerichtet gewesen, so hat er doch auch auf der andern Seite keineswegs unterlassen, zur Förderung der Interessen Derer, die dereinst auch einmal Principal zu werden wünschen, der Gehülfen und Lehrlinge, nach allen seinen Kräften zu wirken. Das freundschaftliche Verhältniss, in dem er zum verstorbenen Stadtbezirks- arzt Dr. Sieben haar stand, kam ihm in recht glück- licher Weise dabei zu statten, dass es ihm möglich wurde, eine zweckmässigere und den Anforderungen der Wissen- schaft entsprechendere Gestaltung der Prüfungen, denen sich in Dresden sowohl die Lehrlinge nach Beendigung ihrer Lehrzeit, als auch die aus dem Auslande neu her- beigekommenen und in Apotheken der Stadt eingetrete- nen Gehülfen zu unterziehen haben, bei der Behörde an- zuregen und in Ausführung zu bringen. Aus lauter Liebe zur guten Sache und in der uneigennützigsten, opferfi'eu- digsten Weise übernahm er selbst bei diesen unter dem 204 J. Petzholdt, Vorsitze des Stadtbezirksarztes abgehaltenen Prüfungen den auf Chemie bezüglichen Theil, während die übrigen Prüfungsgegenstände einem der andern dresdener Apo- tiieker überlassen blieben. Ununterbrochen und selbst noch auf dem Krankenlager hat M eurer bis in die letz- ten Wochen seines Lebens an den Prüfungen Theil ge- nommen. Aber wenn von M eurer die wissenschaft- lichere Gestaltung der Prüfungen der ausgelernten Lehr- linge in Anregung gebracht worden war, so hatte er da- bei auch das nicht aus dem Auge gelassen, dafür Sorge zu tragen, dass die Lehrlinge während ihrer Lehrzeit eine den wissenschaftlichen Ansprüchen der Prüfungen angemessene Vorbildung sich aneignen könnten. Im Hin- blicke darauf hatte Meurer gleich nach Beginn seiner Thätigkeit in Dresden durch eigenes Beispiel den gründ- lichen Unterricht der Lehrlinge in den Apotheken der Stadt angeregt und übernahm nach Abgabe der Verwal- tung der Marien Apotheke, auf Wunsch seiner CoUegen, den vorbereitenden chemischen Unterricht der Lehrlinge der meisten Dresdener Apotheken. In diesem Unter- richte, welchen er mit einer Hingebung und Gewissen- haftigkeit, mit einem Eifer und einer Treue, mit einem Ernst und dabei mit einer Freundlichkeit und Nachsicht bei Schwachen selbst bis in die letzten Tage seines Le- bens ertheilte, die ihm bei seinen vielen Schülern ein liebevolles und dankbares Andenken gesichert haben, fand er seine Lieblingsbeschäftigung, die ihm in den meist glücklichen Erfolgen seiner Lehrerthätigkeit die reinste Freude und die schönste Belohnung gewährte. Der Eifer für seine Lehrerthätigkeit war bei Meurer so gross, dass er noch zwei Tage vor seinem Tode, trotzdem dass ihn bereits die körperlichen Schmerzen auf das Kranken- lager hingestreckt hielten, gleichwohl von seinem Lager aus den Unterricht fortsetzte und sogar noch auf den Morgen, an welchem er starb, ein paar Lehrstunden an- beraumt hatte. Obschon man nach alledem wohl eigentlich hätte Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 205 glauben sollen, dass dadurch Meurer 's Thätigkeit völlig erschöpft worden wäre, so war dies doch keineswegs der Fall: seine Thcätigkeit hatte in den engeren Grenzen der Marien- Apotheke und der Stadt noch nicht den vollen befriedigenden Abschluss gefunden, nein, Meurer richtete seine Aufmerksamkeit noch auf ein weiteres Gebiet hinaus. Im Interesse der Hebung der pharmaceutischen Verhältnisse in Sachsen überhaupt bemühte er sich, den norddeutschen Apotheker- Verein auch auf Sachsen mit zu überpflanzen. Seine Bemühungen waren mit dem glücklichsten Erfolge gekrönt: der Anschluss der sächsischen Apotheker an den norddeutschen Verein kam 1840 zu Stande und es war hauptsächlich Meurer 's Werk, die in Folge dessen er- forderlichen Einrichtungen zu treffen, so wie seiner Obhut auch die Oberleitung des Vicedirectoriums Sachsen von der Zeit des Anschlusses an bis 1851, wo Meurer die Directorialgeschäfte und später auch die damit verbunden gewesene Cassenverwaltung aus Gesundheitsrücksichten niederlegte, zur allgemeinen Zufriedenheit übergeben war. Die grossen Verdienste, welche sich Meurer in seinem Directorial- Amte — anfangs als Vicedirector, später als Director und zuletzt als Ehrendirector — erwarb, fanden allseitige Anerkennung und diese Anerkennung ihren wür- digen Ausdruck in einer Stiftung, welche bei Gelegenheit des fünfzigjährigen pharmaceutischen Jubiläums Meurei's 1856, von den Mitgliedern des norddeutschen Apotheker- Vereins zum Zwecke der Aufstellung von Preisfragen für Lehrlinge ins Leben gerufen und mit Meurer's Namen benannt worden ist. Meurer hat diese Stiftung bis zu seinem Tode selbst verwaltet. Ausser der Meurer -Stiftung widmete ihm der norddeutsche Apotheker- Verein „bei der Feier des Jubeltages fünfzigjährigen treuen Wirkens in inniger Anerkennung und Dankbarkeit" auch noch einen silbernen Pokal. Fragt man nach dieser Betrachtung des gesammten pharmaceutischen Wirkens Meurer's in den engeren so- wohl als den weiteren Grenzen, was denn wohl das haupt- 206 J. Petzholdt, sächliche und gemeinsame Ziel desselben gewesen sei, so ist die Antwort darauf nicht schwer. Das Heil der Pharmacia und das Wohl des Apothekerstandes waren das Ziel, worauf M eurer sein ganzes Wirken und Stre- ben gerichtet hielt, welches er aber, nach seiner wohlbe- gründcten Ueberzeugung und wie er in einer 1845 ver- fassten „Denkschrift über den Standpunct der Pharmacie" ausführlich dargethan hat, nur dadurch zu erreichen für möglich hielt, dass durch eine gediegene wissenschaftliche Bildung der Apotheker und durch eine vorzugsweise wis- senschaftliche, die Würde des Standes nicht beeinträchti- gende Behandlung der ausübenden Medicin dem drohen- den Verfalle derselben entgegengearbeitet würde. M eure r sah zu seiner grossen Betrübniss, dass dieser einzig halt- bare Grund und Boden mehr und mehr von den Apothe- kern verlassen und dafür der mercantile materielle Weg des möglichst bald und möglichst viel Erwerbens einge- schlagen werde: er missbilligte dieses Verfahren, und klagte bitter über das Fortschreiten auf solch unheilvol- lem und unwürdigen Wege, der nur zu dem traurigsten Verfalle der deutschen Pliarmacie schliesslich führen müsse. Er schätzte sich deshalb auch glücklich, nach Abgabe der Verwaltung der Marien- Apotheke, nicht mehr ausübender Apotheker sein zu müssen und konnte selbst über die lange von allen Apothekern ersehnte und von M eurer insbesondere in offener und stiller Wirksamkeit angestrebte und endlieh auch erlangte Vertretung der Pharmacie nie- mals zu rechter Freudigkeit kommen, weil er die Basis für das würdige Bestehen und das glückliche Aufblühen nicht in der Art und Weise dieser Vertretung gewahrt zu finden glaubte. Wenn nun auch eine solche trübe Anschauung nicht in jeder Beziehung von allen säch- sischen Apothekern getheilt worden ist, so sind diese doch in der grossen Hochachtung vor M eurer 's Streben und Wirken, so wie in der Ueberzeugung, dass Meurer den vorzüglichsten Meistern der deutschen Pharmacie beizu- zählen sei; alle einig geblieben. Nekrolog des Dr. FHedrich Meurer. 207 Von der Zeit, wo Meurer von der Verwaltung der Marien-Apotheke zurücktrat, beschäftigten ihn, ausser seinen Lehrstunden, fast ausschliesslich wissenschaftliche Arbei- ten, denen er schon als ausübender Apotheker einen gros- sen Theil seiner Mussestunden gewidmet hatte. Eine grosse Reihe werthvoller Abhandlungen, Aufsätze, Mit- theilungen und Recensionen aus den Fächern der Chemie und Pharmacie haben das Archiv der Pharraacie, das pharmaceutisch- chemische Centralblatt und andere fach- wissenschaftliche Journale von Meurer's Hand aufzuwei- sen, üeberdies ist den wissenschaftlichen Arbeiten Meu- rer's noch das beizuzählen, was er in Dresden als Ge- richtschemiker, so wie als Mitglied des medicinischen Zwölfervereins und der naturwissenschaftlichen Gesell- schaft in reichem Maasse geleistet hat. Die Stelle eines Gerichtschemikers^ welche Meurer bereits als ausüben- den Apotheker übertragen worden war, legte derselbe 1858 freiwillig nieder, bei welcher Gelegenheit das könig- liche Bezirksgericht nicht unterlassen konnte, „der treuen und sorgfältigen Erfüllung der Meurer dabei obgelege- nen Verpflichtungen anerkennend zu gedenken". Der Zwölferverein, den Meurer 1833 selbst mit gestiftet hatte, zählte ihn bis zu allerletzt zu seinen Mitgliedern, so wie auch die naturwissenschaftliche Gesellschaft, die Meurer ebenfalls mit zu ihren Stiftern 1843 zu rechnen hat, seiner Theilnahrae als Mitglied bis Michaelis 1865 sich erfreute. Was schliesslich Meurer's häusliche Verhältnisse betriflft, so ist noch zu erwähnen übrig, dass er sich 1831 mit Erailie Elisabeth, der zweiten Tochter des königl. sächsischen Landaccis - Obereinnehmers Chr. Fr. Günther in Leipzig, verheirathete: das Ehebündniss wurde am 9. Juni in der Kirche zu Pöllwitz geschlossen. Die Ehe war eine glückliche, blieb aber kinderlos. Gleich- wohl sollten Meurer, der Zeit seines Lebens ein gros- ser Kinderfreund gewesen, die Vaterfreuden nicht ganz versagt sein ; denn einer der Brüder seiner Frau, welcher 208 J. PetzJioldt, nach Nordamerika auswanderte, hinterliess ihm seine bei- den noch in frühester Jugend stehenden Söhne zur Erzie- hung. Mit der ihm in allen Verhältnissen eigenthümlichen Gewissenhaftigkeit hat sich M eurer dieser Erziehung angenommen, wie die beiden Pflegesöhne, von denen der eine 1848 seinem Vater nach Nordamerika gefolgt ist und der andere, Medicinalrath Dr. R. B. Günther, als Medicinal-Beisitzer der Kreisdirection in Zwickau lebt, mit kindlicher Dankbarkeit bezeugen. M eurer erlag einer mit Urämie endenden Blasen- lähmung. Auf dringendes Anrathen des Arztes hatte er 1865 in den Bädern von Teplitz Linderung seiner schmerz- haften Leiden gesucht und war auch mit der grössten Befriedigung über den überraschend glücklichen Erfolg der Cur von dort wieder zurückgekehrt; aber die Lei- den kehrten heftiger wieder und endeten erst mit seinem Tode, knapp vor der Zeit, wo er ein zweites Mal nach Teplitz zu gehen entschlossen war. J. Petzholdt in Dresden. Nachtrag von Dr. L. F. Bley. In dem vorstehenden Nekrologe unseres verewigten Freundes und Collegen Dr. Fr. Meurer hat sein lang- jähriger Freund, Herr Hofrath Petzholdt in Dresden, den Charakter und die Wirksamkeit zu einem Lebens- bilde so treffend zusammengefasst, dass mir nur wenige Zeilen übrig bleiben, um Meurer's Wirken für unsern Verein und die Pharmacie in ein noch helleres Licht zu stellen, als es von dem hochgeehrten Biographen gesche- hen konnte, dem dieser Theil der Thätigkeit Meurer's ferner lag. Durch die Gunst des Schicksals war es mir vergönnt, die Bekanntschaft Meurer's bald darauf zu machen, als er Mitglied des Apotheker- Vereins geworden war und zwar durch des damaligen Oberdirectors Hof- raths Dr. Brandes Vermittelung zu Braunschweig im Hause meines Freundes, des Dr. C. Herzog, bei Gele- Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 209 genheit der Reise zu der General-Versammlung des Ver- eins. Je auffallender die ganze äussere Erscheinung Meurer's war, desto mehr wurde die Aufmerksamkeit rege durch das lebendige Interesse, welches er an den Tag legte für Alles, was Kunst und Wissenschaft betraf, insbesondere so weit diese die Pharmacie und den Apo- tlieker- Verein berührten. Wo es sich handelte um die Erweiterung des Vereins, die Hebung seiner Bestrebun- gen in sittlicher wie wissenschaftlicher Beziehung, also um seine Ehre und Würde, wie um seine nützliche Wirk- samkeit, war Meurer mit seinem Rathe, seiner Mitwir- kung bei der Hand. Er unterzog sich gern schwierigen und selbst unangenehmen Arbeiten, wenn er das Gute fordern konnte. So wendete er gleich nach seinem Ein- tritt seine Bemühung auf die Ausbreitung des Vereins über das ganze Königreich Sachsen, welche auch mit sichtbarem Erfolge gekrönt wurde: denn vielleicht neun Zehntheile der sächsischen Apotheker wurden Mitglieder. Er half die Kreise herstellen, die Leiter derselben, Kreis- directoren, berufen, diese Kreise zu einem Bezirke, da- mals Vicedirectorium, zusammenzufassen, dessen Leitung er, dem Wunsche des Directoriums wie der Mitglieder gemäss, gern übernahm und mit musterhafter Treue und Emsigkeit verwaltete, so lange seine körperlichen Kräfte ihm die Ausführung gestatteten. Er regte in seinem Bezirke die Kreisversammlungen an, gab Veranlassung zu Besprechung praktisch nützlicher Themata, zur Bele- bung des Eifers für die Unterstützungs-Anstalten, wie für die Betheiligung an dem wissenschaftlichen Organe des Vereins, dem Archiv der Pharmacie, in welchem er eine Reihe von interessanten und förderlichen Arbeiten nie- dergelegt hat. Wir gedenken insbesondere der folgen- den: Ueber einen verbesserten Dampfapparat für die pharmaceutischen Laboratorien. — Eine Reihe von Unter- suchungen zur Ermittelung des Arsens in gerichtlichen Fällen, wie in einzelnen Arzneimitteln. — Ueber den Kupfergehalt des Crevior Tartari^ den er in verschiede- Arch. d. rhaim. CLXXXII. Bds. 3. Hft. 14 210 J. Petzholdt, den Sorten nachwies. — lieber die Darstellung des ge- brannten Bleipflasters und des Huf'elandischen präparirtcn Gerstenmehles. — Ueber den Erfinder der Phosphorlat- werge. — Nachweisung der Verfälschung des Carrains. — Das Georginenpapier als Reagens. — Darstellung des arsenfreien Magisterium Bismuthi und die Nachweisung von Arsengehalt in diesem Präparate. — Versuche über die bei Anwendung des Marshschen Apparates gemachte Bemerkung, dass auch Wismuth, Schwefelarsen und Schwe- felantimon in Wasserstoff löslich seien und durch Ver- brennen desselben wieder abgeschieden werden können und Berichtigung der vorhandenen Angaben, — Ueber die sogenannten Extraeta pneumatica. — üeber eine Reihe von chemischen Untersuchungen raedicinisch-polizeilicher Natur. — Vorschrift zu einer Beize für Fussböden. — Ueber den Gehalt an Arsenik in der Harzer Schwefel- säure. — Prüfung der Frage: wie weit chemische Ver- unreinigung der Medicamente, Nahrungsmittel und tech- nischer Präparate nachzusehen sei? — Ein Beitrag zur Lehre von den narkotischen Mitteln. — Ueber Bleiglasur. — Ueber das Vorkommen des Schwefels auf dem Rado- bojer Werke in Croatien. — Eine Reihe chemisch -phar- maceutischer Notizen. — Ueber die Anwendung des Sil- bers statt Quecksilbcr-Amalgam-Beleg bei Anfertigung von Spiegeln. — Notiz und Warnung für Apothekergehülfen. — Ueber Arsen- Antidote. — Ueber die vortheilhafte Dar- stellung des reinen Jodarsens als constanter Verbindung. — Die Apotheker-Gremien in Böhmen, nebst Bemerkun- gen über die österreichischen Medicinalgesetze. — I\Iit- theilungen aus der pharmaceutischen Praxis. — Ueber die Entstehung des Castoreums. — Die Darstellung des Chloroforms. — Die Anwendung arsenhaltiger Farben in Wohnzimmern. — Kritik eines Aufsatzes des Mersebur- ger ärztlichen Vereins. — Ueber das Collodium. — Gut- achten über den ihm vom königl. sächsischen Ministe- rium des Innern vorgelegten anderweitigen Entwurf zu einer Apothekerordnung. — Zur Kenntniss des Apothe- Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 211 kenwesens in Ungarn. — Ueber das Selbstdispensiren der Aerzte. — Kurze biographische Skizze des Profes- sors Dierbach in Heidelberg. — Welche Verpflichtung hat der Staat zu erfüllen, damit die Apotheken und ihre Vorsteher das sind und leisten, was sie als solche sein und leisten sollen? — Widerlegung einer Beurtheilung der pharmaceutischen Reform -Angelegenheiten von dem ärztlichen Standpuncte. — Gute und schlimme Zeichen für die angestrebte Reform der pharmaceutischen Ange- legenheiten, — Die Uebergriffe des handeltreibenden Publicums in das Recht des Apothekers, den Alleinhandel mit Medicamenten im Detail betreffend. — Bericht über die Verbesserung der Lage der Apotheker in Ungarn. Eine grosse Anzahl von Recensionen imd Kritiken naturwissenschaftlicher, medicinischer und pharmaceuti- scher Natur giebt Zeügniss von des Verfassers Interesse und scharfem Urtheil, welches sich auf eine gediegene Kenntniss der wissenschaftlichen Zweige gründete, welche bei der Prüfung maassgebend waren. Ueberall aus seinen vielfachen Arbeiten leuchtete die Bestrebung, der Phar- raacie zu nützen, deutlich hervor. In einer Denkschrift über den Zustand und die Verhältnisse der Pharm acie in Deutschland, welche er mit mir gemeinschaftlich her- ausgab, sprach er sich in kurzer, bündiger Weise, aber dennoch erschöpfend darüber aus, was von Seiten der Regierungen geschehen müsse, um das Institut der Apo- theken auf die beste Weise zu regeln zum Nutzen des Publicums. Bei der letzten General- Versammlung, welche Meu- rer besuchte, der in Coburg, ward er als Mitglied in die Commission gewählt, welcher die Ausarbeitung einer Pkarmacopoea Germaniae übertragen wurde. Er nahm den Antrag an, trat jedoch später zurück, da er mit Dr. Geiseler, mir und einigen andern Collegen der Ansicht war, dass zur vollgültigen An- und Aufnahme einer all- gemeinen deutschen Pharmakopoe die Zuziehung von Aerzten nothwendig sei, weil diese vorzüglich zu bestim- 14* 212 J. Petzlioldt, Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. mcn hätten, welche Mittel aufgenommen werden sollten. Diese Ansicht gewann indess nicht die Majorität im Aus- schusse, weshalb Dr. Meurer auf die Mitherausgabe ver- zichtete. Bis an sein Ende hat der Verewigte dem Apotheker- Vereine seine Kräfte gewidmet und stand deshalb im lebhaften schriftlichen Verkehr mit dem Oberdirector und einigen der Directoren, zu welchen seine Cassenverwal- tung ihn besonders anwies. So habe ich mit ihm vier- undzwanzig Jahre lang in Geschäftsverbindung gestanden, seine Hingebung und Treue an den Dienst der Phar- raacie mit lebhaftem Dank erkannt und seine Mitwirkung und Unterstützung hat mich oftmals hinweggeholfen über die Schwierigkeiten bei den zuweilen auftauchenden For- derungen und Bestrebungen der dem jähen Fortschritte huldigenden Collegen, während wir den wahren Nutzen nur in einer behutsamen, auf wissenschaftlicher Grund- lage sich stützenden Regelung finden konnten, deren Rich- tigkeit sich in Zahlen nachweisen lässt. Meurer 's Tod hat den Verein eines seiner gediegensten Mitglieder und strebsamsten Freunde beraubt. Sein Andenken wird aber bestehen bei allen Denen, welche sein Wirken verstanden, und im dankbaren Ge- dächtnisse erhalten bleiben. Möge es dem Vereine nie an Männern fehlen, welche wie Meurer als Muster und Vorbilder vorleuchten ! 213 !!â